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Wagner: Der Ring des Nibelungen - ein Jahrtausendwerk!+A -A |
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Autor |
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Adri
Stammgast |
#51 erstellt: 18. Jul 2006, 13:34 | |
Hi Amin, über diesen Satz bin ich gerade gestolpert:
Ich verstehe ihn nicht. Kannst du das genauer erläutern? Meine erste Vermutung ist, daß du eine Mehrkanal-Aufnahme besitzt, bei der man die Effekte (Donner, Schreie, Schmiede) abschalten kann und eventuell auch der Nornen-Szene zu Beginn der Götterdämmerung den diffusen Karajansound austreiben kann. Eine Mehrkanal-Sacd/DVD mit diesen Features kann ich nicht im Handel entdecken. |
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Amin65
Inventar |
#52 erstellt: 21. Jul 2006, 09:44 | |
Hallo Adrian, mein Solti Ring besteht "nur" aus simplen CDs. Und Surround-Zeugs habe ich nie gehabt und werde ich auch nie haben wollen. Damals gab es höchstens Dreispuraufnahmen, daraus kann man sowieso keine "echten" Mehrkanalaufnahmen erzeugen. Damit Du meine Aussage mit dem "auf die Musik gelegten Signal" besser verstehst: die originale Tonspur klingt über CD so, als wenn die Geräusche damals auf einer weiteren Spur dazugemischt wurden. Allerdings glaube ich nicht wirklich daran, weil sich diese zusätzlichen Geräusche perfekt in den Raumhall integrieren. Somit gehe ich davon aus, dass Ambosse u. ä. dort tatsächlich live gehämmert wurden und das Donnergrollen via Hallen-Lautsprecher dazugespielt worden ist. Ich hoffe Du bist beim Stolpern nicht auch noch dabei hingefallen? Grüße, Amin |
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GuenniAtBackes
Schaut ab und zu mal vorbei |
#53 erstellt: 23. Jul 2006, 09:53 | |
Finde den Solti Ring auch garnicht so schlecht. Leider gibt es schon zu dieser Zeit keine wirklich guten Wagner Tenöre mehr. Windgassen hat seine beste Zeit hinter sich gelassen! Habt ihr mal Lauritz Melchior singen gehört? Ludwig Suthaus oder Set Svanholm. Die hatten die nötige Technik solche Hammerpartien auch zu singen ohne das Gefühl zu vermitteln das sie an ihre Grenzen gerieten. Es sind zwar teilweise die großen Namen dort vertreten, aber eben 10 bis 15 Jahre nach ihren eigentlichen gesanglichen Höhepunkten. Sorry Hört euch mal Die Walküre unter Bruno Walter mit Lotte Lehmann / Laurtiz Melchior / Emanuel List an. Aufnahmetechnik ist zwar zeitbedingt schlecht, aber man kann deutlich den Qualitätsverfall zu häutigen Sängern hören. Das ist nicht einmal die Schuld heutiger Sänger sondern größtenteils auf die komerzialisierung des Musikmarktes zurückzuführen. Die Stars jetten nur noch 2 bis 3 Tage vorher an. Bis zur Premiere wird da teilweise nur mit dem Corepititor die Partitur durchgegangen, und dann auf der Generalprobe endlich mit Orchester und Chor versucht die Sache zusammen zu bringen. Ähnlich bei Mozart Opern. Krips zum Beispiel lud seine Ensembles 5,6 7 Wochen vor der Aufführung ein zu Proben. Die wohnten zusammen in Hotels oder gar Häusern. Sprachen untereinander den ganzen Tag über die Interpretationen (oder auch andere Sachen ) und übten mit den Chören und Orchestern regelmässig zusammen. Das hört man diesen Interpretationen auch an. Heute verheizt man die jungen Tenöre in Wagner Partien, man macht Sie durch zu lautes Orchesterspielen kaputt. Naja ein paar junge Dirigenten versuchen langsam wieder einen Ensemble Geist zu etablieren. Was nicht zuletzt auch Uns allen entgegenkommt. [Beitrag von GuenniAtBackes am 23. Jul 2006, 09:55 bearbeitet] |
