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Klassik in den Printmedien: Flachpresse?+A -A |
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Autor |
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Mellus
Stammgast |
#1 erstellt: 23. Feb 2010, 13:12 | |||||
In der Mittagspause habe ich einen Tagesspiegel-Artikel über junge Dirigenten gelesen, der bei ZEIT-online wieder veröffentlicht wurde. Natürlich spielt in diesem Zusammenhang auch Interpretationspraxis eine große Rolle. Die Highlights aus dem Artikel habe ich nachfolgend mal versammelt, da sie den Positionen in diesem Thread [edit: gemeint ist der HIP-Thread] entsprechen. Viel Spaß!
(Vorbilder sind Dirigneten wie Wand, Solti, Leinsdorsf.)
(... in Bezug auf Beethovens Sinfonien)
[Beitrag von Mellus am 26. Feb 2010, 12:47 bearbeitet] |
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Martin2
Inventar |
#2 erstellt: 23. Feb 2010, 13:58 | |||||
Hallo Mellus, ich habe den Artikel gelesen und er hat mich mal wieder darin bestätigt, daß es sich eigentlich nicht lohnt, überhaupt Zeitungen zu lesen. Der Autor hat so eine typische schicke Journalistenschreibe, die ich rein stilistisch schon unerträglich finde und der ganze Artikel hat für mich außer Namedropping wirklich nicht die geringste Substanz. Da lese ich doch lieber die Beiträge in diesem Forum oder ein gutes Buch, auch über Musik. Gruß Martin |
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Kaddel64
Hat sich gelöscht |
#3 erstellt: 23. Feb 2010, 14:33 | |||||
Geht mir ganz genauso! Ich beobachte das aber als ein allgemeines Phänomen, das immer dann auftritt, wenn ich über ein Thema besser informiert bin als der Durchschnitt der angepeilten Zielgruppe. Der Artikel erschien halt nicht in einem Fachmagazin sondern in einer gewöhnlichen Tageszeitung. Die gute Buchlektüre ist sicher die bessere Wahl. |
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op111
Moderator |
#4 erstellt: 23. Feb 2010, 14:44 | |||||
Hallo zusammen,
das ging mir auch durch den Sinn, ein Artikel nahrhaft wie ein Schluck Wasser. Damit steht die Autorin ! Christine Lemke-Matwey (hatte die nicht mal einen Fan-Artikel über Thielemann geschrieben?) aber nicht allein auf weiter Flur. So eine Wassersuppe oder aber Homestories bekommt man meistens kredenzt, wenn man die sogen. Fachpresseerzeugnisse aufschlägt. |
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op111
Moderator |
#5 erstellt: 23. Feb 2010, 15:07 | |||||
Ich habe mir erlaubt, den Thread abzutrennen und ihm einen leicht provokanten Titel zu geben. |
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Kings.Singer
Inventar |
#6 erstellt: 23. Feb 2010, 16:02 | |||||
Hi. Ich habe in einer der jüngeren Ausgaben der FonoForum einen Artikel zur Thematik "Junge Dirigenten vs. Legenden" gelesen. Geht ja in eine ähnliche Richtung. Kann mal eben nachschlagen in welcher Ausgabe das Ganze ist, wenn das betreffende Heft nicht in Würzburg liegt - falls einer von euch daran interessiert ist. Der Artikel war auf jeden Fall nahrhafter als das Geplänkel in der ZEIT. Viele Grüße! |
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Kings.Singer
Inventar |
#7 erstellt: 23. Feb 2010, 16:25 | |||||
Hi. Ich habe mal keine Reaktion abgewartet, da ich selbst jetzt nachschlagen wollte um beide Texte zu vergleichen. In der FonoForum handelt es um Heft 3/2010. Essay: Mythos Dirigenten. Zu freundlich für Charisma? (S. 40) Schlagzeile: "Die Ära der Superdirigenten ist vorbei". Liest sich in der Tat ganz interessant. Viele Grüße, Alex. |
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op111
Moderator |
#8 erstellt: 23. Feb 2010, 16:47 | |||||
Hallo Alex, und der Tenor des Artikels, Autoritätsmangel verhindert Charisma? Ich habe mich schon oft gefragt, ob nicht in einigen Teilen des Publikums der Diktator am Taktstock verehrt, aber "autoritär" mit "charismatisch" be-/umschrieben wird. [Beitrag von op111 am 23. Feb 2010, 16:49 bearbeitet] |
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Kreisler_jun.
