FiiO Taishan-D03K Anomalie?

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Hörschnecke
Inventar
#1 erstellt: 10. Okt 2015, 00:00
In einem anderen Thread kam neulich einmal der Frequenzgang des kleinen DAC "Taishan-D03K" zur Sprache. Das wäre jetzt auch keinen separaten Faden wert, wenn ich bei der Reproduktion der Messung nicht noch auf eine Anomalie gestossen wäre ...

Der seinerzeit gezeigte Frequenzgang ist nur einer von genau zwei (!) Frequenzgängen, die ich bei wiederholten Messungen erhalte! Und ausgerechnet auch noch der bei weitem seltener auftretende von den beiden. Im oberen Bild nochmal der damalige, im Bild darunter der eigentlich typische:

Taishan-D03K-at-2i2-medium-zoom Bild1
Taishan-D03K-at-2i2-treble-high Bild2


Wie ihr jetzt wahrscheinlich auch, habe ich zunächst an einen Meßfehler gedacht und aufwendig versucht, ihn zu finden, bevor ich hier poste. Ich habe alle beteiligten Geräte und Kabel getauscht und bin immer wieder (bis auf wenige Ausnahmen) auf den Frequenzgang nach Bild2 gestossen. Getauscht wurden z.B. Laptop, Distribution, Java-Version fuer CARMA, die USB-Soundcards, die mir entweder das optische oder koaxiale Digitalsignal für den Eingang des Taishan lieferten, und die Cinch-Kabel vom analogen Ausgang des Taishan zur "messenden" USB-Soundcard Focusrite Scarlett 2i2.

Das verflixte ist, daß der jeweils andere Frequency Response ohne erkennbare Systematik in ein und demselben Aufbau auftreten kann. Nichts ist schlimmer, als zufällig auftretende Fehler, die sich kaum provozieren geschweigedenn reproduzieren lassen!

Da sich so der Fehler nicht einkreisen ließ, habe ich den Loopback-/Schleifenaufbau aufgtrennt und somit die Situation erstmal vereinfacht: Unidrektional habe ich vom ursprünglichen Laptop einen 15 kHz Sinus über die Behringer UCA-222 und den Taishan an einen zweiten Laptop geschickt und dort den eintreffenden analogen Pegel schlicht mit dem level meter von audacity bestimmt.

Je nachdem, welcher "zufällige" Frequenzgang vom System gerade ausgwürfelt wurde - so die Überlegung -, müsste im Bereich des Messtons von 15 kHz ein höherer oder niedrigerer Pegel zu beobachten sein. Provozieren konnte ich das Kippen des Frequenzganges schließlich an einer Stelle im Aufbau, die ich am wenigsten für möglich gehalten hätte: Am optischen TOSlink und auch an der koaxialen Digitalverbindung von der USB-Soundcard zum Taishan!

Dazu habe ich während der Messtonübertragung den Lichtwellenleiter abgezogen und langsam wieder verbunden. Wie manchen vermutlich bekannt ist, kann man auch in einigen Millimetern Abstand zur Buchse noch eine optische Verbindung herstellen (der Taishan zeigt das mit einer blauen LED "Locked" dann auch an). Wenn die optische Verbindung in etwas Entfernung "gerade so" zustande kam (also bewusst gestört wurde) konnte dieser Zustand stabil "Locked" bleiben ich erhielt den um etwas über 1 dB geminderten 15 kHz-Messton. In den meisten Fällen, also bei normaler, zügiger Steckverbindung kam es zu meiner typischen Pegelanhebung im Bereich des Messtons. Übrigens ließen sich auch durch Ziehen und wackeliges Stecken der kupfernen, digitalen Koaxverbindung die beiden unterschiedlichen Kurven provozieren.

Mir ist natürlich klar, daß das sehr absurd klingt. Ein digitaler Link ist entweder up oder down, dazwischen gibt es keine analoge Beziehung zu einem Ausgangspegel. Was also passiert da auf digitaler Ebene? Können beim Aufbau der digitalen Verbindung irgendwelche Bits vom Taishan fehlinterpretiert werden? Als Steuerinformation? Als Trigger für irgendwelche auswählbaren Filterkurven?

Was das Ganze noch obskurer macht, ist der "offizielle" Frequenzgang auf der FiiO-Seite. Jener entspricht praktisch meinem oberen Bild1 und damit ausgerechnet der Kennlinie, die mein Taishan nur in seltenen, schwer zu provozierenden Ausnahmefällen (Störung des digitalen Links) zeigt.

Welchen Frequenzgang hat der kleine Teufel denn nu' in der Realität?


PS:
Mein Taishan hat übrigens den Chipsatz von Cirrus (und nicht mehr den von Wolfson).
Hörschnecke
Inventar
#2 erstellt: 10. Okt 2015, 18:26
... es geht noch weiter

Bislang sieht es ja nach einem seltsamen Verhalten des digitalen Receivers und Wandlers aus und da habe ich mich an einen sehr engen Verwandten des FiiO Taishan-D03K erinnert: den ELV ADA24. Jener hat als digitalen Receiver ebenfalls den Cirrus CS8416 und als Wandler den CS4344.

