Musica Antiqua Köln

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Deukalion
Inventar
#1 erstellt: 22. Nov 2006, 16:31
Hallo!

Wie ihr sicher gehört habt, wird Musica Antiqua Köln zum Jahresende aufgelöst. Gesundheitliche Probleme Reinhard Goebels zwängen diesen, so heißt es in einer Pressemitteilung, sein Amt als Geiger aufzugeben und da werde Musica Antiqua Köln eben aufgelöst!

Quelle: http://www.orchester...m?Rubrik=R09&ID=4493

Das finde ich ausgesprochen bedauerlich und traurig! Ich bin quasi mit den Interpretationen von MAK und RG aufgewachsen und habe einige ihrer Konzerte mit großem Interesse in Köln gehört.
Und: Reinhard Goebel ist erst 54! Das ist eigentlich kein Alter, um die Violine an den Nagel zu hängen!

Nun wie auch immer! Es ist vielleicht an der Zeit, Musica Antiqua Köln und Reinhard Goebel hier einen eigenen Thread zu widmen!

Welcher Aufnahmen von Musica Antiqua Köln schätzt ihr besonder? Welche fandet ihr nicht gut?


Viele Grüße
Hartmut
AladdinWunderlampe
Stammgast
#2 erstellt: 22. Nov 2006, 19:27
Hallo Hartmut,

meine erste CD mit der Musica Antiqua Köln war eine Einspielung der Rosenkranz-Sonaten von Heinrich Ignaz Franz Biber, die ich noch heute immer wieder mit Begeisterung höre: Dieser exzeptionelle Sonatenzyklus, dessen Musik sich zwischen irrwitziger Virtuosität, esoterischer Symbolik und religiöser Versenkung bewegt, wird von Reinhard Goebel im überaus anspruchsvollen Solopart, der aufgrund von Stück zu Stück wechselnder Skordaturen mit zahlreichen ungewöhnlichen Akkordbildungen gespickt ist,ungemein temperamentvoll und affektgeladen sowie im besten Sinne spielfreudig umgesetzt. Sehr nuanciert auch die je nach Charakter der jeweiligen Sonate wechselnde Besetzung des Kontinuo-Parts mit verschiedenen Kombinationen aus Cembalo, Orgelpositiv, Laute und Violoncello.

Die Doppel-CD ist 1991 bei Archiv Produktion (431 656-2) erschienen und scheint immer noch greifbar zu sein.


Herzliche Grüße
Aladdin


[Beitrag von AladdinWunderlampe am 22. Nov 2006, 19:29 bearbeitet]
Hüb'
Moderator
#3 erstellt: 22. Nov 2006, 20:00
Deukalion
Inventar
#4 erstellt: 24. Nov 2006, 19:20
Hallo Aladdin, hallo Frank!
Vielen Dank für eure Antworten!


meine erste CD mit der Musica Antiqua Köln war eine Einspielung der Rosenkranz-Sonaten von Heinrich Ignaz Franz Biber, die ich noch heute immer wieder mit Begeisterung höre: Dieser exzeptionelle Sonatenzyklus, dessen Musik sich zwischen irrwitziger Virtuosität, esoterischer Symbolik und religiöser Versenkung bewegt, wird von Reinhard Goebel im überaus anspruchsvollen Solopart, der aufgrund von Stück zu Stück wechselnder Skordaturen mit zahlreichen ungewöhnlichen Akkordbildungen gespickt ist,ungemein temperamentvoll und affektgeladen sowie im besten Sinne spielfreudig umgesetzt. Sehr nuanciert auch die je nach Charakter der jeweiligen Sonate wechselnde Besetzung des Kontinuo-Parts mit verschiedenen Kombinationen aus Cembalo, Orgelpositiv, Laute und Violoncello.


Die Rosenkranz- Sonaten von Biber kenne ich noch nicht. So, wie du die Interpretation beschreibst, hört sich das ja sehr interessant an. Werde ich mal auf meine Kaufen- Liste schreiben.


Meine ersten MAK- Cds waren Ende der 80er Jahre die 2 CDs mit den Brandenburgischen Konzerten. Ich hatte gerade kurz zuvor erst begonnen, mich mit der historischen Interpretationspraxis zu beschäftigen und hatte mir einige CDs von Nikolaus Harnoncourt und dem Concentus Musicus Wien besorgt. Als ich nun die Interpretation der BK von Goebel und Konsorten hörte, fand ich die Interpretation mit ihren aberwitzig schnellen Tempi (Ein Musikkritiker registrierte damals einen neuen Geschwindigkeitsweltrekord für die Einspieldauer der BK!!) und ihrer ausgesprochen expressiven Gestaltung sehr gewöhnungsbedürftig, war aber andererseits auch fasziniert!!
Wenn ich mir die BK heute anhöre gefallen sie mir durchaus auch noch, manches erlebe ich allerdings auch als etwas gewollt und angestrengt.

