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Interner Helmholtz Absorber - anders angewendet+A -A |
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Autor |
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impact99999
Ist häufiger hier |
#1 erstellt: 11. Jun 2012, 12:45 | |
Hallöchen, wäre es theoretisch möglich einen IHA in einem zu kleinen geschlossenen Gehäuse so abzustimmen, dass die Resonanzanhebung durch den IHA "weggesaugt" wird ? Ein Beispiel: Visaton B200 in - sagen wir - 10 Liter geschlossen. Gibt laut WinIsd ein QTC von 2,3 und eine Resonanzüberhöhung von ca. 7,5db bei 133 hz. Könnte man jetzt nicht einen IHA einbauen, der die 7,5db (oder wenigstens einen großen Teil davon) wegsaugt ? Abstimmen müsste man ihn ja auch auf 133 hz, oder ? Gruß, Impact |
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impact99999
Ist häufiger hier |
#2 erstellt: 11. Jun 2012, 12:54 | |
Für das o.g Beispiel wäre laut Strassacker - Tool folgende Dimensionierung passend: 2,7 Liter Volumen BR-Rohr: Länge 8,3 cm Durchmesser 5 cm |
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richi44
Hat sich gelöscht |
#3 erstellt: 12. Jun 2012, 12:27 | |
Ich versuche mal, Dir die Problematik zu erklären: Das System aus Lautsprecher und Gehäuse bildet einen mechanischen Schwingkreis mit der Frequenz von 133Hz und einer Güte Q von 2,3. Wenn wir dem System einen Ton von 133Hz elektrisch zuführen, so baut sich der akustische Ton langsam auf. Durch die Resonanzüberhöhung kommt es ja zu einem "Aufschaukeln", also zu einem allmählichen Lautstärke-Anstieg. Und wenn wir den Verstärker stumm schalten, so klingt dieser Ton langsam ab. Das Abklingen dauert genau so lange wie das Aufbauen der Lautstärke. Das ist aus der Physik (Mechanik) begründet. Wenn wir nun zwischen Quelle (Tongenerator) und Verstärker eine Dämpfung aus einem Längswiderstand und einem belastenden Seriekreis einsetzen und diesen Seriekreis auch auf die 133Hz und ein Q von 2,3 konstruieren, so setzt die Dämpfung genau mit der selben Verzögerung und Kennlinie ein wie die Box die Lautstärke anhebt. Ein LC-Schwingkreis verhält sich nämlich praktisch gleich wie ein mechanisches System. Würden wir mit R und C allein arbeiten, so müssten wir mehrere solche Glieder zusammen bauen. Diese haben eine grössere Phasendrehung, aber keine Einschwingzeit. Daher macht es nur mit einem Schwingkreis Sinn (oder der elektronischen Nachbildung mit Gyratoren). Wenn wir also eine optimale Unterdrückung wollen brauchen wir ein Ding, das sich gleich verhält (nur umgekehrt) wie das Lautsprecher-Gehäuse-System. Verwenden wir in der Box einen Helmholz-Resonator, so braucht dieser die selbe Zeit zum einschwingen wie die Box. Das bedeutet, dass er erst dann zu wirken beginnt, wenn die Box schon mal los hupt. Erst dann beginnt der Helmholz mit seiner Wirkung. Im eingeschwungenen Zustand kann eine Frequenzgangmessung durchaus einen linearen Frequenzgang zeigen. Wenn wir aber z.B. Ton-Bursts verwenden, die meinetwegen 10s Ruhe und 2s Ton (133Hz) darstellen, so wird man beim Einsetzen des Tons diesen vernehmen mit laufend ansteigender Lautstärke. Danach wird dann der Ton wieder leiser, weil erst jetzt der Helmholz wirkt. Die Wirkung der Systemresonanz und der Helmholz-Resonanz laufen nicht synchron sondern verspätet und damit wird der ganze gehörte Einschwingvorgang verändert. Wichtig ist folgendes: Das Ohr reagiert extrem stark auf die erste Wellenfront. Und diese erste Wellenfront bezieht sich nicht nur auf einen Sinuston, sondern auf jeden neu angespielten Klang eines Instrumentes, also jeden Tastendruck (beim Klavier). Das hat zur Folge, dass immer dann wenn ein Ton von 133Hz erklingt dieser nicht als natürlich empfunden wird wenn der Lautstärkeausgleich nicht synchron und richtig erfolgt. In der Praxis wäre die "Verbesserung" durch den Resonator nicht das was man sich wünscht. Dies wäre nur mit einer elektronischen Entzerrung möglich, die sich gleich verhält wie das System und damit auf den zeitlichen Ablauf Rücksicht nimmt. Kommt hinzu, dass man mit der Elektronik Versuche anstellen und die Parameter leicht verändern kann, was mit dem Helmholz nicht so ohne weiteres geht. Eine Alternative gäbe es noch: Wenn man einen Lautsprecher hat mit einem zu kleinen Qts, dann bekommt man die optimale Abstimmung nur damit hin, indem man das Qes grösser macht und das bekommt man mit