Phon- und dB-Skala

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Mylohyoideus
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 27. Jun 2014, 17:07
Hallo zusammen,

zunächst einmal bin ich mir nicht sicher, ob ich mit meinem Anliegen in diesem Unterforum hier richtig bin.
Dennoch möchte ich es einmal versuchen.

Und zwar bin ich im Rahmen meines Zahnmedizin-Studiums, in dem ich unter anderem auch Physiologie besuchen muss, auf etwas gestoßen, dass für mich einen Widerspruch darstellt.
Ich werde im folgenden nun versuchen, es in meine Worte zu fassen.

Und zwar geht es um die physikalischen Größen Schall(druck)pegel und Phon.

physikalische und physiologische Grundlagen:

Der Schalldruckpegel (Einheit dB SPL) ist ja per Definition die logarithmische Skalierung des Schalldrucks, also der Kraft, die von Schallwellen auf einen Fläche ausgeübt wird.

Jedoch weist das menschliche Ohr eine frequenzabhängige Empfindlichkeit der empfundenen Lautstärke auf. Diese subjektiv empundene Lautstärke wird in einer neuen Einheit, dem Lautstärkepegel (Einheit Phon) festgehalten. Jeder Punkt auf den Isophonen-Linien wird gleich laut wahrgenommen, wobei per Definition der Wert des Lautstärkepegels (die Isophonlinie) dem Schalldruckpegel bei 1kHz entspricht
--> grüne Linie

Isophone
Das bedeutet, dass zum Beispiel jeder Punkt auf der 80-Phon Linie so laut empfunden wird, wie ein 1kHz-Ton mit einem Schalldruckpegel von 80dB. Gleiches gilt natürlich für die anderen Isophone.
Ferner entspricht eine Steigerung um 10 Phon eine Verdopplung der subjektiven Lautstärke.

Folgerung:
Bleiben wir bei der 80-Phon-Linie. So sind zum Beispiel zur Erzeugung eines 4kHz-Tons nur eine Schalldruckpegel von rund 70dB-SPL nötig, für rund 25Hz jedoch 110dB.

Im Umkehrschluss betrachten wir nun einen perfekt linearen Lautsprcher der zum Beispiel einen Schalldruckpegel von 80dB SPL über den gesamten Frequenzbereich von 20-20000Hz erzeugt --> rote Linie
Nun schneidet die 80dB-Linie ja einige Isophone, darunter die 20Phon-Kurve bei 20 HZ (Minimum) und die 90-Phon Kurve bei ca. 4000Hz.
Also haben wir hier bei der subjektiven Lautstärke eine Differenz von 70Phon, was bedeutet, dass der Ton bei 4000Hz um den Faktor 128 (!!!!!) lauter empfunden wird, als der Ton bei 20Hz.

Und genau DAS ist es, was ich mir einfach vorstellen kann. Halbwegs lineare Lautsprecher hören sich doch auch halbwegs linear an und nicht so unterschiedlich laut bei unterschiedlichen Frequenzen.

Könnt ihr mir da weiterhelfen? Wo ist der Fehler??? Müsste zum Beispiel der Frequenzgang bei Lautsprechern in einem Phon-Frequenz-Diagramm und nicht in einem Schalldruckpegel-Frequenz-Diagramm aufgezeichnet werden?

Grundlage meiner Schilderungen ist übrigens "Physiologie" von Speckmann, Hescheler und Köhling in der aktuellen (6ten) Auflage vom Urban&Fischer/Elsevier-Verlag.

Liebe Grüße und vielen Dank
Buschel
Inventar
#2 erstellt: 27. Jun 2014, 17:51
Hallo,


Mylohyoideus (Beitrag #1) schrieb:
Könnt ihr mir da weiterhelfen? Wo ist der Fehler???


