Digital Radio vor dem Aus?

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Mitsch79
Neuling
#1 erstellt: 14. Dez 2004, 12:11
Neues Hörfunksystem in Deutschland bislang ohne Erfolg

Während sich das terrestrische Digital-Fernsehen (DVB-T) in den bereits mit dieser neuen Technik erschlossenen Regionen einer großen Beliebtheit erfreut, fristet das über Antennenfrequenzen verbreitete Digital Radio (DAB) nach wie vor ein Schattendasein. Auch fünf bis sechs Jahre nach dem Start des Regelbetriebs in den meisten Bundesländern haben sich kaum mehr als 100 000 Freaks bislang zum Kauf eines Empfängers überreden lassen.
Die Gründe hierfür sind vielfältig. So ist das Programmangebot mit durchschnittlich fünf bis sieben Programmen in jeder Region deutlich kleiner als auf UKW. Lediglich im Umfeld von Städten verdoppelt sich die Anzahl der hörbaren Sender. Auch die Möglichkeit, Programme aus benachbarten Bundesländern zu empfangen, sind deutlich eingeschränkt. Der "Overspill" der digitalen Wellen ist deutlich kleiner als in der analogen Welt.
So kann ein SWR3-Fan in Köln auf UKW seinen Lieblingssender in bester Stereo-Qualität empfangen, während das DAB-Signal aus dem benachbarten Rheinland-Pfalz schon kurz vor Bonn nur noch mit Aussetzern hereinkommt. 89.0 RTL ist auf UKW bis kurz vor Bremen zu empfangen, während die DAB-Wellen vom Brocken im Harz nicht einmal bis Hannover reichen.

DAB-Empfang schlechter als auf UKW

Deutlich schlechter als vom UKW-Rundfunk gewohnt ist auch der Empfang der in der DAB-Norm ausgestrahlten Hörfunkprogramme in geschlossenen Räumen. Selbst im Kernbereich der Sendegebiete muss man innerhalb von Häusern oft mit Aussetzern leben, während der Autoradioempfang oder der Empfang über eine Dachantenne völlig einwandfrei ist.
Nach wie vor gibt es auch nur eine recht bescheidene Auswahl an Empfangsgeräten, die im normalen Handel kaum erhältlich sind. Einstiegspreise von mindestens 150 bis 200 Euro sind auch nicht gerade zum Kauf einladend, wenn man bedenkt, dass es DVB-T-Receiver zum Teil schon für unter 50 Euro gibt.

MABB zieht Notbremse

Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) will nun auch die Notbremse ziehen und keine weiteren Gelder in die DAB-Technik mehr investieren. Allen Marketingkampagnen zum Trotz sei das System auf dem Markt bislang nicht angenommen worden. Die MABB fordert nun, die digitale Zukunft des Mediums Radio zumindest zu überdenken, um in gut zwei Jahren neu durchzustarten.
In verschiedenen Bundesländern sprangen inzwischen auch einige Programmanbieter ab, nachdem die staatlichen Förderungen für den digitalen Hörfunk eingestellt wurden. Gerade private Sendeanstalten sehen kaum einen Sinn darin, Gelder für einen Verbreitungsweg auszugeben, der fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet und somit auch keinen einzigen zusätzlichen Werbekunden bringt.
Hit Radio RPR Eins, Domradio und Radio in Trier in Rheinland-Pfalz, Klassik Digital Nord in Niedersachsen sowie Antenne und Landeswelle Thüringen sind nur einige Beispiele für Privatsender, die den DAB-Rundfunk inzwischen wieder verlassen haben. Andere Anbieter wie RTL Radio und Sky Radio in Hessen haben den Sendebetrieb erst gar nicht aufgenommen.
Mit dem Südwestrundfunk hat inzwischen auch eine erste öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt ihre DAB-Aktivitäten überdacht. Eine Reduzierung der verbreiteten Programme in Baden-Württemberg konnte gerade noch einmal verhindert werden. Dafür müssen die wenigen Hörer nun damit leben, dass der SWR seine Programme mir einer geringeren Datenrate und somit in schlechterer Klangqualität ausstrahlt. So werden Kosten eingespart, die an anderer Stelle benötigt werden, nachdem die Erhöhung der Rundfunkgebühren im kommenden Jahr nicht im von den ARD-Anstalten erhofften Umfang ausfällt.
Rettungsversuch in Hessen

