Englische Komponisten zwischen Purcell und Elgar, helft mir bitte aus meiner Bildungslücke.

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hifi-zwerg
Stammgast
#1 erstellt: 04. Mrz 2009, 11:15
Hallo,

ich bin in meiner musikalischen Bildung wohl sehr geprägt von der Sicht des späten 19 Jahrhunderts, die sich auch in stark meiner der Schulbildung und den populärwissenschaftlichen Büchern deutscher Prägung wiederfgindet. Schon in der Schule lernte ich, daß es im wesentlicher 3 große Komponisten gibt und ein lustiges Östereichisches Wunderkind, das aber nicht so ganz ernst zu nehmen ist. Ausgehend von dem in der Schule vermitteltem Werkekanon (Symphonie mit dem Paukenschlag, Abschiedssymphonie, kleine Nactmusik, 5.,9. Symphonie, Fidelio und fliegender Holländer) habe ich meine Musikalischen Kenntnisse zwar erheblich erweitert, aber irgendwie nie Mitteleuropa und Italien (für Opern) wirklich verlassen. Ausgelöst durch dieses Forum, das stark Angloamerikanisch geprägte Buch 1001 Klassikalben und einige Empfehlungen meines Vaters habe ich nun auch langsam französiche, englische und US-amerikanische Komponisten entdeckt. Nun las ich zu meinem Erstaunen neulich zu Elgar er sei der "erste englische Komponist von Rang seit Purcell". Kann ja gar nicht sein dachte ich, dann dachte ich nach, blätterte ein bisschen rum und fand eine Bildungslücke, ich kenne (außer Händel, wenn man ihn den zu England rechnet) keinen englischen Komponisten zwischen Purcell und Elgar. Bitte helft mir wen gab es denn da alles.

Gruß
Zwerg
Deukalion
Inventar
#2 erstellt: 04. Mrz 2009, 11:53
Hallo!

Zwischen Purcell (1659- 1695) und Elgar (1857-1934) fallen mir folgende teilweise durchaus hörenswerte englische Komponisten ein:

BAROCK:
Thomas Arne (1710- 1778)
William Boyce (1711- 1779)

VORKLASSIK/ FRÜHKLASSIK/ KLASSIK:
Hier tut sich nun in der Tat die oft beklagte Lücke in der englischen Musikgeschichte auf! Auf Anhieb fällt mir kein originär englischer Komponist ein.
Es gab natürlich die in England lebenden und komponierenden Ausländer: Händel (noch dem Barock zugehörig) hast du genannt. Oder der"Mailänder/ Londoner Bach" Johann Christian Bach (1735- 1782), der zeitweise in England lebte und der 1765 dem 8- jährigen Mozart in London begegnete. Aber englische klassische Komponisten?? Kenne ich nicht. vielleicht können da andere weiterhelfen!


ROMANTIK:
Natürlich würden sich alle Iren vehement wehren, in einer Liste englischer Komponisten zu erscheinen, aber in der Romantik gibt es zumindest zunächst zwei englischsprachige, inselbenachbarte irische Komponisten:

John Field (1782- 1837)
Ire; Schüler Clementis, Lebenswerk „Gradus ad Parnassum“

Thomas Moore (1779- 1852)
Irischer Romantiker

Aber originäre englische Romantiker?

Erst in der SPÄTROMANTIK legen die Engländer dann los:
Zeitgenossen von Elgar, allerdings etwas später als dieser geboren, sind:

Frederick Delius (1862- 1934)

Gustav Holst (1874- 1934)

Ralph Vaughan Williams (1872- 1958)

Cyril Scott (1879- 1970)


Diese liste erhebt ausdrücklich keinen Anspruch auf Vollständigkeit, anderen Usern fallen sicher noch große englische komponisten dieser Zeitperiode ein, die ich jetzt vergessen habe!



