Überprüfung Leistungsaufnahme zu zwei identischen HT`s

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gmjwtech
Stammgast
#1 erstellt: 11. Jul 2024, 08:35
Kann die Leistungsaufnahme von HT`s irgendwie alternativ überprüft werden, ohne Gefahr zu laufen, dass im Betrieb zuviel Leistung vom Verstärker zugeführt wird? Evtl. mittels einer bestimmten Messmethode?


Hintergrund:

Es gibt 2-4 baugleiche, d.h. in Abmessung, Gewicht, Materialien und Design identische HT`s für die Verwendung in unterschiedlichen LS-Modellen aus der selben Serie bzw. den selben Herstellungsjahren.

In den techn. Spezifikationen unterscheiden sich die Angaben nur zu der Nenn- und Musikleistung jeweils in 5W-Abstufung.
Alle haben die gleiche Impedanz. Alle sind laut SM jedoch mit verschiedener Modell-Nummernfolge bezeichnet.



Könnte es womöglich üblich sein, dass die unterschiedliche Nennleistung lediglich über die unterschiedlichen Weichen gedrosselt wird, aber es sich tatsächlich um ein und das selbe HT-Modell handelt?


[Beitrag von gmjwtech am 11. Jul 2024, 08:46 bearbeitet]
Mechwerkandi
Inventar
#2 erstellt: 11. Jul 2024, 10:27
Impedanzverlauf messen.
stoneeh
Inventar
#3 erstellt: 11. Jul 2024, 20:06

gmjwtech (Beitrag #1) schrieb:
In den techn. Spezifikationen unterscheiden sich die Angaben nur zu der Nenn- und Musikleistung jeweils in 5W-Abstufung.


Solange die Methodik der Ermittlung von "Nennleistung" und "Musikleistung" (eigtl. "Belastbarkeit", nicht "Leistung") nicht genau angegeben ist, sind derartige Angaben komplett wertlos. Selbst wenn zB "RMS-Belastbarkeit" steht - ja, ok - für eine Sekunde, oder für eine Stunde?

Deswegen gibt's Normen, zB IEC 268-5, die ganz exakt definieren, was für die Ermittlung einer bestimmten Belastbarkeitsangabe wie wie lange gemessen werden muss, sodass der Anwender schlussendlich ganz genau weiß, was er mit seinem Material machen kann, ohne dass es kaputt geht:

Unbenannt
Mechwerkandi
Inventar
#4 erstellt: 12. Jul 2024, 07:01
Ich sehe mir die genannte Norm immer etwas skeptisch an, weil thematisiert wird, das Chassis könnte eine bestimmte Leistung über einen Zeitraum verarbeiten "ohne bleibenden Schaden".

Zum einen, was ist ein "bleibender Schaden"?
Sind beispielsweise irgendwelche Basslautsprecher, die in den Arrays einer Dorfdisco völlig ausgeleiert ihrem Lebensende entgegenfurzen, nicht schon längst "bleibend geschädigt", obwohl sie noch funktionieren?

Zum anderen halte ich die Regularien für teilweise etwas abstrakt.
Einen Lautsprecher 300 Stunden lang immer eine Minute ein- und dann zwei wieder auszuschalten, ist einfach weltfremd.

In anderen Bereichen der Technik werden relevante Bauteile und-gruppen in Schwingversuchen ("Wöhler-Diagramm") getestet, um Aussagen über die Dauerfestigkeit machen zu können.
Vor dem Hintergrund drängt sich mir die Erkenntnis auf, das die Leistung, die ein Lautsprecher tatsächlich auf Dauer ohne Schaden verarbeiten kann, erheblich unter dem liegt, was die Norm angibt.
stoneeh
Inventar
#5 erstellt: 12. Jul 2024, 18:59
Der zitierte Text ist ein Auszug der Norm. Die Norm selbst müsste man sich kaufen und komplett durchlesen; vll. ist darin "ohne bleibenden Schaden" näher definiert.

In AES-1984 ist die Definition afaik keine permanente akustische, elektrische, mechanische Änderung größer 10%.

