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Königin Elisabeth Wettbewerb+A -A |
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Autor |
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Joachim49
Inventar |
#1 erstellt: 31. Mai 2009, 19:05 | |||
In Brüssel hat in den letzten 4 Wochen der renommierte 'Königin Elisabeth Wettbewerb' für Violine stattgefunden. Der Wettbewerb ist alternierend für Gesang, Geige, Klavier, Pause - so dass die Geiger alle 4 Jahre an der Reihe sind. In der ersten Woche gibt's eine Vorauswahl unter den ca 120 Kandidaten (die auf Basis einer eingesandten DVD zugelassen werden. In der zweiten Woche mussten die übriggebliebenen 24 eine Sonate, ein Pflichtwerk und ein Mozartkonzert spielen. Danach waren's nur noch 12. Die ziehen sich eine Woche in die 'Königliche Musikkapelle' am Südrand Brüssels zurück, in der sie ein für den Wettbewerb komponiertes Pflichtkonzert einstudieren, das erst zu diesem Zeitpunkt ausgewählt und bekanntgegeben wird. Daneben gehört noch eine Sonate und ein Konzert aus dem Repertoire zum Programm. Für das Orchester eine ganz schöne Quälerei. 12 x das Pflichtwerk proben, 5 verschiedene Konzerte proben, jeden Vormittag Proben mit den Kandidaten des folgenden Tages und Abends zwei abendfüllende Programme, so dass erst gegen 23u30 Feierabend ist. Die beiden belgischen Klassikzsender übertragen ab dem Halbfinale lückenlos 'live', das Fernsehen die Finalwoche live via 'Arte Belgien'und die beiden Fernsehsender (niederländisch und Französisch) übertragen alles zeitversetzt ab ca. 22u30. Es war eine harte Woche, auch für mich. Jeden Abend 6 x 3 Stunden, manchmal bis 1 Uhr nachts, am Radio oder vor dem Fernseher. Heute morgen, gegen 1 Uhr, war es endlich so weit und hat die Jury die Ergebnisse bekanntgegeben. Nr 1 - der in Taiwan geborenen Australier Ray CHEN Er wird ein Lang Lang des Violinspiels. Jedenfalls kommentiert er jede Passage mit seinen Gesichtzügen, die mal strahlen, sich in Moll-Passagen eintrüben, mal draufgängerisch, mal verschmitzt den Augenkontakt zum Dirigenten (Gilbert Varga) suchen. Jedenfalls scheint ihm das Violinspiel, selbst unter den extrem stressierenden Bedingungen eines hochrangigen internationalen Wettbewerbs, viel Spass zu machen. Da sich sein Showtalent mit geigerischer Perfektion (die nie kalt wirkt) verbindet, hat er sowohl Jury als auch Publikum überzeugt. (Er spielte im Finale die Violinsonate Cesar Francks, das 15-minütige Pflichtwerk einer koreanischen Komponistin (!) und zum Abschluss den Tschaikowsky. Obwohl ein erster Preis in Brüssel keine Garantie ist, von ihm wird man noch hören. Nr. 2 - Lorenzo Gatto. Mit dem Sohn italienischer Einwanderer hat es endlich einmal wieder ein Belgier geschafft in der Spitzengruppe zu landen. Er studiert in Wien und überzeugte mit Paganinis 1. Violinkonzert. Nr. 3 - Ilian Garet. Von vielen als Favorit gehandelt, hat der stets von seiner Mutter begleitete (auch am Klavier) Moldawier mit Brahms (Sonate) und Schostakowitsch 1 überzeugt. Auf Platz 4 mein persönlicher Favorit. Niemand hat mit ihr auf Platz 4 gerechnet, da sie durch einen hässlichen Patzer in Beethovens Violinkonzert chancenlos schien. Ohne den Ausrutscher wäre sie vielleicht ganz oben gelandet: Suyoen KIM, eine in Deutschland gebürtige und lebende Koreanerin, die in Detmold/Münster studierte, und im Moment ein Stipendium