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JohnD
Stammgast |
#54 erstellt: 23. Jul 2006, 15:35 | |
Lauritz Melchior, ok. Der war gut. Auch wenn man Aufnahmen aus der Zeit eigentlich schon nicht mehr beurteilen kann. Set Svanholm: nein. Stimmlich sicher geeignet. Aber sein Deutsch ist eine Katastrophe. Hört Euch mal die Furtwängleraufnahmen oder die Loge-Fehlbesetzung bei Solti an. Unerträglich. Windgassen ist in der Aussprache auch öfter mal unsicher, aber in der Keilberth-Aufnahme von 1955 ist er stimmlich noch voll da. Dass die Sänger so schnell an ihre Grenzen kommen, liegt sicher nicht an den Sängern. Gegen solche monströsen Orchester ansingen zu müssen ist eine Zumutung. Norrington hat mit seinem Wagner-Album gezeigt, dass es auch anders geht. Keilberth ist da recht nah dran, was den schlanken Klang betrifft. |
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s.bummer
Hat sich gelöscht |
#55 erstellt: 23. Jul 2006, 17:28 | |
@John D Ist es nicht wunnebar (Lou van Burg), wie sich im Laufe eines Threads in einem solchen Forum die eigene Einstellung durch simple Wissenserweiterung ändert? Das stelle ich fest, wenn ich Deine Beiträge von erst zweifelnd und dann begeistert bei Keilbert lese. Gruß S. Nachtrag: Haha. Wäre ich jetzt so arrogant wie ein Freund von mir, dann wirste auch noch lernen, das Wagner eben nur ein mittelmäßiger Komponist mit größenwahnsinnigen Ideen war. Und Menschen haben zu oft Größenwahn mit Genie verwechselt. Aber diese Einsicht setzt sich wohl nie durch Seuffzzz. |
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Amin65
Inventar |
#56 erstellt: 23. Jul 2006, 18:37 | |
Die "Komerzialisierung des Musikmarktes" dürfte aber für die 50er und 60er Jahre noch nicht zugetroffen haben? Aber maßen wir uns nicht an, wenn wir über die Qualität von Interpretationen sprechen, dass wir damit den eigentlichen Künstlern überlegen sind? Sind wir nicht alle im Vergleich blutige Laien und weniger die großen Musikkritiker? Ich möchte lieber sagen: gefällt mir oder gefällt mir nicht, anstatt den eigentlichen Künstlern nur Mittelmäßigkeit vorzuwerfen. Grüße, Amin |
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Zerebralzebra
Hat sich gelöscht |
#57 erstellt: 23. Jul 2006, 19:03 | |
[quote="Amin65"] Aber maßen wir uns nicht an, wenn wir über die Qualität von Interpretationen sprechen, dass wir damit den eigentlichen Künstlern überlegen sind? Sind wir nicht alle im Vergleich blutige Laien und weniger die großen Musikkritiker? Ich möchte lieber sagen: gefällt mir oder gefällt mir nicht, anstatt den eigentlichen Künstlern nur Mittelmäßigkeit vorzuwerfen. Grüße, Amin [/quote] Man muss doch nicht besser machen können, was man kritisiert. Was Gesang angeht, so besitze ich zwar nicht genügend Kenntnisse, aber ich habe ein gewisses Misstrauen neuen Aufnahmen gegenüber, das auch noch durch Leute, die vielleicht mehr wissen, bestätigt wird (in einer Ausgabe der "musikkonzepte" las ich z. B. mal, dass sogar allgemein ein Verfall der Qualität des Gesangs zu beobachten sei). Dieses Beispiel ist wohl ersr ein Vorurteil von mir, bei dem ich nicht sicher bin. Aber nur subjektives Gefallen oder Missfallen finde ich jedenfalls zu wenig - wird der Kunstmusik ja auch nicht gerecht. [Beitrag von Zerebralzebra am 23. Jul 2006, 19:04 bearbeitet] |
