Verdi: Gute Othello-Aufnahme gesucht

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icknam
Stammgast
#1 erstellt: 09. Feb 2005, 10:30
Ich bin auf der Suche nach einer guten Otelloaufnahme. Davon gibt es ja sicherlich zahlreiche Aufnahmen. Es sollte aber nicht unbedingt Toscanini oder ähnlich alte Aufnahmen sein.

Was ist denn von Herbert von Karajan mit Libero Arbace, Fernando Corena, del Monaco zu halten?


[Beitrag von icknam am 09. Feb 2005, 10:41 bearbeitet]
GiselherHH
Ist häufiger hier
#2 erstellt: 09. Feb 2005, 13:47
Hallo icknam,

also von der "Otello"-Aufnahme Karajans (Decca) halte ich wenig bis nichts. Eine oberflächenglanzpolierte Soundorgie mit einem Vokal-Macho in der Titelrolle (del Monaco), dem die Feinheiten der Partie völlig abgehen, einem ebenso bulldozerhaften Gegenspieler (Protti) und einer Gemahlin (Tebaldi), die schon etwas ältlich klingt.

Wenn es denn schon Stereo-Aufnahmen sein müssen (die Mono-Aufnahmen von Panizza (MET 1938) und Toscanini (1946)sollte man dennoch hören), dann folgende:

Serafin (RCA) mit Vickers, Gobbi, Rysanek
Solti (Decca) mit Cossutta, Bacquier, Price
Chung (DG) mit Domingo, Leiferkus, Studer

Keine dieser Aufnahmen ist rundum befriedigend, alle halten aber ein hohes Niveau. Wenn man ihn bekommt, sollte man sich aber unbedingt den Kleiber-Mitschnitt aus der Scala (1976) mit Domingo, Cappuccili und Freni zulegen.

Grüße

GiselherHH


[Beitrag von GiselherHH am 09. Feb 2005, 13:48 bearbeitet]
Norbert2
Ist häufiger hier
#3 erstellt: 09. Feb 2005, 13:51
Hallo icknam,

zuerst hatte ich bei der Karajan-Aufnahme gestutzt, weil Arbace und Corena Nebenrollen singen , dann aber herausgefunden, daß es doch die Aufnahme ist, die ich kenne und besitze.

Mit Karajan machst Du nichts verkehrt. Die drei Hauptrollen sind stimmlich sehr gut besetzt, und Karajan findet einen sehr klangschönen Zugang zur Partitur. Gemessen an dem Alter (1961) klingt die Aufnahme sehr gut.

Stimmlich noch besser finde ich diese Einspielung:

amazon.de

Einen "brutaleren Jago" als den von Tito Gobbi findet man imo nicht, Rysaneks dunkler, samtiger Sopran ohne jegliche Höhenprobleme machen sie zur idealen Desdemona. Jon Vickers ist stimmlich Geschmackssache, er sigt den Otell aber mit großem Einfühlungsvermögen und ist diesebzüglich del Monaco etwas überlegen.
Allerdings klingt Karajan erheblich besser als Serafin.


[Beitrag von Norbert2 am 09. Feb 2005, 13:51 bearbeitet]
salisburgensis
Ist häufiger hier
#4 erstellt: 09. Feb 2005, 14:38
bei Othello fällt mir immer dieses Volkslied ein:
Oh thääälo weit, oh Höööhen...

Thomas
icknam
Stammgast
#5 erstellt: 09. Feb 2005, 15:12
Danke - das ist zumindest mal ein ganz guter Anhaltspunkt. Die Aufnahme mit Solti kenne ich schon und sie ist in der Tat gut.* So "reinhören" kann man ja in Opern leider nicht richtig, außer man nimmt sich X Stunden Zeit.

Mal sehen, was sich organisieren lässt, weil ich bei Opern eigentlich lieber LPs habe (ich lese gerne mal das Libretto mit und mit den Zwergenheften, die den CDs beiliegen macht das keinen Spaß).


@ GiselherHH
So wie du die Karajanaufnahme schlecht machst - da bekommt man ja richtig Lust, festzustellen, ob man zum gleichen Ergebnis kommt.



------------
* Es gab mal vor X Jahren ne Menge von Solti günstig bei 2001. Da haben meine Eltern zugeschlagen.
GiselherHH
Ist häufiger hier
#6 erstellt: 09. Feb 2005, 15:40

icknam schrieb:
@ GiselherHH
So wie du die Karajanaufnahme schlecht machst - da bekommt man ja richtig Lust, festzustellen, ob man zum gleichen Ergebnis kommt.


