Devin Townsend Project - Ki

Sooo, was haltet ihr denn vom neuen Werk des Herrn Townsend?

Wer es bisher noch nicht mitbekommen hatte, hier die Vorgeschichte (ist wichtig für die Bewertung, deshalb...):

[dozier]Devin hat vor drei Jahren sein Leben umgekrempelt: SYL beendet, Drogen, Alkohol, Kaffee, Pornos und allerlei anderes aufgegeben, einen Sohn bekommen und sich von der Bühne verabschiedet.

In der "Verarbeitungsphase" ist dann erstmal nur "Ziltoid the Omniscient" entstanden, in dem es schon um Drogen ging. Danach hatte er wohl ein Jahr ne Schreibblockade, bis irgendwann allerlei neue Songs kamen - quasi erstmals ohne Drogeneinfluss, die er wegen der starken stilitischen Unterschiede auf vier Alben verteilt. "Ki" ist Nummer 1, "Addicted" (heavy, catchy, tanzbar, Anneke von "The Gathering" singt mit) ist fast fertig aufgenommen und geht am 1. Juli zum Label, "Deconstruction" (ultraheavy, ultrakompliziert, sinfonisch) kommt danach dran und ist im Demo-Status, Nummer 4 (akustisch, new-agig) hat noch keinen Namen.

Tja, und während Addicted und Deconstruction wohl eher wieder an alte Tugenden anknüpfen sollen (letzteres z. B. an SYL), ist "Ki" nun ein völliger Stilbruch geworden - was offenbar Absicht war, um den "Neuanfang" und das "Erwachsenwerden" zu symbolisieren. Beispielsweise gibt es keine Spannungs-"Explosionen", sondern sie werden zwar aufgebaut, dann jedoch bewusst nicht wirklich aufgelöst, sondern "kontrolliert" wieder zurückgefahren.

Bei Ki spielen an Schlagzeug und Bass zwei ältere Veteranen, die beide noch nie Metalkram gemacht haben, und das hört man auch. Das ganze ist sehr jazzig und lässig geworden. [/dozier]

Ich persönlich finde Ki immer noch zwiespältig. Einerseits begeistert es mich wirklich, dass Devin sich schon wieder (fast) komplett neu erfindet. Auch sind sein Gesang und sein Gitarrenspiel (dieser cleane Sound ist der Wahnsinn...) absolut großartig - und eröffnen wieder einmal ganz neue Dimensionen, als wäre er nicht vorher schon der vielseitigste Sänger des Metals überhaupt gewesen. Insbesondere "Coast" könnte ein neues Lieblingslied werden, aber es sind auch noch ein paar weitere Perlen auf dem Album ("Terminal" sowie Teile von "Ki" mit Alan-Parsons-Sound! "Trainfire" mit Rock 'n Roll-Elementen und nem extrem geilen Refrain). Der Sound und die Atmosphäre sind insgesamt für mich persönlich die Hauptstärke des Albums. Übrigens ist es entgegen des Loudness-Trends SEHR dynamisch gemastered und kaum komprimiert. Dadurch "atmet" es richtiggehend.
Andererseits haut mich diese insgesamt zurückhaltende Art einfach nicht so vom Hocker, wie es seine früheren Meisterwerke geschafft haben. Ich respektiere "Ki" sehr (vor allem vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte - deshalb sind Wertungen wie "Devin ist müde geworden" einfach nur völliger Schwachsinn), und werde es sicher auch immer wieder gerne hören, aber es berührt mich (mit Ausnahme von "Coast") nicht wirklich. Allerdings bin ich vielleicht auch einfach nicht in einer Lebenslage, in der ich mich besonders gut damit "identifizieren" kann (das ging früher oft bei Devins Werken).
Auf jeden Fall ist es bei "Ki" noch viel wichtiger als sonst, dass man sich Zeit mit dem Album lässt. Devin selbst empfiehlt, es erstmal ein paar mal im Hintergrund laufen zu lassen. Das kann ich nur bestätigen.

Für mich insgesamt jedenfalls das "schwierigste" Album des Herrn Townsend. Eigentlich paradox, weil es am leichtesten und lässigsten klingt.

Achja, hier ist ein "Teaser": http://www.myspace.com/devintownsenddtb