Inventar |
#9 erstellt: 23. Feb 2010, 17:49 | |||||
Wie heißt das bei Freud, "Übertragung"? (Weil man andere Diktatoren nicht mehr verehren darf, gerne selbst so wäre usw. ...) Selbst wenn die Tatsache einer Fernsehaufzeichnung vermutlich den Stil ein wenig färbt, ist mein Gegenbeispiel hierfür die berühmte Moldau-Probe Fricsays mit dem (damals nicht gerade spitzenmäßigen) Südfunk-Orchester; Leitung funktioniert auch ohne autoritäres Gebaren. Es waren durchaus nicht alle "Pultgiganten" der Vergangenheit als diktatorisch verschrieen. Im Gegenteil könnte man behaupten, dass bei entsprechendem Charisma autoritäres Verhalten gar nicht notwendig ist... viele Grüße JK jr. |
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Martin2
Inventar |
#10 erstellt: 23. Feb 2010, 18:07 | |||||
Daß die Autorin möglicherweise besser informiert ist als der Durchschnitt der angepeilten Zielgruppe ist überhaupt keine Entschuldigung für so einen Artikel. Simplifikationen sind da ja möglicherweise in Ordnung, aber nicht so ein greller bunter Schreibstil, der nur noch unterhalten, aber keinesfalls mehr informieren will. Er richtet sich doch in erster Linie an Leute, die nicht das geringste Interesse an klassischer Musik haben und die das nur lesen, um unterhalten zu werden und bestenfalls mal irgendwie mitreden wollen. Inhaltlich ist das meiste der reinste Quatsch. So hat die HIP Bewegung kaum etwas mit Furtwängler und Toscanini zu tun, die 50 er bis 80 er waren auch keinesfalls "saturiert". Nur war der Markt damals noch kaum so gesättigt wie heute, worüber die Dame nun aber rein gar nichts sagt. Und das ganze gipfelt dann noch in der unsagbar dämlichen Platitüde, daß die Dirigenten von heute wieder "Freude am Musizieren" hätte. Also dümmer gehts nümmer. Musiziert worden ist ja offensichtlich früher noch nie. Gruß Martin |
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op111
Moderator |
#11 erstellt: 23. Feb 2010, 18:23 | |||||
einen vergleichbaren Willen, dem Orchester (vermutlich aber dem Publikum) altbekanntes und auch für die Ausführung irrelevantes mitzuteilen entwickelt H.v.Karajan in Henri-Georges Clouzots Film der Probe und Auff. von Schumanns 4. (Nov. 1965) mit den Wiener Symphonikern. Die Spontaneität dieser Probe war allerdings streng geplant. [Beitrag von op111 am 24. Feb 2010, 13:25 bearbeitet] |
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op111
Moderator |
#12 erstellt: 23. Feb 2010, 18:31 | |||||
Und die Musiker haben dann auch Spass daran, zum x-ten Mal Beethoven etc. mit mal weniger und noch weniger Vibrato (und Nachbarn am Pult) zu spielen statt was Neues? Da habe ich aus diesen Kreisen schon ganz anderes gehört. |
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Martin2
Inventar |
#13 erstellt: 23. Feb 2010, 19:38 | |||||
Ich habe allerdings den Eindruck, daß der Barockmarkt hier immer noch viel beweglicher ist, sicher dank der HIP Bewegung, aber auch weil in dem Bereich immer wieder neues herausgekramt wird. Es ist irgendwie merkwürdig: Je älter ein Komponist ist, desto geringer ist die Frage seiner Erstklassigkeit, desto ehrwürdiger erscheint er uns. Nun gut, vielleicht erscheinen uns auch irgendwann einmal nicht ganz erstklassige Komponisten wie Howard Hanson, Mjaskovski, Arnold usw., die ich durchaus schätze, mal "ehrwürdig". Die großen Sinfonieorchester aber sind letzlich auf klassisch romantisches Repertoire festgelegt, wobei schon Mozart, Schubert und Beethoven heute eher von kleineren HIP Ensembles gespielt