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Amin65
Inventar |
#58 erstellt: 23. Jul 2006, 19:14 | |
Hallo Zerebralzebra, nunja, das mag ja auch stimmen, aber gehört denn für Dich das Solti/Wagner-Ring-Werk der 50/60er Jahre schon zu den neueren Aufnahmen? Grüße, Amin |
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JohnD
Stammgast |
#59 erstellt: 24. Jul 2006, 04:34 | |
Man kann Wagner viel vorwerfen, nicht jedoch, dass er ein schlechter oder mittelmäßiger Komponist gewesen wäre. |
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rien_ne_va_plus
Schaut ab und zu mal vorbei |
#60 erstellt: 24. Jul 2006, 08:25 | |
BTW: War am Wochenende zum rsten Mal in Bayreuth. Götterdämmerung Generalprobe. Ich muss schon sagen: Außer der vorzüglichen Akustik. Viel Lärm um nichts. Affig bis zum geht nicht mehr, total veralteter Saal mit miserablen Sitzen (man wundert sich, dass die Beleuchtung nicht mit Öllampen erfolgt), Kartenkontrollen vor JEDEM Akt. Inszenierung (Tankred Dorst) bieder(st), sänger guter Durchschnitt, Dirigat vorzüglich (Thielemann kann dieses Repertoire, egal was man sonst von ihm hält), Orchester ebenfalls. Aber albern, arrogant, im Grunde abstoßend. Es regt sich der WUnsch, die Bude einfach nierdezubrennen ... |
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SirVival
Hat sich gelöscht |
#61 erstellt: 24. Jul 2006, 10:43 | |
Hi rien ne na plus, bei dir geht in der Tat nichts mehr. So ein idiotisches Statement (Niederbrennen) ist mir schon lange nicht mehr untergekommen. Das ist genau dieselbe Denke, der in Deutschland viel architektonisch Wertvolles in der jüngeren Vergangenheit zum Opfer gefallen ist und leider immer noch zum Opfer fällt. Das Gebäude ist in dieser Form von Wagner so konzipiert worden, im Stile eines antiken Theaters. Die Sitze sind nicht bequem, in der Tat, aber sie hindern das Auditorium hervorragend am Einschlafen ;). Ausserdem gibt es reichlich Pause zwischen den einzelnen Akten, wo man seine Gesäßschwielen recht gut wieder entlasten kann. Die Kartenkontrollen sind deshalb wichtig, damit nicht jeder Hinz und Kunz in den Pausen in die Vorstellung schlüpfen kann. Immerhin wird für eine Eintrittskarte, z.B. für den Ring auf dem Schwarzen Markt das 10fache Preisniveau und mehr geboten. Eine Schlägerei wegen eines unrechtmäßig okupierten Sitzes will Wolfgang Wagner da zu Recht nicht riskieren. Zumal ihm der Kartenschwarzhandel mächtig stinkt. Leider gibt es für ihn keine andere rechtliche Handhabe als die Ausübung des Hausrechts. Aber das Wichtigste, der Geist des Meisters, der Genius loci ist hier spürbar präsent und keine Aufführung an irgendeinem Opernhaus dieser Welt kann dem Bayreuther Festspielhaus sowohl deswegen, als auch hinsichtlich Akustik, Einbinden der Sänger in den Gesamtklang des Orchesters und Erfühlen des emotionalen Gehalts dieser Musik das Wasser reichen. Ich gehöre dieses Jahr im übrigen zu den Auserwählten, die sich den gesamten Ring reinziehen dürfen. Ggf. werde ich mal berichten. Grüße |
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Zerebralzebra
Hat sich gelöscht |
#62 erstellt: 24. Jul 2006, 14:20 | |
