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Der merkwürdige Klang früher Stereo-Aufnahmen - erklärt+A -A |
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Autor |
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TrueHighFidelity
Stammgast |
#1 erstellt: 20. Aug 2022, 20:05 | |||
Bei frühen Stereo-Aufnahmen aus den 1960er Jahren kommt es gelegentlich vor, dass man den Gesang komplett auf einem Kanal hat und die Instrumente komplett auf dem anderen (auch Ping-Pong-Stereo oder Beatles-Stereo genannt). Oft wurde (und wird, auch hier im Forum) behauptet, das hätte man absichtlich so gemacht, um den Stereo-Effekt besonders hervorzuheben, damit die neuen Eigentümer von Stereo-Anlagen merken: Das ist jetzt Stereo. Aber war das wirklich der Fall? Schauen wir uns ein paar Aussagen von Profis aus der Zeit dazu an (die Übersetzungen sind von mir). Produzent George Martin über die frühen Aufnahmen der Beatles:
(Quelle: George Martin interviewed by Richard Buskin, Central London - March 3rd, 1987) Ebenfalls George Martin über das erste Album "Please Please Me" der Beatles:
(Quelle: George Martin -Talks about working with The Beatles,Wings,Jeff Beck & more -Radio Broadcast 1982) Produzent Glyn Johns über die frühen Aufnahmen der Rolling Stones:
(Quelle: Rolling Stones Producer Glyn Johns on Mono Recordings) Die Aussagen ergeben Sinn. Welcher "kultivierte" (und zwangsläufig wohlhabende) Hifi-Liebhaber hätte bei einer Vorführung seiner neuen Stereo-Anlage "Krach" von den Beatles oder den Rolling Stones aufgelegt und damit seine Bekannten "erschreckt"? Und welcher jugendliche Beatles- oder Stones-Fan hätte sich damals eine Stereo-Anlage anstelle eines Mono-Kofferplattenspielers leisten können, um den Stereo-Effekt überhaupt zu hören? Wer doch die Beatles und die Stones in Stereo hören wollte, wurde nur nebenbei mitbedient, ohne dass man sich von Produzentenseite große Mühe dabei gegeben hätte. Damit wäre der Mythos vom Ping-Pong-Stereo als beabsichtigtem Effekt wohl zerstört. Später mag man angefangen haben, mit Stereo zu spielen und Instrumente auf der Stereo-Basis "wandern" zu lassen, aber in den frühen 1960er Jahren war das eindeutig noch nicht der Fall. [Beitrag von TrueHighFidelity am 20. Aug 2022, 20:11 bearbeitet] |
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Costanza
Stammgast |
#2 erstellt: 20. Aug 2022, 20:23 | |||
Mir stellt sich hier die Frage: hat das überhaupt jemand behauptet? Imho handelt es sich eher um einen "Mythos-Mythos" |
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TrueHighFidelity
Stammgast |
#3 erstellt: 20. Aug 2022, 21:02 | |||
Ich bin ziemlich sicher, das hier schon an verschiedenen Stellen gelesen zu haben. Hier noch eine Erklärung dafür, wie merkwürdig klingende Stereo-Aufnahmen entstehen können, die eigentlich gar nicht als solche gedacht waren (anhand der Arbeitsweise des Produzenten Joe Meek):
(Quelle: Joe Meek - ein Portrait) Auch hier: Kein beabsichtigter Effekt, sondern durch die Arbeitsweise im Studio bedingt. |
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analognerd
Stammgast |
#4 erstellt: 21. Aug 2022, 01:25 | |||
Ist das nicht auch irgendwie normal? Als Musiker(bass) selbst stehe ich vom Zuschauer aus gesehen links, Drums in der Mitte und Gesang ebenso. Gitarre rechts und wenn man alles zusammen aufnimmt, hat man den exakten Höreindruck des Konzertbesuchers. Gut, bei den Beatles wurde es wohl so gemischt, aus den beschriebenen Gründen. |
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Mr._Lovegrove
Inventar |
#5 erstellt: 21. Aug 2022, 06:32 | |||
Interessante Aussagen, die aber durchaus Sinn machen. Wobei Glyn Johns wohl kein Jazzhörer war. Auch im Jazz wurde schon Ende der 1950er in Stereo aufgenommen und veröffentlicht. Miles Davis "Kind of Blue" ist eine astreine Dreikanalaufnahme (die aber parallel auch in Mono mitgeschnitten wurde), Chet Bakers "Chet" ist rudimentäres Stereo. Cannonball Adderleys "Know What I mean" von 1961 wurde sogar in einem astreinen Stereosound mit einer echten spurübergreifenden Raumverteilung aufgenommen. |
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flexiJazzfan
Inventar |
#6 erstellt: 21. Aug 2022, 09:59 | |||
Ich behaupte mal, dass bei den ersten Stereoabspielgeräten die Kanaltrennung damals so schlecht war, dass der beschriebene Ping-Pong Effekt nicht lästig war, sondern das Erstaunen über das "Stereo" überwog. Die Unerfahrenheit des Aufnahmepersonals mit den Möglichkeiten und Fallstricken der Stereoabmischung hat sicher auch zu Aufnahmen geführt, die uns mit heutigen Geräten seltsam erscheinen . (Wobei die Unerfahrenheit der Benutzer mit der Aufstellung von Stereoboxen noch viel schlimmer war.) Ich persönlich habe nichts gegen einen Remix, der eine Monoproduktion etwas auffächert oder extremes Stereo etwas zusammenrückt. Gruß Rainer |
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TrueHighFidelity
Stammgast |
#7 erstellt: 21. Aug 2022, 15:46 | |||
Du sagst es: Dreikanalaufnahme. Auch dazu gab es mal eine Aussage von George Martin, dass man das in Großbritanien nie benutzt hätte, sondern nur in den USA. Das Beatles-Konzert in der Hollywood Bowl wurde dreispurig mitgeschnitten (aber wegen zu lauter "Störgeräusche" des Publikums damals nicht veröffentlicht). Wie dem auch sei: Wenn man drei Spuren zur Auswahl hat, kann man natürlich eine etwas stimmigere Stereo-Abmischung erstellen als mit nur zwei Spuren, wovon auf einer nur Gesang ist. Außerdem ist Jazz, im Gegensatz zu Rock, natürlich Hochkultur, und spricht eher finanzstarke Besitzer von Stereo-Anlagen an. Übertrieben gesagt, aber damals war das vermutlich noch so. Heute ist Rock dagegen viel weiter verbreitet und wird sogar von Ministerpräsidentinnen gehört. Die Toningenieure würde ich nicht unterschätzen. Die Abbey Road Studios waren ja von der Technik her für Stereo eingerichtet und dort wurde auch viel Klassik aufgenommen. Natürlich hätte man die Beatles auch in "echtem" Stereo aufnehmen können, aber 1.) hätte das die Aufnahmen verzögert, da die Abmischungen gleich während der Aufnahmen perfekt hätten sein müssen, und 2.) hätte das Zielpublikum es sowieso nicht zu schätzen gewusst. [Beitrag von TrueHighFidelity am 21. Aug 2022, 15:46 bearbeitet] |
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