Kanaltrennung Tonabnehmer

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wendy-t
Hat sich gelöscht
#1 erstellt: 23. Jan 2018, 20:20
Hallo zusammen!

Aufgeschreckt über die vernichtenden Meinungen hier zum Ortofon Quintet Black habe ich 1-2 Fragen und wäre interessiert an euren Einschätzungen.
Ich selbst betreibe das Quintet Black und höre damit sehr zufrieden meine Platten. Ortofon gibt die Übersprechugsbedämpfung mit 1 KHz > 23 dB und 15 KHz > 15dB an.
Zum Vergleich habe ich noch ein MC 30 Super Classic herangezogen, bei dem Ortofon folgende Werte angibt: 1 KHz > 25 dB und 15KHz > 19 dB.

Mit der Testschallplatte "Vinyl: Check" lässt sich eindeutig feststellen, dass die Werte nicht nur akademischer Natur sind, sondern bei Testsignalen das MC 30 Super das Quintet Black abhängt.

Das wirft bei mir allerdings ein paar Fragen auf. Warum macht Ortofon sowas? Sie scheinen ja in der Lage zu sein, eine bessere Übersprechnungsbedämpfung zu realisieren. An Unfähigkeit mag ich in diesem Fall nicht glauben.
Kann es sein, dass Ortofon das Quitet Black absichtlich so konstruiert hat? Klanglich schätze ich das MC 30 Super räumlicher ein, aber auch ein ganzes Stück analytischer. Das Quintet Black spielt für meine Ohren runder und weicher. Hier spielt bestimmt auch die Abstimmung eine Rolle - das MC 30 Super ist schon ein ganzes Stück höhenbetonter. Dennoch: Kann es sein, dass Ortofon mit Absicht die Kanaltrennung so niedrig gewählt hat, um einen bestimmten Klang zu erzeugen?

Ich freue mich über Informationen und Meinungen zu dem Thema. Ich höre währenddessen noch ein bisschen mit meinem Quintet Black entspannt Musik.

Viele Grüße
Philip
Tywin
Hat sich gelöscht
#2 erstellt: 24. Jan 2018, 11:59
Hallo,

kein Hersteller wird eine schlechtere Übersprechdämpfung hinnehmen wenn unproblematisch ein bessere Übersprechdämpfung möglich wäre.

Allerdings: 10dB Dämpfung bedeuten eine Halbierung der Lautstärke und 25dB bedeuten somit eine Reduzierung auf etwa 1/6 ... das hört man mit Musik nicht und hat keine Relevanz.

Die 19dB ... Auch Du wirst vermutlich keinen 15kHz Ton mehr hören, selbst wenn ein solcher Ton überhaupt in der Musik und auf der Schallplatte vorkommt.

Und wenn Du Dir solch hohe Töne mal einzeln anhören würdest, hättest Du womöglich auch gar kein Interesse solche am Ultraschall kratzenden Töne ertragen zu müssen.

VG Tywin


[Beitrag von Tywin am 24. Jan 2018, 12:00 bearbeitet]
Albus
Hat sich gelöscht
#3 erstellt: 24. Jan 2018, 12:33
Tag,
und Tag Philip,

ohne lange Vorrede komme ich mit einer Vermutung (hinten dran), gestützt durch ein Vergleichen von einigen Ortoton-Spezifikationen mit Größen aus internationalen Standards der Audioqualität. Der Rückgriff auf Literatur ist dabei unvermeidlich. Aber jetzt zur Sache.