wird. Der Artikel ist auch insofern ärgerlich, als er eine plumpe Reklame für die neueren Produkte der Tonträgerindustrie darstellt. Es soll uns eingeredet werden, daß es sinnvoll ist, sich die allerneueste Beethovens 5. mit den neuen Interpreten anzuschaffen, weil diese plötzlich die "Freude am Musizieren" wieder entdeckt haben ( alles andere ist "Mehlschwitze" oder "Archäologie"). Es wird also ein völlig dummes Argument vorgeschoben, weshalb die Beschäftigung mit dem neuen doch Sinn macht. Das ist wiegesagt eine ganz plumpe Reklame für "neue Interpreten", auf einer ähnlichen Ebene angesiedelt wie das Glücksversprechen, wenn man sich ein neues Auto kauft. Ob die Dame für ihre Reklame Geld bekommt, weiß ich nicht, vielleicht meint sie ja auch, ein gutes Werk zu tun. Das Problem liegt nur darin, daß sie auf diese Weise natürlich alles "ältere" mit ebenso plumpen Argumenten niedermachen muß. Also alles ältere taugt eigentlich nichts, ist "Mehlschwitze", "saturiert" oder "Archäologie". Man macht also ganz pauschal die älteren Dinge schlecht, um uns einzureden, daß wir neue Produkte kaufen sollen. Kein Mensch braucht die 890. Beethovens 5.? So scheint es, aber was ist, wenn nun doch plötzlich die neuen Dirigenten die Freude am Musizieren wieder entdecken und diese ganze Mehlschwitze und Archäologie weg gefegt wird? Diese Argumentation trifft aber anderseits auch auf eine gewisse Mentalität von Menschen, die unbedingt das "neuste" brauchen. Und diese Erwartungshaltung an das neue, nie dagewesene, auch wenn es die 891. Beethovens 5. wird natürlich in plumpster Weise manipuliert. Von daher will der Artikel vielleicht doch nicht nur unterhalten, sondern Reklame machen. Reklame fürs neue. Es muß das neue sein, nur das neue macht uns glücklich. War es nicht dieselbe Dame, die uns im selben Medium einreden wollte, daß wir unbedingt Bruckners 5. mit Thielemann bräuchten? Gruß Martin |
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Schneewitchen
Inventar |
#14 erstellt: 23. Feb 2010, 20:26 | |||||
Wenn die Autorin von der Dirigentengeneration der 30jährigen schreibt,hätte sie auch die Dirigentinnen erwähnen können. Aber Dirigentinnen scheinen nicht gefragt zu sein,jedenfalls nicht bei den "großen" Orchestern. Die "Frauenquote" ist dort kein Thema.Obwohl Deutschland von einer Frau dirigiert bzw. regiert wird. Blicke ich auf meine CD-Sammlung mit über 2000 Klassik-CDs,so finde ich darunter keine Dirigentin. |
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op111
Moderator |
#15 erstellt: 23. Feb 2010, 20:42 | |||||
Ich musste gerade auch grübeln, die meisten Aufnahmen habe ich mit Margaret Hillis Chicago Symphony Chorus & Chicago Symphony Orchestra aber auf CD nur als Chorleiterin der Boulez & Solti-Aufnahmen wenige mit Iona Brown, Monica Huggett und Marin Alsop. Eine Aufnahme mit Anu Tali habe ich auch noch. [Beitrag von op111 am 23. Feb 2010, 20:42 bearbeitet] |
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Martin2
Inventar |
#16 erstellt: 23. Feb 2010, 20:44 | |||||
Ich habe glaube ich auch nur den Barber mit Iona Brown. Der ist aber nicht schlecht. Gruß Martin |
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op111
Moderator |
#17 erstellt: 23. Feb 2010, 20:49 | |||||
Hallo Martin, damit hast du den Artikel wahrscheinlich sogar auf seinen Kern, die Message an den consumer reduziert. |
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Mellus
Stammgast |
#18 erstellt: 23. Feb 2010, 21:08 | |||||
