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Röhren selektieren unnötig ?+A -A |
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Autor |
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Bierbauch2000
Stammgast |
#1 erstellt: 01. Jul 2006, 20:23 | |
@alle hier: http://www.elektronikinfo.de/strom/roehrenirrtum.htm#Steuerung habe ich folgendes gelesen: Leider ist es so, daß nicht selten für teures Geld angeblich gepaarte Röhren verkauft werden, die man bestenfalls als amateurhaft ausgemessen bezeichnen kann. Besonders bei "Spezialanbietern", die Ihnen supertolle, ausgemessene Röhren zu hohen Preisen verkaufen wollen, sollten Sie mißtrauisch sein. Sinn macht nur, die Kennlinien in ihrem kompletten Verlauf auszumessen d.h. die Kennlinienschar aufzunehmen und danach zu selektieren. Sogenannte Röhrentester, die aus der Röhrenära stammen, sind hierfür absolut ungeeignet, denn mit ihnen kann man höchstens einzelne Meßpunkte aufnehmen. Benötigt wird vielmehr ein rechnergesteuertes Testsystem, das die kompletten Kennlinien ausmißt. Ich persönlich kaufe nie selektierte Röhren, weil es bei Instrumentalverstärkern nicht notwendig ist. Aber wenn (z.B. für HiFi-Verstärker), dann würde ich darauf bestehen, daß der Ausdruck des Kennlinienfelds jeder Röhre mitgeliefert wird. Eine Selektion dahingehend, daß lediglich der Ruhestrom im Arbeitspunkt gleich ist ("Ein-Punkt-Selektion"), ist übrigens absolut sinnlos, denn mit dem meistens ohnehin vorhandenen Symmetrierpotentiometer kann man sehr leicht die Ruhestromsymmetrie einstellen. Das klingt für mich sehr logisch. Also welcher Röhrenhändler verkauft Röhren und legt einen Ausdruck der gemessenen Kennlienen dazu ??? Gruß ein leichtgläubiger Bierbauch2000 |
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KSTR
Inventar |
#2 erstellt: 02. Jul 2006, 01:40 | |
Hallo Bierbauch2000, Da packst du ein ganz heisses Eisen auf den Tisch... Also was in dem verlinkten Text steht kann man so nicht ohne Kritik stehen lassen: - Fakt ist, das viele heute produzierten Röhren wesentlich mehr Abweichungen vom Soll halben, als das früher der Fall, von der Qualität insgesamt mal ganz abgesehen. - von daher ist eine Selektion notwendig. Wenn zumindest nach Strom und Steilheit in einem bestimmten Arbeitspunkt selektiert/gematcht wird, hat man schon viel erreicht. Das machen alle halbwegs seriösen Händler. - für ein exaktes Matching muss man keineswegs das komplette Kennlinienfeld aufnehmen, denn die Absolutwerte interessieren nicht, solange sie im Rahmen dessen sind, was für den Röhrentyp spezifiziert ist. Man kommt also mit Differenzmessungen in situ aus, also einer einfachen Messschaltung, in zwei oder mehr Röhren praktisch parallel betrieben werden. - vollständige Kennlinnienschriebe pro Exemplar wären natürlich optimal, ich kenne aber keinen Händler oder Hersteller der das macht. Bei Transistoren (mit teilweise noch stärkeren Abweichungen) übrigens auch nicht. Ein wirklich vollständiges, feingestaffeltes Verhalten einer Pentode aufzunehmen (immerhin drei parametrische vierdimensionale Gebilde, + etliche Einzelwerte) ist das auch ein nicht unerheblicher Aufwand, selbst wenn es vollautomatisiert abläuft. So ein Messsystem -- eine aufwändige Spezialanfertigung -- samt allem Rattenschwanz dazu kann sich kein Händler leisten, das können sich viele Hersteller nicht mal leisten. - 100% exaktes Matching bei Endröhren ist nur relevant und notwendig, wenn Röhren Pin für Pin parallelgeschaltet werden. Das ist eigentlich ein Designfehler der Ampentwickler, das ist definitiv Murks, ein absolutes NoGo, die Schuld wird auf die Röhrenhersteller abgewälzt. Aber die zu erwartenden Beeinträchtigungen gehen eher auf die Lebensdauer als auf den Klang. Bei Doppeltrioden in Phasensplittern sieht es ähnlich aus. Generell wird bei Röhrenschaltungen nach wie vor viel zuwenig darauf geachtet, dass die Schaltung in ihren Eigenschaften nicht zu stark von den zu erwartenden Toleranzern der Röhren abhängig gemacht wird, und die sind halt leider heute größer als früher. Ein Transistor-Schaltungsdesigner der noch so vorginge, wäre übrigens in kürzester Zeit arbeitslos, in der Industrie zumindest. - Bei Push/Pull-Stufen ist ein 100%-Matching nicht notwendig, bei Amps ohne Gegenkopplung sogar fast unerwünscht -- das, weil dann die geradzahligen Klirrkomponenten verschwinden, die ungeradzahligen jedoch nicht, eine unnatürliche Mischung. Abgeshen davon sind seltenst die Ausgangsübertrager 100% symmetrisch (oder schatungstechnisch extern so hingebogen), sodass die exakte Symmetrie eh für die Katz ist. - für den Endkunden, der nunmal einen bestimmten Amp hat (der eben womöglich unglücklich designt ist) bleibt die Situation natürlich ärgerlich. Aber wie gesagt, wenn die Röhren auf Anodenstrom und Steilheit in einem typischen Arbeitspunkt