in München hat (bei A. Chumarenko). Die Tempi ihres Beethoven haben mir überhaupt nicht gefallen - aber überzeugt hat sie mich trotzdem. Ihr Spiel hatte etwas was ich 'Seele' nennen würde und sie hat im Beethovenkonzert den schönsten, vollen, warmen und leuchtenden Ton hervorgezaubert, den ich seit langem gehört habe. Geholfen hat ihr dabei eine - auch von ihr - heissgeliebte Camillus Camilli, die 1742 in Mantua gebaut wurde. Nr5 - der in Brüssel studierende Nikita Borisoglebsky aus Russland. Beim Tschaikowskywettbewerb in Moskau nur die nr 2. Irgendein Kommentator meinte, man habe in Moskau einer Japanerin den Vorzug gegeben, da Toyota ein Sponsor des Wettbewerbs ist. Aber auch in Brüssel hat's nicht ganz gereicht. Nr. 6 - Soyoung Yoon (Korea) - aber auch Kölnerin. Sie hat in Brüssel zum ersten Mal in ihrem Leben ein lebendes Pferd gesehen. Die "Musikkapelle Königin Elisabeth" am Südrand Brüssels liegt in einer hügelig grünen Landschaft mit Pferdeweiden. Hier wohnen und üben die 12 Finalisten die letzten 2 Wochen des Wettbewerbs (Zum Reglement gehört, dass sie das Gelände nicht verlassen dürfen und keine Kontakte zur 'Aussenwelt' haben dürfen). Unter den 12 Finalisten waren 7 Asiaten, keine Deutschen, aber so manche, die ihre Ausbildung in Deutschland erhalten haben. Weitaus am häufigsten (ausser dem Pflichtwerk) wurde das Tschaikowskykonzert gespielt, 2 oder 3 mal Brahms, 2 mal Schostakowitsch, 1x Beethoven und sogar Elgar (der auf Wettbewerben recht selten zu hören ist). Obwohl die Woche spannend und oft genussreich war, habe ich doch meine Zweifel an dieser Art des Wettbewerbs. Freundliche Grüsse (aus Belgien) Joachim |
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Moritz_H.
Stammgast |
#2 erstellt: 01. Jun 2009, 08:11 | |||
Hallo Joachim, vielen Dank für die ausführliche Berichterstattung vom Wettbewerb „Königin Elisabeth“. Habe ich mit Interesse gelesen; und die Namen der oben rangierenden Geiger werde ich bestimmt mit Interesse weiter verfolgen. Zu der Geigerin No 4 meine Frage: War ihr Spiel noch hervorragender als z.B. Patkop's Aufnahme mit op 61? Du schreibst nämlich:
So hat sich für Dich diese harte Woche bestimmt gelohnt! |
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Joachim49
Inventar |
#3 erstellt: 01. Jun 2009, 11:43 | |||
Hallo Moritz, ich bin der Meinung, dass die tempi im Beethovenkonzert in der Regel zu breit genommen werden (ausser im Schlusssatz natürlich), die Besetzung zu gross ist, der Interpretationsstil zu 'romantisierend', etc. Es gibt nur wenige Geiger, die hier deutlich abweichen, u.a. Patkop. in dem Radiomitschnitt den ich kenne (aus Tours (F) 2007, spielt ein schlankes Orchester mit zügigen Tempi, und besticht Patkop durch phantasievolle Phrasierung, selbst in den Begleitfiguren, durch die Wahl der von beethoven selbst komponierten Alternativen (die sehr überraschend wirken, wenn man das Stück gut kennt), durch die von Schneiderhahn transkribierte Kadenz der Klavierfassung. Das ist, vor allem im ersten Satz, ungeheuer aufregend weil immer wieder etwas passiert, das man nicht erwartet - ohne dass es je 'künstlich' klingt. Nach meinen Informationen wurde das Beethovenkonzert mit ihr und dem Orchster 'Champs Elysee' unter Leitung von Philippe Herreweghe im Oktober in Metz aufgenommen. Aber es ist noch nicht erschienen (ich nehme an bei harmonia mundi