Na, Du kaufst und hörst doch wohl nicht frauenfeindlich? |
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Mellus
Stammgast |
#19 erstellt: 23. Feb 2010, 21:22 | |||||
"Brauchen" ist vielleicht etwas übertrieben. Aber Du berührst natürlich einen wahren und heiligen Kern: seit den Großen der Dirigitenzunft, seit Klemperer, Furtwängler, Karajan usw., ist alles gesagt und alles nachfolgende bestenfalls Epigonentum. Das waren auch noch charismatische Musiker! Die Musik hat zu ihrem Höhepunkt und Ende gefunden. Und nur das, was die Großen aufgeführt haben, ist es überhaupt wert, Musik genannt zu werden. Leider kann man die Götter mit Taktstock nicht wiederbeleben. Aber das muss vielleicht ja auch gar nicht sein. Ihr Wirken ist ja auf Tonträger verewigt. Für das Neue bleibt nur eine Art Oedipuskomplex. Und zu recht. Das Rätsel Musik ist vollständig gelöst. Was wollen die noch? Hach, schön war das damals... Aber ich gebe Dir recht: " Kein Mensch braucht die 890. Beethovens 5." Viele Grüße, Mellus |
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Martin2
Inventar |
#20 erstellt: 23. Feb 2010, 22:08 | |||||
Hallo Mellus, nein so ist es auch nicht. Ich lasse mich nur bei meinen Kaufentscheidungen vom gesunden Menschenverstand leiten. Ich habe durchaus einiges relativ neues in meiner Sammlung. Vor allem auch Naxos CDs aber auch einiges anderes. Zum gesunden Menschenverstand gehört für mich allerdings auch, daß ich nicht gleich in den Laden stürze, nur weil irgendein Zeitungskritiker eine neue Einspielung über den grünen Klee gelobt hat. Ich mache neue Einspielungen durchaus nicht schlecht. Aber ich warte erst mal ab, wie sich die Dinge entwickeln. Wenn man über Thielemanns Bruckner in zehn Jahren auch noch spricht, begänne die Sache für mich interessant zu werden. Ich sehe den Sinn nicht ein, warum ich unbedingt neue Einspielungen brauche. In Punkto Klang sind Einspielungen seit ungefähr 60 Jahren akzeptabel, seit 50 Jahren gut und seit 30 Jahren unveränderlich. Das ist eine verdammt lange Zeitstrecke. Wenn sich in diesen 50 - 60 Jahren etwas als gut herausgeschält hat, muß es seine Qualitäten haben. Das kann auch eine Sache sein, die 5 Jahre alt ist, aber warum ich mich ausgerechnet gezielt für die Einspielungen des Jahres 2010 besonders interessieren sollte weiß ich ehrlich gesagt nicht. Aber ich sage überhaupt nicht, daß ich keine neueren Einspielungen kaufe. So plane ich in ein paar Monaten einige CDs mit Kammermusik, Klaviermusik und Liedern von Charles Ives ( von Naxos) zu kaufen. Diese relativ neuen Produktionen sollen gut sein und sie interessieren mich schon. Mißtraue ich ihnen, nur weil sie jünger sind? Durchaus nicht. Aber ob Bruckners 5. mit Thielemann nun wirklich soviel besser ist als Jochum oder Karajan ( den Inbal habe ich auch noch) - also da kommen mir schon Zweifel. Selber beurteilen kann ich es aber nicht. Aber wenn ich mir alles kaufen wollte was mir der Markt zu bieten hätte, wäre ich pleite und meine Wohnung mit CDs verrammelt. Der Ives dagegen ist eine sinnvolle Investition, darauf freue ich mich schon - und durchaus relativ neu. Bzw. eben jünger und gegen das Jüngere habe ich durchaus nichts, wohl aber gegen diese Hatz nach dem "Neuen" bzw. dem "Aktuellen". Gruß Martin [Beitrag von Martin2 am 23. Feb 2010, 22:16 bearbeitet] |
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Mellus
Stammgast |
#21 erstellt: 23. Feb 2010, 22:28 | |||||
