Jazz, der aus dem Rahmen fällt

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Aymara
Stammgast
#1 erstellt: 18. Sep 2006, 19:00
Hi,

laßt uns doch mal etwas andere Jazz-Tips sammeln.

Wie wär's mit Interpreten oder einzelnen Alben, die stilistisch aus dem Rahmen fallen, also weit ab vom Mainstream liegen?

Ich mache mal mit zwei Interpreten den Anfang und hoffe, daß weitere Tips folgen werden:

Nik Bärtsch ist ein schweizer Pianist, der minimalistische klassische und jazzige Elemente mit groovigen Beats zu kombinieren weiß. Er wird dabei meist von Kontrabass, Bass-Klarinette und Schlagzeug begleitet.

Nadaka ist der Künstlername eines kanadischen Gitarristen, der seit den 70ern in Indien lebt und indische Musik mit Jazz kombiniert. Er macht in etwa da weiter, wo John McLaughlin und Shakti aufgehört haben und geht sogar noch viel weiter, denn er spielt eine eigens für indische Musik modifizierte Gitarre.
HansFehr
Inventar
#2 erstellt: 19. Sep 2006, 10:53
Ich habe diesbezüglich gerade eine schmerzliche Erfahrung gemacht. Auf der neuen Miles Davis CD wurde Carlos Santana reingemixt. Das hört sich nicht gut, für mein Empfinden zumindest.

Grüsse
Hans
Aymara
Stammgast
#3 erstellt: 19. Sep 2006, 14:59

HansFehr schrieb:
Auf der neuen Miles Davis CD ...


Tja, so ist das, kaum sind die guten Musiker tot, wird irgendwann förmlich "Leichenflädderei" betrieben.

Deswegen bin ich immer extrem skeptisch, wenn nach dem Tod eines Musikers neues Material veröffentlicht wird. Das mündet meist in eine musikalische Katastrophe.
HansFehr
Inventar
#4 erstellt: 19. Sep 2006, 19:01
Die brandneue CD heisst Cool & Collected.

Ich finde es uncool, wenn ein Carlos Santana, der auf seinem Gebiet gute Musik macht, als Remix in Miles Davis Tunes wie It's About That Time eingebaut wird.

Zudem hat die CD auf einem Stück eine ziemliche Verzerrung. Ich hoffe, es liegt nicht an meinem Abspiel-Equipment.

Grüsse
Hans
Aymara
Stammgast
#5 erstellt: 19. Sep 2006, 19:35
Hi again!


HansFehr schrieb:
Zudem hat die CD auf einem Stück eine ziemliche Verzerrung.


Auch das wundert mich bei derartigen Produktionen ehrlich gesagt nicht. Aber leider ist sowas heutzutage kein Einzelfall, die CD-Qualität nimmt allgemein zunehmend ab. Audiophile CDs gibt's immer weniger.

Apropo Klangqualität ... zurück zum eigentlichen Thema ... das aktuelle Nik Bärtsch Album STOA ist bei ECM erschienen und ein echter Ohrenschmaus.

Ebenso klasse vom Klang und zudem auch passend für die Rubrik "Jazz, der aus dem Rahmen fällt" ist das letzte Album von Rabih Abou-Khalil namens Journey To The Center Of An Egg ... mit von der Partie ist übrigens auch Joachim Kühn ... unbedingt reinhören.


[Beitrag von Aymara am 19. Sep 2006, 19:38 bearbeitet]
Aymara
Stammgast
#6 erstellt: 25. Sep 2006, 19:03
O.k., dann spiele ich mal noch ein bißchen den Alleinunterhalter ... wo sind Eure Tips?

Diesmal ein nicht ganz so exotischer Tip ... die letzten beiden Alben des Ex-Chick-Corea-Bassisten Avishai Cohen.

Tendenziell spielt er Contrabass im Trio mit Klavier und Schlagzeug, aber auf At Home, dem 2005er Album sind etliche Gastmusiker dabei, so daß sich auch schon mal Trompete, Sax und Querflöte im Wechsel die Melodien zuspielen. Auf dem aktuellen Album Continuo, das bislang nur als Import erhältlich ist, kommen dann noch orientalische Einflüsse ins Spiel.

