Verdi - "Rigoletto"

BirgitS schrieb:

Weil ich auf dem Gebiet der Oper noch ziemlich unerfahren bin (habe mich jahrelang aus Unwissenheit davor gedrückt), bin ich nun auf der Suche nach einem schönen „Rigoletto“. Immer schwieriger wird eine Entscheidung, wenn man sich im Internet die verschiedenen Rezensionen durchliest: Zu jeder positiven Kritik gibt es auch immer gleich eine negative dazu. Ein bisschen tendiere ich zu Giulini mit Cappucilli, höre aber andererseits auch die Callas wieder ganz gerne, oder doch lieber Sinopoli? Wie ist es mit Solti? Oder etwas ganz anderes?

Obwohl Rigoleto vor vielen Jahren mal eine meiner liebsten Opern war (IIRC die erste Verdi-Oper, die ich richtig auf der Bühne etc. kennenlernte), kenne ich nur Soltis alte RCA-Aufnahme (gab es damals sehr billig). Die ist klanglich nicht besonders toll (die Bühnenmusik im ersten Akt klingt wie im anderen Raum), von den Sängern aber ziemlich gut (Moffo, Kraus, Milnes?) Häufig wird Kubelik (DG) empfohlen, trotz Fi-Dis Rigoletto; Callas (Gobbi ist Rigoletto) natürlich auch. Ich würde versuchen reinzuhören, kommt eben auch drauf an, ob Gilda, der Duca oder Rigoletto für dich am wichtigsten sind.

aargh, la maledizione

viele Grüße

JK jr.

Hallo JK jun.,

danke für Deine Anregungen.

Habe eben mal schnell nachgeschaut: Den Kubelik gibt es seltsamerweise in zwei verschiedenen Aufmachungen (zumindest was das Cover angeht), einmal für 15,00 Euro dann für 38,00 Euro. Beide Male DG, aus 1963 und eben mit Fischer-Dieskau. Weiß jemand um die Unterschiede?





Wobei: Der Preis ist grundsätzlich nur zweitrangig ausschlaggebend für mich; eher ist das Problem Fischer-Dieskau, weshalb ich die Kubelik-Einspielung erst gar nicht mit aufzählte. Viele lieben ihn ja, und sicher war (und ist?) er ein hervorragender Künstler, aber ich kann trotz einiger Anläufe nicht warm mit ihm werden.

Es ist gut, dass Du die klangtechnischen Defizite beim Solti erwähnst. Prinzipiell nehme ich auch schlechtere Klangqualität gerne in Kauf, wenn sie durch eine gute Interpretation wettgemacht wird oder wenn ich einen bestimmten Künstler unbedingt in meiner Sammlung haben möchte. Aber bei einem längeren Werk wie einer Oper finde ich es schon angenehmer, wenn man sich nicht stundenlang durch Rauschen, Knistern und sonstige Problemchen hindurchquälen muss.

Reinhören ist bei Opern ja auch so eine Sache. Anders als z.B. bei kürzeren Orchester- oder Klavierwerken ist es hier einfach schwieriger, anhand einzelner Passagen das Ganze zu beurteilen. (Ich meine: Selbst wenn einige Rollen auf den ersten Blick schwächer besetzt sind, kann es als Ganzes dennoch wunderbar sein.) Deshalb ja auch meine Anfrage in diesem Forum.

Viele Grüße,
Birgit

Ihr Lieben, hier besonders Birgit!
nach längerer Auszeit (glaube ich), möchte ich mal wieder einen Beitrag von mir geben.
Ich persönlich bin der Meinung, eine ideale Aufnahme gibt es nicht, von keinem Werk. Die Beurteilungskriterien sind zu verschieden.
Als "latenter" Wagnerianer versuche ich immer vom Gesamtkunstwerk (lol.) auszugehen, d.h. hier in diesem Fall von der Darbietung des Gesanges im Allgemeinen und der Musik im Besonderen.
Robert Merrill gilt als der beste Rigoletto auf Tonträger (s. entspr. rororo-Sachbuch, soweit noch erhältlich od. einsehbar), ist aber auch ohne solche Zuordnungen sicherlich eine Referenz.
Alfredo Kraus war für mich der letzte "Tenore di gracia", also das "Fach", welches sich Verdi zum Zeitpunkt der Komposition des Werkes für die Rolle des Herzogs vorgestellt haben mag. Er ist der stimmlich schlankste, der federnste Protagonist dieser Rolle. Von seiner technischen Souveränität, von der Schönheit seiner Stimme zu sprechen, hieße Säulen nach Athen zu tragen.
Frau Moffo singt schöne, glasklare Töne bis ins hohe Register hinein. Die Comprimari-Rollen sind bei Rosalind Elias und Ezio Flagello in sehr guten Händen. Auch die anderen kleineren und kleinen Rollen sind angemessen besetzt. Solti dirigiert insgesamt einen recht flotten Rigoletto, trotzdem hat seine Interpretation Gefühl, ohne sentimental zu sein.
Nun gut, mag die Banda wie aus einem anderen Raum klingen (Entschuldigung, Kreisler_jun, ist nicht persönlich gemeint), stört dies meines Erachtens nicht den sehr guten Gesamteindruck. Noch ein dezenter Hinweis: Bei der mir vorliegenden Aufnahme (RCA von Juni 1963) wirkt Sherill Milnes nicht mit...; aber ich nehme an Du hast das Richtige gemeint und nur das Falsche geschrieben, geschieht mir auch zuweilen im Eifer des Gefechts.