Hmm, die kenne ich gar nicht, und ein pauschales Urteil "altes Zeug war noch wunderbar; das neue kann man vergessen" wäre Quatsch. Aber immer wieder hört man z. B., dass sich Dirigenten, nicht selten Stars, meist nicht mehr soviel Zeit zum Proben nehmen. Oft gibt es ein seltsames Missverhältnis von brillantem Klang auf neuestem Stand der Technik und doch nicht so toller Interpretation. Um mal ein konkretes Beispiel zu nennen (auch wenn's hier off topic ist): Ich habe Mahlers 4. Symphonie unter Riccardo Chailly, die sicher eine brillante Aufnahme ist. Dann habe ich mir gestern mal den ersten Satz unter Michael Gielen angehört (1988, Intercord), der klangtechnisch zwar nicht so beeindruckend ist. Aber Gielen, der sich, wie ich mal gehört habe, mehr Zeit zum Proben nimmt, interpretiert den Satz klarer sowohl was die Tempi der einzelnen Teile angeht als auch die Deutlichkeit einiger Nebenstimmen. Wie Christine Whittlesey im letzten Satz singt, muss ich allerdings noch mal hören. |
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Zerebralzebra
Hat sich gelöscht |
#63 erstellt: 24. Jul 2006, 14:28 | |
Auf jeden Fall hat er die auf ihn folgende Musikgeschichte wesentlich geprägt. Bruckner, Tschaikowsky, Mahler, Pfitzner, Strauss, der frühe Schönberg stehen in seiner Nachfolge. Debussy, die Neoklassik (Hindemith, Strawinsky), der Schönberg etwa des "Pierrot Lunaire" haben bewusste Gegenbewegungen gegen die Spätromantik und gegen Wagner gemacht. Die Güte Wagners als Komponist kann ich nicht beurteilen, allerdings wirkt seine Leitmotiv-Technik auf mich manchmal unfreiwillig komisch. |
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JohnD
Stammgast |
#64 erstellt: 24. Jul 2006, 15:39 | |
Leitmotivtechnik unfreiwillig komisch? Was soll das denn heißen? Lachst Du auch bei chinesischer Oper, weil die da so komisch singen und so komisch angemalt sind? Wie willst Du denn 15 Stunden Handlung musikalisch verknüpfen, wenn nicht durch ausgefeilte Motivtechnik? Das ganze Konzept und die Umsetzung ist absolut meisterhaft, und gewinnt noch eher bei näherer Betrachtung, als dass es verliert. |
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Zerebralzebra
Hat sich gelöscht |
#65 erstellt: 24. Jul 2006, 16:58 | |
Es schließt sich doch gar nicht aus, dass etwas ästhetisch Gebotenes, was seinen Zweck durchaus erfüllt, auch seine Schattenseiten hat, die man dann mit in den Kauf nehmen muss. Ich erinnere mich an eine Stelle aus der Götterdämmerung, wo jemand zum noch unvermählten König Gunther ungefähr sagt "Ich weiß ein Weib [das Gunther heiraten könnte]". Gemeint ist Brünnhilde, die Ex-Walküre, weshalb dann an dieser Stelle, ich glaube von einer Klarinette, mit den ersten fünf Tönen das aus dem gleichnamigen Ritt bekannte Walkürenthema angespielt wird. Das muss man wohl nicht unbedingt drollig finden, aber z. T. hat die Leitmotiv-Technik eben etwas Überdeterminiertes - so als würde bei jedem Auftritt und jeder Erwähnung ein Schild mit dem Namen der betreffenden Figur hoch gehalten. Ich glaube schon, dass das ein Problem der Wagner-Oper trifft. Es ist sicher beachtlich, wie er eine so lange Handlung musikalisch verknüpft, aber ich glaube, dass dafür ästhetisch auch ein Preis zu zahlen ist. Umgekehrt haben einzelne und kürzere Opern dieses Problem zwar nicht, stoßen dafür aber auch nicht in die neuen Dimensionen vor, die Wagner erreicht hat. |
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plönlein