Hört unbedingt mal bei WOM & Co. rein ... bei My Space könnt Ihr sogar 4 komplette Songs hören.

Übrigens ... Jaco war gut, Avishai is aber besser
poubelle
Inventar
#7 erstellt: 25. Sep 2006, 19:24
tja, ich würd dich ja gerne unterstützen bei deiner alleinunterhaltung, aber...


Wie wär's mit Interpreten oder einzelnen Alben, die stilistisch aus dem Rahmen fallen, also weit ab vom Mainstream liegen?

abseits vom Mainstream ist ne ganze menge...der gesamte Free Jazz z.B.

jazz mit orientalischen einflüssen gab es schon anfang der 60 bei Lateef und Trane um nur mal 2 zu nennen. ist also für mich nicht exotisch.
klassische einflüsse höre ich z.B. bei Tristano
grooviges im soul jazz und jazzrock.
und da haben gruppen wie z.B: die Free Spirits und Jeremy & the Satyrs schon wege beschritten, die heute noch verlassen daliegen....
arnaoutchot
Moderator
#8 erstellt: 26. Sep 2006, 14:07
Das muss ich jetzt hier bringen, weil ich die drei am Samstag live gesehen habe. Weitab von jeglicher Art Mainstream, aber kreativ ohne Ende. Überhaupt drei der kreativsten Free-Jazz-Musiker, die zur Zeit aktiv sind. Quasi Vater Brötzmann mit seinen zwei Söhnen Gustafsson und Vandermark, die wiederum selbst Schulen in Europa und Amerika begründen.



Für alle, die mit so etwas nur ein bisschen etwas anfangen können, sollte die Platte eine Erleuchtung sein. Unbedingt empfehlenswert !!!

Grüße Michael
poubelle
Inventar
#9 erstellt: 26. Sep 2006, 14:14
hihi, interessant dass du den bringst
Brötzmann ist einer der wenigen musiker dessen aufführung ich vorzeitig verlassen habe
Micha_L
Stammgast
#10 erstellt: 26. Sep 2006, 15:35

Aymara schrieb:
Er macht in etwa da weiter, wo John McLaughlin und Shakti aufgehört haben und geht sogar noch viel weiter, denn er spielt eine eigens für indische Musik modifizierte Gitarre.


Aufgehört? Meines Wissens gibts Shakti noch.

Und McLaughlin ließ sich schon vor 30 Jahren seine spezielle Shakti-Gitarre bauen.


[Beitrag von Micha_L am 26. Sep 2006, 15:37 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#11 erstellt: 26. Sep 2006, 17:45

Brötzmann ist einer der wenigen musiker dessen aufführung ich vorzeitig verlassen habe


Naja, nicht ganz unverständlich, das ist schon starker Stoff. Meine ersten Begegnungen in den 80er Jahren waren auch erst mal von Schock- und Fluchtgedanken geprägt Deswegen habe ich oben ja auch die Einschränkung gemacht, daß das sicherlich nur für Leute ist, die wissen, auf was sie sich einlassen.

Aber seit er mit den Jungen zusammenarbeitet (im Tentet oder im Trio wie oben) verstehe ich die Zusammenhänge besser und bin begeistert. Mit Sonore hat er regelrecht lyrische Momente ...
poubelle
Inventar
#12 erstellt: 26. Sep 2006, 18:25
um das ganze mal ins richtige licht zu stellen:
Brötzmann kann schon ganz interessante musik machen (siehe z.B. Breuker), aber manchmal geht es einfach mit ihm durch.
ich hab ihn damals in Moers gesehen als er anfing den Steinway durchzusägen
Aymara
Stammgast
#13 erstellt: 26. Sep 2006, 19:40
Hi again!


poubelle schrieb:
abseits vom Mainstream ist ne ganze menge...


Na, dann her mit den ganzen guten Tips


... der gesamte Free Jazz z.B.


