Mögliche Nachteile einer Plastik-Headshell?

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lunatic303
Stammgast
#1 erstellt: 08. Okt 2011, 09:01
Moin Hifi-Gemeinde,

nachdem es draußen wieder unangenehm wird, naht die Zeit für Experimente und Basteleien am Plattenspieler

Als Fan "historischer" MM-Tonabnehmer mit eher hoher Compliance und Betreiber eines mittelschweren Tonarms (12g effektiv bewegte Masse), beschäftige ich mich schon länger mit dem Gedanken, die bewegte Masse des Tonarms zu reduzieren, um die Resonanzfrequenz der meist weich aufgehängten, alten MM-Systeme in einen optimaleren Bereich zu verschieben. Leider ist dies nicht so einfach, da meine Technics-Headshells ohnehin schon recht leicht (7,5g) sind. Da eine hochwertige Headshell aus Metall, die leichter als 7,5g ist, schwer zu beschaffen ist (und ich die Lochblech-SME-Dinger nicht mag), habe ich mir für erste Experimente nun eine Hitachi-Headshell mit 6g Gewicht besorgt, diese besteht allerdings aus Kunststoff.

Habe sofort nach deren Lieferung mein Elac 796 H30 (30er Compliance) daran montiert und Probe gehört und gemessen.

Ergebnis bisher: Meine Holzohren vermögen keinen en Unterschied zur schwereren Headshell herauszuhören, ich bilde mir lediglich ein, bei manchen Scheiben einen etwas differenzierteren Bassbereich zu vernehmen. Misst man die Resonanzfrequenz mit einer Testschallplatte, ergibt sich durchaus eine Verbesserung, der Tonabnehmer zittert nun bei ca. 8-9 Hz, vorher waren es 7-8 Hz. Weiterhin interessant: Mit der Technics-Headshell konnte man aufgrund von Resonanzen die abgehörte Musik am Tonabnehmer wahrnehmen, wenn man mit dem Ohr bis auf wenige Zentimeter heranging. Mit der Kunststoff-Headshell herrscht hier nun völlige Ruhe.

Letzteres irritiert mich etwas, ich hätte gedacht, Headshells aus Metall würden sich resonanzärmer verhalten.
Insgesamt bin ich nach diesen Ergebnissen durchaus positiv überrascht und werde das Elac wohl auf der Plaste-Headhshell belassen, zumindest bis ich eine bessere finde.

Nun würde mich interessieren, wie Eure Erfahrungen mit Kunststoff-Headshells sind, bzw. ob es theoretische Einwände gegen deren Verwendung gibt. Ebenso, ob sich die durch die leichtere Headshell veränderte Masseverteilung meines Tonarms in irgendeiner Weise nachteilig auswirken könnte.

Grüße,

Patrick
Bepone
Inventar
#2 erstellt: 08. Okt 2011, 09:48
Hallo Patrick,

alle Anzeichen deuten darauf hin, dass du durch die Kunststoff-Headshell nur Vorteile erzielt hast.

Ich sehe auch kein Problem in der Verwendung von Kunststoff an der Stelle, solange es fest und steif ist.
Kunststoff hat eine höhere innere Dämpfung als Metalle.

Die meisten Duals kommen übrigens mit Kunststoff-Systemeinschub daher und da gibt's auch keine Probleme.


Wenn es dir optisch und haptisch zusagt, dann lass' es, wie es ist.


Gruß
Benjamin
rorenoren
Hat sich gelöscht
#3 erstellt: 08. Okt 2011, 10:26
Moin,

es gibt teure Plastikheadshells und billige.
Ausserdem gibt es Gute und Schlechte.

Man fühlt es sofort beim Anfassen und "Beklopfen".
Massivere Headshells mit dickem Mittelträger und schmalem Seitenteil sind meist recht stabil und resonanzarm.
"Geschüsselte" Headshells, ähnlich wie SME aber aus Plastik, sind oft weniger stabil und resonanzfreudig.
Klanglich spielt das aber eher bei leichteren Systemen niedriger Compliance eine Rolle.
Man hört dann die Resonanzen der Headshell samt System ohne angeschlossenen Verstärker.
Das ist dann nicht schön, aber inwieweit das tatsächlich den Klang verändert, ist schwer vorauszusagen.