Ganz anders ist dagegen die Interpretation von Bach´s Kunst der Fuge durch MAK ebenfalls aus der Mitte der 80er Jahre, die i. A. meine Lieblings- MAK- CD ist: Sie strahlt, für das Werk IMHO auch ausgesprochen angemessen, eine ungeheure Ruhe und Intensität aus. Einer der beiden Cembalisten in dieser Aufnahme ist übrigens Andreas Staier, der damals noch zu der MAK- Truppe gehörte.

Viele Grüße
Hartmut
Kreisler_jun.
Inventar
#5 erstellt: 24. Nov 2006, 19:52

Deukalion schrieb:

Meine ersten MAK- Cds waren Ende der 80er Jahre die 2 CDs mit den Brandenburgischen Konzerten. Ich hatte gerade kurz zuvor erst begonnen, mich mit der historischen Interpretationspraxis zu beschäftigen und hatte mir einige CDs von Nikolaus Harnoncourt und dem Concentus Musicus Wien besorgt. Als ich nun die Interpretation der BK von Goebel und Konsorten hörte, fand ich die Interpretation mit ihren aberwitzig schnellen Tempi (Ein Musikkritiker registrierte damals einen neuen Geschwindigkeitsweltrekord für die Einspieldauer der BK!!) und ihrer ausgesprochen expressiven Gestaltung sehr gewöhnungsbedürftig, war aber andererseits auch fasziniert!!
Wenn ich mir die BK heute anhöre gefallen sie mir durchaus auch noch, manches erlebe ich allerdings auch als etwas gewollt und angestrengt.


Aus heutiger Persepektive sind in den Brandenburgischen allerdings nur eine Handvoll Sätze ungewöhnlich schnell, hauptsächlich die Ecksätze des 6. Konzerts, dann noch das 2. und das 3. Und selbst hier ist der Unterschied zu neueren Aufnahmen gering. Die Mittelsätze sind langsamer als viele andere HIP-Aufnahmen.
Ich finde das 5. (ohnehin mein Liebling der Reihe), wieder mit Staier am Cembalo sehr gelungen; bei den anderen gehen mir Kontraste und Rhetorik mitunter im rasenden tempo verloren.
Noch besser finde ich daher die Box mit der Bachschen Kammermusik, u.a. die Violine/Cembalo-Sonaten mit Goebel.
Am besten scheint mir MAK aber bei Musik zu sein, die man ohne die von ihnen gelieferte Verve, vermutlich langweilig fände, z.B. die Concerti von Heinichen oder etliche Telemann-CDs.

viele Grüße

JK jr.
Deukalion
Inventar
#6 erstellt: 24. Nov 2006, 21:14
Hallo Kreisler jun.!

Du schreibst:

Aus heutiger Persepektive sind in den Brandenburgischen allerdings nur eine Handvoll Sätze ungewöhnlich schnell, hauptsächlich die Ecksätze des 6. Konzerts, dann noch das 2. und das 3. Und selbst hier ist der Unterschied zu neueren Aufnahmen gering. Die Mittelsätze sind langsamer als viele andere HIP-Aufnahmen.


Klar, in den Jahren nach der MAK- Aufnahme gab´ es eine Fülle von weiteren HIP- Interpretationen mit ebenfalls sehr schnellen oder, in den Mittelsätzen, sogar bedeutend schnelleren Tempi. Daran haben sich meine Ohren inzwischen auch gewöhnt. Ich sprach eher von dem gewöhnungsbedürftigen Erleben der Tempi damals, Ende der 80er Jahre.


Am besten scheint mir MAK aber bei Musik zu sein, die man ohne die von ihnen gelieferte Verve, vermutlich langweilig fände, z.B. die Concerti von Heinichen...


Die DCD mit den Dresden Concerti von Heinichen gefällt mir auch. In der Instrumentierung sehr abwechslungsreiche Concerti wie immer bei MAK sehr lebendig und engagiert interpretiert. Reinhard Goebel war damals glaube ich der erste, der diesen zeitweise vollkommen vergessenen Komponisten wiederentdeckt hat. Diese Veröffentlichungspolitik (vollkommen unbekannte aber hochhörenswerte Kompositionen wieder auszugraben und in frischen "wie neu" klingnden Interpretationen vorzustellen) ist ja schon vorher von dem lokalen Konkurrenz- HIP- Ensemble Concerto Köln aufgegriffen und perfektioniert worden.


Noch besser finde ich daher die Box mit der Bachschen Kammermusik, u.a. die Violine/Cembalo-Sonaten mit Goebel.


