Frage zu Phono-(Nicht-RIAA-)Entzerrer-Vorverstärker und Equalizer

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Herold19
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 10. Sep 2010, 12:53
Hallo liebe Leute,

ich möchte in Zukunft meine Schellackplatten rauschärmer und brillanter abspielen können und bin jetzt dabei, meine Technik zu verändern.

Außer anderen mir bereits bekannten Besonderheiten ist es ja empfehlenswert, sich auch mit dem Problem der unterschiedlichen Kennlinien-Entzerrung aller Schallplatten von vor 1954 zu befassen.
Von 1898 bis ca. 1953/54 machte das ja bekanntlich jeder Plattenhersteller auf seine Art.

Soweit, so gut. Um nun die unterschiedlichen Kennlinien etwas auszugleichen, gibt es einige wenige spezielle Vorverstärker, die offenbar nur im englischsprachigen Raum produziert und nur zu maßlos überhöhten Preisen (ab 800,00 Euro) angeboten werden.
Da hört bei mir jegliches Verständnis auf.

Nun meine Fragen:
(1) Ist es nicht auch möglich, mit Hilfe eines besseren (z.B. 2 x 15-kanaligen) Equalizers die auf den Platten in bestimmten Bereichen abgesenkten Frequenzen wieder auszugleichen??

(2) Welche Frequenzen müßten angehoben werden und wie hoch etwa?

(3) Was sonst findet denn in solch einem überteuerten Phono-Vorverstärker mit einstellbarer Kennlinie sonst statt??

Ich würde mich sehr über kompetente und möglichst etwas ausführliche Antworten von Leuten freuen, die sich damit auskennen.

Viele Grüße von Herold19
Fhtagn!
Inventar
#2 erstellt: 10. Sep 2010, 15:22
Moin,

Das mit dem EQ klappt nicht.
Eine ganz billige Lösung wäre, den hier zu bauen.

Ansonsten bleibt noch die Software Lösung mit Wavepurity, die kann eine RIAA Entzerrung sogar rückgängig machen und danach die passende Kennlinie anwenden.
http://www.difitec.de/wavepurity/deu/index.htm

Gruß
Haakon


[Beitrag von Fhtagn! am 10. Sep 2010, 15:45 bearbeitet]
Herold19
Ist häufiger hier
#3 erstellt: 10. Sep 2010, 16:25
Hallo Haakon, vielen Dank für die Hinweise!

(1) So etwas selbst zu bauen ist bei mir zur Zeit recht kompliziert. Wenn es überhaupt keine andere Möglichkeit gibt, bleibt mir natürlich nicht anderes übrig, als mich mal länger damit zu befassen.

Kannst Du etwas mehr zur Wirkung dieser Schaltung sagen? Der Wahlschalter hat ja nur 3 Stufen, die sich nur durch 3 verschiedene Widerstände unterscheiden.

Meinst Du wirklich, dass das etwas deutlich Wirksames ist??

Was ist denn der große Unterschied zwischen einem normalen Equalizer und diesen sogenannten Entzerrer-Vorverstärkern mit einstellbarer Kennlinie?

Dort drin wird doch auch nichts weiter gemacht, als bestimmte Frequenzen angehoben oder abgesenkt? - Oder sehe ich das falsch?
Würde mich über eine Aufklärung freuen!

(2) Ja, ich weiß, dass es bei bestimmter Software Möglichkeiten zum Angleichen gibt. Es ist aber von mir nicht immer beabsichtigt, die Musik in den PC zu überspielen. Wenn ich die Musik nur direkt vom Plattenspieler anhören möchte, nützt mir das Bearbeitungsprogramm im PC nichts.

Würde mich noch über Ergänzungen zu Punkt 1 freuen.