Hallo,

genau das ist ja der Sinn dieses Forums: Empfehlungen (bzw. Verrisse) anderer Mitglieder lesen und sich selbst eine Meinung bilden. Viel Spaß!

Grüße

GiselherHH
icknam
Stammgast
#7 erstellt: 10. Feb 2005, 18:02
So, jetzt war ich im Laden. Dort habe ich die Aufnahme mit Solti Cossutta/Bacquier/Price gefunden (obwohl ich die mit Serafin gesucht habe - gab es aber nicht).

Zum Ausgleich gab es noch Don Carlos mit Domingo/Caballe/Raimondi und Giulini am Pult (es läuft gerade die Seite 1 - grandios) wenn die so weiter geht => dann gibt es sechs von fünf möglichen Smilies (bzw., neudeutsch, Smilys), außerdem:
=> Berg/Lulu/Stratos/Boulez und
=> Puccini/La Boheme/Karajan/Pavarotti/Freni
das reicht für's Erste.


[Beitrag von icknam am 10. Feb 2005, 18:57 bearbeitet]
drbobo
Inventar
#8 erstellt: 13. Feb 2005, 21:34
Hallo,

GieselherHH schrieb:

also von der "Otello"-Aufnahme Karajans (Decca) halte ich wenig bis nichts. Eine oberflächenglanzpolierte Soundorgie mit einem Vokal-Macho in der Titelrolle (del Monaco), dem die Feinheiten der Partie völlig abgehen, einem ebenso bulldozerhaften Gegenspieler (Protti) und einer Gemahlin (Tebaldi), die schon etwas ältlich klingt.


Auch als nicht gerader grosser Fan von Karajan, muss ich ein wenig dagegenhalten:

Die Aufnahme von 1961 als Soundorgie zu bezeichnen, naja, die klangliche Seite ist o.k. uns inbesondere ist Karajan von seiner späteren "Klangpolitur" da noch weit entfernt.

Renata Tebaldi war 1961 gerade mal 39, also noch 12 Jahre jünger, als sie 1973 ihre letzten Opernaufführugnen gab. Vielleicht nicht mehr der absolute Höhepunkt ihrer stimmlichen Leistung, aber noch vor dem berühmten "Knick".

Da Otello allerdings nicht gerade zu meinen Favoriten gehört, und ich bei weitem nicht alle Aufnahmen gehört habe, kann ich natürlich nicht behaupten, die Aufnahme wäre die allerbeste, sicher aber gehört sie mbmn zu einer der gelungeneren auf dem Markt.

PS Die Begeisterung für Don Carlos/ Guilini/ Domingo kann ich nachvollziehen!
Susanna
Hat sich gelöscht
#9 erstellt: 13. Feb 2005, 23:43

drbobo schrieb:


Renata Tebaldi war 1961 gerade mal 39, also noch 12 Jahre jünger, als sie 1973 ihre letzten Opernaufführugnen gab. Vielleicht nicht mehr der absolute Höhepunkt ihrer stimmlichen Leistung, aber noch vor dem berühmten "Knick".

Nur ein kurzes Intermezzo dazu:
Fritz Wunderlich, der mit 36 Jahren starb, stand gerade vor seiner Karriere als Wagnersänger. Oder gelten bei Wagner andere Kriterien?

Gruß,
Susanna
Jeanne
Ist häufiger hier
#10 erstellt: 14. Feb 2005, 13:41
Susanna schrieb
Nur ein kurzes Intermezzo dazu:
Fritz Wunderlich, der mit 36 Jahren starb, stand gerade vor seiner Karriere als Wagnersänger. Oder gelten bei Wagner andere Kriterien?

Ich höre mir die Tebaldi am liebsten mit Aufnahmen aus Mitte/Ende der 50er Jahre an, werde mir aber die genannte aus 1961 jetzt auch noch einmal anhören.