Hallo Martin, ich habe den Artikel soeben noch einmal überflogen. Um Einspielungen, CDs u.ä. geht es darin doch gar nicht. Sondern darum, dass die Aufführungspraxis klassischer Musik immer noch lebendig ist. Meinst Du, dass das allen Klassikhörern klar ist? Insofern geht dein Einwand am Artikel vorbei. (Mein Kommentar natürlich auch, aber der war ja absichtlich pointiert - ich achte aber nun immer darauf, viele von diesen Gesichtericons einzufügen! ) Viele Grüße, Mellus |
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Martin2
Inventar |
#22 erstellt: 23. Feb 2010, 23:00 | |||||
Hallo Mellus, nein um konkrete CD Empfehlungen geht es dort allerdings nicht. Daß es aber nur darum geht, darauf hin zu weisen, daß die Aufführungspraxis lebendig ist, habe ich dem Artikel auch nicht entnehmen können. Zitiere ich nur noch mal, was du aus diesem Artikel zitiert hast:
Das ist doch nun genau das, was ich meinte, junge Dirigenten sollen ums Verrecken "interessant" gemacht werden und das mit haarsträubenden Argumentationen, über die ich nur müde lächeln kann, aber junge naive Leute glauben diesen Quatsch, der hier verbraten wird, am Ende noch. Sicher so sah die Klassische Musik des 20. Jahrhunderts aus: Herbert von Karajan hat das Wirtschaftswunder vertont und Harnoncourt die Maobibel, keiner hatte mehr Freude an der Musik, weil alle befangen waren in ideologischen Grabenkämpfen. Aber jetzt kommen die jungen Dirigenten und es wird etwas wunderbares passieren und die Freude an der Musik kehrt zurück. Muß man einen solchen Stuß wirklich noch kommentieren? Gruß Martin |
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Mellus
Stammgast |
#23 erstellt: 24. Feb 2010, 13:18 | |||||
Wenn man offenbar mit der üblichen Geschichtsschreibung:
nicht übereinstimmt, dann hat man schon einen erhöhten Kommentarbedarf. Viele Grüße, Mellus [Beitrag von Mellus am 26. Feb 2010, 11:31 bearbeitet] |
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Martin2
Inventar |
#24 erstellt: 24. Feb 2010, 21:06 | |||||
Inwiefern diese "Geschichtsschreibung" üblich ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Für mich ist sie aber nur einfaches bipolares Muster, das die Wirklichkeit nicht wiedergibt. Daß zum Beispiel Harnoncourt eher der HIP Bewegung zugesprochen wird, mag sein. Seine Umstrittenheit rührt allerdings nicht daraus, sondern aus Interpretationen, die mir gelegentlich überinterpretiert erscheinen. Da hat man also eine schlichte frühe Mozartsinfonie und der Harnoncourt interpretiert da etwas hinein, akzentuiert merkwürdig usw. Deshalb mögen ihn manche nicht. Schon daran sieht man aber, wie unsinnig diese ganzen bipolaren Sichtweisen sind. Wollte man etwa die Bipolarität von Furtwängler Toscanini auf die Bipolarität von Karajan Harnoncourt übertragen, wüßte ich nicht, worin sie bestehen sollte. Mit der entwickelten Agogik von Furtwängler haben weder Karajan noch Harnoncourt etwas zu tun. Karajan "überinterpretiert" nicht, was manche gut und andere langweilig finden werden. Ich bin auf diesem Gebiet wahrhaft kein Experte, aber mir erschließt sich die angebliche Bipolarität nicht wirklich. Worin soll denn diese Bipolarität denn nun wirklich bestehen? Daraus, daß die einen wirklich nur spielen wollen "was in den Noten steht"? Also wenn es denn so wäre, dann wäre es eigentlich das Praktischste, die "Interpretation" gleich ganz den Computern zu überlassen, weil exakt zu spielen, was in den Noten steht, können sie zweifellos besser. Ich glaube allerdings durchaus an den Wert der "Interpretation". Und über die kann man dann streiten, nur für mein Gefühl