Raumakustik für Dummies - Anfängerfragen

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Big_Jeff
Stammgast
#1 erstellt: 05. Dez 2015, 23:15
Hallo, ich hab Fragen, von denen ich denke, dass sie so einfach sind, dass man sie am besten in einem
Dummie Faden stellt.

1. Kann ich nicht auf raumakustische Optimierung verzichten, wenn ich im Nahfeld höre?

2. Wie hören sich Raummoden an? Scheinbar hatte ich noch nie welche. Woran erkennt man die, wenn man welche hat?
thewas
Hat sich gelöscht
#2 erstellt: 06. Dez 2015, 00:18
1, Optimierung wird unbedeutender, die Frage ist was nennst du bei dir Nahfeld und was hast du für Lautsprecher und Raumabmessungen?
2. Überhöhungen und teilweise Auslöschungen, man kann sie mittels hören von Sweeps versuchen zu hören (nicht einfach) oder mittels Messungen.
_ES_
Administrator
#3 erstellt: 06. Dez 2015, 00:57
Hi,


Woran erkennt man die, wenn man welche hat?


Wenn es je nach Frequenz am Platz dröhnt oder wenn nahezu nichts mehr zu hören ist, hat man die Moden voll am Wickel...
CD mit Sinus Signalen oder Signalgenerator einspeisen, dann bei einmal eingestellter Lautstärke den interessanten Bereich "durchfahren".
Ideal wäre es, hörte man die Frequenzen nahezu alle gleich laut:


Scheinbar hatte ich noch nie welche.


Du hast welche, jede Wette..
Klaus-R.
Inventar
#4 erstellt: 06. Dez 2015, 09:49
Hallo,


Muhh (Beitrag #1) schrieb:
1. Kann ich nicht auf raumakustische Optimierung verzichten, wenn ich im Nahfeld höre?


Auf raumakustische Optimierung kannst Du solange verzichten, wie Du keine störenden Effekte wahrnimmst, wozu z.B. durch Erstreflexionen verursachte Klangverfärbungen oder Pegelüberhöhungen bzw. –absenkungen im Baß gehören. Daß Erstreflexionen grundsätzlich zu störenden Effekten führen, ist bisher nicht nachgewiesen:

http://www.aktives-h...Reflexionen_2015.pdf


Auch im Nahfeld können durch Raummoden verursachte Effekte auftreten, die hängt von der Position der Lautsprecher und des Hörplatzes ab, sowie von der gerade abgespielten Musik. Auch im Nahfeld hast Du Erstreflexionen.



2. Wie hören sich Raummoden an? Scheinbar hatte ich noch nie welche. Woran erkennt man die, wenn man welche hat?


Ich erlaube mir, mal etwas weiter auszuholen:

Läuft eine Schallwelle zu einem Reflektor hin, z.b. einer Zimmerwand, wird sie dort reflektiert, wobei an der Wand als dichterem Medium ein Phasensprung von 180° stattfindet. Man kann sich das so vorstellen, daß die hinlaufende Welle an der Wand um einen halben Wellenzug nach rechts verschoben wird, dann zurückgeklappt wird und so die reflektierte Welle ergibt. Die beiden gegenläufigen Wellen überlagern sich, es kommt zur Interferenz, was man sich so vorstellen muss, daß jedes Luftteilchen von beiden Wellen erfasst wird und eine resultierende ortsfeste Schwingungsbewegung ausführt.

Bei der Überlagerung der beiden einander entgegenlaufenden Wellenzüge, die im Idealfall gleiche Frequenz und gleiche Amplitude haben, addieren sich die Amplituden, in regelmäßigen Abständen einer halben Wellenlänge kommt es zu Auslöschungen (Schwingungsknoten). In der Mitte zw. zwei Knoten sind Orte größter Amplitude (Schwingungsbäuche). An einer Wand als dem dichteren Medium liegt immer ein Schwingungsknoten (Schalldruckmaximum) vor, im Abstand einer Viertel-Wellenlänge vor der Wand ein Schwingungsbauch (Schalldruckminimum).

Die Nulldurchgänge, Minima und Maxima der resultierenden Welle sind stationär, d.h. sie bleiben am gleichen Ort innerhalb des Raumes, daher der Ausdruck „stehende Welle“. Stehende Wellen existieren grundsätzlich bei allen Frequenzen.




Der Abstand der Schallquelle von der Wand bestimmt die Phasenlage, mit der die hinlaufende Welle auf die Wand auftrifft, und somit auch die Phasenlage der reflektierten Welle. Da an der Wand ein Phasensprung von 180° stattfindet, ist die reflektierte mit der hinlaufenden Welle in Phase, die resultierende stehende Welle hat dort also immer einen Schwingungsknoten, d.h. das Teilchen geht dort durch die Gleichgewichtslage, die Steigung der Kurve, und somit auch der Schalldruck, ist in diesem Punkt am grössten.

