Erste deutsche TV-Serien auf HD-Produktion umgestellt

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Radioman2000
Hat sich gelöscht
#1 erstellt: 11. Okt 2008, 13:19
Erste deutsche TV-Serien auf HD-Produktion umgestellt
Während größere Dokumentationen und internationale Co-Produktionen im Fernsehbereich schon seit einigen Jahren auch in Deutschland in HD-Formaten gedreht werden, blieb man bei der Produktion von TV-Serien bisher bei den althergebrachten Aufnahmeformaten – sei es bei Film für wöchentliche Formate oder bei Digital Betacam für Daily Soaps. Inzwischen wirft der für 2010 avisierte HDTV-Sendestart bei den öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten aber seine Schatten voraus, weshalb seit Mitte des Jahres – teilweise unter Geheimhaltung – die ersten fiktionalen Serien in unterschiedlichen HD-Formaten aufgenommen werden.



Einer der Vorreiter dieser Entwicklung war die Hamburger Produktionsfirma Network Movie (SOKO Köln, Einsatz in Hamburg), die nach Tests im vergangenen Jahr nun die dritte Staffel der ZDF-Vorabendserie "Da kommt Kalle" nicht mehr auf Super-16-Filmmaterial, sondern auf HDCAM dreht. Dieses Bandformat war schon bei den HD-Aufnahmen für "Krieg der Sterne – Angriff der Klonkrieger" am Start. Laut Arne Möller, Leiter der Postproduktion bei Network Movie, begründete den Schritt mit dem Wunsch, unter den Ersten sein zu wollen, die den Sendern eine Prime-Time-Serie in HD anbieten. Jedoch habe man bei aller Pionierarbeit stets darauf geachtet, einen Look ähnlich der klassischen Filmtechnik zu erreichen – "allerdings mit wesentlich hochwertigeren Bildern und deutlich mehr Bildinformationen gegenüber der SD-Technik", verdeutlicht Möller. Erreicht haben man das nach ausgiebigen Testläufen dann schließlich durch Verwendung von Filtern, Veränderungen des Gamma-Wertes in der Kamera und durch den Dreh mit 25 Vollbildern pro Sekunde.

Bei der Familienserie "Da kommt Kalle" kommt als Besonderheit hinzu, dass im Mittelpunkt der namensgebende Parson-Russel-Terrier steht, der die Streifenpolizistin Pia Andresen (Sabine Kaack) regelmäßig auf ihren Patrouillenfahrten durch Flensburg begleitet. Weil die Arbeit mit Tieren in der Regel mit vielen Wiederholungen und einem hohen Drehverhältnis verbunden ist, dürfte die Umstellung von Film auf Videobänder nicht zuletzt zu einer nicht ganz unerheblichen Kostenersparnis führen. Gedreht wurde die dritte Staffel bis Ende September durchgängig mit zwei parallel laufenden HDW-790P-Kameras sowie mit einer kompakten PMW-EX 1 als kleiner, flexiblen Handkamera, die Terrier Kalle überall hin folgt. Die Postproduktion erfolgt bei Mastercut in Hamburg auf zwei Systemen vom Typ Avid Nitris DS, die parallel Zugriff auf das auf einem 8-TByte-Server liegende Material haben. Sendestart für die dritte Staffel ist voraussichtlich Februar 2009, also gut ein Jahr vor Aufnahme des HD-Regelbetriebs beim ZDF.

Mit einem anderen HD-Format, das einen rein file-basierten Arbeitsablauf ermöglicht, arbeiten die Bavaria Production Service bei der Kinderkanal-Serie "Wie erziehe ich meine Eltern?" und der Südwestrundfunk bei seiner regionalen Familiensaga "Die Fallers". Seit Juli respektive September kommt mit der neuen PDW 700 hier ein von Sony entwickeltes XDCAM-HD-System der zweiten Generation zum Einsatz. XDCAM HD rangiert sowohl preislich als auch qualitativ zwischen teuren HD-Formaten wie HDCAM SR, VariCam und dem preiswerten und schmalspurigen Einstiegsformat HDV. Bei der Einführung von XDCAM HD im Jahr 2006 war lediglich eine Aufzeichnung mit Blu-ray-Technik auf Professional Discs vorgesehen, inzwischen hat Sony allerdings Kameraversionen mit Aufzeichnung auf Solid State Discs oder auf Bänder vorgestellt beziehungsweise angekündigt.

Die zweite Generation der XDCAM-HD-Kameras arbeitet mit größeren Chips (2/3 anstatt 1/2 Zoll), besitzt leistungsfähigere Laufwerke [50 statt 23,5 GByte Kapazität] und zeichnet mit einer gegenüber den Vorgängermodellen um 40 Prozent gesteigerten Datenrate von 50 MBit/Sekunde auf. Während die vor gut zwei Jahren eingeführte erste HD-Generation der XDCAM-Klasse vor allem in Deutschland kaum zum Einsatz kam, hat Sony nun nach eigenen Angaben Schwierigkeiten, die große Nachfrage nach der PDW 700 zu bewältigen, weshalb Interessenten mit längeren Lieferfristen rechnen müssen. Von der Bavaria wurden zwei, beim Südwestrundfunk drei Modelle der PDW 700 angeschafft– für Second-Unit-Drehs, und damit das Team bei Ausfällen immer eine Kamera in der Hinterhand hat.