eben nicht mit so plumpen Schwarz Weiß Mustern. Und daß ein Stück in irgendeiner Weise interpretiert wird, ist für mein Gefühl kein Verbrechen. Und da hat eben jeder seinen eigenen Geschmack: Jochums Bruckner gefällt mir etwa, wo andere ihn vielleicht schlichter mögen, weniger Agogik, weniger Temposchwankungen, während ich Harnoncourts Mozart dagegen überinterpretiert finde, wenn auch interessant. Aber das sind alles völlige Geschmacksachen. Und vor allem hängt das sehr von der Musik und den Komponisten ab. Warum sollte man bitteschön Händel so interpretieren, als sei es Bruckner und ein Dirigent, der ein Konzept allem möglichen überstülpen wollte, macht sich doch nur lächerlich. Und mir sind sicher immer mal wieder Interpretationen begegnet, die mir weniger gefallen haben, nur mit diesem bipolaren Muster hat dies wirklich wenig zu tun. Harnoncourts Mozart etwa gefällt mir weniger, obwohl ich ihn interessant finde, Karajans Haydn mag ich gar nicht, Max Pommers Händel finde ich schrecklich. Und die Gründe liegen dabei weniger darin, daß ich dabei mit einer vorgefaßten Meinung auf musikalische Interpretation reagiere. Karajans Haydn etwa finde ich "unterinterpretiert" und langweilig, Pommer stellt dagegen einiges mit Händel an, nur für mein Gefühl schlicht die falschen Dinge, was aber in sich konsistent ist, wogegen ich bei Harnoncourt manchmal fast das Gefühl von Willkür habe, obwohl ich seine Interpretationen trotzdem für hörenswert halte. Pommer etwa spielt den Händel für mich mit einer Leichtigkeit, die ich beim Vivaldi gerne hören würde, aber eben nicht beim Händel. Hat all das noch etwas mit Karajanschem "Luxussound" und Harnoncourts "Körnermahlen" zu tun? Ach was. Gruß Martin |
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plönlein
Stammgast |
#25 erstellt: 24. Feb 2010, 22:19 | |||||
Lustig, diese Aufregung über den zitierten Artikel. Und bei all der putzigen Ablehnung wird eines komplett übersehen: Dass dieser Artikel schon dank dieser Reaktionen seinen Sinn doch erfüllt hat - er hat zum Nachdenken, zum Überprüfen eigener Sichtweisen angeregt. Um mehr ging es dabei nicht, schon gar nicht um ewige Wahrheiten. Im Übrigen ist mir die Kritik an dem Beitrag auch inhaltlich völlig schleierhaft. Die Autorin widmet sich einer neuen Generation von Dirigenten. Da wäre es für mein Empfinden reichlich albern, diese in Bausch und Bogen zu verdammen oder sie samt und sonders für zu leicht zu befinden (auch wenn mancher Rückwartsgewandter das vielleicht begrüßen würde). Ich bin froh, dass es immer wieder interessante Dirigenten gibt die neue, interessante Sichtweisen auf eigentlich Bekanntes öffnen. Ebenso unsinnig ist es, so zu tun, als ob es nicht diese Divergenz zwischen Toscanini-Furtwängler oder eben Karajan-Harnincourt gegeben hätte. Und natürlich sind namentlich Letztgenannte gegensätzliche Pole der Musikinterpretation gewesen. Derartig unterschiedliche, durchaus auch politisch aufgeladene Herangehensweisen sehe ich heutzutage nicht mehr. Wenn man dies als eine Rückbesinnung auf die Musik bezeichnen will - von mir aus. Meines Erachtens ging es stets um eine bestimmte Sicht auf die Musik. Aber es sind heutzutage eben weniger gravierende Grabenkämpfe mit dazu gehörenden Lagerbildungen zu verzeichnen, und das mag schon einen freieren Blick auf das Wesentliche ermöglichen. |
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Mellus
Stammgast |
#26 erstellt: 25. Feb 2010, 09:57 | |||||
Die wurde schon im HIP-Thread skizziert.