Logisch, aber das ist ja ein eigener Stil ... da lohnt sich ein eigener Thread.


jazz mit orientalischen einflüssen gab es schon anfang der 60 bei Lateef und Trane um nur mal 2 zu nennen. ist also für mich nicht exotisch.


Fällt meiner Meinung nach trotzdem aus dem Rahmen. Und was exotisch ist, hängt irgendwie auch von den Hörgewohnheiten ab. Aber statt Haare zu spalten, laßt uns lieber gute Tips sammeln


arnaoutchot schrieb:
Das muss ich jetzt hier bringen, weil ich die drei am Samstag live gesehen habe.


Interessanter Tip. Ich persönlich gehöre aber eher zu den Leuten, die Free nur live mögen ... für zuhause is' mir das eine Spur zu heftig. Ich kann mich noch an Mangelsdorf beim Münchner Jazz-Fest entsinnen ... Ende der 70iger ... zusammen mit einem schwarzen Drummer ... supergenial, aber nix für zuhause


Micha_L schrieb:
Aufgehört? Meines Wissens gibts Shakti noch.


Werden da nicht nur hin und wieder alte Kamellen aufgewärmt? Oder gibt's da auch neues aktuelles Material ... sollte ich da was verpaßt haben?


Und McLaughlin ließ sich schon vor 30 Jahren seine spezielle Shakti-Gitarre bauen.


McLaughlin war hier ganz klar ein Pionier, aber wenn ich mich recht entsinne, wurden da einer normalen 6-saitigen Western-Gitarre lediglich 7 Resonanzsaiten verpaßt. Nadakas Modifikation scheint mir da erheblich weiter zu gehen, denn hier wurden die Bünde und die Stimmung modifiziert ... ist ja auf seiner HP nachzulesen.
Micha_L
Stammgast
#14 erstellt: 28. Sep 2006, 15:56
Hallo Chris,

gerade ist eine DVD erschienen:

amazon.de

Da sprechen McL und seine Mitspieler auch ausführlich über ihr Projekt.

Gruß

Micha
Aymara
Stammgast
#15 erstellt: 28. Sep 2006, 18:57

Micha_L schrieb:
gerade ist eine DVD erschienen ...


Merci für den Tip.
Gene_Frenkle
Inventar
#16 erstellt: 02. Okt 2006, 07:47
Hallo
ich werd mal ein paar Tips geben:

James Hurt "Dark Grooves, Mystcal Rhythms" (Blue Note)
Piano, Bass, Schlagzeug und gelegentlich Saxophon/Trompete/ Posaune kaum ein Stück mit geraden Taktarten, aber trotzdem hörbar und mit unglaublicher Energie, die man von akustischen Instrumenten sonst so nicht kennt. Traumhafter Klang. Läuft bei mir in heavy rotation.

Foley "7 Years Ago, Directions in smart alec music" (Miles Davis' Solo-Bassist von Marcus Miller empfohlen), eigentlich eine 4-Saitige E-Gitarre einen Ton tiefer gestimmt). Leider hört man nichts mehr von ihm. Jazz, Hip-Hop, Rock, Hörspiel.

Vinx "Big 'n' Round" Percussionist von Sting entdeckt mit der samtigsten und wärmsten Stimme wo gibt. Wunderbar aufgenommen. Djembe, Cello, E-Bass ... Wunderbar aufgenommen
Aymara
Stammgast
#17 erstellt: 04. Okt 2006, 20:17
Hi again!


Gene_Frenkle schrieb:
James Hurt "Dark Grooves, Mystcal Rhythms" (Blue Note)


Interessanter Tip ... muß ich bei Gelegenheit mal näher reinhören ... die 30-Sekunden-Trailer im Web sind ja doch zu kurz. Zu den anderen beiden Tips konnte ich leider nix im Web finden ... mal schauen, ob mein "Jazz-Dealer" die hat.


[Beitrag von Aymara am 04. Okt 2006, 20:18 bearbeitet]
Bassig
Stammgast
#18 erstellt: 13. Okt 2006, 12:15

Aymara schrieb:
Wie wär's mit Interpreten oder einzelnen Alben, die stilistisch aus dem Rahmen fallen, also weit ab vom Mainstream liegen?