Danke, dass ihr Euch Zeit genommen habt, meinen Beitrag zu lesen.

Liebe Grüße
hemmi

hemmi schrieb:

Frau Moffo singt schöne, glasklare Töne bis ins hohe Register hinein.

Hallo hemmi,

weil Du Anna Moffo erwähnst und ich gerade - immer noch -"La Traviata" im Fernsehen mit Anna Netrebko verfolge: Kennst Du den Film "La Traviata" mit A. Moffo als Violetta? D a s war eine Violetta! Und schön war sie auch!

Danke, dass ihr Euch Zeit genommen habt, meinen Beitrag zu lesen.

Wir lesen doch alles! Ich finde Deinen Beitrag ausgesprochen gut!

Liebe Grüße,
Susanna

hemmi schrieb:

Nun gut, mag die Banda wie aus einem anderen Raum klingen (Entschuldigung, Kreisler_jun, ist nicht persönlich gemeint), stört dies meines Erachtens nicht den sehr guten Gesamteindruck. Noch ein dezenter Hinweis: Bei der mir vorliegenden Aufnahme (RCA von Juni 1963) wirkt Sherill Milnes nicht mit...; aber ich nehme an Du hast das Richtige gemeint und nur das Falsche geschrieben, geschieht mir auch zuweilen im Eifer des Gefechts.

Ich habe einfach nicht mehr genau gewußt, wer außer Moffo und Kraus dabei ist, daher das Fragezeichen, und war zu faul nachzusehen. (Robert _Merill_ und _Sherill_ Milnes können schonmal durcheinander geraten)
Wenn ich der Ansicht gewesen wäre, die Aufnahme sei ingesamt nicht empfehlenswert, hätte ich sie gar nicht genannt. Aber in diesem Forum (vielleicht, weil es ein Ableger eines HiFi-Forums ist) scheint eine ernstzunehmende Anzahl von Leuten etwas pingelig, was den Klang betrifft zu sein, daher schien mir ein entsprechender Hinweis angebracht.
Der Klang ist insgesamt auch gut. Aber im ersten Akt dachte ich damals kurz, mein Gerät sei kaputt, weil die Banda so anders klingt als das Hauptorchester.

JK jr.

Hallo zusammen,

die Solti-Aufnahme scheint sich heraus zu kristallisieren. Wenn der Klang insgesamt gut ist, sollen mich kleine Schwächen nicht stören.
Dies ist ja nun die alte Aufnahme aus 1963, wie steht es denn um die 94-er Solti-Aufnahme mit Gheorghiu, Lopardo, Nucci? Von Angela Gheorghiu habe ich bis dato noch nichts gehört, sie wurde ja sehr gelobt.

Aber vielleicht kommen ja noch andere Hinweise. Ich werde mit dem Kauf noch etwas warten.

Viele Grüße und danke für die bisherigen Antworten,
Birgit

Hallo Birgit,

zugegeben, ich kenne die Solti-Aufnahme von 1994 nicht, aber ich fürchte, daß Leo Nucci damals kaum mehr in der Lage gewesen sein dürfte, einen stimmlich akzeptablen Rigoletto abzuliefern.

Schon vor dieser Zeit war der Raubbau, den er mit seiner Stimme betrieb, so groß, daß jedes Forte zum Brüller geriet.

Zu beiden Kubelik-Aufnahmen: Die unterscheiden sich in nichts, außer im Preis .

Meine Lieblingsaufnahme von Rigoletto ist, mit Björling - Merrill - Peters...

Nicht die allerbeste Tonqualität, aber alle Sänger in Höchstform und glaubhaft in ihren Rollen...

Kann hier auch gar nicht genau erklären warum...
Ist keine Frage der Technik, sondern weckt beim hören einfach die meißten Emotionen...

_Scrooge_

Hallo Susanna,
leider kenne ich diesen Dreh nicht, nur vom hörensagen.
Aber Danke für die Empfehlung! Ich werde es im Kopf und im Herzen behalten.

_Scrooge_ auch Dir Dank für den Hinweiß. Hätte Bedenken wegen Frau Peters gehabt, deren Stimme als... kühl, ja kalt und nur technisch gilt. Lasse mich aber gerne vom Gegenteil überzeugen.

Grüße an Alle
hemmi

hemmi schrieb:

leider kenne ich diesen Dreh nicht, nur vom hörensagen. Aber Danke für die Empfehlung! Ich werde es im Kopf und im Herzen behalten.