einem Widerstand hin. Hier haben wir einen Lautsprecher, der eigentlich in keinem Gehäuse optimal arbeitet, weil wir schon ohne Gehäuse ein Qts von 0.75 haben. Wir könnten (ist elektronisch möglich) dem Verstärker einen negativen Innenwiderstand von 3,6 Ohm verpassen. Dann erreichen wir mit einer geschlossenen Box von 10 Liter einen Qts von 0.703 und eine Fg von 135Hz ohne irgendwelche Überschwinger. Wir haben also die Bedämpfung elektrisch verbessert und zwar ohne eigentliche Resonanzmassnahmen. Das "Problem" ist, dass wir das nur bei einer Aktivbox so hinbekommen können, denn allfällige andere Lautsprecher (Hochtöner) würden mit dem so veränderten Verstärker nicht mehr brauchbar funktionieren. |
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impact99999
Ist häufiger hier |
#4 erstellt: 12. Jun 2012, 14:00 | |
Hi Richi, danke für die ausführliche Erklärung ! Kannst Du näher auf die Qes - Erhöhung eingehen ? Ist es dazu notwendig den Verstärker "innen" zu verändern, so dass die Garantie flöten geht ? In meinem Setup würden übrigens 5 B200 an jeweils einem eigenen Verstärkerkanal betrieben. Die passive Entzerrung (liegt schon vor) müsste dann neu entwickelt werden, oder ? |
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richi44
Hat sich gelöscht |
#5 erstellt: 13. Jun 2012, 07:01 | |
Bei einem bestehenden Verstärker ist der Umbau relativ kompliziert. Man könnte auch eine entsprechende Vorstufe entwickeln, welche diese Aufgabe übernimmt. Das bedeutet, dass man jemanden findet, der diesen Zusatz aufbaut und entsprechend installiert. Dann braucht es keinen Eingriff in die Endstufen. Man würde dann aber auch die Entzerrung mit Vorteil in diese Vorstufe integrieren, um keine zusätzlichen Verluste einzubauen und den Qes zu verschlechtern. Zum Thema Qes: Massgebend an der Boxenkonstruktion ist der Qtc. Und dieser entsteht aus Qts und Q desGehäuses. Und Qts entspringt Qes und Qms. Wenn wir also ein Qtc von 0.707 anstreben, so ist eine Kenngrösse Qts und eine Q Gehäuse (c). Und das Problem ist, dass wir ein Qtc von 0.7 nicht erreichen, wenn Qts > 0.7 ist. Siehe dazu auch die Seite http://www.selfmadehifi.de/tsp.htm#2 . Hier ist alles recht gut erklärt und es wird auf das Programm BassCADe verwiesen, mit welchem man die ganzen Berechnungen inkl. Einfluss eines positiven oder negativen Widerstandes durchführen kann. Die nachfolgenden Grafiken stammen aus jenem Programm. Mit dem Visaton B200 mit einem Qts von 0.75 ist es nun nicht möglich ein Qtc von 0.707 zu erreichen und demzufolge ist eine vernünftige Bass- und Impulswiedergabe nicht zu erwarten (siehe die letzte Grafik). Wenn wir beim BassCADe mit einem anderen Tieftöner (Monacor SPH-200KE) mal Rechnungen anstellen, so haben wir ein Qts des Chassis von 0,38. Für eine geschlossene Box ergibt das ein Volumen von 21.9 Liter für ein Qtc von 0,707. Dabei wird die Grenzfrequenz 53Hz. Wenn wir nun einen Widerstand von 2 Ohm einsetzen, so verringert sich der Einfluss der elektrischen Dämpfung. Diese wird also schlechter und damit steigt die Güte Qts an, denn je geringer die Dämpfung ist, umso stärker kann sich die Resonanz auswirken. Jetzt bekommen wir ein optimales Gehäuse von 55.2 Liter und eine Grenzfrequenz von 40Hz. Setzen wir einen negativen R von -2 Ohm ein, so ergibt sich folgendes Bild: Wir haben ein Gehäusevolumen von 8,3 Liter und eine Grenzfrequenz von 78 Hz. Dies, weil die MINUS 2 Ohm die Dämpfung des Lautsprechers erhöhen, also Qts absenken und damit muss für ein Qtc von 0.707 das Gehäusevolumen kleiner sein, also ein höheres Qc aufweisen. Umgesetzt auf den B200 bedeutet dies, dass ich den negativen R zur Verbesserung der Bedämpfung auf -1.69 Ohm legen muss. Damit bekomme ich ein optimales Gehäusevolumen von 99.3 Liter. Ich könnte diese Erhöhung der Bedämpfung auch mit "Stopfwolle" erreichen. Wenn ich aber ein Volumen von 10 Liter anstrebe, so muss der negative R auf 3.6 Ohm festgelegt werden. Damit ist dann eine Fg von 135Hz möglich. Das selbe würden wir erreichen mit einem negativen R von etwa 3 Ohm und einer Füllung der Box mit Watte. Im Vergleich dazu die Box mit dem B200 ohne negativen Widerstand. Da bräuchten wir ein Gehäuse von 10'000 Liter und hätten noch keine ideale Vorgabe. Und ein 100 Liter Gehäuse könnten wir nicht so stark stopfen, dass wir einen idealen Verlauf bekämen. |
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