Die seit 14 Jahren laufende wöchentliche Heimatserie "Die Fallers" über eine Bauern-Dynastie in einem Schwarzwald-Dorf ist ein erfolgreiches Nischenformat, das regelmäßig die zweithöchste Tageseinschaltquote nach der 20-Uhr-Ausgabe der "Tagesschau" hat. Damit die Jahreszeiten in der Serie so weit wie möglich mit den Gegebenheiten bei der Ausstrahlung übereinstimmen, und die Darsteller nicht im Hochsommer durch eine verschneite Winterlandschaft laufen, wird die Serie ein Jahr im voraus produziert. Die Dreh- und Sendepause bei den "Fallers" im August nutzte man beim SWR für ausführliche Tests, damit sich Licht, Maske, Requisite und Kulissenbau auf die höheren und teilweise andersartigen Anforderungen der HD-Aufnahme vorbereiten konnten.

Eigentlich sollte man annehmen, dass ein file-basierter Arbeitsablauf auch Produktionszeit spart, praktisch führt eine Umstellung auf HD aber in der Regel erst einmal zu Verzögerungen, bis sich alle Beteiligten an die neuen Geräte und Aufgaben gewöhnt haben. Laut Tobias Jost, zuständiger SWR-Producer konnten sich durch die intensiven Tests vor HD-Drehbeginn aber alle Abteilungen auf die neuen Anforderungen einstellen, wodurch es dann glatter lief als gedacht.

Geschnitten werden die Folgen beim SWR in Baden-Baden auf drei Final-Cut-Pro-Stationen, die auf ein X-SAN mit 36 TByte Volumen zugreifen. Dass kein Kamerasystem mit Flash-Card-Aufzeichnung zum Einsatz kommt, begründet SWR-Ingenieur Roland Puff mit der größeren Aufzeichnungskapazität der Professional Discs, dank der man während des Drehs seltener das Medium wechseln müsse. "In der Regel reicht eine Disc pro Kamera für den gesamten Drehtag", erklärt Puff. Außerdem sei der auf MPEG2 basierende XDCAM-Codec einfacher zu dekodieren und verlange in der Nachbearbeitung weniger vom Rechner als andere Systeme. Die ARD-Anstalten sind schließlich seit Oktober 2007 schon so weit vernetzt, dass man eine fertige "Fallers"-Folge bei Bedarf ARD-weit als Datei verschicken kann, um sie beispielsweise in einem anderen dritten Fernsehprogramm zu senden. Damit entfällt schon heute ein Großteil der früher üblichen Leitungsüberspielungen oder des MAZ-Band-Versandes.

Grundsätzlich haben sich ARD, ZDF, ORF und SRG – einer EBU-Empfehlung folgend – für das HD-Format 720p50 entschieden, bei den ersten drei deutschen HD-Serienproduktionen kam dieses Format aber nicht zum Einsatz. Teilweise aus Qualitätsgründen, teilweise weil die Kameras noch keinen 720p-Modus anboten, erfolgte die Produktion in 1080p oder 1080i. In der Übergangszeit werden in manchen Fällen die Sendefassungen sogar noch auf SD-Bändern ausgespielt. Der erste Kandidat für eine HDTV-Ausstrahlung ist die dritte Staffel von "Da kommt Kalle", da die Hauptprogramme von ZDF und ARD zur Winterolympiade 2010 definitiv mit dem parallelen HD-Betrieb beginnen. HD-Starttermine für den Kinderkanal oder die regionalen dritten Fernsehprogramme sind noch nicht festgelegt.

Weitere Wechsel in der Serienproduktion zum HD-Format sind in Vorbereitung, die Namen der Sendungen werden aber in der Regel von den Sendern und Produktionsfirmen bis zum Vorliegen erster vorzeigbarer Ergebnisse geheim gehalten. Gut sieben Jahre nach der Einführung von HDCAM hat HD nun aber unwiderruflich das letzte Filmreservat erreicht, wie auch Arne Möller von Network Movie bestätigt: "Nach unserer Auffassung wird das Aufnahmeverfahren 'HD' sicherlich in absehbarer Zukunft das Filmmaterial zumindest im TV-Bereich größtenteils ersetzen." (Georg Immich) / (nij/ct)

Quelle: http://heise-online....-umgestellt--/117215
Hannibalor
Stammgast
#2 erstellt: 11. Okt 2008, 14:20
oho
grooveminister
Inventar
#3 erstellt: 11. Okt 2008, 21:31
Da bin ich ja mal gespannt, manche auf HD-Video gedrehte Serien sehen ja so digital aus, da wär mir eine gute HD-Abtastung von Super16 wieder lieber!

Die Top-US-Serien werden ja in 35mm gedreht - HD ist ja toll, der Wechsel von Film zu Video kann aktuell noch eher ein Rückschritt bei der Ästhetik sein...