Dein Erlebis mit dem (evtl.) präziseren Bass kann durchaus am Gewicht der Headshell liegen.
Bei einer Compliance von 30 sollten Arm und Headshell schon recht leicht sein.
Die Resonanz der Headshell liegt übrigens im Hörbereich, die des gesamten Tonarms im Infaschallbereich.
Daher hat das Material nichts mt Letzterer zu tun.
Eine scheppernde Plastikheadshell mit 6g hat die selbe Tonarmresonanz (Infraschall) wie eine solide 6g Metall- Headshell.
Nur "obenrum" verhält es sich anders.

Bei der hohen Compliance entstehen aber wesentlich weniger mechanische Übertragungen an die Headshell als bei niedrig complianten Systemen.
Diese "rütteln" die Headshell kräftig durch, weshalb diese steif und resonanzarm sein muss.

Das kann man mit einem hart und einem weichgefederten Auto vergleichen.
Das Hartgefedete wird ordentlich geschüttelt, das Weichgefederte schwingt sacht über die Unebenheiten hinweg.

Zu weich gefedert und schlecht gedämpft, wird es zwar kleinere Unebenheiten weiterhin gut "wegstecken", schaukelt sich aber bei grösseren Wellen stark auf und schlägt sogar durch.

Genauso verhält es sich auch beim Plattenspieler.

System hoher Compliance an schwerem Arm wird gut klingen, im Bass und evtl. in der Räumlichkeit aber durch Unebenheiten und Exzentrizitäten der Platte beeinflusst.
Der Bass kann schwammig/unpräzise werden, die Räumlichkeit instabil.
Im schlimmsten Falle springt die Nadel aus der Rille.

Andersherum, hart aufgehängte Nadel an leichtem Arm, vibriert der ganze Arm bis in den Hörbereich hinein mit und lässt sauberes Abtasten nicht mehr zu.
Klanglich äussert sich das z.B. in schrillen Höhen, Verzerrungen und dünnem Bass.
Auch hier kann im Extremfall die Nadel aus der Rille springen.

Kurz:

wenn´s gut klingt, isses gut!

Gruss, Jens
8erberg
Inventar
#4 erstellt: 08. Okt 2011, 13:20
Hallo,

ich habe beruflich mit Kunststoffen zu tun und finde schon das Wort "Plastik" ist mit dem Makel "billig" behaftet.

OK, in vielen Bereichen sind anständige Massenprodukte nur durch den Einsatz von preiswerten Massenkunststoffen möglich.

Allerdings ist eine Headshell schon eine höherwertige konstrukttive Aufgabe, bei dem geringen Gewicht des Teils spielt der Preis des Rohstoffs weniger eine Rolle.

Der Vorteil vom Kunststoff beim Spritzguss ist ja, dass ich die Eigenschaften maßgeblich dem gewünschten Ziel anpassen kann, statische Aufladungen kann ich durch den Einsatz von elektrisch leitfähigen Kunststoffen ableiten, durch den Einsatz von Finite-Elemente-Rechenmodellen die Belastungen, Resonanzverhalten usw. exakt bestimmen und bei der Werkzeugkonstruktion und beim Produktionsprozess berücksichtigen.

Von daher löst Euch von der Vorstellung "Plastik = billig = Murks". Das ist lange her.
Bepone
Inventar
#5 erstellt: 08. Okt 2011, 13:35
Hallo,

dass Plastik gleichzusetzen ist mit billig und Murks, hat hier doch niemand behauptet.

Und der Begriff Plastik / Plaste kommt noch aus der DDR-Zeit da hat man nie Kunststoff gesagt.