Dass es so einfach nicht ist steht auch schon im HIP-Thread. Insbesondere flutedevoix hat sich viel Mühe gegeben zu verdeutlichen, worin das eigentliche Problem besteht, nämlich gerade nicht in den geschriebenen Noten. Viele Grüße, Mellus |
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Klassikkonsument
Inventar |
#27 erstellt: 25. Feb 2010, 18:30 | |||||
Nein, tut mir leid: "Anregend" ist zu wenig. Das kann alles und nichts sein, ein Flasche Schnaps z.B. |
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plönlein
Stammgast |
#28 erstellt: 25. Feb 2010, 19:37 | |||||
Und was wäre dann in dem zur Verfügung stehenden Rahmen eines Zeitungsartikels ausreichend? Ich frage mich, was man hier in diesem Zusammenhang erwartet. Eine letztgültige Klärung des Phänomens "junge Dirigenten"? |
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op111
Moderator |
#29 erstellt: 25. Feb 2010, 21:29 | |||||
Einwenden möchte ich, daß der Artikel im Tagesspiegel außer einem mageren name dropping nicht viel zu bieten hat. Das ist für eine Zeitung, die kein Boulevard-Schmierblättchen sein will, sondern lt. eigenem Motto „Den Dingen auf den Grund gehen“ will, schon sehr dürftig. Ein Niveau, wie es in der HiFi-Stereophonie in den seeligen Zeiten von Ulrich Schreiber, Ingo Harden, Jürgen Kesting u.a. üblich war. erwarte ich heute nicht mehr. Ich lege da Maßstäbe an wie an die Zeit oder Frankfurter Allgemeine - ob Frau Büning sowas runtergetippt hätte? Nach meinem Eindruck lieferten selbst manche (Werbe-) Artikel im Universal-Klassikakzente-Blättchen mehr Information. [Beitrag von op111 am 25. Feb 2010, 21:54 bearbeitet] |
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plönlein
Stammgast |
#30 erstellt: 25. Feb 2010, 22:52 | |||||
... nicht "sein will", also letztlich doch ist? Nun ja, wenn alle Boulevard-Schmierblättchen sich jungen Dirigenten so widmen würden.
Jaja, damals. Damals war eben alles besser. Und Frau Büning? Nun, die hat Christian Thielemann auch schon mehrfach sehr gelobt.
Na, bestens, dann hast Du doch eine Alternative zu "Boulevard-Schmierblättchen" à la Tagesspiegel gefunden. Wirklich, mich erstaunt der heilige Ernst, mit dem hier die Feder geschwungen wird. In besagtem Artikel werden Namen von jungen Dirigenten genannt, die nicht jedem Musik-Freund geläufig sein dürften. Zudem wird eine These vertreten, an der man sich reiben kann - wenn man den mag. Ich meine damit, die Ansicht, dass sich die genannten Dirigenten mehr der Musik zuwenden, als dies in der jüngeren Vergangenheit noch der Fall war. Darüber kann man doch wenigstens diskutieren. Alles in allem sehe ich nicht, warum das so unterirdischer Blödsinn sein soll. Dass ihr das gleichwohl nicht zu lesen braucht, weil ihr das wahlweise ohnehin wisst, oder ohnehin besser wisst, gut, dafür kann die arme Journalistin ja nichts. |
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op111
Moderator |
#31 erstellt: 25. Feb 2010, 23:23 | |||||
Hallo plönlein, wenn ich den Artikel richtig gelesen habe, geht es nicht um Thielemann, oder? Heiligen Ernst lese ich hier aus keinem Artikel, noch nicht mal aus dem, der hier Diskussionsgegenstand ist. Ich vermute, ich bin nicht der einzige, dem die lockere Aufzählung nicht nur im Kontext der Zeit ein wenig dürftig erscheint. Was erfährt man den wirklich substanzielles über die jungen Dirigenten, die dort aufgezählt werden? Am meisten noch über Tugan Sokhiev