Stammgast |
#66 erstellt: 25. Jul 2006, 06:49 | |
Moin, Wagner, ein "mittelmäßiger Komponist"? Das ist mal eine gewagte Aussage. Ich denke, es reicht der Hinweis auf die wohl herrschende Meinung, dass ohne ihn (und namentlich den Tristan) die moderne Musik (des 20. Jahrhunderts) so nicht denkbar gewesen wäre. Ihn nicht zu mögen oder für größenwahnsinnig zuhalten, ist natürlich etwas ganz anderes. Das Festspielhaus niederbrennen? Zwar kommt ein dortiger Besuch für mich wohl nicht in Frage, da ich gern klaustrophobische Neigungen in zu engen Räumen entwickle und zudem wohl nicht der sommerlichen Hitze in einem derartigen, nicht-klimatisierten Raum gewachsen wäre. Aber Niederbrennen? Das ist schon ein sehr peinicher Vorschlag. Auch hier: Natürlich muss man Wagner und den um ihn betriebenen Personenkult nicht gutheißen oder gar mitmachen, man sollte aber dazu in der Lage sein, anzuerkennen, dass der Mann seine künstlerische Vision (und es ging ja um ein Gesamtkunstwekr) umsetzen konnte. Insofern hat der Kasten schon rein kulturhistorisch einen unermesslichen Wert. Derlei abzureißen ist natürlich völlig idiotisch. Liebes Zerbralzebra, deine Probleme mit der Leitmotivtechnik kann ich gut nachvollziehen. Mir ging es zunächst ähnlich. Ich empfand diese dauernden Wiederholungen als nervig. Ich möchte dir aber empfehlen, vielleicht mal die Meistersinger (nicht gleich den ganzen Ring) mit den Opernbüchern von Pahlen zu hören. Mir hat das den Zugang sehr erleichert. Und in dieser Technik steckt eben doch einiges, was nur bei oberflächlichem Hören redundant wrkt. Es ist ein Stilmittel, das Wagner sehr kunstvoll einsetzte (siehe bei den Meistersingern de Verknüpfung der Leitmotive - und somit fast schon die Gleichsetzung - von Beckmesser und Stolzing). Gruß, p. |
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lydian
Stammgast |
#67 erstellt: 25. Jul 2006, 19:55 | |
Aber eine Sache, die schon Wagner vorschwebte. Lange, bevor überhaupt eine realistische Möglichkeit aufkam, die Idee vom eigenen Festspielhaus zu realisieren, hatte Wagner die Vision, an den Ufern des Rheines eine Festspielstätte für den Ring ganz aus Holz errichten zu lassen, den Ring dort aufzuführen und anschließend alle vorhandenen Partituren mitsamt dieser Spielstätte niederzubrennen. Eindrucksvoller hätte er den Weltenbrand ja auch nicht inszenieren können...... Gruß, Steff |
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Werdan
Ist häufiger hier |
#68 erstellt: 25. Jul 2006, 20:49 | |
Wagner, der alte Zaubermeister vom Grünen Hügel, provoziert bis heute. Welcher anderer Komponist kann das von sich schon behaupten? |
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SirVival
Hat sich gelöscht |
#69 erstellt: 26. Jul 2006, 13:54 | |
Hi, ich meine, es ist schon kurios, die Leitmotive gewissermaßen als Nummerngirls des Wagnerschen Musikdramas zu diffamieren, wie es zerebrlazebra tut. Sie sind ein wesentliches Spannungs- und Entwicklungselement, dessen sich im übrigen nicht nur Wagner bedient hat. Aber dass es gerade Wagner war, der die Leitmotivik als Keimzelle aller musikalischen Entwicklung werden ließ, ist schluß und endlich Folge des Abschieds von der Nummernoper und die konsequente Fortentwicklung der Personenpsychologisierung, ohne die kein Drama (es heißt ja auch nicht mehr, wie bei Lohengrin oder dem Holländer