Dein Denkfehler liegt darin, dass du den Frequenzgang eines Lautsprechers mit dem menschlichen Lautstärkeempfinden vermischt. Das menschliche Hörempfinden gilt ja auch in der natürlichen Umwelt -- also in der Umgebung, in der Schall von "echten" Schallquellen zu unserem Gehör gelangt. Ein Wiedergabesystem sollte einen solches Schallereignis bei gleicher Lautstärke so linear wie nur möglich reproduzieren. Dann kommt am Gehör wieder das an, was in einer natürlichen Umgebung auch ankommen würde.

Aber: Wird das Geräusch einer echten Schallquelle über ein Wiedergabesystem zu leise oder zu laut wiedergegeben, müsste der Frequenzgang entsprechend angepasst werden, um zu gleichen Höreindruck bzgl. Klangfarbe zu kommen. Dazu dient die Loudness-Funktion. Diese hebt z.B. bei zu leiser Wiedergabe den Bassbereich an.

Gruß,
Andree
Mylohyoideus
Ist häufiger hier
#3 erstellt: 27. Jun 2014, 18:41
Danke für deine Antwort.
So ganz komme ich mit deiner Argumentation aber leider nicht mit.
Ich möchte nochmal ein anderes Beispiel wählen:
Ich habe 2 natürliche Schallquellen, einmal ein schreiendes Baby (ca.3500kHz) und einmal eine Männerstimme (ca.125Hz). Beide Schallquellen werden von mir als gleich laut empfunden, zum Beispiel 80 Phon.

Jetzt lese ich im Diagramm ab, dass dass Babygeschrei einen Schalldruckpegel von 70dB hat und die Männerstimme entsprechend 83dB.

Lasse ich die gleichen Laute nun über mein lineares Wiedergabegerät beides Mal mit 80dB laufen, so kann ich ja wieder im Diagramm den subjektiv empfundenen Lautstärkepegel ablesen.
Babygeschrei mit 80dB (bei 3,5kHz) entspricht rund 90Phon
die Männerstimme mit 80dB jedoch nur ca.83Phon
Dementsprechend würde doch das Babygeschrei immer noch fast doppelt so laut im vergleich zu der natürlichen Schallquelle wiedergegeben werden.
So geht es zumindest aus der Isophonenkurve heraus

Ich hoffe ihr könnt meinen Gedankengang einigermaßen nachvollziehen?!

Ein Stück weiter hinten im Skript habe ich nun von sogenannten Frequenzbewertungen nach ISO-Normen gelesen, so dass beispielsweise bei einer A-Frequenzbewertung eine Umkehrung der Isophonen-Linie mit gleichzeitiger Beibehaltung der dB-Skala durchgeführt wird. Resultat ist dann eine Linearisierung der Isophonen-Linien, bei der nicht mehr das normale deziBel die Einheit ist, sondern das A-weighted sound pressure level entsprechend in dB(A) bzw. SPL (A) angegeben wird.
Wird der Frequenzmessung bzw. den Frequenzdiagrammen bei Lautsprechern etwa eine Frequenzbewertung zugrunde gelegt? Also nicht der absolute Schalldruckpegel wie im Isophonendiagramm abzulesen, sondern der Schalldruckpegel mit einem A-Bewertung / einem A-Frequenzfilter, der die frequenzabhängige Empfindlichkeit des menschlichen Gehörs nachempfindet? In diesem Falle müsste der Schalldruckpegel mit A-Bewertung ja in dB(A) bzw. in dB SPL(A) angegeben werden.

Im Nachhinein würde mir das am logischsten Erscheinen .... was sagt ihr dazu?
Ist dies der Fall oder liegt der Denkfehler wo anders?


EDIT: Um nochmals auf das eingangs erwähnte Beispiel zurückzukommen, würden dann die 80-Phon-Baby- und Männerstimme mit entsprechendem A-Filter jeweils als 80 dB(A) bzw. SPL(A) angegeben werden. Die db(A)-Skala entspräche dann ja der auf deziBel linearisierten Phon-Skala.