Gruß Herold19
Fhtagn!
Inventar
#4 erstellt: 10. Sep 2010, 17:47
Die Entzerrkennlinie des VV muss zur ordentlichen Abtastung der Schneidkennline "spiegelverkehrt" sein. Wenn du mit RIAA eine NAB oder EMI geschnittene Platte abtastest, hast du kein Ausgangsmaterial, dass mit dem EQ "geradezubiegen" wäre, da bei der Deemphasis "falsche" Informationen geliefert werden, die Übergangsfrequenzen stimmen nicht überein. Auf gut Deutsch bekommst du einen Brei, in dem du mit dem EQ herumrührst.

Du könntest allerdings einen reinen Verstärker ohne Deemphasis an den PS hängen und dahinter einen EQ klemmen.
Auch eine billige Lösung, die etwas Handarbeit erfordert, weshalb ich schrieb "wird nix", mir wäre das zu viel Action .
Probieren kannst du das ja mal, einen Mikrofonverstärker von Reichelt oder so gibts ganz billig als Bausatz.

Gruß
Haakon
Herold19
Ist häufiger hier
#5 erstellt: 10. Sep 2010, 19:26
Vielen Dank, Haakon,
gut, dann muss ich das so hinnehmen. Ich sehe schon, Du hast großes Hintergrundwissen...

Nun noch mal zur Behebung des Problems:
Also, ich muss zwar auch mit meinem Geld arg rechnen, aber bis 100 Euro würde ich schon ausgeben für eine deutliche klangliche Verbesserung der alten Aufnahmen.
Ich habe jetzt mal bei Wikipedia grob überflogen, was unter "Deemphase" zu verstehen ist, allerdings fehlt mir jetzt der tiefere Einblick dazu.

Notiert sind erstmal Deine folgenden Vorschläge:
(1) Die oben genannte Schaltung selber bauen
(2) Einen Verstärker ohne Deemphasis (Mikrofonverstärker von Reichelt) kaufen

Was könntest Du mir sonst noch konkret empfehlen?
Ich suche wirklich die optimale (beste) Lösung, die aber auch noch bezahlbar sein muss. Es soll klanglich wirklich ein deutlicher Unterschied zur sonst üblichen Form zu hören sein.

In meinen Plattenspieler können alle jetzt üblichen Arten von Abtastsystemen einbaut werden.
Einen eingebauten Vorverstärker hat er nicht.
Zur Zeit ist ein "Vivanco-Phono PreAmp PA 111" (Billig-Gerät von "Conrad") angeschlossen, der aber auch als "Entzerrer-Vorverstärker nach RIAA" angegeben ist und mir für die Schellackplatten nichts nützt.

Freue mich auf Antwort!

Gruß Herold19
Fhtagn!
Inventar
#6 erstellt: 10. Sep 2010, 19:42
Soo viel Ahnung habe ich auch nicht, da gibts bessere Experten .
Den besten Klang für wenig Geld wirst du mit der PC-Software Lösung erhalten.
Wenn du Lust zum Experimentieren hast, dann kauf dir doch einfach einen Mic Verstärker und einen EQ bei Ebay, die Teile bekommst du zusammen für weniger als 50€.
Ich gehe mal davon aus, dass du einen Schellack-Tonabnehmer hast.


Gruß
Haakon
Herold19
Ist häufiger hier
#7 erstellt: 10. Sep 2010, 19:56
Danke Haakon, ja natürlich werden dann Tonabnehmer mit Schellacknadeln mit verschiedenen Spitzenverrundungen benutzt. Sie sind bestellt und werden demnächst eintreffen.

Gut, dann werde ich mal nach einen einfachen Vorverstärker ohne jegliche Entzerrung schauen.

Ich danke Dir für die Hinweise!!

Wenn noch weitere Leute dazu Tipps geben können, nehme ich diese natürlich gern entgegen!

Grüße von Herold19
richi44
Hat sich gelöscht
#8 erstellt: 11. Sep 2010, 08:46
Im Grunde wäre es mit einem EQ möglich, die Entzerrung vollständig rückgängig zu machen, vor allem wenn man einen parametrischen EQ hat. Bei dem kann man z.B. in 3 bis 5 Bereichen einerseits den Bereich wählen, wo er wirken soll (Zeitkonstanten des RIAA-Entzerrers) und zum zweiten die Stärke der Anhebung oder Absenkung. Man könnte ebenfalls theoretisch die Abweichungen zwischen der vorhandenen und der gewünschten Entzerrung korrigieren.

