Kanalungleichheit / Tempo - Erfahrungsbericht

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bluez-driver
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 06. Jan 2023, 19:16
Hallo ihr lieben. Ich bin in letzter Zeit sehr selten hier, da beruflich viel zu tun ist, aber ich lese immer häufiger von Problemen mit Kanalungleichheiten beim Plattenhören und wollte mal meine zwei Cent dazu geben und meine Erfahrungen niederschreiben. Vielleicht hilft es ja der ein- oder anderen Person hier weiter.

Ich bin (als Profimusiker) sehr sensibel was Kanalungleichheiten angeht und messe Geräte mit analogem Volumenpoti (HiFi sowie Studio) vor der Inbetriebnahme erstmal durch.

Die einzige Kanalungleichheit an meiner Stereoanlage sind 0,9 bis 1,6 dB Unterschied im Bereich 7-9 Uhr des Lautstärkereglers meines NAD 326BEE Verstärkers. Über Lautsprecher ist das nicht hörbar, über Kopfhörer schon wenn man diesbezüglich sehr sensibel ist, da ich aber einen externen Headphone Amp am TAPE OUT nutze, ist es nicht weiter tragisch und liegt sowieso noch innerhalb der Toleranz für Potis eines Hifi Amps. Desweiteren nutze ich -20 dB Attenuators zwischen Vor- und Endstufe meines NAD um die Lautstärke feiner regeln zu können, da meine Lautsprecher einen sehr hohen Wirkungsgrad haben. So befinde ich mich sowieso meistens im grünen Regelbereich des Reglers. Aber das nur der Vollständigkeit halber am Rande.

Jetzt zum eigentlichen Punkt.

Mir ist vor einigen Monaten aufgefallen, dass beim Plattehören (Thorens TD 160 S MK IV, 2M Black) über meinen Sennheiser HD600 Kopfhörer (Musical Fidelity V90 HPA) die Phantomschallquellen aus der Mitte einen ganz leichten Drift nach links haben, verglichen mit gleicher Ausgabe via CD oder Streaming. Das hat mich gestört und ich bin der Sache auf den Grund gegangen.

Ich habe sicherheitshalber meinen Phono Pre (Schiit Mani 1) mit Sinus am Eingang und meinen HiFi Amp mit Sinus am AUX IN (am Tape Out, ohne Volume Control im Signalweg) durchgemessen. Beide Kanäle absolut gleich laut. Headphone Amp ebenfalls. Volumenpoti des Headphone Amps absolut perfekter Gleichlauf (unter 0,3 dB im untersten Bereich, den man nie braucht)

Die Messungen erfolgen am TAPE OUT des NAD 326BEE Verstärkers mit meinem MacBook und der dB Anzeige in Audacity und Apple Logic Pro. Die Darstellung in Audacity gefiel mir allerdings besser. Um Ungleichheiten meines MacBooks auszuschließen habe ich natürlich auch den Eingang durchgemessen. Alles prima.

Für meine Tests habe ich eine TACEL L210 Testplatte mit Signalen genutzt, die mir das Forenmitglied „Albus“ einmal empfohlen hatte um mein, damals frisches, 2M Black gut einzustellen.

TEST 1 - Hörtest via weisses Rauschen auf der Test LP

Ich habe einfach ein weisses Rauschen am AUX IN des Verstärkers digital erzeugt und mit dem Pegel zum weissen Rauschen via Platte mit Test LP angeglichen. Via Kopfhörer und Lautsprecher konnte ich keinen Unterschied mit den Ohren zwischen dem Digital-Rauschen und dem Rauschen der auf Platte ausmachen. Test bestanden.

TEST 2 - Azimuth Kontrolle via Test LP

Auf der LP befinden sich zwei verschiedene Signale zur Azimuth Kontrolle. Der Azimuth ist dann korrekt wenn beide Signale gleich Laut wiedergegeben werden. Tatsächlich war mein rechter Kanal etwas lauter, allerdings ist das der Kanal, der eigentlich nach meinem Eindruck hätte leiser sein müssen. Es waren auch nur weniger als 0.5 dB. Durch leichtes korrigieren des Azimuth komme ich auf nahezu 0dB Abweichung mit beiden Signalen. Wenn man bedenkt, dass das 2M Black eine Toleranz von +/- 1dB hat, ist das absolut beachtlich. Selbstverständlich habe ich Auflagekraft und Antiskating nochmals kontrolliert. Test bestanden.

TEST 3 - Hörtest via Mono Platte

Eine Mono LP schmeisst die Musik via Kopfhörer und Lautsprecher stramm in die Mitte. Dieser Test war mir wichtig um eine Ungleichheit beim schneiden der Testsignale auf der Test LP nahezu ausschließen zu können Alles perfekt. Test bestanden.

Eine Kanalungleichheit meines Setups kann ich also nahezu ausschließen!