Romantische Oper, sondern Musikdrama) lebendig werden kann. Die Synthese der (komischen)Oper mit dem Drama wagnerscher Prägung dürften dann die Meistersinger sein. Also, sich dahinzusetzen und eine erbsenzählerische Motivsammlung anzulegen, ist doch genauso wie der Drache im Siegfried singt: Ich liege und besitz. Geistlos ist das. Die Musik jedenfalls erschließt sich auch ohne Kenntnis der einzelnen Motive, und sie zu kennen ist mithin auch nicht unbedingt Ausdruck gehobener Kennerschaft (s.o.). So jedenfalls hat sich das Wagner nicht gedacht. Grüße |
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Zerebralzebra
Hat sich gelöscht |
#70 erstellt: 26. Jul 2006, 16:26 | |
Na ja, die Leitmotiv-Technik ist wohl eine Reaktion auf das Problem , dass (langdauernde) Musik natürlich nicht zu gleichförmig, damit eintönig werden soll, aber eine bunte rhapsodische Abfolge von immer wieder anderem schließlich auch zu einer Monotonie führt, weil das Besondere in dem vielen anderen Besonderen untergeht. Also muss etwas Einheitsstiftendes her. Ein Problem, vor das wiederum das Hantieren mit Leitmotiven dabei grundsätzlich stellt, ist doch aber erstmal, dass sie zwar einen Zusammenhang herstellen (dazu muss man die Motive erkennen können), aber die Gefahr der Redundanz, der Monotonie mit sich bringen. Wagner wird es als geschickter Leitmotivler meistens (wenn nicht immer) geschafft haben, Wiedererkennungseffekt und Variation in einen guten Kompromiss zu bringen. Das wird wohl der Grund sein, warum er zurecht ein Meister genannt wird. Aber dieses Prädikat ohne Begründung am Detail zu verleihen wäre doch verkehrt. Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich halte Wagner nicht für einen mittelmäßigen Komponisten, habe es aber noch vor mir seine Meisterschaft selbst zu erkennen. Und ich nehme mal an, dass ihm nicht immer alles geglückt ist. |
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JohnD
Stammgast |
#71 erstellt: 27. Jul 2006, 15:01 | |
Natürlich treten die Leitmotive sehr oft auf. Aber vielleicht ist dem einen oder anderen schon mal aufgefallen, dass sich in den ganzen 15 Stunden nichts wiederholt? Die Motive finden sich in immer neuen sinnvollen (!) Kontexten und Kombinationen. Wenn das nicht meisterhaft ist. Oder regt ihr Euch auch drüber auf, dass Schönberg für Moses und Aron nur eine Zwölftonreihe benutzt hat? Ich finde die Redundanz einer Dacapo-Arie weitaus nerviger, weswegen ich die meisten Mozart-Opern nur live ertragen kann. |
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Zerebralzebra
Hat sich gelöscht |
#72 erstellt: 27. Jul 2006, 23:53 | |
Vielleicht habe ich mal wieder zu abstrakt aus dem hohlen Bauch heraus geschrieben. Aber dein letzter Beitrag bestätigt nur das, was ich in meinem letzten geschrieben habe. |
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GuenniAtBackes
Schaut ab und zu mal vorbei |
#74 erstellt: 04. Aug 2006, 13:20 | |
oh habe ein wenig den Thread nicht mehr verfolgt. Ist ja einiges passiert @amin65
Sicherlich merkst auch du wann ein Hühnerei stinkt, ohne je eines gelegt zu haben! Ich spreche hier auch nicht über Interpretationsunterschiede, sondern über gesangstechnische Mängel. Die wie ich bei Windgassen einräume ja sich altersbedingt eingeschlichen haben. Obwohl der 75jährige Melchior selbst das noch besser hinbekommen hat. Nachzuhören in einer Gala für Ihn von Bruno Walter dirigiert. Melchior und (mal jetzt kein Wagnersänger im eigentlichen Sinne) Björling zB singen ein D oder E so locker von der Seele, das sie ein C schon garnicht fürchteten. |