Zur Ortofon Quintet-Serie
Übersprechen 1 kHz, 15 kHz, Pegeldifferenz zwischen A- und B-Kanal
Modelle
Red - Übersprechen 21 dB, 14 dB, Pegeldifferenz <1,5 dB
Blue - Übersprechen 21 dB, 14 dB, Pegeldifferenz <1,5 dB
Bronze - Übersprechen 23 dB, 15 dB, Pegeldifferenz <1,2 dB
Black - Übersprechen 23 dB, 15 dB, Pegeldifferenz 1,0 dB

Zur 2M-Serie
Modelle
Red - Übersprechen 21 dB, 15 dB, Pegeldifferenz 1,5 dB
Blue - Übersprechen 25 dB, 15 dB, Pegeldifferenz 1,5 dB
Bronze - Übersprechen 26 dB, 15 dB, Pegeldifferenz 1 dB
Black - Übersprechen 26 dB, 15 dB, Pegeldifferenz 1 dB
Anmerkung: Die im Einzelfall reale Einhaltung oder Abweichung nach unten oder oben muss hier offen bleiben.

Der Vergleich bezieht sich auf den internationalen Standard ITU.R: BS.644, dort die Werte der anzustrebenden Audioqualität, gefasst in Größen sogenannt als "Subjektiver Grenzwert" und als "Realistischer Zielwert". Jeweils auf das Ende eines Tonübertragungssystems bezogen.
Die Werte lauten wie folgt:
1. "Subjektiver Grenzwert" Übersprechen 1 kHz = 20 dB, 15 kHz = 15 dB Pegeldifferenz 1 kHz = 0,5 dB
2. "Realistischer Zielwert" Übersprechen 1 kHz = 35 dB, 15 kHz = 25 dB, Pegeldifferenz 1 kHz = 1,0 dB

Zu sehen ist, dass Ortofon sich im Falle der Quintet-Serie für die Übersprechdämpfung an den Größen der sog. "Subjektiven Grenzwerte" zu orientieren scheint. Nur nicht für die Kanaldifferenz von 0,5 dB.
Im Falle der 2M-Serie sieht es bei 1 kHz etwas besser aus, bei 15 kHz ist auch hier nicht mehr geboten als durch die "Subjektiven Grenzwerte" standardisiert. Die Kanaldifferenz bleibt auch bei dieser Serie die Subjektiven Grenzwerte 'schuldig'.
In jedem Fall bleiben beide Serien, Preisklasse hin oder her, hinter den Größen des Standards "Realistischer Zielwerte" deutlich zurück.


Vermutung:
Man orientiert sich am statistischen Kunden = das sind die Größen aus dem Standard "Subjektiver Grenzwert", nicht am technisch möglichen "Realistischen Zielwert".
Abschluss: Vermutlich ist das eine Frage des Entwicklungs- und Fertigungsaufwandes unter Einbeziehung des seriösen Qualitätsmanagements. Imperfektibilität mit Bewusstsein git in der Branche als "good engineering" (Ralph Morrison).

Freundlich
Albus


[Beitrag von Albus am 24. Jan 2018, 19:06 bearbeitet]
wendy-t
Hat sich gelöscht
#4 erstellt: 24. Jan 2018, 20:02
Hallo Tywin!

Danke für deine Antwort.
Beruhigend finde ich deine Ansicht, dass die nicht gerade hohe Kanaltrennung keine Relevanz hat. Allerdings bei der Testplatte mit Kopfhörer war es schon deutlich zu hören. Mir ist allerdings auch bewusst, dass Testplatten alles auf die Spitze treiben. Dort war der Sinuston übrigens 1 KHz.
Und ja, 15 KHz höre ich schon lange nicht mehr. Ich bin kein Teenager mehr.

Hallo Albus!

Auch dir natürlich ein Dank für deine informativen Ausführungen. Obwohl es leider schlechte Neuigkeiten waren. Du hattest mich ja schon früher auf die nicht optimale Kanaltrennung aufmerksam gemacht. Ich hatte allerdings die Idee, dass Ortofon sich irgendwas dabei gedacht hatte, doch einen recht hochpreisigen Tonabnehmer mit solchen Daten auf den Markt zu bringen. Jetzt bin ich doch ein bisschen von der Firma Ortofon enttäuscht. Das können (und wollen) andere Firmen wohl besser. Ich hätte gedacht oder vielleicht auch gehofft, dass dies so etwas wie eine Art Sounding wäre..... oder ähnliches.
Dennoch höre ich mit dem TA sehr, sehr gerne und empfinde ihn als sehr langzeittauglich - also alles andere als ein Fehlkauf.

