Wie Wasserfall interpretieren?

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thomas_hb
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 10. Nov 2009, 19:21
Hallo,
ich habe vor kurzem einige Messungen meiner Anlage im Raum durchgeführt, mit dem Ziel, relativ ausgeprägte Raummoden durch den Einsatz eines parametrischen Equilizers etwas zu "entschärfen". Zu der Problematik habe ich auch schon einiges hier im Forum gelesen und gelernt. Ich habe daher die Moden auch nicht vollständig "glattgebügelt", aber subjektiv wirklich eine tolle Verbesserung erreicht. Der Klang ist im Bass jetzt voll, aber trotzdem staff und lästiges Dröhnen ist fast weg (ok, Messtechnisch wohl etwas viel Bass, aber da ich meist recht leise höre, klingts gut ). Die Messung wurde im "Sub"-Modus von Carma gemacht, zeigt also die Summenkurve beider Fronts+Sub. Übergang zum Sub ist gemessen bei etwas unter 70Hz.

Der Frequenzganz sieht nun so aus:
http://img5.imageshack.us/img5/6630/carmafreqsumme.jpg

Bei der Messung ist auch ein Waterfall-Diagramm abgefallen, dieses sieht so aus:
http://img687.imageshack.us/img687/4402/carmawfsumme.jpg

Was mir auffällt ist, dass die Zeit bis zum Abklingen deutlich länger wird bei Frequenzen unter 100Hz.

Kann mir jemand Hilfestellung geben, wie die Waterfallkurve zu interpretieren ist? Ist dieses lange Abklingen im Bass "normal", oder dramatisch schlecht, kann man da ggf. was dran machen, und was sagt mir das Diagramm evtl. noch? Bin etwas ratlos

Vielen Dank vorab für alle Tipps und Ratschläge!
speed-of-sound
Stammgast
#2 erstellt: 10. Nov 2009, 21:31
Im unterem Frequenzbereich sind die Raumresonanzen maßgeblich, im oberen Frequenzbereich die Reflexionen.

Wenn die Relexionen einigermaßen bedämpft sind kann das Wasserfalldiagramm schon so aussehen. Die Raumresonanzen hast Du ja nicht kompensiert.

Zudem mehmen es die Mikrofone bei sehr tiefen und hohen Frequenzen nicht sehr genau.

Im Frequenzgang kann man eine ~70Hz Erhöhung sehen, die Decke ist wohl ~2,50 hoch?

Was kann man machen?

Einer der grundlegen Parameter des Raumes sind seine Abmessungen, und leider sind es diese, die man ja in der Regel nicht ändern kann.

Die Abmaße (Volumen), das Verhältnis der Breite-Länge-Höhe beeinflussen das Tieftonverhalten. Das Mittelton-Hochton-Verhalten wird hingegen durch die Oberflächen (Reflexionen) bestimmt.

Wo (bei welcher Frequenz) das eine oder andere Theorem dominiert hängt vom Nachhall im Raum , sowie seiner Größe und der Richtungswirkung der Lautsprecher ab. In Normalen Wohnzimmern dürfte dieser etwa bei 300-500Hz liegen. Bei mehr Nachhall oder geringerer Richtwirkung der Lautsprecher eher am tieferen Bereich.

TIEFTON
Im Tieftonverhalten ist, wie schon geschrieben, ein Parameter das Breite-Länge-Höhe-Verhaltnis. Es gibt hier recht ideale (z.B. 1 zu 1,28 zu 1,54 oder 1 zu 1,5 zu 2,5 ..... und so einige andere). Im Tiefton bilden sich Resonanzen, zwischen zwei Wänden (Axial), zwischen allen vier Wänden (Tangential), oder haben ganz andere Formen (Oblique). Die Axialen Resonanzen sind in der Wirkung am stärksten. Bei idealen Verhälnissen von Höhe-Breite-Länge sind die Resonanzfrequenzen gleichverteilt.

Ist das Verhältnis nicht ideal bilden sich Frequenzen aus, bei denen der Bass in der Amplitute (Lautstärke) mehr beeinflußt werden als bei anderen Frequenzen. Resultat ist ein unausgeglichender Bassklang (-pegel)

Gegenmaßnahmen:
- Einziehen einer Wand um ein besseres Verhältnis zu haben (bei kleinen Räumen meißt nicht praktikabel)
- Bassfallen, die Energie bei den Problemfrequenzen herausnehmen. Beispiele von möglichen Aufbauten schwirren hier im Forum umher.

MITTEL-HOCHTON
Hier sind die Oberfächen in erster Linie relevant. Diese bestimmen den Nachhall des Raumes (Suchbegriff: RT60). Dieser sollte gemessen werden, da heraushören oder berechnen schwierig und ungenau ist. Der Nachhall kann dann gezielt durch Absorber und Diffusoren optimiert werden. Es gibt einen Referenzbereich, in dem der Nachhall (abgebildet über die Frequenzen) für ein angenehmes Hörgefühl bewegen sollte. Zu diesem Referenzbereich sollte der Raum optimiert werden.

Gute Positionen für Absober kann man mittels eines Spiegels ermitteln. An der Stelle an der Wand, an dem der Spiegel sein muss, um vom Hörplatz den Lautsprecher im Spiegel zu sehen. Hier tritt die erste Reflexion auf. Wird diese absorbiert, wird es für das menschliche Ohr leichter Direktschall von Reflexionen zu unterscheiden (da die anderen Reflexionen länger brauchen) und die Ortbarkeit in der Musik nimmt zu, der Hifiloge wird sagen: "Die Bühne baut sich auf".
thomas_hb
Ist häufiger hier
#3 erstellt: 10. Nov 2009, 22:55
Danke für die ausführliche Antwort wieder was gelernt.

