Mahler: Das Klagende Lied - Gustav Mahlers "Schmerzenskind"

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BigBerlinBear
Stammgast
#1 erstellt: 13. Apr 2004, 08:01
Den Text zu seiner Kantate "Das Klagende Lied" verfasste der 17jährige Gustav Mahler selbst. Als Vorlagen dienten ihm Märchen der Gebrüder Grimm und Texte aus Ludwig Bechsteins "Neuem Deutschen Märchenbuch". Die Komposition begann Mahler im Herbst 1879; Ende 1880 war das Werk abgeschlossen. Nach mehreren Revisionen, die Verlage lehnten das Werk ab,
brachte es Mahler selbst in einer "entschärften" Fassung am am 17. Februar 1901 in Wien zur späten Uraufführung.
Das Publikum war beeindruckt: die Kritik spie, wie auch bei den meisten späteren Mahler-Uraufführungen, Gift und Galle.
Mahler hat es nie wieder dirigiert, aber wie ein Schatten geistert es wetterleuchtend durch seine späteren Kompositionen; auch bildet es den Grundstock für sein Liedschaffen, welches zum besseren Verständnis seiner Symphonien unbedingt zur Kenntnis genommen werden muss. Zum ersten Mal in Mahlers Komponieren
wird hier die Idee von Klangwirkungen auf verschiedenen akustischen Ebenen (Fern-Orchester) konsequent umgesetzt.
Damit werden wesentliche Elemente der 2.,3. und 8. Symphonie vorweggenommen. Ohne Zweifel kannte Arnold Schoenberg
diese Komposition, die in den "Gurre-Lieder" deutlich nachklingt !
Diskografisch ist die "Ausbeute" leider nicht sehr ergiebig. Chaillys Decca-Einspielung der "entschärften" wenn auch schon dreisätzigen Mischfassung beeindruckt durch die Orchesterleistung des Concertgebow und eine fulminante Brigitte Fassbaender.Lediglich in Kent Naganos Aufnahme wird die Erstfassung des Komponisten konsequent umgesetzt.
Ich wünsche dem "Klagenden Lied" endlich das Heraustreten aus dem Schatten und natürlich viele begeisterte Hörer !!!
Alfred_Schmidt
Hat sich gelöscht
#2 erstellt: 13. Apr 2004, 21:47
Hallo,

Ich weiß nicht ob dieser Thread schließlich doch zum Leben erwacht, eines hat er jedoch bewirkt:
Ich bin seit heute nachmittag Besitzer einer Einspielung davon. Ob das jetzt die "Ultimative" ist oder nicht, das weiß ich nicht, speziell, da ich ja keine Vergleiche habe,
aber zum Kennenlernen des Werkes ist das eigentlich auch egal.
Ob eine "Balladenkantate" in einem Konzertführer angeführt werden sollte, das weiß ich nicht, Harenberg verzichtet jedenfalls darauf.
Mancher mag das Werk als "kitschig" abtun, ich finde jedoch, es hat eine ungeheure Faszination, sowohl von der Musik, als auch vom Text, wenn man nur bereit ist, sich auf diese schaurige Ballade einzulassen, so wie man ein Märchen hört, oder manche Oper.
Und irgendwie hatte ich den Eindruck eine solche vor mir zu haben. Die Geschichte entstand vor meinem geistigen Auge.
Welche "Fassung" meine Aufnahme verwendet, entzieht sich leider meiner Kenntnis.In meinem Konzertführer aus dem Jahre
1978 wird sie jedoch als Empfehlung angeführt.
In ebendiesem wird als Uraufführung interessanterweise ein anderes Datum angegeben, als das von BBB erwähnte.
Hier steht: Uraufführung am 8. April 1935 in Radio Wien unter Alfred Rosé, nächste Wiederaufführung am 13. Januar 1970 in New Haven unter Frank Brieff. (Mir fehlt die Zeit dies zu recherchieren.

Jedenfalls ein IMO interessantes Werk.
Es ist kaum zu verstehen, daß es so in Vergessenheit geraten ist, bzw. eigentlich nie richtig im Bewusstsein der Hörer war.

Grüße aus Wien
Alfred
op111
Moderator
#3 erstellt: 14. Apr 2004, 11:27
Hallo Mahlerfreunde,
erfreulich, daß ein so unpopuläres Werk hier auch mal Thema wird.

Alfred schrieb:
Welche "Fassung" meine Aufnahme verwendet, entzieht sich leider meiner Kenntnis.


Die Boulez-Aufnahme von 1970 habe ich auch. Es wird die 1899er Fassung verwendet und um den 1. Teil (Waldmärchen) ergänzt.
Das ist die seither übliche Praxis.
Wie BBB schon schrieb, hat bisher als erster Kent Nagano die 1880er Originalfassung für Erato aufgenommen.
Es soll noch eine 2. Aufnahme der Originalfassung mit dem Nederlands Philharmonisch Orkest unter Hartmut HAENCHEN (live 5./6.3.2000) geben, die mir aber noch nicht bekannt ist.

Gruß
Franz
op111
Moderator
#4 erstellt: 07. Okt 2005, 13:45
Hallo zusammen,
ich bringe dieses Thema mal wieder ans Tageslicht, da die von BBB gelobte Aufnahme zurzeit außerodentlich billig angeboten wird.

BigBerlinBear schrieb:
Lediglich in Kent Naganos Aufnahme wird die Erstfassung des Komponisten konsequent umgesetzt.
Ich wünsche dem "Klagenden Lied" endlich das Heraustreten aus dem Schatten und natürlich viele begeisterte Hörer !!!


Mahler, Gustav
"DAS KLAGENDE LIED"

(Fassung 1880, Erstaufnahme der krit. Ausgabe der Universal Edition [Quelle: Yale University / Osborn Collection])

Eva Urbanova, H. P. Blochwitz, Håkan Hagegård
Jadwiga Rappe , Terence Wey, Otto Jaus
Hallé Chorus
Hallé Orchestra
Kent Nagano

Aufn.:8.-12. Oktober 1997
Warner Classics - elatus 1998.

amazon.de

Gruß
Franz


[Beitrag von op111 am 07. Okt 2005, 13:53 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#5 erstellt: 09. Okt 2005, 12:34
Ich habe zwei Aufnahmen des klagenden Liedes:





Der Wyn Morris läßt den ersten, von Mahler später zurückgezogenen Teil weg. Diese Aufnahme gefällt mir ausgezeichnet.

Der Chailly ist OK, aber der Wyn Morris gefällt mir besser, sowohl von der Interpretation her ( hat mehr Biß), als auch vom Klang. Das Fernorchester kommt da sehr gut raus, beim Chailly geht diese Raumwirkung irgendwie unter, sehr enttäuschend. Der Chailly war ein Geschenk, ich selber hätte mir dann wohl doch eher den Rattle geholt. Was soll der Nagano, der so billig ist, denn kosten?

Gruß Martin
Adri
Stammgast
#6 erstellt: 09. Okt 2005, 17:29

Martin2 schrieb:
Was soll der Nagano, der so billig ist, denn kosten?


Hi Martin,
4,99 habe ich bezahlt (Billigserie Elatus)

http://www.hifi-foru...ead=864&postID=88#88

MfG


[Beitrag von Adri am 09. Okt 2005, 17:30 bearbeitet]
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