Hartmut
Kreisler_jun.
Inventar
#3 erstellt: 04. Mrz 2009, 12:00
Es gab niemanden wirklich wichtiges, das ist kein bloßes Vorurteil und keine schlimme Bildungslücke die folgenden höchstens vom Hörensagen zu kennen:

Thomas Arne (Rule Britannia)
http://www.klassika.info/Komponisten/Arne/index.html
William Boyce
http://www.klassika.info/Komponisten/Boyce/index.html
Wilhelm/William Herschel (der Astronom!)
http://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Herschel
Thomas Linley (der "englische Mozart", der er hätte vielleicht werden können, wäre er nicht mit 22 bei einm Bootsunfall ertrunken)
http://www.klassika.info/Komponisten/Linley/index.html
John Field (der Erfinder des "Nocturne")
http://www.klassika.info/Komponisten/Field/index.html

Ein paar Jahre älter als Elgar ist Stanford (Ire!), der wohl hauptsächlich durch Chorwerke bekannt ist:
http://www.klassika.info/Komponisten/Stanford/index.html

Die prägenden Komponisten im 18. und frühen 19. Jhd. waren alle "Importe": zB Händel, Haydn, Pleyel, Dussek, Clementi, Weber, Mendelssohn.

JK jr.
Deukalion
Inventar
#4 erstellt: 04. Mrz 2009, 12:32
Ergänzung:
Noch zwei weitere englische spätromantische Komponisten, die kurz vor Elgar geboren wurden:

Arthur Sullivan (1842-1900) (das ist der von Gilbert and Sullivan!)
http://de.wikipedia.org/wiki/Arthur_Sullivan

Hubert ("Captain") Parry 1848- 1918)
http://de.wikipedia.org/wiki/Hubert_Parry
Keine "Last night of the proms" ohne sein "Jerusalem"!!

H.
Deukalion
Inventar
#5 erstellt: 04. Mrz 2009, 12:39
Wer sich näher mit der britischen Musik nach Elgar beschäftigen möchte:



gibt es noch beim Krokodilflusshändler als Hardcover- Restauslage für erfreuliche 6,95 Euro!
Mellus
Stammgast
#6 erstellt: 04. Mrz 2009, 13:09
Es gibt sogar ein ganzes Label, das sich dieser britischen Musik neben Purcell, Elgar und Vaughan Williams widmet: Lyrita. Wen solche Komponisten interessieren, der sollte dort fündig werden.

Viele Grüße,
Mellus
Kings.Singer
Inventar
#7 erstellt: 04. Mrz 2009, 13:39
Hi.

Also ich habe durch ihre sakrale Musik vor allem Sir Charles Villiers Stanford (1852-1924) und Charles Hubert Hastings Parry (1848-1918) kennen gelernt. Ihre Werke zu singen macht eigentlich immer Spaß.
Ich kenne ihre Symphonien zwar nicht, aber es finden sich doch immer wieder sehr angetane Besprechungen davon, sodass sich Fans solcher Musik in diesem Repertoire durchaus wohl fühlen dürften.

Von Stanford kenne ich sein Requiem (bei Naxos erschienen) und ich kann mich erinnern, dass es mir sehr gut gefallen hat - ist schon etwas länger her.


Viele Grüße,
Alex.
Deukalion
Inventar
#8 erstellt: 04. Mrz 2009, 14:44
Britische CD- Label sind , meinem Eindruck nach, bemüht, die These von England als "land without music" zu widerlegen - mit Erfolg, wie ich finde!!!

Ein Beispiel unter vielen ist dieser Hyperion- Sampler:



The English Orpheus

A Series of discoveries 1600- 1800


Der Sampler bietet die Möglichkeit, einige englische Komponisten des in diesem Thread angesprochenen Zeitraums zu entdecken.
Vieles ist wirklich hörenswert, wenn auch natürlich nicht überragend.