Ich stimme zu, dass nicht alle Testprozeduren in allen Normen vollen Praxisbezug haben. Lautsprecherhersteller sollten sich entsprechend die herauspicken, die Sinn machen. Leider ist das idR noch nicht mal die Hürde, denn selbst heute schaffen es viele Hersteller nicht, überhaupt irgendeine Norm oder sonstige nähere Infos für ihre Belastbarkeitsangaben bereitzustellen - der Anwender muss somit rätselraten, oder selbst herausfinden, wie viel Verstärkerleistung der gekaufte Lautsprecher abkann.

Randanmerkung, weil's zum Thema passt: ich hatte mal den AES-1984 Belastbarkeitstest für einen Teil der Dauer nachgebildet, und dazu ein kleines Video geschnitten. Wen's interessiert, hier ist der Link -> https://www.youtube.com/watch?v=0rFVj9pAANQ
gmjwtech
Stammgast
#6 erstellt: 13. Jul 2024, 08:47
Alles schön und sicherlich gute fachliche Hinweise. Besten Dank, Euch !

Also für den interessierten Laien-Anwender, vermute ich mal, scheint die Impedanzmessung dann wohl die (relativ) einfachste Überprüfungsmethode zu sein, sodenn mit ihr ein hinreichendes Ergebnis mit einem durchschnittlichen Multi-Meter ermittelbar ist.

Voraussetzung wäre dazu jedoch, dass man sich noch ein paar theoretische Grundlagen anliesst, um die Messungen richtig durchzuführen und interpretieren zu können.


[Beitrag von gmjwtech am 13. Jul 2024, 08:52 bearbeitet]
stoneeh
Inventar
#7 erstellt: 14. Jul 2024, 05:59
🤔 mit einem Multimeter misst du aber nur den Gleichspannungswiderstand, oder?

Um's mal simpler zu machen: solange die Trennfrequenz nicht sehr niedrig ist, und du nicht sehr laut hörst, wird die elektrisch-thermische Belastbarkeit eines halbwegs modernen Hochtöners (sagen wir 90er Jahre aufwärts) nie ein Thema werden. Im Hochton ist die Energiedichte von Musik nämlich extrem niedrig.. schwierig, damit eine Schwingspule zu grillen.
gmjwtech
Stammgast
#8 erstellt: 14. Jul 2024, 12:38

stoneeh (Beitrag #7) schrieb:
solange die Trennfrequenz nicht sehr niedrig ist, und du nicht sehr laut hörst, wird die elektrisch-thermische Belastbarkeit eines halbwegs modernen Hochtöners (sagen wir 90er Jahre aufwärts) nie ein Thema werden. Im Hochton ist die Energiedichte von Musik nämlich extrem niedrig.. schwierig, damit eine Schwingspule zu grillen.



Ausführungen des baugleichen 8Ohm HT (Bj 1974-1996)


im grössten Modell:

Crossover frequency: 6k bei 12dB
Rated Input (JIS Continuous): 50W
Maximum allowable input: 100W


im kleinsten Modell:

Crossover frequency: 6k bei 12dB
Rated Input (JIS Continuous): 35W
Maximum allowable input: 70W


Also immerhin angeblich 15W Unterschied bei der dauerhaften Belastbarkeit und gar 30W bei den Spitzen ... und mein grösster Amp leistet 100W Sinus bei 8Ohm

eine möglichst am nächstgelegene und realistische Feststellung wäre wohl schon anstrebsam, wenn der Vintage-HT im Zweifelsfall nicht gleich bei nächster Gelegenheit gewechselt werden soll

Hab zwar auch einen schön anzusehenden und grossen Wackelanzeiger, aber ab der 10W-Marke bis 150W verjüngen sich die Abstände der Leistungsmarken dramatisch und zwischen der 10W und 50W Marke gibts gar keine Trennmarke.


