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Der Wille des Komponisten -Partiturtreue und andere Moden+A -A |
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Autor |
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Alfred_Schmidt
Hat sich gelöscht |
16:50
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#1
erstellt: 24. Mrz 2004, |
Hallo, Wieder mal ein Thema, das eigentlich von Euch kommt. Der letzte Verlauf des Jochum-Threads hat mich auf die Idee gebracht das Thema "Wille des Komponisten", das ja über die Partiturtreue weit hinausgeht, näher zu besprechen. Mit "Wille des Komponisten über die Partiturtreue hinaus" meine ich Dinge, die wir über einen Komponisten wissen,wie zum Beispiel, daß Beethoven mit den zeitgenössischen Klavieren sehr unzufrieden war, und er immer nach noch mächtigeren, lauteren, und fülligeren Instrumenten gesucht hat. Man kann also ziemlich sicher sein, daß der moderne Konzertflügel von heute, in etwa das war, was Beethoven angestrebt hätte. Andrerseits wissen wir durch zahlreiche überlieferte Klaviereinspielungen von Komponisten der Jahrhunderwende auf Welte-Mignon-Klavierrollen, daß sich viele im Eifer des Vortrags nicht mehr an ihre eigenen Tempo- und Dynamikvorschriften hielten. Nun gibt es die Frage: Inwieweit ist die Original-Partitur für den Interpreten verbindlich ? Und weiters: Was ist üblicherweise in ihr "nicht" festgelegt ?? Im Laufe der letzten Jahrhunderte, und das soll betont werden, war der Umgang mit "Originaltreue" ein eher pragmatischer, was zählte, war das Ergebnis. Zur Zeit werden oft ältere Tonaufnahmen auf ihre "Partiturtreue" geprüft und danach beurteilt, und dabei vergessen daß diese Tugend, nicht immer als solche gesehen wurde."Verzierungen" wurden von führenden Interpreten geradezu verlangt. Heutige sind zumeist nicht einmal in der Lage, eigene Kadenzen in Konzerten zu spielen, sie greifen meist auf älteres zurück. Um zu zeigen wie relativ dies alles ist, möchte ich darauf hinweisen, daß heute ganze Opern, obwohl über oft 100-200 Jahre alt, komplett "uminszeniert" werden, ohne daß ein genereller "Aufschrei" stattfindet. Wie solche Werksvergewaltungen in künftigen Zeiten beurteilt werden kann man nur erahnen...... Eure Meinung ist gewünscht Gruß aus Wien Alfred |
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op111
Moderator |
18:58
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#2
erstellt: 24. Mrz 2004, |
Hallo Alfred, Partiturtreue ist mir sehr wichtig. Ausnahmen bestehen da wo die Partitur nur partiell existiert, wie bei alter Musik, oder möglicherweise zweifelhaft ist. Vor einiger Zeit habe ich mal einige ältere Probenmitschnitte von Karl Böhm gehört, in denen er Orchestermusikern Korrekturen zum gedruckten Material diktierte, weil dieses seiner Meinung nach logisch begründete Fehler aufwies (ich glaube es handelte sich um Mozart Haffner Sinf. und Bruckner 7.). In beiden Fällen wurden alle Korrekturen später durch kritische Ausgaben bestätigt. Da wäre pure Notentreue fehl am Platz gewesen. Andererseits muß das nicht in der Partur stehende aus dem Stil der Epoche und anders dokumentierten Quellen erschlossen werden. Strawinsky im Brahmsstil funktioniert selten. Ebenso abstrus Brahms rubatolos mit Terassendynamik wie im Barock. Der gezielte und gekonnte Verstoß gegen die Partiturtreue kann aber ungemein spannend sein: Stokowski mit seinen eigenwilligen Beinahebearbeitungen Mengelberg mit div. Bach, Schuberts 9, Tschaikowskys 6. oder Mahlers 4. Furtwängler: Bruckner 9., Schubert 9. Bernstein: Tschaikowsky 6. DG Arthur Schnabel Glenn Gould nenne ich mal stellvertretend. So schräg neben der Partitur etwas von der Spannung der Musik zu vermitteln, erfordert allerdings auch äußerstes können und Originalität. Aber auch Partiturtreue kann spannend sein: Arturo Toscanini George Szell Pierre Boulez Georg Solti Carlos Kleiber Alfred Brendel Claudio Arrau u.a. Gruß Franz [Beitrag von op111 am 24. Mrz 2004, 18:59 bearbeitet] |
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ruhri
Stammgast |
23:37
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#3
erstellt: 24. Mrz 2004, |
Ich kann die Diskussionen über Partiturtreue usw. nicht nachvollziehen. Meinetwegen können die Künstler spielen was sie wollen, Hauptsache es gefällt mir. Partiturtreue ist für mich höchstens von historischem Interesse. Partiturtreue ist wahrscheinlich nur für solche Menschen wichtig, die selbst Partituren lesen können und sich für deren Reinerhaltung einsetzen, weil es das Ego befriedigt, wenn man alles nachvollziehen kann bzw. besser weiß (Wenn jeder spielen würde, was er wollte, wo kämen wir da denn hin?). So ähnlich wie beim Verein zur Reinerhaltung der deutschen Sprache. Von so einer Einmottung von Kultur halte ich nicht viel. Grüße Ruhri |
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Hilda
Stammgast |
02:29
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#4
erstellt: 25. Mrz 2004, |
@ruhri ich fürchte Dein Vergleich hinkt ganz gewaltig ![]() Die Partitur eines Musikstückes ist nunmal die Quelle, die dem Interpreten eine Richtschnur zur Interpretation gibt. Ich betone Richtschnur, weil ich nicht glaube, daß aus Treue zur Partitur nur eine einzige gültige Interpretationsvarainte ensteht - zu vielfältig sind trotz Partitur noch die Variablen. Wenn man die Partitur ignoriert haben wir völlige Beliebigkeit - dann können wirs IMHO gleich lassen und was anderes spielen bzw, selbst was komponieren... Würde man Deine Analogie zu Ende denken, müsste man wohl auch die Noten ändern - so nach dem Motto: heutztage spielt man kein F-Dur mehr... Oder - nachdem Du die deutsche Sprache ansprichst - sollen wir Goethes Faust mit einem neuen Text unterlegen, oder ist das Interessante nicht die unterschiedliche szenische Deutung bei gleichbleibendem Text? Gruss Klaus |
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