Wenn ich es richtig interpretiert habe, sind also die Reflexionen schon einigermaßen bedämpft, und die langen Nachhallzeiten (ist das das richtige Wort?) unter 100Hz kommen von gut ausgeprägten Resonanzen. Da der Raum eine recht ungleichmäßige Form hat, ist es schwierig zu sagen, wo sich Raummoden ausbilden. Fakt ist, dass sich bei 30Hz und 70Hz (richtig, Raumhöhe etwa 2,5m) eine relativ starke Überhöhung ausbildet, und bei 50Hz ein Senke, und dann noch eine relativ breitbandige Senke zwischen 80 und 140Hz, die ich mir nicht richtig erklären kann...
Und dann noch eine recht schmalbandige Überhöhung bei etwa 300...350Hz, für die ich auch keine Erklärung habe... Kann das vom Abstand der Mess- bzw. Hörposition zur Rückwand (etwa 50...60cm) kommen?

Erstaunlich fand ich den relativ großen Unterschied bzw. "Sprung" im Wasserfalldiagramm bei etwa 100Hz. Darüber scheint es ja recht schnell abzukingen, während es unter 100Hz ja in dem Diagramm ewig lang aussieht. Subjektiv klingt es in meinen Ohren aber nicht schwammig oder so.

Ich habe mir gerade nochmal die Messungen der Fronts und Sub einzeln angeschaut, da sieht es dann so aus:

Fronts:
http://img69.imageshack.us/img69/8648/carmawffronts.jpg

Sub:
http://img9.imageshack.us/img9/6484/carmawfsub.jpg

Da sieht man eindeutig, dass vor allem beim Sub lange Abklingzeiten vorhanden sind. Die Fronts sind allerdings auch bei 80Hz getrennt und übertragen somit nicht viel Tiefbass... Vielleicht sollte ich diese nochmal mit vollem Spektrum messen.

PS: Das Mikro ist sicher nicht besonders genau, aber zwischen 30Hz und 10kHz sieht der Frequenzgang eigentlich besser aus, als ich erwartet hatte Der Einfluss auf den Wasserfall sollte so groß nicht sein, oder?

Gruß, Thomas
tcherbla
Inventar
#4 erstellt: 11. Nov 2009, 16:55
Hallo Thomas,

Da sieht man eindeutig, dass vor allem beim Sub lange Abklingzeiten vorhanden sind.

Wo viel in den Raum reingepumpt wird,... wo soll die Energie denn so schnell hin
Speed of sound sprach ja schon die RT60-Messung an und sprach auch von einem Referenzbereich in dem man sich bewegen soll.
Die Grundeinstellung bei CARMA ist auf -40db eingestellt.Für eine RT60 Messung muss Du die Einstellung auf -60db bringen.Dann sieht der Wasserfall noch grausamer aus Den Referenzbereich kann Du auf der Seite von FastAudio entnehmen.Im Onlinerechner kannst Du die Gegebenheiten Deines Raumes eingeben.Deine Nachhallzeiten sind allerdings noch jenseits von Gut und Böse.Es sei denn Du hast keinen Hörraum,sondern eine kleine Halle
Dein Basspegel ist tatsächlich noch etwas zu hoch.Aber das kann man ja am Pegelsteller des Sub`S korrigieren .Der Basspegel wird natürlich auch durch die Hörplatzposition begünstigt.
Du hast ein einfaches Pegelmessgerät? Für Deine 70Hz-Mode bewege das Gerät mal etwas nach oben bis auf 1,25m.Wenn sie durch die Raumhöhe verursacht wird fällt der Pegel deutlich.
Wie weit sind die Hauptlautsprecher von der Rückwand entfernt? Dein Loch bei 80bis 140Hz kann durch Auslöschungen der Rückwand(hinter den LS)hervorgerufen werden.Irgendwo find ich auch noch die Formel dafür Schließlich strahlt der LS im Bass ja auch nach hinten).

Gruß

Peter
thomas_hb
Ist häufiger hier
#5 erstellt: 11. Nov 2009, 21:44
Ja, erstmal danke.

habe mir das bei Fast Audio mal angeschaut, die dort empfohlene Obergrenze liegt bei ca. 0,55s bei >250Hz. Da liege ich wohl drüber, allerdings gar nicht sooo viel... di Darstellung in Carma auf 60dB umzustellen habe ich auf die schnelle nicht hinbekommen, aber über den breiten Daumen sind es bei 30dB etwa 0,3s, wenn es also halbwegs linear verläuft, sind es bei 60dB so 0,6s. Da helfen wohl nur Absorber...
Und im Bassbereich ist es wohl wirklich jenseits von gut und böse Was da helfen soll...

Ich werde bei Gelegenheit nochmal ein paar Messungen machen und den Sub etwas runterdrehen und auch etwas mit der Messposition experimentieren. Mal sehen, was sich da noch tut. Das mit der Senke zwischen 80 und 140Hz könnte wirklich an den Reflektionen hinter den Boxen kommen, Abstand ist etwa 60cm (ja, ich weiß, mehr wäre besser... geht aber im Moment nicht, da mein Kleiner mit 1 1/2 so schon immer um die Boxen rennt, dass mit Angst und Bange wird, da kann ich sie nicht mitten in den raum stellen )

Wenn man sich da etwas einliest und ein paar Artikel zu Absorbern usw. liest, wird einem eigentlich erst klar, welches Potential man verschenkt, wenn man seine Boxen "einfach" in einen gegebenen Raum stellt...

Gruß, Thomas
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