bis hinab zu knappen Stichworten
Ich habe übrigens nie behauptet, daß das unterirdischer Blödsinn ist. Etwas dürftig darf ich das aber wohl schon nennen, zumal andere Artikel und Radiobeiträge der Autorin m.E. deutlich mehr bieten. Vielleicht ist das Niveau heute so. (Was ich bezweifle, man muss nur mal andere Artikel in der Zeit oder Frankfurter lesen.) Soll ich's wider besseres Wissen bejubeln, obwohl ich schon Informativeres gelesen habe? Ich vermute einfach mal, substanziellere Artikel würdest auch du gern lesen. Also, wo ist das Problem? [Beitrag von op111 am 26. Feb 2010, 12:06 bearbeitet] |
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plönlein
Stammgast |
#32 erstellt: 26. Feb 2010, 07:58 | |||||
Mein Problem besteht darin, dass hier ein Artikel, der dem erkennbaren Anspruch nach vor allem einen Überblick verschaffen wollte, ohne Not runtergemacht wird. Wenn man's besser oder mehr weiß - bestens. Aber ist deshalb der genannte Artikel gleich so grottig? Und da denke ich: nein. Es wird außerhalb von Foren und sonstigen Zirkeln des Austauschs über klassische Musik genügend Leute geben, die zwar interessiert, aber nicht beständig auf dem neuesten Stand sind. Denen wurden wenigstens mal ein paar Namen genannt. Und der andere Aspekt des Artikels - es geht wieder mehr um die Musik - ist nun wirklich nicht völlig uninteressant. Es stellt sich doch schon die Frage, ob die fortschreitende Entpolitisierung unserer Gesellschaft sich auf die Kultur auswirkt, und wenn ja, wie. Die Divergenz zwischen Karajan als dem Dirigenten (musikalischen Genius) des Wirtschaftswunders (Adorno) und demgegenüber einem Harnoncourt, der nach der Wahrheit im Notentext forscht, ist doch offenkundig - und gleiches gilt (sieher 68er) für die politische Tragweite dieses Konflikts. ad Thielemann: Den habe ich nur angeführt, weil der Autorin ja auch noch vorgeworfen wurde, dass sie sich positiv über Thielemann äußerte (auch in dem kritisierten Beitrag, übrigens) und Frau Büning, der man die Ernsthaftigkeit nicht abspricht, das auch schon getan hat. Letztlich nervt mich wohl vor allem die Attitüde, anderes pauschal runterzumachen, und sich bei dieser Gelegenheit selbst zu überhöhen, sich höhere Kennerschaft zuzubilligen - auch wenn dies unangemessen ist. Aber nichts für ungut. |
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Hörbert
Inventar |
#33 erstellt: 26. Feb 2010, 09:03 | |||||
Hallo! Ich bin erst jetzt dazu gekommen den Artikel überhaupt einmal zu lesen, eigentlich sehe ich keinen Grund mich darüber groß aufzuregen. Hier wird einfach von einer konservativen Perspektive her der Wandel des Dirigentenbildes vom Invidualitstischem zum Konformistischen hin bejubelt. Das geht doch einher mit dem Wandel der bei den Nachwuchssolisten schon längst eingetreten ist, die Gleichförmigkeit und Austauschbarkeit von Küstlern war seit jeher das Ideal der konservativen Kreise im Musikgetriebe. Das darunter für die Hörerschaft ein gewisser Qualitätsverlust verborgen sein könnte wird Ignoriert oder gar lächelnd in Kauf genommen. Gut das man als User von Musikkonserven hier noch die Auswahl mit den Leistungen vergangener Zeiten hat. MFG Günther |
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