Einen vielleicht letzten Versuch, doch noch für eine gewisse Attraktivität des digitalen terrestrischen Radios zu Sorgen, gab es vor wenigen Tagen in Hessen. Dort wurden mit dem Oldiesender harmony.fm und der Jugendwelle planet radio zwei Programme aufgeschaltet, die über UKW nur einige Städte versorgen, digital aber nun im ganzen Land zu hören sind.
Ob dieser Versuch zum Erfolg führt, ist freilich unwahrscheinlich, zumal die Sender ihre potenziellen Hörer nicht einmal über die neuen Empfangsmöglichkeiten informieren. Für Angebote, die man nicht kennt, kann man sich logischerweise nicht entscheiden.

Erfolg in Großbritannien

Ganz anders verläuft die Entwicklung in Sachen DAB in Großbritannien. Die BBC und die großen kommerziellen Programmveranstalter strahlen landesweit rund 20 Kanäle in digitaler Qualität aus. Dazu kommen in Städten und Ballungsgebieten nicht selten noch einmal so viele regionale Sender. Paradebeispiel ist London, wo es etwa 50 DAB-Programme gibt.
Dazu kommt, dass die Empfangsgeräte fast überall im Fachhandel zu Preisen von umgerechnet unter 100 Euro erhältlich sind. Kein Wunder also, dass auf der Insel inzwischen mehr DAB- als UKW-Radios verkauft werden und der digitale Rundfunk sich einer großen Beliebtheit erfreut.
In Großbritannien spricht niemand von einer möglichen Einstellung des Sendebetriebs, während in Deutschland die Stimmen der DAB-Kritiker, die ein baldiges Ende der Übertragungen fordern, immer lauter werden. Mit der Möglichkeit, Radioprogramme auch über DVB-T auszustrahlen, und dem DRM-System, über das wir bereits berichtet haben, hat DAB inzwischen auch zwei ernstzunehmende Konkurrenten. Welches System sich schlussendlich durchsetzen kann, wird die Zukunft zeigen. Dass der Gewinner in Deutschland DAB heißt, wird allerdings immer ungewisser.

Quelle: http://www.teltarif.de/arch/2004/kw50/s15648.html
RealHendrik
Inventar
#2 erstellt: 14. Dez 2004, 21:37
Mal ernstlich: Nachdem man in Deutschland schon mehrmals an der Nase herumgeführt wurde, warum soll man sich noch mit Begeisterung einer eher mäßigen Technik zuwenden?

DSR (Digital Satelliten Radio) wurde in den Achtzigern als [k]das[/k] Radio der Zukunft vorgestellt: 16 Programme volldigital, ohne Komprimierung (!!!), das Ganze in einem Bereich, der "nur" zwei Fernsehkanäle belegt. Mit der Option, noch weitere Programmblöcke schalten zu können...

...wurde 1998 abgeschaltet, weil sich "nur" 140.000 Leute für dieses System begeistern konnten. Außerdem brauchte man den DSR-Block für zwei TV-Kanäle (die übrigens bis heute absolut ungenutzt blieben!!)

Als Ersatz wurde das sowohl technisch als auch programmmäßig qualitativ schlechtere ADR (Astra Digital Radio) empfohlen, das aber für den DSR-Hörer beileibe keine Alternative bot. Davon spricht heute auch kein Mensch mehr.

Sollte es bei DAB anders sein? Ich glaube kaum. Nach dem DSR-Aus habe ich mich nicht mehr intensiv mit Digitalradio auseinandergesetzt. Der UKW-Rundfunk steht dem DAB klanglich nur wenig nach (im Ggs. zu DSR, das wirklich deutlich besser war!), und [k]ich[/k] warte - auch dank qualitativ sehr gutem Empfangsgerät - bis eine wirklich ernstzunehmende Alternative zu DSR bereitgestellt wird (oder - was mich am meisten freuen würde - DSR reaktiviert wird!) oder UKW gänzlich abgeschaltet wird.

Gruss,

Hendrik
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