Viele Grüße
Philip
Albus
Hat sich gelöscht
#5 erstellt: 24. Jan 2018, 20:28
Tag,
und Tag Philip,

dann folgt noch ein weiteres Bemerken. - Von Interesse ist bei der Kanaltrennung nicht nur das Maß bzw. Ausmaß (wenn höher), vielmehr auch die Gleichheit L nach R, R nach L.

Zu Effekten unterschiedlicher Kanaltrennungen kann man sich ohne große Aufwand selbst Eindrücke verschaffen. Hat man einen Tuner mit Blend-Funktion zur Verfügung, d.i. Absenkung der Kanaltrennung vom obersten Wertverlauf auf mindere Trennung in zwei Stufen oder wenigstens um eine Stufe.
Beispielsweise (Revox 260) von Normal >40 dB breitbandig auf Blend 1 15 dB nominell, real noch eher mehr 20 dB, Stufe Blend 2 dann auf nominell 7 dB, real 11 dB. Die Umstellungen bei Gelegenheit einer Stereo-Liveübertragung aus der Elbphilharmonie zu bemerken ist nicht weiter schwierig.
Wer den Effekten gründlich nachspüren möchte kann sich an die einschlägige Fachliteratur (mit CD-Test- und Belegmaterial ausgestattet) halten, etwa Fastl/Zwicker, Psychoacoustics, die Kapitel zu Lateralization sowie Localization (CD-Track 44).

Bei stark abweichender Kanaltrennung L/R oder R/L ist durchaus eine Verschiebung in der Stereoperspektive zu bemerken. Bei geringen Differenzen nicht, etwa >25 dB L nach R, gegenüber R nach L >30 dB, aber bei einer irgend verkanteten Nadel mit Differenz ~20 dB gegen >30 dB muss man nicht einmal besonders aufmerksam hinhören (ob LS oder KH).

Ansonsten hat man es als Plattenhörer mit der Möglichkeit des Tonabnehmerwechsels ja in der Hand, einen Vergleich Channel Separation 20 dB (L/R, R/L) gegen >35 dB (je L/R, R/L) zu unternehmen. Objekte zu finden ist nicht schwierig, weder für zweikanaliges Übersprechen nur knapp 20 dB wie aber auch sehr gutes zweikanaliges Übersprechen von >35 dB.

Noch eine Anmerkung zum Ortoton 2M Black: Nach einem Testbericht ist die Spezifikation real deutlich übererfüllt, breitbandig ein gehörig gleiches Übersprechen in Höhe von >30 dB. Na also, geht doch.
Spezifikationen - sind eben auch als Produktinformation mit dem Versprechen des Mindestwertes zu lesen und verstehen.

Freundliche Grüße
Albus
wendy-t
Hat sich gelöscht
#6 erstellt: 24. Jan 2018, 20:47
Hallo Albus!

Da scheine ich ja in dem Punkt Glück gehabt zu haben: Nach meinem Gehör ist die Kanaltrennung auf beiden Kanälen eher als gleich einzustufen und Verschiebung der Stereomitte kann ich ebenfalls nicht feststellen.
Und natürlich hast du Recht; die verschiedenen Kanaltrennungen und deren klangliche Auswirkungen würden sich leicht testen lassen, wenn ich mir ein neues MC mit den passenden Werten zulegen würde. Aber dafür müsste ich leider einen Haufen Geld in die Hand nehmen. Ich werde bestimmt mir irgendwann nochmal was Neues leisten, aber das ist momentan nicht vorgesehen. Der Vergleich muss also warten.

Ich danke dir für deine tollen Informationen; das macht wirklich Spaß und ich lerne immer was dazu.
Viele Grüße
Philip
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