Trafogröße am Röhrenverstärker

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turnbeutelwerfer
Inventar
#1 erstellt: 02. Jan 2008, 15:38
Hallo, mich würde mal interessieren wonach sich die Wattzahl die ja in erster Linie Ausschalg geben ist für den Normal Röhrenamp Käufer,richtet??

Hängt Sie von der Trafogröße teils ab ?Weil ich sehe mal Röhrenverstärker mit 50 Watt wie eine Audio research VS 55 Röhrenendstufe die recht kleine Trafos hatte-insgesamt auch nicht schwer war, und anders wiederum hatte mein Ayon Spark Röhrenvollverst. mit 25 Watt riesige Bechertrafos und wog etliches mehr?
Warum dies, läßt sich daraus auch die Tieftonfestigkeit schließen??
pragmatiker
Administrator
#2 erstellt: 02. Jan 2008, 16:54
Nur ganz kurz dazu - die mechanische Größe der Ausgangsübertrager hängt unter anderem von folgenden Faktoren ab (von denen sich die meisten "netterweise" mehr oder weniger gegenseitig beeinflussen):

  • der untersten Grenzfrequenz, welche noch mit voller Leistung übertragen werden kann (je niedriger diese Frequenzgrenze liegt, desto größer wird der Übertrager).
  • der maximalen Ausgangsleistung, die übertragen werden soll (je höher diese Leistung liegt, desto größer wird der Übertrager).
  • dem Untersetzungsverhältnis und der dabei erforderlichen Primärimpedanz (je kleiner das Untersetzungsverhältnis und je kleiner die erforderliche Primärimpedanz werden, desto kleiner wird der Übertrager).
  • Der Größe des Luftspaltes im Übertragerkern. Je größer dieser Luftspalt ist, desto größer wird bei ansonsten gleichen Bedingungen der Übertrager. Ein Luftspalt im Kern ist zwingend bei allen Schaltungsarten erforderlich, bei denen der Übertragerkern mit Gleichstrom vormagnetisiert wird (also z.B. bei allen Eintakt-A-Verstärkern - die meisten, symmetrisch aufgebauten Gegentaktverstärker benötigen dagegen keinen Luftspalt im Übertrager).
  • der Art und der Grad der Wicklungsverschachtelung (ausgefeilte Verschachtelungen resultieren in der Regel in größeren Übertragern).
  • dem Kernschnitt (M-, MD- oder EI-Schnitt).
  • dem Kernmaterial (also dem AL-Wert des Kernmaterials) sowie der maximalen magnetischen Induktion des Kernmaterials (Kernmaterial mit einem größeren AL-Wert resultiert möglicherweise in einem kleineren Übertrager).
  • der Höhe der Betriebsspannung und damit der Anforderungen an die Dicke und der Aufbau der Lagenisolation (höhere Betriebsspannungen resultieren in größeren Übertragern).
  • der Anzahl der Wicklungen und der Anzahl der Wicklungsabgriffe (ein Gegentaktübertrager mit 2/4/6/8[Ohm] Abgriff sekundärseitig, eigener Gegenkopplungswicklung und einer Primärwicklung mit Ultralinearabgriffen bei 25%/43%/50% wird aller Wahrscheinlichkeit nach größer ausfallen als derselbe Übertrager ohne Ultralinearabgriffe und ohne eigene Gegenkopplungswicklung und mit nur einer 4[Ohm] Lautsprecherwicklung).

Was aus diesen Punkten herauszulesen ist: Aus einer gigantischen Übertragergröße ganz allgemein auf "Qualität" desselben zu schließen, kann in die Irre führen.....und auch heute noch gilt: Gute Ausgangsübertrager zu bauen ist eine Kunst, die jahrzehntelange Erfahrung des Trafobauers erfordert.

Ergänzend sei noch angemerkt, daß für Gegentaktverstärker richtig dimensionierte Ringkernübertrager eine ganz hervorragende (und verglichen mit den anderen Kandidaten auch recht baukleine) Alternative darstellen - für Eintaktverstärker scheidet dieser Übertragertyp wegen der Unmöglichkeit, dem Kern einen Luftspalt zu verpassen, aus.

Grüße

Herbert


[Beitrag von pragmatiker am 02. Jan 2008, 17:08 bearbeitet]
turnbeutelwerfer
Inventar
#3 erstellt: 02. Jan 2008, 22:16
Ok , Physikalisch ist nun geholfen.
Und wonach kann man jetzt z.b ein Röhrenamp Urteilen wenn man nur die technischen Daten hat??
Ev dann noch an der Stromaufnahme oder gar ev am Röhrentyp?

Meistens wird ja nur die Wattzahl angegeben.
pragmatiker
Administrator
#4 erstellt: 03. Jan 2008, 09:10
Wenn man technisch keine Vorbildung hat, so daß man die Gesamtheit der technischen Daten in Verbindung mit dem optischen Erscheinungsbild des Gerätes (Glitzerkiste? Optisch zurückhaltend, aber gut verarbeitet? Haptik? etc.) beurteilen kann, hilft nur eines: Probehören - und zwar zu Hause und an den eigenen Lautsprechern. Viel Watt sagt nicht zwingend was über die Qualität eines Gerätes aus. Ein Gerät, was echte 10[W] - und zwar linealgerade (also < +/-1[dB]) von 20[Hz] bis 20[kHz]) macht, kann durchaus für sehr viel mehr "Bumms" gut sein als eines, bei dem es zwei isolierte Angaben gibt, nämlich: 30[W] maximale Leistung (wobei meistens schamhaft verschwiegen wird, daß diese Leistung genau bei einer Frequenz - nämlich 1[kHz] - gemessen wird) und dann noch Frequenzgang 20[Hz] - 20[kHz] +/-3[dB] (wobei auch meistens schamhaft verschwiegen wird, daß diese Angabe sich häufig nur auf 1[W] Ausgangsleistung bezieht). Und welcher Laie weiß schon, daß die Angabe "-3[dB]" heißt, daß die Ausgangsleistung bereits auf die Hälfte abgesunken ist (daß also aus den obigen 30[W] des Beispiels 15[W] geworden sind).