Beim Lesen des Thread Themas dachte ich zuerst an die ganzen völlig unhörbaren (teilweise experimentellen) Sachen, wo man beim Konzert in der Pause geht, weil es einem zu gefällig ist :D, wie

- Alexander von Schliepenbach
- Globe Unity Orchestra
- Archie Shepp
- Jo Kühn
- Conny Bauer
- George Clinton (teilweise)
- Der Rote Bereich
- Eje Telin
- Bebe Sommer

usw.

Wenn man Deine Definition aber als "eigenständiger Stil" oder "nicht in Schubladen passend" interpretiert, dann fallen mir auch Musiker ein, die ich vielleicht nicht gern höre, die man hier aber nennen könnte:

- Jan Garbarek
- Friedemanns Aquamarin Orchester
- Renaud Garcia-Fons
- Keith Jarrett

Musiker, die ihren eigenen unverwechselbaren Stil haben UND die ich gern mag, sind

- Pat Metheny
- Bruce Hornsby (sicher kein lupenreiner Jazz)

Mehr fällt mir jetzt nicht ein.
Aymara
Stammgast
#19 erstellt: 13. Okt 2006, 19:06

Bassig schrieb:
Wenn man Deine Definition aber als "eigenständiger Stil" oder "nicht in Schubladen passend" interpretiert, ...


Ja, das paßt schon, obwohl es heutzutage ja für fast alles irgendeine Schublade gibt. Wenn ich bedenke, was man Ende der 70iger alles als Jazz-Rock zusammengefaßt hat ... heute gibt's da zig Unterkategorien.

Im Grunde genommen möchte ich aber jedem selbst überlassen, wie er/sie "aus dem Rahmen fallend" interpretiert. Hauptsache das komplette Durchhören eines empfohlenen Albums macht durchweg Laune und kommt nicht einer Mutprobe gleich
Bassig
Stammgast
#20 erstellt: 16. Okt 2006, 16:06

Aymara schrieb:
Hauptsache das komplette Durchhören eines empfohlenen Albums macht durchweg Laune und kommt nicht einer Mutprobe gleich :D

Mutprobe ...
Na da bin ich aber erleichtert. Ich sehe wir verstehen uns.
Aymara
Stammgast
#21 erstellt: 16. Okt 2006, 16:53

Bassig schrieb:
Mutprobe ...




Womit ich jetzt nicht unbedingt Free-Jazzern auf die Füsse treten wollte. Aber ich persönlich finde manche Stile einfach nur live interessant. Zuhause kann ich mir da meist nicht mehr als ein Stück anhören ... was manchmal natürlich sogar beim Konzert passieren kann.
Vlado
Schaut ab und zu mal vorbei
#22 erstellt: 21. Okt 2006, 13:01
Hallo,
hier ist mein beitrag mit zwei excelente jazz - world
music platten:

Ali Farka Toure - Savane

Balazs Elemer Group - Hungarian Folksongs.
(http://www.balazselemergroup.hu/)

The best of two worlds!!!
Aymara
Stammgast
#23 erstellt: 22. Okt 2006, 09:28
Hi again!


Vlado schrieb:
Ali Farka Toure - Savane


Die Scheibe hat überall Bombenkritiken bekommen, ist in meinen Ohren aber Blues und nicht World Music, geschweige denn Jazz. Ich hab allerdings auch nur bei WOM mal in die kurzen Soundschnipsel reingehört.

Die Hungarian Folksongs hingegen sind hier und da durchaus jazzig angehaucht ... interessanter Tip.

Übrigens ... ich hab' inzwischen den US-Import von Avishai Cohen's neuem Album Continuo bekommen:



Grandiose Scheibe ... Kontrabass, Schlagzeug, Piano und teilweise auch Oud (arab. Laute) ... sehr abwechselungsreich ... mal ganz ruhig, verträumt und dann mal wieder richtig fetzig ... hier mal eine Kritik dazu.


[Beitrag von Aymara am 22. Okt 2006, 09:45 bearbeitet]
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