Die Amplitude der resultierende Welle ist dann am grössten ist, wenn hinlaufende und reflektierte Welle identisch sind. Dies ist der Fall, wenn die hinlaufende Welle so auf die Wand auftrifft, daß sie dort einen Schwingungsknoten hat, die reflektierte Welle hat dann an der Wand ebenfalls einen Schwingungsknoten, d.h. an der Wand sind zwei Wellenzüge (hinlaufend + reflektiert) mit maximal möglichem Druck (Schwingungsknoten = Druckmaximum), d.h. die durch Überlagerung dieser beiden Wellenzüge resultierende stehende Welle hat an der Wand maximal möglichen Druck. In diesem Fall sind der hinlaufende und der reflektierte Wellenzug identisch in Amplitude und Phase.

Nur in dem speziellen Fall, wo der Abstand zw. den beiden Wänden einer halben Wellenlänge und Vielfachen davon entspricht, kann bei geeigneter Aufstellung die Situation entstehen, wo hinlaufende und reflektierte Wellenzüge an beiden Wänden gleichzeitig einen Schwingungsknoten haben. In diesem Fall spricht man von Resonanz, es entsteht eine Mode. In allen anderen Fällen kann man die Schallquelle zwar so aufstellen, daß ihr Abstand von einer beiden Wände z.B. einer halben Wellenlänge entspricht, der hinlaufende Wellenzug also dieser Wand einen Knoten aufweist, der Abstand zur anderen Wand ist dann aber dann kein Vielfaches der halben Wellenlänge, der zur anderen hinlaufende Wellenzug hat dort also keinen Knoten. Die Frequenzen, bei denen Resonanz auftritt, heißen Eigenfrequenzen.

Du siehst also, wenn der Lautsprecher in einem Druckmaximum steht, wird die Mode mit maximal möglicher Amplitude angeregt, ob sie allerdings überhaupt angeregt wird, hängt von der Musik ab, die gerade läuft. Wenn der Hörplatz dann ebenfalls in einem Druckmaximum ist, wird die Mode mit maximal möglicher Amplitude wahrgenommen. In alle anderen Fällen wird die Mode weniger stark angeregt und wahrgenommen.

Wie hört sich eine Mode an? Zur Verdeutlichung kannst Du einen beliebigen Sinuston im Bereich 20-100 Hz abspielen, stehende Wellen entstehen bei allen Frequenzen, lediglich die Maximalpegel sind bei Moden höher. Wenn Du z.B. zwischen Vorder- und Rückwand hin- und herläufst, hörst Du ganz deutlich, wie der Ton lauter und leiser wird. Bei nicht zu tiefen Frequenzen ist dieses auch wahrnehmbar, wenn Du am Hörplatz den Kopf vor- und zurückbewegst. In unserm Wohnzimmer habe ich mit Musik bisher nur die Breitenmode bei 72 Hz anregen können, dies macht sich durch einen gegenüber den anderen Baßfrequenzen erhöhten Pegel bemerkbar. Bewege ich den Kopf dann nach vorne, wird der Ton leiser, bewege ich ihn nach hinten, wird der Ton lauter. Das Sofa steht an der Wand, bei einem Abstand Ohr-Wand von 20 cm sitze ich also fast im Druckmaximum. Im Abstand von ¼-Wellenlänge vor der Wand, bei 72 Hz sind das ca. 1,20 m, ist der Ton fast nicht mehr zu hören.

Wenn Du also bisher in dieser Hinsicht noch nichts störend wahrgenommen hast, würde ich mir diesbezüglich keine weiteren Sorgen machen.

Klaus
Big_Jeff
Stammgast
#5 erstellt: 08. Dez 2015, 19:23
@all
Erst mal danke an alle für die Antworten. Habe es nicht geschafft, früher zu antworten.



Als LS habe ich eine MEG 904. Die MEG 904 ist von MEG für einen Hörabstand von 1,5m bis 3m angegeben. Deswegen habe ich gedacht, 1,50 Hörabstand ist Nahfeld. Der kleinste Abstand, den ich einhalten muss. Ist Nahfeld nicht so definiert, dass man nicht außerhalb des Hallradius sitzt, also der Direktschall überwiegt?

Der Raum hat eine Grundfläche von 43qm

Das mit den Sweeps mach ich morgen. Muss ich schon aus Neugierde mal probieren. Heute ist zu spät, rasten die Nachbarn aus. Hatte bisher keine Zeit.


Ich hab noch Fragen:


1. Wie finde ich Dummie-freundlich den Einstieg ins Messen? Welches Programm nehme ich da? Nix kompliziertes für den Anfang.


2. Wie weit käm ich mit einem Gerät mit Einmessautomatik? Für mich klingt das sehr verlockend. Mir ist klar, dass DSP bestimmte Probleme nicht abdecken kann. Aber wenn ich damit 80% erreiche, wär das doch auch schon mal was. Es muss nicht 100%ig sein.

http://www.lyngdorf.com/products/tdai-2170

Ihr kennt das Gerät bestimmt. Es geht nicht speziell um dieses Gerät, soll nur ein Beispiel sein. Ich habe auch gelesen, dass viele sagen DSP klingt steril.

