Erfahrungsbericht: Jamo C109 | Canton Vento 890.2 | NuLine 264

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phantom_1210
Neuling
#1 erstellt: 14. Feb 2019, 20:13
Eigentlich ist es nicht meine Art, über Lautsprecher zu referieren, aber insbesondere weil es zu den Jamo C109 kaum vergleichende Erfahrungen gibt, will ich mich mal ranwagen.
Zum Hintergrund: Ich betreibe seit einigen Jahren ein paar Chrono 509, aber wie es mit der Hifi-Sucht ist, bin ich auf der Suche nach besseren Stereokomponenten, um dann auch sukzessiv mein 5.1 System zu homogenisieren (derzeit mit entsprechenden Chrono-Komponenten).
Generell schätze ich mich als Liebhaber eines neutraleren/analytischen Klanges ein. Die Vento standen sofort auf meiner Test-Liste, insbesondere die .2 wegen des Keramik-Hochtöners der Referenz-Serie. Die Nubert 264 hatte mir ein Freund empfohlen. Zugegebenermaßen war ich da skeptisch aufgrund der Größe und der kleinen Treiber. Und die Jamo wollte ich einfach schon immer mal hören, weil sie mich designtechnisch sehr ansprechen, und zumindest das, was es über sie zu lesen gibt, durchweg positiv ist.

Nubert 264, Vento 890.2 , Jamo C109


Kurz zu den (Paar-)Preisen:

  • Jamo 1399€
  • Canton 1399€
  • Nubert 1550€

Die Canton kann man mit ziemlicher Sicherheit noch günstiger bekommen, da sie recht verbreitet sind. Bei Nubert wird man durch den Direktvertrieb auf andere Gebraucht-Plattformen zurückgreifen müssen.

Betrieben wurden alle 3 Boxen im Direct-Modus an einem Denon 3400H. Eingemessen habe ich sie demzufolge nicht. Generell habe ich allerdings recht wenig Resonanz- und Moden-Probleme in meiner Dachgeschosswohnung.

Um eins Vorweg zu nehmen, und meine Erfahrungen auch etwas prägnanter rüberbringen zu können: Die Nubert schieden bei mir relativ schnell aus. Warum? Sie können alles, aber nichts richtig gut . Ich denke, so lässt sich das am besten beschreiben.
Trotz der kleinen Chassis bieten sie einen guten, ausgewogenen und sehr präzisen Tiefgang, auch die Mitten sind schön aufgelöst, sodass im direkten Vergleich die Höhen sogar etwas abfallen. Da bin ich "besseres" (zumindest spritzigeres/brillanteres) gewohnt. Klingt vielleicht ganz gut im ersten Moment, aber es war für mich irgendwie nicht ansprechend. Es fehlte mir an Charakter und insbesondere Feingefühl. Die Nubert preschen mit jeder einzelnen Frequenz sofort nach vorn, vollkommen ohne differenzierte Bühne, das fand ich sehr schade. Und je länger ich hörte, desto unansprechender waren die Lautsprecher für mich. Die Musik plätscherte eher vor sich hin, statt mich wirklich mitzunehmen.
Ich kann verstehen, wenn man auf solchen Klang abfährt, ich möchte da auch keinesfalls etwas schlechtreden, aber mein Fall ist es nicht. Insgesamt vielleicht etwas teuer, aber insbesondere in Anbetracht der Größe (sehr) gute Lautsprecher! Hervorheben möchte ich auch die Einstellmöglichkeiten durch die Kippschalter am Terminal. Damit lassen sich für die spätere Bearbeitung per EQ gute und individuelle Grundlagen einstellen.


Die Entscheidung zwischen Canton und Jamo hat mich (und meine Nachbarn bestimmt auch) dagegen einige Zeit und Nerven gekostet, da lohnt ein differenzierter Blick:

Hochton
Der Punkt geht nicht komplett an die Vento, wie ich im ersten Hören gedacht hatte. Sowohl die Jamo als auch die Vento haben einen gut auflösenden Hochton, jedoch in vollkommen unterschiedlicher Art und Weise: Der Vento-Hochton ist gemeinhin etwas spitzer gehalten, hat hier und da Probleme mit Zischlauten, bringt aber auch eine angenehme Wärme (zumindest verglichen mit meinen Chrono) mit, die ich bis dato noch nicht von Canton kannte. Details werden mit unglaublicher Leichtigkeit und Präzision dargestellt, absolute Referenz, was das angeht.
Die Jamo kontert mit einem eher zurückhaltenden Töner, der aber eine unglaublichen Sprachverständlichkeit mitbringt. Das ist mir insbesondere bei Opern aufgefallen (endlich versteht man, was die bei Wagner singen ). Die Detailtreue kann er jedoch nicht ganz in gleichem Maß bieten. Auch ist mir aufgefallen, dass die Jamo bei älteren Aufnahmen gern ein (mitunter störendes) Grundrauschen mitbringen, das bei Canton wesentlich leiser ist.
Überraschenderweise neigten die Jamo auch dazu mich schneller zu nerven, als die Vento. Bei komplexeren Szenen klingen die Jamo etwas angestrengter, während die Canton on point bleiben, ohne Kreischen.