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SirVival
Hat sich gelöscht |
#75 erstellt: 17. Aug 2006, 07:46 | |
Hi, mal so ganz nebenbei gesagt, dieser ganze Motivunfug und seine schlßendliche bildungbürgerliche Mystifizierung , wie Walhalla-Motiv, Schwertmotiv und was es da sonst noch geben mag stammen in der wörtlichen Auslegung gar nicht von Wagner, sondern von Hans v. Wolzogen, einem Wagner-Adoranten, der sich mal die Mühe gemacht hatte, die musikalische Struktur des Ring auseinander zu pfriemeln. Ich weiss leider nicht, was Wagner dazu gesagt hat. Ich glaube, er war zu dem Zeitpunkt schon in Walhalla . Begeistert dürfte er sicherlich nicht gewesen sein. Gruß SV |
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Zerebralzebra
Hat sich gelöscht |
#76 erstellt: 17. Aug 2006, 14:50 | |
Willst Du damit sagen, dass es die Leitmotive im Ring gar nicht gibt? Unfug ist die Leitmotiv-Technik sicher nicht, sondern ein probates Mittel um auch in überdurchschnittlich langen Opern dramaturgischen und musikalischen Sinn herzustellen. Wenn es dann auch noch gelingt, die Leitmotive sowohl wiedererkennbar zu halten als auch sie zu variieren, dann ist das eine Meisterleistung. Dagegen ist es wohl bedenkliche Mystifizierung, bei der Beurteilung von Musik am wichtigsten zu finden, wie der Meister (wohl) dies und das gefunden hat - anstatt sich zu fragen, was er gemacht hat. Wenn es Dir Spaß macht die Musik als unverbundenes Sammelsurium "großer Momente" an Dir vorüberrauschen zu lassen - meinetwegen. Aber tu' doch nicht so, als ob Du deshalb was Besseres wärst. MfG, Zerebralzebra |
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SirVival
Hat sich gelöscht |
#77 erstellt: 18. Aug 2006, 06:38 | |
Hi zerebralzebra, bitte doch mal die Beiträge genauer lesen. Ich gebe aber zu, dass in der gedanklichen Verkürzung mancher Beiträge Missverständnisse bereits immanent sind. Ja klar, es gibt die Leitmotive, aber ihre Terminologie stammt nicht von Wagner, sondern von dem besagten Wolzogen. Ich denke, dass Wagner seine Musik nicht so zerpflückt sehen wollte, denn das ständige Horchen auf die Motive mag dazu führen, das die dynamische Struktur der Wagnerschen Musik für den Erbsenzähler auseinanderfällt. Will sagen, Wagner hat die Leitmotive bewußt als Klammer für den gedanklichen Zusammenhalt der 4 Teile des Rings eingesetzt, aber nicht als zusammenhanglose Aneinanderreihung einzelner Signale. Gruß SV |
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musiccreator
Ist häufiger hier |
#78 erstellt: 10. Sep 2008, 19:43 | |
Hallo, ich habe gesehen, dass dieses Thema im Forum sehr ausführlich behandelt wird, deshalb nehmt es mir bitte nicht für übel, falls ihr auf die Frage, ob der Karajan oder der Solti Ring besser ist, schon eingegangen sein solltet...Nein, Spaß, mir geht es um was anderes: Ich habe Wagners "Ring" mit Karajan und Solti, spiele aber mit dem Gedanken mir auch eine DVD-Fassung zuzulegen. Nach meinen Internet-Recherchen klingt der Boulez-Ring und der Barenboim-Ring als DVD-Fassung am vielversprechendsten, hat jedenfalls die besten Kritiken bekommen. Kennt jemand von euch eine der beiden Veröffentlichungen (vielleicht sogar beide) und kann näheres dazu sagen? Mir selbst ist die musikalische Interpretation am wichtigsten, wobei die Inszenierung nicht so ultra-modern sein sollte, dass sie von der Musik ablenkt und man das Stück nicht wiedererkennt. Über Antworten würde ich mich sehr freuen, Musiccreator |