Der Sampler verweist auf eine entsprechende Serie bei Hyperion mit Musik englischer Komponisten zwischen 1600 und 1800.
Kaddel64
Hat sich gelöscht
#9 erstellt: 05. Mrz 2009, 08:34
Vorsichtig ausgedrückt betrachten wir eine in England derzeit "unterbelichtete" musikalische Epoche. Doch ist es nicht ausgeschlossen, dass der eine oder andere englische Komponist zwischen Purcell und Elgar eines Tages dem Vergessensein entrissen und wiederentdeckt wird. Daher möchte ich vorsichtig sein mit Attributen wie "großer" oder "bedeutender" Komponist.

Aus dem musikalischen Umfeld von Händel und Boyce stammt der englische Komponist John Stanley (1712-1786 / manche Quellen nennen auch 1713 als Geburtsjahr), dessen Name vor allem Orgelmusikfreunden bekannt sein dürfte, da er lange als Organist in verschiedenen Stellen wirkte und zahlreiche Orgelfantasien ("Voluntaries") herausgab. Im Alter von zwei Jahren erblindete er infolge eines Unfalls. Möglicherweise führte dieses Handicap dazu, dass er sich hauptsächlich als ausübender Musiker betätigte und seltener etwas niederschrieb.

Immerhin befinden sich unter seinem Nachlass 1 Oper, 2 Oratorien, 13 sakrale Kantaten sowie Konzerte und Kammermusik für Flöte/Orgel und Streicher.


Kings.Singer schrieb:
Also ich habe durch ihre sakrale Musik vor allem Sir Charles Villiers Stanford (1852-1924) und Charles Hubert Hastings Parry (1848-1918) kennen gelernt. Ihre Werke zu singen macht eigentlich immer Spaß.
Dito.
Gantz_Graf
Hat sich gelöscht
#10 erstellt: 06. Mrz 2009, 17:21
Na ja, eher während Elgar datiert, hätte ich Granville Bantock ins Feld geworfen. Der Wikipedia-Artikel liegt richtig mit "Typisch ist eine klangmalerische und farbenprächtige Schilderung diverser Stimmungen, wie Bantock auch gerne Bilder der Natur (z. B. der Hebriden) durch seine Musik beschreibt." - Bantock, für einen drüben bei Amazon.de "DIE Entdeckung der letzten 10 Jahre". Wunderbar gefühlvoll und romantisch.



(Weit) vor Elgar zählt für mich tatsächlich auch nur Purcell.


[Beitrag von Gantz_Graf am 06. Mrz 2009, 17:25 bearbeitet]
hifi-zwerg
Stammgast
#11 erstellt: 09. Mrz 2009, 11:33
Hallo,

danke für die vielen Infos. Bis auf Boyce, auf den ich eigentlich selbst hätte kommen können, sind mir alle Komponisten "vor Elgar" tatsächlich genauso unbekannt, wie die "ab Elgar" mir zum großen Teil, zumindest dem Naman nach, bekannt sind.

Gruß
Zwerg
Moritz_H.
Stammgast
#12 erstellt: 09. Mrz 2009, 12:34

Kaddel64 schrieb:
Vorsichtig ausgedrückt betrachten wir eine in England derzeit "unterbelichtete" musikalische Epoche ...


Kings.Singer schrieb:
Also ich habe durch ihre sakrale Musik vor allem Sir Charles Villiers Stanford (1852-1924) und Charles Hubert Hastings Parry (1848-1918) kennen gelernt. Ihre Werke zu singen macht eigentlich immer Spaß.
Dito. :prost


Ihre Werke zu hören macht mir immer Spaß.
Tannoymann
Stammgast
#13 erstellt: 10. Mrz 2009, 11:25
Hallo!
Wenn eine kleiner Erweiterung gestattet ist: hoch interessant die Musik vor Purcell (Power, Dunstable, Cornysh, Carver.....u.v.a.) und die Musik nach Elgar (Britten, Maxwell Davis, Dillon, Birtwistle, McMillan, Ferneyhough...)
Grüße
Willi
Kaddel64
Hat sich gelöscht
#14 erstellt: 10. Mrz 2009, 11:45
Hallo Willi!
Tannoymann schrieb:
Wenn eine kleine Erweiterung gestattet ist: hoch interessant die Musik vor Purcell (...) und die Musik nach Elgar (...)
Darin besteht aber gerade der Reiz dieses Threads, dass man vor Purcell und nach Elgar nicht fertig wird interessante englische Komponisten aufzuzählen, dass jedoch in den knapp 200 Jahren zwischen den beiden offensichtlich ein gigantisches Loch klafft, das geschlossen werden möchte!