[Beitrag von Mylohyoideus am 27. Jun 2014, 18:46 bearbeitet]
Buschel
Inventar
#4 erstellt: 27. Jun 2014, 20:38
Offenbar kann ich dein Grundproblem nicht nachvollziehen.
Jahresprogramm
Inventar
#5 erstellt: 28. Jun 2014, 09:51
Hallo Mylohyoideus,

ich versuche es mal ganz einfach bzw. plakativ zu erklären.

Menschen haben sehr lange in Höhlen gewohnt. So hat sich unser Hörempfinden mehr oder weniger an die Akustik der Höhle angepasst und ist z.B für bestimmte Frequenzen, die in "einer Höhle" eh verstärkt werden, wesentlich weniger empfindlich (Bass). Unsere kleinen Wohnräume unterscheiden sich wenig von den Höhlen. So muss der lineare FG eines LS nicht zwangsläufig verbogen werden, oder der Mann viel mehr Schallenergie von sich geben als das Baby. Damit wir es gut hören, erledigt der Raum ein Teil der Arbeit und das sogar ein bisschen in Richtung unserer Empfindlichkeit. Zudem kommen noch Gewöhnungseffekte unseres Gehörs. Soweit sind Andree (Buschel) und ich uns konform.

Der Knackpunkt bzw. Verständisschierigleiten liegen aber wo anders: Natürlich wird die Empfindlichkeit unseres Gehörs beim Abmischen der Musik für die Konserve berücksichtigt. Denn zum einen haben die Toningenieure Kenntnis vom Hörempfinden der Menschen, zum anderen verwenden sie ihr eigenes Gehör als Instrument zum Abgleichen an das eigene Empfinden. Somit wird jeder Toningenieur den Bass reindrehen, damit die Trommeln nicht untergehen. Keiner wird sagen, dass der Bass auf der Aufnahme mit 88dB Schalldruck runtergedreht werden muss, weil die Sängerin es nur auf 78dB bringt. Und die A-Gewichtung wird beim Abmischen auch niemand verwenden, die übrigens auch nur für bestimmten Lautstärkebereich ihre Gültigkeit hat. Somit haben die LS als Aufgabe, das was auf der Konserve drauf ist, möglichst unverändert wiederzugeben.

Was Andree (Buschel) angesprochen hat, ist eher das Problem, dass die Empfindlichkeit unseres Gehörs sich mit unterschiedlicher Lautstärke ändert. Wurde nun eine Koserve bei ca. 80db (Arbeitslautstärke im Tonstudio ) abgemischt, hört sich das ganze bei 60 dB schon etwas anders an. War der Bass z.B bei 30Hz bei 80Phon gut und entsprach dem was der Toningenieur haben wollte, wird er, wenn wir die Lautstärke um ca. 20dB runterdrehen um ca. 10dB gegenüber anderen Frequenzen als zu leise empfunden. Hier kommt die Loudnessfunktion ins Spiel und hebt die Höhen und Bass an, bzw. senkt oder hebt die Lautstärke frequenzabhängig. Es gibt inzwischen ausgefeiltere Systeme, die Bass- und Hochtonanhebung exakt gemäß den Kurven nach ISO 226 nachführen. Nur ist auch die ISO 226 für uns Individuen gleich richtig wie falsch

In der Hoffnung für ein bisschen Klarheit gesorgt zu haben
Alex


[Beitrag von Jahresprogramm am 28. Jun 2014, 11:30 bearbeitet]
pelowski
Hat sich gelöscht
#6 erstellt: 28. Jun 2014, 10:09

Jahresprogramm (Beitrag #5) schrieb:
...Menschen haben sehr lange in Höllen gewohnt...

Ne du, da verwechselst du was; da kommen manche erst nach ihrem Tod hin.

Grüße - Manfred
Jahresprogramm
Inventar
#7 erstellt: 28. Jun 2014, 10:13
Ja klar, wir kommen aus der Höhle und gehen in die Hölle

Natürlich war Höhle gemeint und ich hab es korrigiert...

Grüße
Alex


[Beitrag von Jahresprogramm am 28. Jun 2014, 10:17 bearbeitet]
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