Macht der ADA24 in meinem Versuchsaufbau womöglich dieselben Sperenzchen, wie der Taishan?

Ja, macht er! Nur in der Ausprägung leicht unterschiedlich, zeigt auch der Frequenzgang des ADA24 bei mir mal einen Höhenanstieg und mal einen leichten Roll-off (provoziert wieder durch mehrfaches Trennen und Verbinden der optischen Verbindung).

Hier die Bilder des ELV ADA24 zum Vergleich (genauer die Kalibrierungskurven gemessen gegen den Eingang einer Scarlett 2i2):

ADA24-via-TOSLINK-UCA222-2i2-calib-roll-off Bild3
ADA24-via-TOSLINK-UCA222-2i2-calib-treble-boost Bild4

cr
Inventar
#3 erstellt: 10. Okt 2015, 21:55
Den fallweisen Höhenanstieg finde ich zwar seltsam, aber nicht tragisch, da man +0,2dB bei 10k und +0,6dB bei 20 kHz nicht hört.
Bleibt das denn in einer Sitzung dann stabil oder kippt es auch da noch hin und her? Denn wenn ja, könnte der Vorgang des Umspringens von hörbaren Störungen (eine Art Rascheln etc..) begleitet sein
Hörschnecke
Inventar
#4 erstellt: 10. Okt 2015, 23:17

cr schrieb:

Den fallweisen Höhenanstieg finde ich zwar seltsam, aber nicht tragisch, da man +0,2dB bei 10k und +0,6dB bei 20 kHz nicht hört.


Das ist jetzt die wohlmeinende Bewertung bezogen auf den ADA24. Eine weniger nachlässige wäre z.B., daß es beim Taishan immerhin zu einem Umschlagen um 2,5 dB im Höhenbereich kommt und daß beim Taishan ein unterschiedliches Phasenverhalten bereits ab 4000 Hz zwischen den beiden "Wechselfällen" sichtbar wird. Neben diesen quantitativen Aspekten spielt vielleicht sogar der qualitative die größere Rolle, nämlich daß sich ein System nicht deterministisch verhält bzw. unzuverlässig ist. Das kann man eigentlich nicht wollen.


cr schrieb:

Bleibt das denn in einer Sitzung dann stabil oder kippt es auch da noch hin und her?


Nach allem, was ich bisher gesehen habe, blieb eine Sitzung dann immer stabil, solange der "Locked"-Zustand aufrechterhalten blieb (angezeigt beim Taishan durch die blaue LED). Aber jede Unterbrechung dieser Sync, sei es eben durch die physikalische Trennung der S/PDIF-Verbindung oder auch nur durch Ein- und Ausschalten des Lichts am Sender, konnte das Kippen auftreten. Und da liegt auch eine Krux, denn je nach Verhalten der PC-Software und der sendenen digitalen Quelle, kann das Licht unterschiedlich häufig ein- oder ausgeschaltet werden. Schon meine beiden getesteten Quellen Behringer UCA-222 und Logilink UA0210 verhalten sich da unterschiedlich. Während die Behringer die Sync dauerhaft aufrecht erhält, "knipst" die Logilink das Licht immer erst dann ein, wenn ein Signal vom PC kommt. Bei den Messprozeduren von CARMA kommt das natürlich häufig vor (die Messtöne eben), daher bin ich bei Benutzung der Logilink auch erst verstärkt auf die Bistabilität aufmerksam geworden.

Ich habe inzwischen übrigens auch einen DAC gefunden, der das geschilderte Problem von Taishan und ADA24 nicht hat: Der winzige LINDY 'Digital to Analog Audio Converter' hat immer den gleichen Frequenzgang - zumindest noch nach ca. 50-100fachem Unterbrechen des TOSLINKs (puh). Ich weiß leider nicht, was sich in dem kleinen weißen Plastikgehäuse des LINDY verbirgt, aber ich würde jetzt wetten, es ist kein Cirrus CS8416 ...


[Beitrag von Hörschnecke am 10. Okt 2015, 23:20 bearbeitet]
Hörschnecke
Inventar
#5 erstellt: 11. Okt 2015, 12:17
Offen ist natürlich noch, wie es überhaupt zu diesem wechselhaften Frequenzgang bei dem Cirrus-Chipset kommen könnte. Im Datenblatt zum CS4344 gibt es eine Spur, die zumindest mit dem Buckel bei ~20 kHz korreliert. Dort wird in Figure 19 ein entsprechender "Passband Ripple" gezeigt, der gut zu meiner Samplerate von Fs=48kHz bei der Messung passt.

Figure-19-Double-Speed-Passband-Ripple Taishan-D03K-at-2i2-treble-high

Wenn da nicht ein Widerspruch wäre: Der abgebildete Passband Ripple gilt für den sogenannten "Double-Speed" Modus des Chips. Nun steht in demselben Datenblatt in Table 1 aber, daß 48 kHz Samplerate nur im "Single Speed Mode" möglich sind.