[Beitrag von gmjwtech am 14. Jul 2024, 16:26 bearbeitet]
stoneeh
Inventar
#9 erstellt: 14. Jul 2024, 21:00
Crestfaktor im Hochton bei 6 kHz aufwärts beträgt üblicherweise, also bei 90+% von Musik, 20 dB aufwärts, d.h. Faktor ~100. D.h. bei einem Amp mit 100 W Leistung würde bei Vollaussteuerung netto 1 Watt an den Hochtöner fließen. Selbst bei Extrembeispielen wie DnB, Elektronik-Livesets u.ä. hab ich noch nie eine bedeutend höhere Energiedichte festgestellt.
Ich denke also nicht, dass du dir mit dem Amp beim Musik hören realistisch einen Hochtöner grillen kannst. Nur aufpassen dass du nie ins Clipping des Amps kommst. Und falls du jemals deine Lautsprecher vermessen solltest, beim Pegel aufpassen.. ein Sinussweep, was ein übliches Messignal ist, hat zB lediglich 3 dB Crestfaktor.
Mechwerkandi
Inventar
#10 erstellt: 15. Jul 2024, 08:48

stoneeh (Beitrag #5) schrieb:

Die Norm selbst müsste man sich kaufen [...]

Vor dem Zusammenhang stehe ich öfter mal. Der Dingsbums-Verlag hat ein Quasi-Monopol auf die Veröffentlichung, und betrachtet diesen Umstand, wer will es ihm verdenken, als Maschine zum Gelddrucken.
Wirklich glücklich finde ich das als technisch schaffender Mensch (Dozent für angewandte Metallurgie) auch nicht.
audio.novize
Stammgast
#11 erstellt: 15. Jul 2024, 10:28

Mechwerkandi (Beitrag #10) schrieb:

stoneeh (Beitrag #5) schrieb:

Die Norm selbst müsste man sich kaufen [...]

Vor dem Zusammenhang stehe ich öfter mal. Der Dingsbums-Verlag hat ein Quasi-Monopol auf die Veröffentlichung, und betrachtet diesen Umstand, wer will es ihm verdenken, als Maschine zum Gelddrucken.
Wirklich glücklich finde ich das als technisch schaffender Mensch (Dozent für angewandte Metallurgie) auch nicht.


Könnte sich ändern, zumindest schon mal auf EU-Ebene: https://www.heise.de...ch-sein-9646757.html
gmjwtech
Stammgast
#12 erstellt: 15. Jul 2024, 13:03

audio.novize (Beitrag #11) schrieb:
Könnte sich ändern, zumindest schon mal auf EU-Ebene: https://www.heise.de...ch-sein-9646757.html


Interessant !

Zumal das Vorantreiben industriegestützter Normierung ja nicht nur zu techn. Gütern immer mehr Einzug erhält und - zum Teil - sogar mit öffentl. Mitteln gefördert wird.

Danke für den kleinen Hinweis ausserhalb des thread-Themas
Mechwerkandi
Inventar
#13 erstellt: 15. Jul 2024, 14:10
Vor allem für die Kollegen aus dem Baugewerbe eine höchst interessante Angelegenheit. Wegen der tlw. langen Gewährleistungspflichten hast es da immer Informationsbedarf gegeben.
flexiJazzfan
Inventar
#14 erstellt: 15. Jul 2024, 17:11
Wenn in Spezifikationen von Bauteilen Werte angegeben sind, die nur mit zerstörenden Prüfungen (natürlich von mehreren Bauteilen) gemessen werden können, hat man keine Chance das nachzumessen. Selbst mit Laborausrüstung und normgerechter Messung wird man selten den angegebenen Wert genau erreichen. Allerdings sollte die Abstufung, die der Hersteller angibt reproduzierbar sein.

Ich würde solche Abstufungen in Spezifikationswerten auch nur bei Bauteilen vom gleichen Hersteller zu Entscheidungen heranziehen. Im speziellen Fall ist es eigentlich nicht möglich, bei „identischer“ Konstruktion zu solchen unterschiedlichen Belastbarkeiten zu kommen. Die Hochtöner wären dann auch in einer bestehenden Mehrwegekonstruktion nicht einfach auswechselbar, meine ich.

Gruß
Rainer
gmjwtech
Stammgast
#15 erstellt: 16. Jul 2024, 10:52
Neben der Frage zur Feststellung der tatsächlichen Belastbarkeit wäre also nachwievor die zweite Ausgangsfrage noch offen, ob es womöglich sein könnte, dass auf den verschiedenen Weichen der unterschiedlichen LS-Modelle eine Art Drosselung oder ähnliches üblich sein könnte? Dazu müsste man dann wohl die Schaltpläne vergeichen, ob da entsprechende Bauteile auffallen.