Klaus-R.
Inventar
#6 erstellt: 09. Dez 2015, 06:41
Moin,


Muhh (Beitrag #5) schrieb:
Als LS habe ich eine MEG 904. Die MEG 904 ist von MEG für einen Hörabstand von 1,5m bis 3m angegeben. Deswegen habe ich gedacht, 1,50 Hörabstand ist Nahfeld. Der kleinste Abstand, den ich einhalten muss. Ist Nahfeld nicht so definiert, dass man nicht außerhalb des Hallradius sitzt, also der Direktschall überwiegt?


In akustisch kleinen Räumen gibt es kein diffuses Schallfeld, und somit keinen Hallradius:

http://www.aktives-h...nn_Schallfeld_DE.pdf



2. Wie weit käm ich mit einem Gerät mit Einmessautomatik? Für mich klingt das sehr verlockend. Mir ist klar, dass DSP bestimmte Probleme nicht abdecken kann. Aber wenn ich damit 80% erreiche, wär das doch auch schon mal was. Es muss nicht 100%ig sein.

http://www.lyngdorf.com/products/tdai-2170

Ihr kennt das Gerät bestimmt. Es geht nicht speziell um dieses Gerät, soll nur ein Beispiel sein. Ich habe auch gelesen, dass viele sagen DSP klingt steril.


Untersuchungen gaben gezeigt, daß elektronische Raumkorrektur nicht unbedingt als Verbesserung empfunden wird. Dies hängt von der Zielkurve ab, und ob Dir diese gefällt, weißt Du erst, wenn Du sie hörst.

1. Olive et al., “The subjective and objective evaluation of room correction products”, Audio Engineering Society preprint 7960 (2009)

2. Olive et al, “Listener preferences for in-room loudspeaker and headphone target responses”, Audio Engineering Society preprint 8994 (2013)

Da dem so ist, würde ich ein Gerät wählen, bei dem keine feste Zielkurve vorgegeben, sondern diese beliebig einstellbar ist.

Klaus
thewas
Hat sich gelöscht
#7 erstellt: 09. Dez 2015, 09:19

Untersuchungen gaben gezeigt, daß elektronische Raumkorrektur nicht unbedingt als Verbesserung empfunden wird. Dies hängt von der Zielkurve ab, und ob Dir diese gefällt, weißt Du erst, wenn Du sie hörst.

Ergebnis dieser Forschungen war das mit gut gemachten Korrekturen das Ergebnis als deutlich besser beurteilt wurden als ohne, zudem man bei Lyngdort frei ist seine Zielkurve selber zu definieren, im Gegensatz zu den wenigen oberen Produkten die schlechter als ohne Korrektur abgeschnitten haben. Langsam habe ich echt das Gefühl dass du Arbeiten sehr selektiv zitierst nur um nur deine persönliche Entscheidungen zu untermauern.

Room Correction Preferences

Unbenannt


[Beitrag von thewas am 09. Dez 2015, 10:03 bearbeitet]
Big_Jeff
Stammgast
#8 erstellt: 12. Dez 2015, 11:51
Ok, kann ich mal fragen, ob ich das richtig verstanden habe? Die wichtigsten raumakustischen Probleme sind:


  1. Nachhallzeit

  2. Raummoden

  3. Frühe Reflexionen



Bei frühen Reflexionen ist aber umstritten, ob die wirklich ein Problem sind.

Bei Moden kann es je nach Situation zu Auslöschungen oder Anregungen kommen.


Kann man das so zusammenfassen? Ich bitte um Geduld, wenn das jetzt völlig falsch ist.
Klaus-R.
Inventar
#9 erstellt: 12. Dez 2015, 13:33
Moin,

Muhh (Beitrag #8) schrieb:
a. Nachhallzeit


Zum Thema Nachhallzeit habe ich ebenfalls eine Auswertung verfasst:

http://www.aktives-h...ann_Nachhallzeit.pdf


b. Raummoden
Bei Moden kann es je nach Situation zu Auslöschungen oder Anregungen kommen.


Moden inkl. Auslöschungen und Anhebungen es in jedem Raum, in welchem Masse sie angeregt werden, hängt von der Aufstellung der Lautsprecher sowie vom Programmaterial ab, in welchem Masse sie wahrgenommen werden, hängt von der Position des Hörplatzes ab.



c. Frühe Reflexionen
Bei frühen Reflexionen ist aber umstritten, ob die wirklich ein Problem sind.


Reflexionen können durchaus zu Problemen führen, nicht nachgewiesen ist, daß sie es immer tun, d.h. ungeachtet der Umstände.

Klaus
Big_Jeff
Stammgast
#10 erstellt: 13. Dez 2015, 23:29
Hallo Klaus,

mal wirklich herzlichen Dank für Deine Antwort und die "Dummie-Geduld". War für mich sehr hilfreich.
Verlinkung zur Nachhallzeit ist auch seht aufschlussreich.

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