Und Leistung und Frequenzgang sind nur zwei technische Angaben, die man richtig beurteilen können muß. Weitere Daten, die für eine erste Qualitätsbeurteilung eine fachmännische Interpretation voraussetzen, sind: Klirrfaktor, Intermodulation, Fremd- und Geräuschspannungsabstand. All dies kann ein Laie kaum, weswegen die Hersteller häufig plakativ und marktschreierisch mit möglichst hohen Wattzahlen um sich schmeißen, die recht häufig unter den absonderlichsten Bedingungen gemessen wurden. Nur sagt die Leistung allein nunmal gar nichts aus - mit vernünftigen Lautsprechern sind bereits 0.05[W] Zimmerlautstärke. Es ist halt wie bei den Autos: gekauft werden möglichst viel [PS] und eine möglichst hohe Endgeschwindigkeit - und hinterher nerven dann vielleicht mangelndes Drehmoment, zu hohe und laute Motordrehzahlen, dicker Verbrauch, zu wenig Platz für Menschen und Gepäck, hohe Wartungskosten etc. Und wenn man einen Bordcomputer hat und mit so einem Auto auf der Autobahn mal fährt wie ein Verrückter (also Tachonadelziel immer über 200), dann stellt man fest, daß mehr als ca. 130[km/h] Durchschnittsgeschwindigkeit einfach nicht zu erreichen sind. Wozu also dann die hohe Maximalgeschwindigkeit? Die Autobahn und deren Befüllungsgrad geben's einfach nicht her. Und genauso ist es in der heimischen Umgebung: Wozu viele Watt's, wenn es die Umgebung (Lautsprecher, Raumgröße, Nachbarn, Gesundheit der Ohren) einfach nicht her gibt?

Grüße

Herbert


[Beitrag von pragmatiker am 03. Jan 2008, 09:10 bearbeitet]
turnbeutelwerfer
Inventar
#5 erstellt: 03. Jan 2008, 13:01
Sehr gut geschrieben, danke,
tja nun weiß aber trotzdem keiner im voraus wie die Geräte klingen-also vorzugsweise der Baß-der ja meist bei der Röhre ausschlag gebend ist für ein Klangurteil.
Klar selber anhören ist wie immer angesagt, aber das geht nun mal nicht immer.

Und was hälts Du von der Ansicht "Stromaufnahme" kann man daran was Urteilen ?
pragmatiker
Administrator
#6 erstellt: 03. Jan 2008, 13:13
Nein, aus der Stromaufnahme kann man nicht auf die Klangeigenschaften schließen. Ein Klasse-A-Verstärker verbraucht z.B. bereits im Ruhezustand erheblich mehr Leistung wie ein Klasse-AB- oder Klasse-B-Verstärker derselben Leistungsklasse - auch der Wirkungsgrad bei Vollaussteuerung eines Klasse-A-Verstärkers ist deutlich schlechter (d.h. bei gleicher zugeführter elektrischer Leistung kommt hinten weniger Leistung für den Lautsprecher raus). Und trotzdem kann man daraus nicht ableiten, welcher Verstärker besser klingt. Gerade die Baßeigenschaften hängen von sovielen einzelnen Details ab (z.B. Stromlieferfähigkeit des Netzteils und dessen Innenwiderstand, Art und Detailaufbau der Gegenkopplung, Innenwiderstand des Verstärkers im nicht gegengekoppelten Betrieb, Aufbau des Ausgangsübertragers, Aufbau der in der Verstärkerschaltung durch die einzelnen Koppelkondensatoren gebildeten Hochpässe, Stabilität der Schaltung bei komplexen Lasten (wie sie Lautsprecher nunmal sind)....und, und, und.

Hier bleibt wirklich nur Probehören - oder zwei alte Klein & Hummel V30 Monoendsufen aus der Studiotechnik kaufen....bei diesen Geräten wurde nichts erkennbares falsch gemacht. Über den geforderten Preis - wenn sie denn gebraucht zu bekommen sind - wirst Du Dich allerdings vermutlich sehr wundern....

Diese Teile sind sauber und seriös spezifiziert und Unterlagen dafür sind bei Klein & Hummel auch heute noch zu bekommen. Eine so saubere Spezifikation der technischen Daten wirst Du bei heutigen Geräten seltenst finden:

http://www.ngsystems.z80.de/pages/equipment/amplifier.htm

Und noch ein Link dazu:

http://www.ak-tubes...._und_hummel_v_30.htm

Und noch ein Thread hier aus dem Forum, der sich mit dem VM40 dieses Herstellers befaßt:

http://www.hifi-foru...read=1028&postID=1#1

Grüße

Herbert


[Beitrag von pragmatiker am 03. Jan 2008, 13:22 bearbeitet]
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