Gruß, Kaddel


[Beitrag von Kaddel64 am 10. Mrz 2009, 11:46 bearbeitet]
Tannoymann
Stammgast
#15 erstellt: 10. Mrz 2009, 12:07
Hallo!
Ich hab das Thema schon verstanden und auch die interessanten Beiträge gelesen.
Ich wollte nur das Davor und Danach erwähnen, da die englische
Musik natürlich mehr ist als Purcell - Elgar und das vermeintliche Loch dazwischen. Das Label Hyperion hat für genau dieses Loch einiges Großartiges herausgebracht - klasse!
Grüße
Willi
Kings.Singer
Inventar
#16 erstellt: 10. Mrz 2009, 14:21
Hi.

Zu nennen wäre vielleicht noch der Kirchenmusiker John Stainer (1840-1901). Ehrlicherweise hat man jetzt Nichts verpasst, wenn man z.B. seine Passionskantate "The Crucifixion" für Orgel & Chor nicht kennt. Aber für Fans der englischen Musik und dieses Genres ist sie sicherlich eine interessante Entdeckung.


Viele Grüße,
Alex.
Gelscht
Gelöscht
#17 erstellt: 10. Mrz 2009, 15:03
Hi,

interessantes thema
Aus der zeit Elgars bzw. kurz danach möchte ich auch einige bemerkenswerte Schotten mit ins Boot nehmen.
Und zwar
Hamisch MacCunn (1864-1918)
*The Land of the Mountain and the Flood*

Frederic Lamond (1868-1948)ein schüler Listzs
*From the Scottish Highlands*

Bis dahin seit Purcell ist aber wirklich nicht viel bemerkenswetes entdeckt aus GB
Mellus
Stammgast
#18 erstellt: 10. Mrz 2009, 15:16

Ich wollte nur das Davor und Danach erwähnen, da die englische
Musik natürlich mehr ist als Purcell - Elgar und das vermeintliche Loch dazwischen. Das Label Hyperion hat für genau dieses Loch einiges Großartiges herausgebracht


Ja, aber gegen das Loch wurde noch nichts gefunden und herausgebracht!

Verwandte Threadidee für ein Kochforum: Land without cuisine? Englisches Essen zwischen fish and chips.

(Sorry, bin gerade in neckischer Laune.)

Viele Grüße,
Mellus
Tannoymann
Stammgast
#19 erstellt: 10. Mrz 2009, 17:15
Drum halt ich mich auch lieber außerhalb des Lochs auf.
messaggiera
Ist häufiger hier
#20 erstellt: 05. Jun 2009, 11:52
Guten Tag, ein englischer Mozartzeitgenosse war Thomas Linley (1756-1778) Er starb durch einen Unfall während einer Bootsfahrt.Ich besitze eine CD (hyperion), die ausgezeichnet ist.
Music for the Tempest
Overture to the Duenna
Tree Cantatas
The Parley of Instruments, Orchestra ans Choir.
Dir. Paul Nicholson

Man hört natürlich die Nähe zu Mozart. Das kann ja nicht schaden.

Dann fällt mir noch Charles Dibdin (1745-1814) ein. Er hatauch einige Bedeutung als Reiseschriftsteller.Gehört habe ich einmal einige Ausschnitte aus seinem Singspiel The Padlock.

Ich weiß nicht, ob Stephen Storace (1762-1796) erwähnt wurde.
U.a. schrieb er die Oper The haunted tower, die zur Schauerromantik gehört.

Mehr Komponisten fallen mir allerdings auch nicht ein.

Schöne Grüße von messaggiera
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