selektiert sind, ist man aus dem Gröbsten raus. Hat man einen Exoten mit unüblicher Schaltungstopolgie und unüblichen empfindlichen Arbeitspunkten, wird die Sache schon heikler. In solchen Fällen macht es Sinn, dass dann der Hersteller des Amps auch eine passende Selektion vornimmt und Ersatzröhren anbietet, tut er das nicht halte ich ihn für nicht seriös. - nach meinen Erfahrungen irrt des Autor gewaltig, wenn er schreibt "Ich persönlich kaufe nie selektierte Röhren, weil es bei Instrumentalverstärkern nicht notwendig ist." Gerade da ist es oft besonders notwendig, denn da gibt es jede Menge Amps, wo Röhren wie beschrieben hart parallelgeschaltet werden und mit einer festen, oft nicht mal einstellbaren Gittervorspannung arbeiten, ohne jede lokale Gegenkopplung und mit schwacher solcher über alles. - deswegen würde ich auch für HiFi Röhren bei seriosen Händlern kaufen, die hauptsächlich für Gitarrenverstärkerkunden selektieren, das ist der größere Markt mit den härteren Anfordeungen, auch an typische Vorstufenröhren. Es soll leider HiFi-Händler geben, die durchgefallene Ware von Instrumentenamp-Röhrenselektierern aufkaufen und verscherbeln -- das ist eine echte Sauerei, aber bestimmt nicht die einzige in der HiFI-Branche, leider. Grüße, Klaus |
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tubsy
Ist häufiger hier |
#3 erstellt: 02. Jul 2006, 01:50 | |
@KSTR, klingt vielleicht etwas schnulzig, aber ich lese deine beiträge sehr aufmerksam und wirklich gerne. von dir kann man einiges lernen! grus, tubsy |
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Sehrlauthörer
Stammgast |
#4 erstellt: 02. Jul 2006, 08:23 | |
Oder die durchgefallenen Röhren landen bei "I-bää" Im Grunde kann ja kein Käufer die dort meist zugesicherte Selektierung überprüfen. Sehr interssante Antwort übrigens-ich schliesse mich da ganz uneingeschränkt meinem Vorredner an. Gruß. Michael |
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Bierbauch2000
Stammgast |
#5 erstellt: 02. Jul 2006, 08:37 | |
@KSTR, erstmal vielen Dank für Deine doch sehr ausführliche Antwort. Als Halbwissendender ist es schwierig sich in die Röhrenmaterie einzuarbeiten, da sehr viele Halbwahrheiten verbreitet werden. Leider gibt es auch zuviele oberflächlich geschriebene Literatur zu dem Thema Röhren. Darum hier meine Frage: Was würdest Du / Ihr im Forum empfehlen (Literatur) Gruss Bernd |
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RoA
Inventar |
#6 erstellt: 02. Jul 2006, 09:53 | |
guckst Du hier: http://www.hifi-foru...hread=551&postID=9#9 |
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Bubeck
Ist häufiger hier |
#7 erstellt: 02. Jul 2006, 13:37 | |
Es ist wie immer: Übertreibungen in die eine oder andere Richtung sind fehl am Platz und etwas mehr Pragmatismus nützlich. Das Matching für Gegentaktendstufen ist grundsätzlich nützlich, wobei es auf das Matchen der Steilheit mehr ankommt als auf das Matchen des Anodenstromes. Den Anodenstrom kann man bei fester Gittervorspannung meistens im Verstärker einstellen, oder ein Katodenwiderstand stellt schon durch Stromgegenkopplung eine Kompensation dar. Die Steilheit (und damit die Verstärkung) kann man (üblicherweise) nicht einstellen und bei großer Streuung der Röhren in der Steilheit wird die Perfomance des Verstärkers u.U. wesentlich beeinträchtigt. Dabei ist es doch so, dass wenn die Steilheit einer Röhre im gleichen Arbeitspunkt zur anderen Röhre wesentlich abweicht, dann weicht sie in aller Regel auch in allen anderen Arbeitspunkten wesentlich ab. (Da die Kennlinie einfach eine andere Steilheit hat!) Also, wenn man in einem (betriebsnahen) Arbeitspunkt die Steilheit matched, ist dies vollkommen ausreichend. Das perfekte Matching wird niemand ökonomisch anbieten können, da sind einfach nicht genügend Röhrenexemplare da und es macht keinen Sinn! Mich würde interessieren wie lange die Röhren vor dem Matching in Betrieb waren. Bekanntlich driften die Röhren u.U. in den ersten 100 Std Betrieb noch unterschiedlich, was dann das Matching wieder zum Teil vernichtet. Ich würde schon sehr begrüßen, wenn alle Händler die Abweichung der Röhren im Strom und Steilheit in einem Betriebsarbeitspunkt in % (z.B. 5%) angeben würden und dazu die Betriebszeit. Dann habe ich wenigstens eine ungefähre Vorstellung was ich kaufe und kann nur hoffen und bangen, dass die Röhren wissen dass sie gematched wurden und dies auf (gewisse, unvorhersagbare) Zeit halten. Viel Geld für Matchen auszugeben ist von vornherein hinausgeschmissenes Geld, da nicht mal die Stabilität der Parameter über der (Betriebs-)Zeit gewährleistet ist. Nobody is perfect! PS: Sauber entwickelte Röhrenschaltungen tragen wesentlich zur Langzeitstabilität bei und sind auch nicht zu sehr "Matchingbedürftig" |
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