Relevant ist die Frage vor allem deswegen, weil wenn es keine wesentlichen techn. Unterschiede zu den HT`s gibt bzw. ohne Messung nicht ohne weiteres feststellbar erscheinen, bliebe ja nur noch die Weiche übrig. Zumindest in techn. Hinsicht.

Eine weitere Variante warum unterschiedliche Belastbarkeiten angegeben sind. könnte ansonsten wohl nur noch rein mit Marketing- oder Preispolitik-Gründen beantwortbar sein, wenn die technischen Unterscheidungsmerkmale aller Wahrscheinlichkeit auszuschliessen wären.


[Beitrag von gmjwtech am 16. Jul 2024, 13:51 bearbeitet]
flexiJazzfan
Inventar
#16 erstellt: 16. Jul 2024, 11:33
Wenn die Belastbarkeit als reine Temperaturproblematik betrachtet wird, kommen m.E. nur größere Spulen, andere Spulenträger, größere Magnete (Gewicht ?) , Ferrofluid ja/nein oder Kombinationen von allem in Frage. Das alles hat wohl immer Änderungen in der Frequenzweiche zur Folge.
Gruß
Rainer
ardina
Inventar
#17 erstellt: 16. Jul 2024, 12:06

gmjwtech (Beitrag #15) schrieb:
Neben der Frage zur Feststellung der tatsächlichen Belastbarkeit wäre also nachwievor die zweite Ausgangsfrage noch offen, ob es womöglich sein könnte, dass auf den verschiedenen Weichen der unterschiedlichen LS-Modelle eine Art Drosselung oder ähnliches üblich sein könnte? Dazu müsste man dann wohl die Schaltpläne vergeichen, ob da entsprechende Bauteile auffallen.
....


Drosselung in dem Sinne kann und findet da nicht statt. Die Frequenzweiche besteht aus Spulen (L), Kondensatoren (C) und Widerständen (R). Die Belastbarkeit einer Lautsprecherbox resultiert aus der Belastbarkeit der einzelnen Bauteile, allen voran die der Schwingspulen der Lautsprecher und aus der Gehäusekonstruktion.

Widerstände werden in der Frequenzweichenschaltung vorrangig zur Pegelanpassung benutzt. Das verringert nicht die Belastbarkeit der Box, sondern deren Wirkungsgrad.

Bei deinem genannten Beispiel scheint mir Marketing der Grund für die unterschiedlichen Angaben zu sein.



[Beitrag von ardina am 16. Jul 2024, 12:07 bearbeitet]
gmjwtech
Stammgast
#18 erstellt: 16. Jul 2024, 13:57

flexiJazzfan (Beitrag #16) schrieb:
... kommen m.E. nur größere Spulen, andere Spulenträger... von allem in Frage.



ardina (Beitrag #17) schrieb:
Die Frequenzweiche besteht aus Spulen (L), Kondensatoren (C) und Widerständen (R). Die Belastbarkeit ... resultiert aus der Belastbarkeit der einzelnen Bauteile, allen voran die der Schwingspulen ....


Da gibt es bei den unterschiedlichen LS-Modellen tatsächlich erhebliche Unterschiede zwischen dem grössten Modell und den Kleineren. Vor allem was die Anzahl der Kondensatoren und Spulen betrifft.

Also liegt`s womöglich tatsächlich eher bei den Weichen.



ardina (Beitrag #17) schrieb:
Widerstände werden in der Frequenzweichenschaltung vorrangig zur Pegelanpassung benutzt. Das verringert nicht die Belastbarkeit der Box, sondern deren Wirkungsgrad.


... und ja .. das hab ich oben vergessen anzugeben. Alle LS-Modelle haben auch die gleichen Angaben zum Wirkungsgrad von 90 dB.



Danke Euch!


[Beitrag von gmjwtech am 16. Jul 2024, 18:37 bearbeitet]
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