Gruß, Andreas
harrynarry
Inventar
#4 erstellt: 12. Okt 2008, 11:35

Radioman2000 schrieb:
Jedoch habe man bei aller Pionierarbeit stets darauf geachtet, einen Look ähnlich der klassischen Filmtechnik zu erreichen – "allerdings mit wesentlich hochwertigeren Bildern und deutlich mehr Bildinformationen gegenüber der SD-Technik", verdeutlicht Möller. Erreicht haben man das nach ausgiebigen Testläufen dann schließlich durch Verwendung von Filtern, Veränderungen des Gamma-Wertes in der Kamera und durch den Dreh mit 25 Vollbildern pro Sekunde.


Also: Farbraum auf den alten 16mm-Film reduzieren, und mit 25 Bildern/Sek drehen. Warum nicht gleich die Auflösung reduzieren, Kratzer auf dem Film per Computer nachträglich einfügen und Markierungen für den Flimvorführer einblenden: dann ist der "Kinoeffekt" doch perfekt?!


Radioman2000 schrieb:
Dass kein Kamerasystem mit Flash-Card-Aufzeichnung zum Einsatz kommt, begründet SWR-Ingenieur Roland Puff mit der größeren Aufzeichnungskapazität der Professional Discs, dank der man während des Drehs seltener das Medium wechseln müsse. "In der Regel reicht eine Disc pro Kamera für den gesamten Drehtag"


Ein KO-Argument, ohne jeden Zweifel. Ein Paar Zeilen oben erzählt man, welche Erleichterung es bei der Arbeit mit den Tieren bedeutet, dass man digital aufzeichnen kann. Ich frage mich, wie oft sie an ihren 16mm-Kameras dabei die Filmrollen wechseln mussten.

Und jetzt ist das Umstecken einer Flash-Card plötzlich ein gewaltiges Problem...


Radioman2000 schrieb:
Grundsätzlich haben sich ARD, ZDF, ORF und SRG – einer EBU-Empfehlung folgend – für das HD-Format 720p50 entschieden, bei den ersten drei deutschen HD-Serienproduktionen kam dieses Format aber nicht zum Einsatz. Teilweise aus Qualitätsgründen, teilweise weil die Kameras noch keinen 720p-Modus anboten, erfolgte die Produktion in 1080p oder 1080i.


Aus Qualitätsgründen wird auf 1080p gedreht. Aber später wird alles besser: die Auflösung wird auf 720 reduziert...

Halleluja! Wenn ich mich richtig erinnere, empfahl die EBU neben 720p50 für die Ausstrahlung immer noch 1080p50 für die Produktion...

Spielt eigentlich die Überlegung über den Export von Programmen ins Ausland eine Rolle? Wo außerhalb des deutschen Sprachraums hat sich jemand noch auf 720p50 festgelegt?

Im Übrigen offenbart dieser Artikel Aussage (die schon seit Jahren im Umlauf ist), im Hintergrund würde schon längst in HD Produziert, als glatte Lüge: oder habe ich es doch falsch verstanden?
timilila
Inventar
#5 erstellt: 12. Okt 2008, 16:09

Radioman2000
Themenersteller
Hat sich gelöscht

Wo ist er geblieben ??? Hat da einer "Internes" ausgeplaudert ... ?
harrynarry
Inventar
#6 erstellt: 12. Okt 2008, 17:25

timilila schrieb:

Radioman2000
Themenersteller
Hat sich gelöscht

Wo ist er geblieben ??? Hat da einer "Internes" ausgeplaudert ... ?

Vielleicht hat er sich nur verklickt?!

Es wäre nicht der erste Forumsteilnehmer, der sich löscht oder löschen lässt, um dann wieder unter einem Namen aufzutauchen.
george
Stammgast
#7 erstellt: 14. Okt 2008, 08:54
Blinder Herdentrieb auf dem digitalen Hype.

Super16 ist mit modernem Equipment (Film und Post-Production) sicherlich der günstigste Weg in hoher Qualität auch in HD-Qualität fürs Fernsehen zu produzieren.

Mag die reine Auflösung einer 2/3"-HD-Kamera kaum das Problem darstellen, unterscheidet sich der Look schon sehr deutlich von dem von Super16, die Aufnahmefläche ist schon deutlich kleiner, digitale Artefakte, unnatürliche Bewegtwiedergabe und eingeschränkter Dynamikumfang sind hier wesentliche Stichworte.

Es gibt inzwischen prof. digitale Kameras mit "Film-Look" (inkl. Rotationsblende, Sensor in Super35-Größe), welche sich gut für HD-TV-Produktionen eignen, aber die nutzt man fast ausschließlich in Hollywood (obwohl sie aus D kommen)...typisch...

Naja, bei den erwähnten Produktionen hapert es ja auch zumeist nicht nur an der technischen sondern vor allem an der inhaltlichen Qualität...

Wer sich selbst ein Bild vom "Look" der verschiedenen Formate machen möchte:

- "Dexter" wird mit den angepsrochenen 2/3"-HD-Kameras gedreht
- "Monk" auf Super16
- "House" auf Super35
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