Die Bach- Kammermusik- Box wollte ich mir immer mal kaufen. Finde sie aber gar nicht mehr. Ist die vergriffen? Finde nur die 8er Box mit Kammermusik und Orchestermusik von Bach. Hat jemand nen Link für die reine Kammermusikbox?

Viele Grüße
Hartmut
Mellus
Stammgast
#7 erstellt: 04. Jan 2008, 18:35

Deukalion schrieb:
Die Bach- Kammermusik- Box wollte ich mir immer mal kaufen. Finde sie aber gar nicht mehr. Ist die vergriffen? Finde nur die 8er Box mit Kammermusik und Orchestermusik von Bach. Hat jemand nen Link für die reine Kammermusikbox?


Hallo Hartmut,

wahrscheinlich ist es die 8-CD-Box, die Du NICHT suchst. Trotzdem dieser Hinweis: 2001 vertreibt die Kammermusik und Orchestsuiten von MAK eingespielt gerade sensationell günstig: MAK-Bach-Box. Wenn ich daran zurückdenke, wieviel ich damals dafür ausgeben musste...

Viele Grüße,
Mellus
Deukalion
Inventar
#8 erstellt: 09. Jan 2008, 21:26
Hallo Mellus!
Danke für deinen Hinweis!
Gruß
Hartmut
Deukalion
Inventar
#9 erstellt: 09. Jan 2008, 21:38
Übrigens: Was macht Reinhard Göbel eigentlich inzwischen? Hab´ in letzter Zeit überhaupt nichts mehr über ihn gelesen, auch nichts von der geplanten Dirigenten- Tätigkeit.
Weiß jemand Näheres?
Gruß
Hartmut
Mellus
Stammgast
#10 erstellt: 09. Jan 2008, 21:44
Hallo Hartmut,

der Biographie auf seiner Homepage nach schwingt Reinhard Göbel tatsächlich den Dirigentenstab. Er soll auch schon in mehreren größeren deutschen Städten gastiert haben. Davon habe ich aber auch nichts mitbekommen.

Viele Grüße,
Mellus
Mellus
Stammgast
#11 erstellt: 15. Jan 2008, 11:11
Hallo an alle MAK-Interessierten,

heute abend um 23:30 Uhr sendet das WDR-Fernsehen einen Musikfilm zu Bachs Die Kunst der Fuge. Es spielt MAK. Hier die Ankündigung aus einer Internet-Programmzeitschrift:


TV Movie schrieb:
Im Mai 2006 haben Mitglieder des Ensembles 'Musica Antiqua Köln' die Kunst der Fuge für den Film eingespielt.

Das visuelle Pendant hierzu ist der Ausstellungsbau des japanischen Architekten Tadao Ando. Für die 'Langen Foundation' bei Düsseldorf hat er einen Bau aus Sichtbeton, Glas und Stahl geschaffen, der sich durch klare Linien und hohe Transparenz auszeichnet. Der Blick durch den Glasmantel gibt die Sicht frei auf einen Gürtel von begrünten Erdwällen und einen Spiegelteich, in dem die gläserne Spitze des Baus zu schwimmen scheint. Diese Mischung aus Formstrenge und Reduktion auf der einen und visueller Vielfalt und Opulenz auf der anderen Seite macht ihn zu einem idealen Drehmotiv für Bachs Kunst der Fuge.

Das Ensemble 'Musica Antiqua Köln' ist seit seiner Gründung durch Reinhard Goebel 1973 das deutsche Ensemble schlechthin für Musik zwischen 1650 und 1750. Musica Antiqua Köln sind der Inbegriff für authentische Pflege und virtuose Interpretation und Aufführung Alter Musik. Ihre Interpretation der Kunst der Fuge durchzieht die Geschichte des Ensembles, die das Werk in zahllosen Konzerten weltweit gespielt haben. Bereits 1986 haben sie eine Maßstab setzende CD-Einspielung vorgelegt. Im Jahr der Auflösung des Ensembles haben sie nun das Werk neu für den Film eingespielt.

Regie hat Enrique Sánchez Lansch geführt, bekannt durch Musikfilme wie 'Schumann, Schubert und der Schnee', 'Sing um dein Leben!' oder 'Rhythm is it!'. Filmische Parameter wie Einstellungsgröße, Perspektive, Schnittrhythmus, Schnittfrequenz, Lichtstimmung oder Verfremdungen korrespondieren mit der musikalischen Form und Dramaturgie. Aus immer wieder neuen Perspektiven und Bezügen zur Natur, durch Blicke in das Gebäude hinein zur Musik und von den Musikern aus dem Gebäude heraus, entsteht ein höchst abwechslungsreiches Spiel, das mit dem Einfallsreichtum aber auch mit der nüchternen Kompromisslosigkeit von Bachs Komposition korrespondiert.


Viele Grüße,
Mellus
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