Gruß
Benjamin
Fhtagn!
Inventar
#6 erstellt: 08. Okt 2011, 13:47
Ein Headshell aus gutem Kunststoff kostet aber auch nicht wenig.
Prinzipiell spricht, wie ja schon gesagt wurde, gar nichts dagegen.
Ich habe dort, wo es auf geringes Gewicht ankommt, Headshells aus Magnesium in Gebrauch.
Die gibt es z.B. von ADC recht oft und auch recht günstig in der Bucht.
rorenoren
Hat sich gelöscht
#7 erstellt: 08. Okt 2011, 15:46
Moin,

ich finde schon, dass im HiFi Bereich Kunststoff fast immer mit "billig" und "Plastik" beschrieben werden kann.
Dass es hochwertige Kunststoffe gibt, ist klar, nur werden diese kaum eingestzt.
Ich habe eine Headshell von irgendinem ITT (?) Plattenspieler.
Die ist aus Plastik und macht einen sehr guten Eindruck.
Zwei andere von Sharp und Schneider (Matsushita/Technics?) sind hingegen billigst gemacht und "klöterig".
(vibrationsfreudig)

Ich kenne Kunststoffe aus dem Bereich der Kameras.
(Digital und Analog)
Da gibt es viele Teile, die aus recht hochwertigem Kunststoff gearbeitet sind.
Nichtsdestotrotz sind Kunststoffe scheinbar die Gelegenheit für Hersteller, etwas berechenbar in seiner Haltbarkeit zu machen. (d.h. beschränken)
Metalle altern normalerweise kaum, Kunststoffe schon.
(für beides gibt es natürlich Ausnahmen)

Schönes schlechtes Beispiel sind Kunststoffzahnräder, die zwar kaum verschleissen, aber auf eine Achse gepresst irgendwann reissen.
(z.B. Sigma für Canon, sowie in div. CD Playern beim Laser Vorschub, oder beim Technics SL1600 in der Automatik)
In feineren Gertieben brechen auch schon mal die Zähne der Kunststoffzahnräder aus oder verbiegen durch Fremdkörper.
(z.B. Sand, der in Metallgetrieben nicht selten einfach zermahlen wird)

Objektivbajonette aus Kunststoff sollten Ausschlusskriterium beim Kauf sein.
Die taugen so gut wie alle nichts.
Auch wenn der Kunststoff ziemlich stabil ist, genügt das nicht den Ansprüchen für die Bajonette.
(es gab aber auch Metallbajonette, die wirklich weich und empfindlich waren (Minolta/Exakta), scheinbar eine Mischung aus weichem Alu und Blei....)

Das bedeutet nicht, dass Kunststoffe/Plastik wertlos oder unbrauchbar sein muss, aber gegenüber Metallen ergeben sich in vielen Anwendungsbereichen durchaus Nachteile in der Langzeitstabilität.
Man kann Kunststoffen von aussen nicht ansehen, ob sie innerhalb kurzer Zeit matt werden, brüchig oder weich werden oder sich verfärben.
Bei Metall ist es unwahrscheinlich.
Deshalb finde ich Metall bis auf Ausnahmen sympathischer.

Es ist meistens eine Kostenfrage, aber nicht immer.

Gruss, Jens
8erberg
Inventar
#8 erstellt: 08. Okt 2011, 22:20
Hallo,

wie schon geschrieben: man sieht es dem Kunststoff nicht an.

Heutzutage kommen viele Teile von Zulieferanten und diese werden nicht immer genau geprüft (vor allen Dingen wenn der Lieferant weit weg ist).

Die Rohstoffpreise für Kunststoffe sind drastisch gestiegen und die Versuchung ist schon recht groß statt eines hochpreisigen aber auch hochwertigen spezifizierten Rohstoff einen minderwertigen und damit auch preiswerteren zu nehmen...

Kommt auch bei anderen Materialien vor. Ich erinnere mich an einen Kunden, dem wirklich aufwändige Teile aus Edelstahl statt wie spezifiert aus V4A (4401) in V2A (4301)geliefert wurden. Die Teile mussten ca. 2 - 3 % Essigsäure über Wochen aushalten.
Was passierte kann sich jeder denken, der aus der Metallverarbeitung kommt. Für den Lieferanten wurde es eine ganz teure Erfahrung, dass man einen Großkonzern nicht beschummeln sollte.
rorenoren
Hat sich gelöscht
#9 erstellt: 09. Okt 2011, 07:13
Moin,

klar, auch bei Metallen gibt es Betrug oder Probleme.
Zinkdruckguss ist zum Beispiel so ein Zeug das schön zerbröseln kann oder sich verformt.
(siehe die ersten Pro-Ject Teller oder Grundig Tonbandgerätechassis)