Damit kämen wir auch zu meiner Schlussfolgerung. Die Ungleichheiten entstehen oft bereits beim Mastern und Schneiden der Platten selbst!

Hier z.B. ein sehr deutliches Beispiel.

The Rolling Stones „Tattoo You“ - Deutsche Erstpressung 1981 - Gesang kommt mehr von Links, auf dem kompletten Album.
Gleiches Album als aktuelles Remaster auf Vinyl - Gesang kommt aus der Mitte, identisch zur Remastered CD! Hier ist die Ungleichheit sicherlich beim Schnitt der LP entstanden. Ich habe ebenfalls exakt die gleiche 1981er Ausgabe als CD. Dort ist alles Mittig.

Donald Fagen „The Nightfly“ - 180 Gramm Remaster 33 1/3-Variante - Gesang bei 3 Songs Links-Drift, auf der CD (80er Pressung) alles nahezu Mittig. Die anderen Songs sind vom Panorama her identisch zur CD. Aktuelles Remaster als Digital Ausgabe via Streaming ebenfalls alles mittig. Der leichte Linksdrift auf 3 Titeln betrifft ausschliesslich meine LP. Da es nicht die ganze LP betrifft sind diese Ungleichheiten sicherlich beim Mastern der einzelnen Titel für die LP und nicht beim Schnitt entstanden.

Diese Ungleichheiten sind natürlich alle sehr gering aber ich reagiere darauf sehr empfindlich und wollte der Sache einfach mal an einem ruhigen Nachmittag auf den Grund gehen um zu wissen, ob etwas defekt sein könnte oder ich damals bei der Justage etwas übersehen habe.

Nun zum Thema Tempo!

Mein TD160 S MK IV hat einen 16 Volt Synchonmotor und wird via 50 Hz Netzfrequenz geregelt. Mit anderen Worten, er kann nur korrekt oder garnicht laufen. Eine Feineinstellung hat er nicht und ist eigentlich auch nicht nötig. Der ehemalige Thorens-Mitarbeiter „Joel“ hat hier im Forum einmal geschrieben, dass lediglich die Riemendicke die Geschwindigkeit veränden kann, allerdings ist das alles nicht wirklich im hörbaren Bereich. Selbst für mich als Musiker nicht!

Wenn ich den Testton mit 315,0 Hz der Test LP abspiele und am Handy mit der Gitarren-Stimm-App iStrobo messe, variiert die Hz-Frequenz zwischen 314,7 Hz und 315,4 Hz. Die leichte Modulation ist rhythmisch zur Umdrehung der LP und ist demnach auf eine mikroskopisch kleine Dezentrierung beim Pressen zurück zu führen. Ich halte somit das Tempo meines Thorens für absolut perfekt. Test bestanden.

Ich besitze z.B. das Album „Shades“ von Doyle Bramhall II. Die Aufnahme ist erst 4 Jahre alt und somit eine neuere Aufnahme und Pressung. Trotzdem ist die Aufnahme auf der Platte vergleichen mit der Digitalen Ausgabe hörbar zu schnell! Und es liegt nicht am Plattenspieler.

Ich habe mir jetzt die Mühe gemacht und 60 Min. lang einige Alben, welche ich auf LP und CD habe akustisch miteinander verglichen. Es handelt sich meist um Originale Pressungen in beiden Formaten.

Ergebnis: Bei nur wenigen dieser Alben ist das Tempo absolut identisch. Oft ist es auf LP zu schnell, bei ganz wenigen zu langsam.

Aber auch hier hört man das natürlich nur mit geschultem Ohr bei direktem A/B Vergleich. Es war aber interessant es mal zu testen.

Was sagt uns das Ganze?

Auch beim mastern und schneiden wird Equipment (Boxen, Kopfhörer, Stereo-Potis, Schneidemaschinen,….) mit leichten Kanalgleichheit-Toleranzen benutzt und irgendjemand muss auch beim schneiden das Tempo feinjustieren.

Funfacts:

Ich habe sogar eine CD, bei der sich die gleiche Ausgabe im Streaming minimal im Panorama unterscheidet. (Black Crowes - Amorica)

Meine Originale LP Pressung von Ry Cooders - Get Rhythm Album hat auf Seite 2 verglichen mit CD Ausgabe und Streaming die Kanäle L/R vertauscht. What the fuck ;-)

So. Schluss jetzt. Der Hund muss gassi.

Ich dachte, wenn ich mir schon die Mühe mache ein wenig zu testen muss ich das Ergebnis wenigstens mit euch teilen.

Habt einen schönen Abend :-)

Gruss,
BD
Mömpf
Gesperrt
#2 erstellt: 06. Jan 2023, 21:03
Interessant ! ER hat Ausdauer und Hartnäckigkeit bewiesen !

Und das alles bei 33 1/3 UPM ... mit Anspielung auf das Drittel. Die Ry Cooder wird als LP = Urversion natürlich richtig sein.
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