Generll sollte man aber solche Entzerrungen nicht überbewerten. Erst mal gab es akustische Aufnahmen, bei denen es keine Entzerrung gibt, sondern wo die mechanische Schneideinrichtung (Membrane) den Klang bestimmte. Eine Entzerrung war sicher erst mit der elektrischen Aufzeichnung möglich, welche ab etwa 1925 begann. Das bedeutet, dass alle früheren Aufnahmen nur nach Gehör zu entzerren sind und damit auch gleich die mechanischen Unzulänglichkeiten reduziert werden können.

Aber selbst mit der elektrischen Aufzeichnung und dem Einsatz (firmeneigener) Voreinstellungen ist es nicht getan. Selbst wenn man die genauen Entzerrerdaten kennt und herausfinden kann, welches Fabrikat wann mit welcher Einstellung geschnitten wurde, so sind die Verstärker, die Schneiddosen und vor allem die Mikrofone so unperfekt, dass man nicht um die Ohr-Einstellung herum kommt.

Wenn Du mal angenommen den idealen Entzerrverstärker hättest, müsstest Du eigentlich jede einzelne Aufnahme dahingehend korrigieren, dass Du die Fehler der Aufnahmeapparatur verringerst.
Herold19
Ist häufiger hier
#9 erstellt: 11. Sep 2010, 09:58
Hallo richi44,

vielen Dank für Deine interessante Beschreibung des Problems.

Bleibt letztlich für mich nun die Frage: "Was soll ich nun tun, um trotz aller Unterschiedlichkeit der Aufnahmen dennoch ein akzeptables Ergebnis zu erzielen?"

(1) Garnichts bzw. nur einen einfachen (Mikrofon-)Vorverstärker ohne Entzerrung benutzen?
(2) Die o. g. Schaltung von Haakon (2. Feld von oben) bauen (lassen)?
(3) Es mit einem Equalizer versuchen?

Ich habe seit gestern abend hier einen "Behringer Ultragraph FBQ-Pro FBQ 1502".
Darunter steht noch: "Ultra-Musical 15-Band Stereo Graphic Equalizer with FBQ Feedback Detection System".

Das Ding sieht so aus:
http://www.musik-pro...ph.aspx?partner=2045

Hier ist noch die Bedienungsanleitung in Deutsch dazu:
http://www.behringer.com/EN/downloads/pdf/FBQ1502_P0205_M_DE.pdf

Zum Ausprobieren fehlen mir im Moment noch geeignete Stecker.
Ist das Gerät zum Ausgleich brauchbar und welche Frequenzbereiche müssten dauerhaft angehoben oder abgesenkt werden und wie weit?

Hier die 15 Regler:
20 - 40 - 63 - 100 - 160 - 250 - 400 - 630 - 1000 - 1600 - 2500 - 4000 - 6300 - 10000 - 16000 Hz.

Würde mich über Antwort freuen.

Gruß Herold19
richi44
Hat sich gelöscht
#10 erstellt: 11. Sep 2010, 12:27
Im Grunde brauchst Du einen umschaltbaren Vorverstärker mit den Funktionen "linear" und "RIAA". Und weiter einen EQ (ein parametrischer wäre im Vorteil gegenüber einem grafischen, weil er individueller einstellbar ist). Mit diesem kannst Du die Grundeinstellung des RIAA abschwächen und zusätzliche Filter zur Klangverbesserung einsetzen. Und wenn die Höhen total fehlen würden und das Plattenrauschen es zuliesse könntest Du auch mit der linearen Einstellung des Vorverstärkers arbeiten und halt Bässe etwas anheben und Höhen dämpfen.