Mitten
Getestet habe ich die vor allem mit (in meinen Augen) Stimmgewalten wie Adele, Elvis und Buble, aber auch gut ausgeprägten Instrumentalstücken. Jamo projiziert eine sehr angenehme voluminöse Wärme in Stimmen, was in einer unglaublichen Plastizität mündet, die sich quer im Raum ausbreitet. Die Vento bringen die Stimmen viel klarer und direktionaler in den Raum, was eine insgesamt gute Ortbarkeit ermöglicht, aber nicht so umhüllend wie der Jamo-Sound ist. Auch wirken die Stimmen eher kalt und damit für mich etwas unnahbar. Besonders bei Männerstimmen (Santiano) ist das tödlich.
Instrumental treten die Jamo im Vergleich erwachsener auf als die Vento. Gitarren klingen voluminöser und Bläser (insbesondere bei Trompeten ist mir das immer aufgefallen) werden sehr klar abgebildet. Unglaublich ist auch die Detailliebe, welche Jamo an den Tag legt: Anschläge an Klaviertasten, Nachhallen von Trommeln, das hört man bei den Vento nicht so gut. Dafür durchzeichnen die insbesondere tiefere Streicher etwas feinfühliger und bieten eine breitere Bühne in den tieferen Mitten.
Insgesamt konnten mir beide Boxen zeigen, was bei meinen Chrono alles fehlt.

Bass
Auch hier gibt es eklatante Unterschiede. Als Musikmaterial habe ich alles genutzt, quer von Rammstein über Pop hin zu Filmsoundtracks und Klassik.
Ein mittelgroßer Schwachpunkt der Jamo ist die fehlende Durchzeichnung des Oberbasses, der bei Canton spürbar (und damit fast zu viel) angehoben ist. Rock wirkt auf den Jamo im ersten Moment weniger nachdrücklich und dynamisch als auf den Vento, obwohl die auch kein Basswunder sind. Ingesamt fehlt dem Jamo ein klein wenig an Kickbass, genau da wo andere Lautsprecher immer gnadenlos überhöhen. Aber zu viel Zurückhaltung tut auch nicht gut. Selbes zieht sich auch durch Soundtracks (Interstellar): Man hat das Gefühl, den Jamo würde zwischendrin etwas fehlen, während die Vento sehr direkt und unvermittelt den Bass wiedergeben.
Legen wir aber ein paar Oktaven weiter unten auf, zeigen die Jamo, was sie können: richtig Dampf machen und in Frequenzen reinspielen, von denen die Vento nur träumen können. Da ist spürbar mehr Tiefgang! Auch ist die Qualität des Basses eine andere. Besonders aufgefallen ist mir das beim Phantom der Oper (1989, Peter Hofmann), wo die Jamo es schaffen die schnell aufeinanderfolgenden Bassdrums super voneinander zu trennen und auf den Punkt abgegrenzt zu spielen. Die Vento kommen da ein wenig ins Wummern und Schludern, was sich nicht harmonisch ins Gesamtbild einfügt.

Dynamik und Pegelfestigkeit
Der Punkt geht klar an die Jamo, wenn man den kritisierten Oberbass außer Acht lässt. Tiefgang und der unglaubliche Nachdruck der Mitten lassen die Vento im direkten Vergleich alt aussehen. Der Bass bleibt präzise auch bei höheren Lautstärken.
Man merkt aber auch: Beide Lautsprecher sind eher für höhere Lautstärken ausgelegt, insbesondere bei den Jamo kann das volle Potenzial vorher nicht ausgeschöpft werden. Da fehlt es dann schlichtweg an Bass, den die Cantons zumindest im obereren Bereich auch dann noch mitbringen.

Bühne
Es ist interessant, wie sich beide Kandidaten auch hier unterscheiden. Ich versuche es ein wenig zu beschreiben: Die Vento versuchen nach den Sternen zu greifen, und das hört man auch.Der Klang ist in erster Linie von oben einhüllend und bietet eine gute Ortbarkeit nach links und rechts. Sehr direkt.
Die Jamo schleichen sich ehr von unten an den Hörer und bieten ein unglaubliches live-Potenzial. Sie klingen etwas diffuser, aber damit für mich auch plastischer, während sich der Detailverlust arg in Grenzen hält.

Fazit
Es war sehr schwer, aber ich habe mich entschieden: Es sind die Jamo geworden.
Zur Begründung: Beides sind sehr sehr gute Boxen, daran lässt sich überhaupt nichts rütteln. Welche mir im speziellen Fall besser gefallen hat, war tatsächlich immer von der Wahl der Musik abhängig, hier und da haben die Canton etwas besser gemacht, und hier und da die Jamo.
Im Gesamten betrachtet haben die Vento für mich aber einen großen Schwachpunkt: Die Gesamtharmonik. Der Hochtöner ist so unglaublich gut, dass der Rest ein wenig abfällt. Insbesondere der Bass vermag sich einfach nicht wohlwollend in das System einzugliedern und wirkt hier und da etwas abgegliedert vom Rest. Das können die Jamo wesentlich besser, und alles wirkt mehr aus einem Guss. Insgesamt gefällt mir auch deren Klangcharakter etwas besser als von Canton.
In jedem Fall: Beide Boxen sind wirklich Top, und es kommt wohl einzig allein auf Musik- und Klangeschmack an, welche denn nun besser zu einem passt!


[Beitrag von phantom_1210 am 14. Feb 2019, 20:37 bearbeitet]
netzbandit
Ist häufiger hier
#2 erstellt: 20. Apr 2019, 18:43
Danke für den interessanten Vergleichstest. Ich selber hatte vor 2 Jahren auch zwischen den Jamo und den nuLine 264 entscheiden müssen. Bei mir sind es allerdings die Nubert geworden, weil für mich der Gesamtklang einfach harmonischer war. Kann man mal sehen, wie unterschiedlich die Geschmäcker sind
StefanMüller
Neuling
#3 erstellt: 06. Apr 2020, 12:05
Hallo zusammen. Ich habe die jamos C 109 nun ein Jahr und bin äußerst zufrieden. Sehr gutes Preis Leistungs Verhältnis. Nachdem ich mit dem Nad c 658 und dirac live nun den bass komplett unter kontrolle habe, klingen sie noch besser
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