Meine Deutung ist, daß dieser Buckel demnach irregulär ist. Kann es möglicherweise passieren, daß der Wandler durch Störung beim Verbndungsaufbau vom Single-Speed-Mode in einen Double-Speed-Mode kippt? Im DSM gibt es aber nur die Raten 64, 88.2, 96 und 128 kHz. Kurz: Ich habe keine Erklärung
Hörschnecke
Inventar
#6 erstellt: 12. Okt 2015, 22:06
Ich erzähle noch ein bisschen weiter, denn es gab wieder eine Überraschung ...

Zuletzt hatte ich mich gefragt, ob der Taishan DAC möglicherweise in unterschiedliche "Speed Modes" kippt. Wie es sich für eine Blackbox gehört, gibt es für solche Interna natürlich keine Anzeigelampe. Im Datenblatt des CS4344 gibt es aber Bilder des Hochfrequenzmülls, der naturgemäß bei einem D/A-Wandler anfällt, und welcher für jeden der drei Betriebszustände Single-, Double- und Quad-Speed wie ein Fingerabdruck aussieht. Diese hohen Frequenzen versucht man normalerweise zu unterdrücken und wie gut das gelingt, wird oft als "Stopband Rejection" vom Hersteller abgebildet.

Mir ist es jetzt gelungen, die "Stopband Rejection" zu messen, und damit kann man m.E. auf den jeweils aktiven Speed Mode schließen:

Taishan-stop-band-rejection-roll-off CS4344-Quad-Speed-Stopband-Rejection
Taishan-stop-band-rejection-boostCS4344-Double-Speed-Stopband-Rejection

Überraschenderweise passt keiner der Fingerabdrücke auf den Single Speed Mode, dafür aber bestens auf den Double- und Quad-Speed Mode:

Zusammen mit den Bildern für den Passband Ripple entsteht demnach der bucklige Frequenzgang des Taishan im Double-Speed Mode und der andere Frequenzgang mit Roll-off im Quad-Speed Mode.

Offenbar arbeitet der Taishan intern mit anderen Samplerates, als er optisch/koax "angeliefert" bekommt (48kHz/16bit von der Behringer UCA222) und entscheidet sich dann zufällig fuer Double-Speed oder Quad-Speed. Bug oder Feature??

Wer glaubt, daß der leichte Buckel oder Roll-off nur geringfügig sind, sollte zumindest mal den Pegelunterschied gesehen haben, den das in weißem Rauschen ausmacht (so kam es je nach Modus bei identischem Quellsignal aus dem Taishan heraus):

Taishan-white-noise-roll-off-vs-boostoben: Roll-off, unten: Treble-boost
Hörschnecke
Inventar
#7 erstellt: 14. Okt 2015, 22:02
Da bisher kein Widerspruch aufkam, nehme ich mal an, daß ich mit meinen Aussagen zum Taishan-D03k bislang nicht ganz falsch lag. Nach noch etwas Herumlesen in Cirrus-Dokumenten, hätte ich nun zumindest noch eine vage These, wie es zu seiner Janusköpfigkeit kommt:

In einer Patentschrift von Cirrus Logic ist ein Verfahren beschrieben, wie ein DAC den speed-mode automatisch zu setzen versucht (was man früher bei DACs oft manuell machen musste). Gemäß dem dort enthaltenen Bild FIG. 4 versucht der beschriebene Algorithmus zunächst einen Quad-Speed Mode zu wählen. Scheitert dies aus bestimmten Gründen, kann er in den Double-Speed Mode zurückfallen.

Ich vermute, daß dies bei meinem Taishan passiert. Es gibt wohl gelegentlich Fälle, wo der Quad-Speed Mode gelingt (die "Roll-off-Kurve"), aber stabiler ist der Double-Speed Mode ("Buckel-Kurve"), daher kommt dieser Fall öfter bei mir vor (wegen Rückfalls).

Nun gibt es noch ein Dokument von Cirrus, welches die Änderungen des CS4344 gegenüber seinen Vorgängern beschreibt. Dort wird vom Double Speed Mode für Sample Rates von 48 kHz allerdings abgeraten:



2.1.2
Functional changes
- [...] It
is recommended for best performance not to use Double Speed Mode with sample rates below
50 kHz, as noted in the CS4344 datasheet.


So, wie ich das verstehe, läuft der Taishan-D03K also bei mir in den meisten Fällen im weniger empfohlenen Double-Speed Mode, obwohl der automatische Normzustand eigentlich Quad-Speed sein sollte.

Soweit mein persönliches Fazit an dieser Stelle.

PS: Ich wünsche mir die alten, manuell einstellbaren DACs zurück
cr
Inventar
#8 erstellt: 14. Okt 2015, 22:17
Gibt es jetzt einen Unterschied im Verhalten, ob du ihn mit 44 oder 48 kHz ansteuerst?
Hörschnecke
Inventar
#9 erstellt: 14. Okt 2015, 22:36

cr (Beitrag #8) schrieb:
Gibt es jetzt einen Unterschied im Verhalten, ob du ihn mit 44 oder 48 kHz ansteuerst?


Nein, beide Sample-Rates 44.1 und 48 kHz zeigen das Problem.
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