Was Deine Frage anlangt, liebe Susanna: bei Wagner gelten insoweit andere Kriterien, als eine nicht gut ausgebildete Stimme, wenn sie zu früh mit Wagner-Partien gefordert wird, die in der Regel einiges an "Material" und Ausbildung verlangen, (wobei ich jetzt die Frage des Timbres ganz außer acht lasse) dadurch schnell einen "Knacks" kriegen kann. Manch ein/e Sänger/in glaubte dem zu entgehen, wenn sie/er sich erst mit zunehmendem Alter bestimmten Wagner-Rollen zuwandten. Meist war dann aber ihr Erfolg nicht mehr so, weil mit wachsenden Jahren eben auch die stimmliche Potenz nachlässt. Ein Beispiel: Peter Anders, den ich als Liedsänger - auch wegen seiner Wortbehandlung - in manchen Einspielungen (Schubert, Strauss) immer noch für führend halte, selbst in mancher Operette (für die, die's mögen) richtig Spaß bei'm Hören macht, war mit zunehmendem Alter für mich nicht adäquat bei Wagner, z. B. als Stolzing in den "Meistersingern" und übrigens auch bei Verdi - siehe Othello, allerdings kenne ich da nur einen Auszug, glaube aber, dass er das aus gutem Grunde nicht komplett eingesungen hat.
Nachsatz: auch Peter Anders kam übrigens wie Fritz Wunderlich bei einem Unfall (in diesem Fall Auto) um's Leben.
Hüb'
Moderator
#11 erstellt: 14. Feb 2005, 19:58

jeanne schrieb:
Nachsatz: auch Peter Anders kam übrigens wie Fritz Wunderlich bei einem Unfall (in diesem Fall Auto) um's Leben.


FW starb in Folge eines Treppensturzes. Siehe z. B. hier: http://www.bach-cantatas.com/Bio/Wunderlich-Fritz.htm

Grüße,

Frank
Susanna
Hat sich gelöscht
#12 erstellt: 14. Feb 2005, 21:13
Danke, liebe/ lieber Jeanne,

für die Antwort auf meine leicht rhetorische Frage (von den immensen Stimmanforderungen für Wagnersänger/innen habe ich schon gehört). Ja, Wunderlich tat damals, auch auf Anraten seiner ehemaligen Gesangslehrerin (der er laut eigener Aussage großes Verdienst an seiner Karriere zuschrieb) gut daran, sich seine Stimme nicht gleich mit Wagner zu „verderben“, was natürlich nichts mit der Qualität von Wagneropern zu tun hat. Mir persönlich wäre es gar nicht so recht gewesen, wenn er nur noch Lohengrin statt Tamino gesungen hätte.

Peter Anders: Zwei von ihm wunderbar interpretierte Arien höre ich mir zuweilen an, die des Florestan „ Gott! Welch Dunkel hier“ und „Durch die Wälder, durch die Auen“. Auf einer 45er Platte, viel besser als auf der kuriosen Aufnahme, wo der „Fidelio“ in Italienisch gesungen wird und Anders seinen Part deutsch singt! Sein Timbre war genau wie das von Wunderlich unverwechselbar, dabei „metallener“, nicht ganz so strahlend. Anders kenne ich weder mit Strauss noch Wagner oder Verdi (das ist einfach nicht meine Opernwelt), aber er galt für die Zeit vor Wunderlich als der lyrische Tenor, mit Abstechern ins dramatische Fach, wie Du auch erwähnt hast.

http://www.koelnklavier.de/texte/interpreten/anders.html

Grüße,
Susanna
Jeanne
Ist häufiger hier
#13 erstellt: 15. Feb 2005, 10:00

Susanna schrieb:

Anders kenne ich weder mit Strauss noch Wagner oder Verdi (das ist einfach nicht meine Opernwelt), aber er galt für die Zeit vor Wunderlich als der lyrische Tenor, mit Abstechern ins dramatische Fach, wie Du auch erwähnt hast


Liebe Susanna,

frau muss ja nicht immer ganze Opern hören ;), unser Ausgangspunkt war aber Othello, und ich erinnere mich an eine Aufnahme, in der Peter Anders "Nun in der nächt'gen Stille" singt - deshalb auch kam ich 'drauf.
Für die, die Anders gern anders hören: SEHR empfehlenswert sind seine Strauss-Lieder. Gehören unbedingt zu meinen Favoriten (ja ja, ich weiß, ich muss mich noch auf der "Neuling-Vorstellungs-Seite" outen )!
Grüße an alle & an Dich besonders - von Frau zu Frau
Susanna
Hat sich gelöscht
#14 erstellt: 15. Feb 2005, 11:47

jeanne schrieb:

frau muss ja nicht immer ganze Opern hören ;), unser Ausgangspunkt war aber Othello

Liebe Jeanne,

Du hast recht! Das Othello-"Abseits" kam von mir. Egal, Peter Anders war in allem, was er sang, gut!

Grüße an alle & an Dich besonders - von Frau zu Frau 8)

Danke, das ist mir (fast) noch nie hier passiert! Geb' ich gleich zurück, ebenfalls von...zu...

Grüße,
Susanna
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