Hallo hemmi,

ich meine, es gibt davon eine DVD. Gestern konnte man ja anläßlich der Salzburger Festspiele La Traviata im TV verfolgen und einen Vergleich Anna Netrebko - Anna Moffo anstellen. Ich habe für Moffo gestimmt!

Viele Grüße,
Susanna

Ich habe Netrebko im Juni in London in Rigoletto gesehen. Für mich war sie vor allem nicht überzeugend in der Rolle -und das hatte ich auch bei der Traviata aus Salzburg (und die Inscenierung war auch nicht im Sinne meines Geschmacks).
Übrigens in London fantastisch: Paolo Gavanelli, als Rigoletto.

Grüsse, Jürgen

BirgitS schrieb:

<...> auf der Suche nach einem schönen „Rigoletto“. <...> Vielleicht gibt es ja gar nicht die ideale Aufnahme, aber eventuell eine, die nahezu alle Wünsche erfüllt. Welche Aufnahme hört ihr am liebsten?

Hallo Birgit,

versuch bitte, noch deutlicher deine Vorstellung von einem "schönen" Rigoletto zu präzisieren.

Es gibt keine Aufnahme, die alle Wünsche erfüllen würde. Magst du eher den schönen Belcanto-Ton? Dann ist für dich die Aufnahme mit D.Fischer-Diskau ausgeschlossen, wo ansonsten R.Scotto und C.Bergonzi gar nicht so schlecht sind. In Ensembles fällt es sehr auf, daß Sänger zu verschiedenen Schulen gehören.

Die Callas-Aufnahme wäre in diesem Sinne dann das beste für dich, da G.di Stefano und T.Gobbi mit ihr sehr gut harmonieren.

Dann kommt zweite wichtige Frage, bist du eher an einer glaubwürdigen Darstellung des Konflikts interessiert oder ist dir nur der schöne Gesang wichtig? Callas macht aus Gilda eine erfahrene leidende Frau ( wie auch genauso meisterhaft R.Scotto in mehreren Aufnahmen). Das kann nicht für jeden akzeptabel sein. Dann vielleicht eher naiv und jung wie bei E.Berger (mit J.Peerce und L.Warren - eine der besten Aufnahmen der alten Tradition) oder immer verträumt wie J.Sutherland?

Soll der Herzog ein großer Eroberer sein wie Stefano, Peerce oder nur eine schöne Stimme wie A.Kraus? Soll Rigoletto selbst eine tragische Rolle sein wie bei C.McNeal und Warren oder ein Hofnarr wie bei Gobbi? Wie kommen die drei Hauptpersonen zusammen und ob sie überhaupt zueinander passen, das ist das Hauptproblem, welches in keiner Aufnahme perfekt gelöst wurde. Du siehst, du musst etwas von deiner Sicht auf die Oper sagen, um eine möglicherweise gelungene Empfehlung zu bekommen. :-)

Gruß

peet_g schrieb:

versuch bitte, noch deutlicher deine Vorstellung von einem "schönen" Rigoletto zu präzisieren.

Hallo Peet,

Du hast vollkommen Recht, alle diese Fragen sollte man sich stellen, irgendwann zumindest ;).
Da ich mir aber noch gar kein Bild dieser Oper machen konnte, ich kenne sie nämlich einfach noch nicht, sind all diese Fragestellungen nur schwer zu beantworten für mich. Fischer-Dieskau hatte ich aber tatsächlich schon ausgeschlossen für mich, mit der Callas liebäugele ich sowieso immer.

Ich denke, dass man sich langsam herantasten muss, d.h. das Werk erst einmal grundsätzlich kennen lernen und dann schauen, worauf man am meisten Wert legt. In diesem Sinne habe ich mich zunächst für die ältere Solti-Aufnahme entschieden, weil sie doch hier und da positiv beurteilt wurde. Wenn mir die Oper gut gefällt, wird es sicherlich nicht bei dieser einen Aufnahme bleiben und dann kann ich weitersehen.

Danke Dir aber für die vielfältigen Überlegungen und Anregungen! Sobald ich den Solti gehört habe, werde ich mich wieder dazu melden.

Viele Grüße, Birgit

BirgitS schrieb:

Ein bisschen tendiere ich zu Giulini mit Cappucilli, höre aber andererseits auch die Callas wieder ganz gerne, oder doch lieber Sinopoli? Wie ist es mit Solti? Oder etwas ganz anderes? Welche Aufnahme hört ihr am liebsten? Ich habe zwar gesucht, hoffe aber, dass ich keinen bereits bestehenden Thread zum Thema überlesen habe.

Hallo Birgit,

einen alten Rigoletto Thread gab es in der Tat schon und Google findet ihn auch:
Verdis "Rigoletto"

ich bin kein Rigoletto-Experte und komme gut mit den 2 Einspielungen aus, die Klaus bereits dort empfohlen hat:





Giulini hat es hervorragend geschafft, die beteiligten Stars vom üblichen Stargebrüll abzuhalten.

Gruß
Franz