Nur mit einem linearen Vorverstärker allein und einem EQ wird das nichts, denn der RIAA-Bereich ist rund +/-20dB gross. Du müsstest also für eine RIAA-Entzerrung die Höhen vollständig runter drehen und die Bässe komplett rauf. Dann hättest Du aber keine "Luft" mehr um in den Höhen oder Bässen noch weiter nachregeln zu können.

Und generell kommst Du kaum um eine Hörbeurteilung herum, weil ja wie gesagt die Entzerrkurven oft nicht bekannt sind, bereits die Toleranz der Kurven damals relativ grosszügig behandelt wurden und vor allem bei der reinen Aufnahmeapparatur Frequenzgangfehler von +/-10dB keine Seltenheit waren. Ausserdem kann es sein, dass es letztlich besser klingt, wenn das Plattenrauschen und die Verzerrungen (Oberwellen) durch verringerte Höhen etwas weniger auffallen als bei eigentlich korrekterer Entzerrung.
Das ist ja auch das Problem, wenn man eine alte Aufnahme auf den PC überspielt. Es gibt "Entrauscher" und "Entklirrer", die aber alle jeweils individuell auf jede Aufnahme eingestellt werden müssen. Da ist nix mit automatisch bearbeiten. Und genau so mit dem Klang. Auch dieser muss individuell entzerrt werden.

An dieser Stelle noch die Überlegung, ob Du nicht per Software einen EQ realisieren möchtest
http://www.google.ch...fp=9715d3b5dbb998dc. Da könntest Du mal Versuche machen, also den Plattenspieler mit Vorverstärker an den PC anschliessen (Line IN) oder den Aufnahmeausgang (Rec.Out) der Stereoanlage an den PC. Dann die Platten einfach mal überspielen und anschliessend mit dem EQ und allenfalls weiterer Software bearbeiten.
Herold19
Ist häufiger hier
#11 erstellt: 11. Sep 2010, 12:50
Hallo Richi, vielen Dank Deine Mühe!!

Gut, das hilft mir schon deutlich weiter, um die ganze Problematik zu verstehen.

Ja, ich würde somit mal Deinem Vorschlag nachgehen, aber leider funktioniert der angegebene Link nicht. Es kommt nur die leere Schweizer Hauptseite von Google zum Vorschein.

Kannst Du es noch mal versuchen? Vielleicht mal ohne "www"? Das kann ich dann selbst davor setzen.

Gruß Herold19
richi44
Hat sich gelöscht
#12 erstellt: 11. Sep 2010, 13:55
parametrische Equalizer Software bei Google eingeben, dann kommt einiges.
Jazzy
Inventar
#13 erstellt: 11. Sep 2010, 19:31
Du kannst auch einen günstigen RIAA-Entzerrer nutzen(Project Phonobox etc.) und dann mit DC5 entzerren:


Uploaded with ImageShack.us

Eine Hochton-Entzerrung braucht man IMHO bei Schellack nicht.Korrigiert mich,wenn ich unrecht habe.Die Denoiser und Cracklefilter von DC5(oder auch 6 oder 7)sind auch recht gut für Schellacks.


[Beitrag von Jazzy am 11. Sep 2010, 19:34 bearbeitet]
Caligula
Stammgast
#14 erstellt: 11. Sep 2010, 22:58
Sofern Du einem Import aus den Staaten offen gegenüber stehst, kann ich Dir den Rek-O-Kut Re-Equalizer II speziell für Schellacks empfehlen. Das Ding kostet 350$ und ist auch für 240V ausgelegt. Ich hatte den eine Weile, bevor ich auf Graham Slee gewechselt habe.
Rek-O-Kut Re-Equalizer II
Herold19
Ist häufiger hier
#15 erstellt: 13. Sep 2010, 21:11
Hallo richi44 und Jazzy,

vielen Dank für die Tipps. Ich werde mir das demnächst mal näher anschauen.

==================================

Hallo Caligula,

danke für den Hinweis, aber in Übersee würde ich nichts bestellen und bezahlen wollen.
Wäre mir ohnehin zu teuer.
Vielleicht fällt mir noch irgendwas anderes ein. Es eilt ja nicht!

Gruß Herold19
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