Bei Dual gibt es an den "billigeren" Geräten Plastikteile an der Tonarmlagerung.
Das ist im Betrieb an sich egal, aber im Laufe der Jahre verformt sich der Bügel minimal und es gibt Lagerspiel.
Bei den Geräten wo diese Teile aus Metall (Aluguss) sind, gibt es Spiel nur bei Verschleiss der Lager oder unsachgemässer Behandlung.
(wobei das natürlich auch die anderen Geräte betrifft)

Aber zurück zur Headshell, hier gilt, dass das Material nur einige Zwecke erfüllen muss.
Da gibt es nichts, was "HighTech" erforden würde.
(eher Psychologie für VooDoo)
Da funktioniert so ziemlich alles das nicht gross mitschwingt und halbwegs stabil ist, evtl. noch leicht genug.
Wenn man sich ansieht, was für abenteuerliche Konstruktionen Dual, PE und Elac sich damals zusammengestoppelt haben, ahnt man, dass das nicht allzu kritisch sein kann.
Denn alle diese Konstruktionen waren und sind klanglich unauffällig bis hervorragend.
Alles Plastik!

Gruss, Jens
lunatic303
Stammgast
#10 erstellt: 09. Okt 2011, 09:45
Moin,

zunächst vielen Dank für all Eure Informationen und Meinungen, Ihr habt mich darin bestätigt, die Headshell weiter zu nutzen.

Allgemein möchte ich noch anmerken, dass ich nichts gegen Kunststoff habe, man sollte vielleicht lediglich etwas sparsamer damit umgehen und Gegenstände, die sich auch aus anderen Materialien fertigen lassen, umweltverträglicher herstellen, das geht jetzt aber am Thema vorbei

Meine Hitachi-Headshell ist natürlich älteren Baujahrs und gebraucht für €20.- erworben, daher habe ich keinen blassen Schimmer, ob sie einst zu einem Billigdreher gehörte oder materialtechnisch einigermaßen hochwertig ist. Unter Berücksichtigung Eurer Anmerkungen würde ich aber sagen, sie ist von ordentlicher Qualität, die Jungs von Hitachi haben es bei 6g sogar noch geschafft, die Unterseite der HS mit einem Metallblech zu versehen. Die Form finde ich recht ansprechend, es ist einfach eine solide Deckplatte, ohne Lochungen und ohne "Seitenteil", das Ende zum SME-Anschluss hin sieht dann aus wie eine Technics Headshell. Vorteilhaft ist ihre rechteckige Form, die gerade Linien machen eine Justage sehr einfach, verglichen mit der leicht konvexen Vorderkante der Technics-HS. Vielleicht stelle ich später mal ein Bild rein, evtl. kennt ja jemand das gute Stück.

Was mich etwas irritiert: Am SME-Anschluss ist kein Gummiring vorhanden, ich frage mich nun, ob ich einen anbringen soll? Meinungen hierzu?

Ich denke, die Hitachi-Headshell darf in jedem Fall das Elac beherbergen, bis ich vielleicht mal irgendwo eine Denon PCL-5 finde. Falls jemand eine herumliegen hat und veräußern möchte, bitte melden

@Fhtagn!: Welche ADCs meinst Du genau? Habe bisher nur ein sehr leichtes Exemplar gefunden, das hatte dafür keine Langlöcher. Ein anderes war, glaube ich, nur ca. 0,5g leichter als die Technics-HS..

Schönen Sonntag allen,

Patrick


[Beitrag von lunatic303 am 09. Okt 2011, 09:46 bearbeitet]
rorenoren
Hat sich gelöscht
#11 erstellt: 09. Okt 2011, 10:11
Moin,

der Gummiring muss nicht sein, kann aber.
Die paar Zehntel mm machen nicht viel aus.
Möglich aber, dass einige Headshells ohne den Ring nicht stramm genug anliegen.
Ganz vielleicht verringert das Gummiding auch Vibrationen, aber eher nicht.

Gruss, Jens
Fhtagn!
Inventar
#12 erstellt: 09. Okt 2011, 10:12
Von ADC gibt es verschiedene. Häufig ist das ADC LMG-1, aber es gibt ein leichteres (6g), das unter anderem an Drehern von Mitsubishi verbaut wurde. Ist immer dasselbe, ich mache dir mal ein Foto und stelle es hier ein.

MfG
Haakon
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