Renaissance Vokal: welche Akustik?

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Panurg
Stammgast
#1 erstellt: 26. Nov 2017, 21:30
Hallo mal wieder!
Ich kann mich mit zu "trockener" Akustik nicht so anfreunden, aber der - puristische? - Trend scheint ja in diese Richtungzu gehen ...
Diese Musik ist nicht für schalltote Räumlichkeiten gedacht. Gerade auch die avancierteste Polyphonie kommt mit einem gewissen Hall erst richtig zum Leuchten.
Nun gibt es unterschiedliche Hall-Charakteristiken - im Grunde natürlich ebenso viele, wie es (Aufnahme)Räume gibt. Aber ganz so doll unübersichtlich ist es ja dann gottlob doch nicht.
Ich höre im Grunde zwei Haupt-Typen: Den schnell abfallenden, dann aber relativ lang leise stehenden (und abnehmenden) Typ - und den anfänglich langsam abfallenden, dann aber schnell verebbenden Typ.
Der erste Typ ist mir wesentlich angenehmer. Es deutet auf eine an sich über-akustische Räumlichkeit (Kirchenschiff zB), die mit schallschluckenden Flächen gekonnt(!!) modifiziert wurde; letzterer Typ kommt oft von eher kleineren Hallen, wo die Klangquelle (der Chor) zu nah bei einer Wand aufgestellt ist.
Studio-Hall wiederum ist etwas gänzlich anderes. Der ist praktisch immer sehr (zu) "glatt", nicht unschön vorderhand, aber tendenziell langweilig.
Ich habe allerhand Gesualdo, Palestrina, Josquin Desprez, Tallis, Byrd, aber auch ein sehr schönes Album, "Flight of Angels", mit Stücken der Spanier Guerrero und Lobo (828021612424), welches u.a. durch - m.E. - besonders gelungene Hall-Regie auffällt.

Wie stehen andere zur Hall-Frage?
FabianJ
Inventar
#2 erstellt: 02. Dez 2017, 11:50
Über die Akustik bei dieser Art von Musik habe ich bislang nie so genau nachgedacht. Wichtig ist mir jedoch, dass die einzelnen Stimmen immer gut hörbar bleiben und das Ganze nicht zu homogen klingt, wodurch das gesungene Werk an Kontur verlieren würde. So mag ich es z. B. nicht so gern, wenn etwa ein 4-stimmiges Werk von einem großen Kathedralchor gesungen wird. Da mag das Ensemble noch so gut sein und noch so großartig singen, viele Feinheiten gehen in der Masse der Stimmen dennoch verloren. Ideal wären für mich 1 bis 2 Sänger pro Stimme.

Auch schätze ich es nicht so, wenn einzelne Stimmlagen (es sind ja oft die hohen Stimmen) zu sehr in den Vordergrund gedrückt werden, sodass die tieferen Stimmen fast zu einem Hintergrundgeräusch „degradiert" werden. Dann mag das gespielte Stück kurze Zeit schön klingen, aber für mich wird es dann doch schnell monoton und langweilig. Ich kenne etwa ein paar ältere Aufnahmen der Tallis Scholars, wo dies der Fall ist. Lange kann ich mir das nicht anhören.

Manchmal gibt es auch Alben, die mir gut gefallen, obwohl sie von CD ganz anders klingen, als sie es live tun würde. Zu nennen wären da etwa die beiden Alben mit Motetten von Nicolas Gombert des Ensembles Beauty Farm. Da hatte wohl jeder Sänger sein eigenes Mikrophon und das Ganze wurde wohl hinterher für die CDs abgemischt. Das klingende Ergebnis bildet zwar kaum die Akustik des Aufnahmeraumes ab, aber die einzelnen Stimmen sind immer klar zu hören. Bei Musik, die so dicht gewebt ist wie diese, finde ich diese Vorgehensweise gar nicht mal so verkehrt. Ich vermute mal, dass man auch bei einer Live-Aufführung dieser Musik von den besten Plätzen aus, man die einzelnen Stimmen nie so deutlich hören können wird wie auf den beiden Alben. Zu Anfang ist es jedoch gewöhnungsbedürftig.

Mit freundlichem Gruß
Fabian
op111
Moderator
#3 erstellt: 08. Dez 2017, 18:20

Panurg (Beitrag #1) schrieb:
Studio-Hall wiederum ist etwas gänzlich anderes. Der ist praktisch immer sehr (zu) "glatt", nicht unschön vorderhand, aber tendenziell langweilig.

Konnte ich bis jetzt nicht feststellen.
Das trifft vielleicht auf uralte (vintage) Hallgeräte (Hallplatten, -spiralen und -bandgeräte) zu.
Den Studiohall kann man mittlerweile (seit etwa 30 Jahren) äußerst differenziert in seinen Parametern verändern und gestalten, was bei einem Raum ohne größere Umbauten nicht so recht gelingen kann.


[Beitrag von op111 am 08. Dez 2017, 18:21 bearbeitet]
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