France). Suyoen Kims Spiel dagegen ist konventionell, aber unter den konventionelle Versionen besticht ihr Spiel durch eine unglaublich verführerische Tonschönheit: ein, so scheint mir, warmer blühender Ton, wie ich ihn seit der Francescatti-B. Walter Aufnahme nicht mehr gehört habe. Das ist ein eher persönlicher Eindruck. Die Kommentatoren, die im Radio und Fernsehen ihre Einschätzung geben waren wenig positiv. Sie meinten, dass die Solistin durch ihren schrecklichen Patzer (statt eine Spitzentons kam irgendeine hässliche tiefe Dissonanz) aus dem Gleichgewicht geraten sei, durch Unsauberkeit des Spiels negativ auffiel und erst im Schlussatz wieder zu sich fand. Es war dann auch für jeden überraschend, dass sie in der ersten Hâlfte gelandet war.Orchestermitglieder berichteten, dass die Probe von einer Vollkommenheit und Schönheit des Spiels war, wie sie es nie bei diesen Wettbewerben erlebt hätten - und sie sei die Favoritin des ganzen Orchesters gewesen (bis man durch den Patzer in der Aufführung die Hoffnung aufgegeben habe.) Suyoen Kim hatte das Beethovenkonzert seit Dezember für den Concours eingeübt, es gehörte noch nicht zu ihrem Repertoire. Als Geigerin hat sie - wie man auf ihrer website sieht - regional zahlreiche Auftrittsmöglichleiten, hauptsächlich in Nordrheinwestfalen. Auf CD hat sie u.a. die Violinkonzerte von Joseph Joachim eingespielt (Naxos) und die Trauermusik von Hartmann. Ich gehe mal auf die Suche ob es einen aktiven podcast ihres Spiels in Brüssel gibt. Ich schicke den link dann in einer anderen mail. mit freundlichen Grüssen Joachim |
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Joachim49
Inventar |
#4 erstellt: 01. Jun 2009, 12:15 | |||
http://podcasting.rtbf.be/previsu/index.htm?th=&key=cmireb www.suyoenkim.com Hier zwei links zu Suyoen KIM Der untere link ist ihre persönliche website. Auf dem oberen link kann man alle Darbietungen des Königin Elisabeth Wettbewerbs hören. Ihr Finalkonzert am 29 Mai (der 11. link von oben) mit der Violinsonate von Debussy, dem Pflichtkonzert und dem Beethovenkonzert (mit dem Patzer nach ca 9 Minuten). Man muss allerdings, glaube ich, das ganze Konzert und die französischsprachigen Kommentare der Fachleute hören, da es keinen 'schnellen Vorlauf' gibt. Man kann auch die beiden anderen Konzerte von S. Kim hören, das Sonatenprogramm und ein Mozartkonzert (am 12. und 15. Mai). Der 9. link von oben ist ein kurzes Portrait (Deutsch gesprochen - nach meinem Eindruck sogar etwas Hessisch). Um die Sachen in der riesigen Liste zu finden, orientiert man sich am besten an den Daten, die rückwärts wiedergegeben sind (2009-5-12). Joachim |
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Moritz_H.
Stammgast |
#5 erstellt: 01. Jun 2009, 13:24 | |||
@ Joachim: Vielen Dank für die Links, die schnelle Rückantwort ... Das Violinkonzert von Joachim finde ich im Moment nicht. Werde mich gerne mit den Links aus Brüssel befassen. Nur der Garten darf jetzt nicht vernachlässigt werden ... |
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AladdinWunderlampe
Stammgast |
#6 erstellt: 01. Jun 2009, 13:41 | |||
Hallo Joachim, den Königin Elisabeth Wettbewerb habe ich früher als Jugendlicher mehrfach mit Spannung im Radio verfolgt - dann aber irgendwann aus den Augen verloren. Schön zu hören, dass er anscheinend auch heute noch so aufregend ist wie früher...
Kannst Du uns etwas über die Komponistin und das Pflichtstück verraten? Auf der Website des Wettbewerbs Königin Elisabeth Wettbewerb 2009 finde ich nämlich nur ein Pflichtwerk des belgischen Komponisten Claude Ledoux erwähnt. Hat sich da etwas im Programm geändert? Oder gab es in den einzelnen Runden verschiedene Pflichtstücke? Und wurden die betreffenden Werke - von Seiten der Komponisten wie der Interpreten - wie Pflichtübungen behandelt oder gab es hier Lohnenswertes zu entdecken? Herzliche Grüße Aladdin |
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Joachim49
Inventar |
#7 erstellt: 01. Jun 2009, 14:16 | |||
Hallo Aladin, In der Finalrunde gibt es ein neues Pflichtkonzert (also mit Orchester). Das Werk, das über einen Wettbewerb für Komponisten ausgewählt wird, wird erst eine Woche vor der Finalrunde bekanntgegeben (wahrscheinlich um zu verhindern, dass die Finalisten es schon vorher kennenlernen). Es ist ein Werk einer koreranischen Komponistin - Eun Wa Cho. Ein kleines Portrait der Komponistin findet man hier: http://www.cmireb.be/fr/i/937-Eun-Hwa_CHO.html Wer will kann es sich gleich 16 mal anhören und die Interpretationen vergleichen. Siehe den link in meiner mail oben. Das Werk erfordert eine eindrucksvolle Anwesenheit von 3 "Schlagzeugern" die u.a. auch handelübliches Schmirgelpapier aneinanderreiben. Von der Möglichkeit auf einer Violine kantabel zu spielen macht es sehr wenig Gebrauch. Im Gegensatz zu Dir bin ich kein Kenner der Gegenwartsmusik und kann das Werk darum nicht so recht einordnen. Ich habe es mir ehrlich gestanden nicht 16 mal angehört. über die website des concours (cmireb) gibt es auch videos der Finalrunde (video on demand - gratis) aber bei mir kommt kein Ton. Freundliche Grüsse Joachim |
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Joachim49
Inventar |
#8 erstellt: 01. Jun 2009, 15:52 | |||
http://video.cmireb.be/vod# Hier kann man bis zum 15. September alle Teilnehmer am Finale und Halbfinale sehen und hören. Durch den 'Schieber' kann man auch wählerisch sein und 'vor' oder 'zurücklaufen'. Joachim |
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Moritz_H.
Stammgast |
#9 erstellt: 05. Sep 2009, 17:04 | |||
Endlich gefunden: Für Ende Oktober angekündigt:
Dieser Einschätzung stimme ich gerne voll und ganz zu – wenn ich anstelle „den schönsten“ „einen sehr schönen“ einsetzen darf … und das macht neugierig auf die weiteren Veröffentlichungen dieser Geigerin … |
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Joachim49
Inventar |
#10 erstellt: 05. Sep 2009, 18:34 | |||
Hallo Moritz H, schön, dass du das herausgefunden hast. Ich war auch schon, vergeblich, auf der Suche, da ich nicht wusste, dass die Aufnahme noch gar nicht erschienen war. Das Joachim Konzert wurde vor einiger Zeit auch von Tetzlaff eingespielt, sinnvollerweise gekoppelt mit dem Brahmskonzert. Ich werde die Aufnahme sicher kaufen, dann können wir den Austausch unserer Eindrücke fortsetzen. Was das "schön/schönsten" betrifft, brauchen wir natürlich nicht zu streiten, da ich geschrieben habe, "den schönsten, ....den ich seit langem gehört habe". Wer weiss, was ich alles so gehört habe. Hoffentlich hören wir noch viel von ihr. mit freundlichen grüssen Joachim |
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