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Maastricht
Inventar |
#79 erstellt: 11. Sep 2008, 08:25 | |
Ich habe beide DVD-Fassungen, jedoch nur jeweils vom Rheingold Auszüge zur Vergleichung gehört. Inzwischen hat ein Freund der dabei war beide Fassungen sich ganz angeschaut. Zur Seite: seit diesem Erlebenis hat der Freund entdeckt das Musikdvd's doch eine Daseinsberechtigung haben. Unser Eindruck war das beide Fassungen ihre Vorzüge haben (und man also beide haben muss ). Musikal ist es schwer die eine oder andere Fassung vorzuziehen. Der wirkliche Unterschied sitzt in der Inszenierung. Bei Boulez: Chérau, bei Barenboim: Kupfer. Kupfer ist viel moderner, sehr viel mit Licht (Laser) gearbeitet; Chérau ist etwas weniger modern (eine richtig traditionelle Fassung ist die mit Levine [Rheingold zur Vergleichung]). Wir finden die Kupfer-Inszenierung die faszinierendste. Vielleicht doch mal gut reinzuschauen. Zur technischen Seite der Musik. Die ist bei beiden Fassungen nicht ganz optimal. Bei Boulez klingt es wie eine ältere Aufnahme, Stereo besser als Surround. Bei Barenboim ist da viel besser, aber sowohl Stereo als Surround klingt hallig; bei Stereo besser zu akzeptieren als bei Surround. Ich habe inzwischen gelesen das die Barenboim Aufnahme im leren Saal gemacht wurde. Vielleicht liegt's daran. [Möglich das eine Remastering beiden Aufnahmen helfen würde.] Übrigens ist damit nicht gemeint, das man sich die Aufnahmen wegens des Klanges nicht kaufen sollte [sieh oben]. Gruss, Jürgen [Beitrag von Maastricht am 11. Sep 2008, 08:36 bearbeitet] |
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lydian
Stammgast |
#80 erstellt: 11. Sep 2008, 10:02 | |
Die Inszenierung von Chéreau ist wesentlich opulenter, üppiger, ohne in Tradition zu erstarren (ganz im Gegenteil) oder die Charakterzeichnung zu vernachlässigen. Mir sagt sie mehr zu als Kupfer. Dass der Ring eine monumentale Gesellschafts- und Kapitalismuskritik ist, kommt bei den Franzosen besser zum Vorschein. Das Geschehen wird durch Ausstattung und Kostüme auch zeitlich verortet, in den Anfängen von Großbürgertum, Industrialisierung, Kapitalismus. Musikalisch gibt es deutliche Unterschiede: Boulez vermeidet das Schwelgen wie auch das Herausputzen der Leitmotive, die Tempi sind straff. Ein recht "trockener" Wagner und somit die ideale Interpretation für den, der Bombast nicht mag. Barenboim wirkt dagegen manchmal schwerfällig. Die Sänger ...... na ja ...... bei Boulez sind sie unterm Strich ein bissel besser, auch wenn man da .... ach nee, ich erpare mir das jetzt. Grüße, Steff |
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Harald.Ernstberger
Stammgast |
#81 erstellt: 22. Nov 2008, 15:03 | |
Hallo "Wagnerianer" ... Ich hätte da eine Bitte. Ich habe hier die Komplettausgabe von der Boulez Einspielung stehen (Philips CDs von 1992), bei der allerdings leider zwei CDs massiv beschädigt sind, und sich daher einige der Titel nicht mehr abspielen lassen. Da versagt selbst die sonst hervorragende Fehlerkorrektur meines Esoterc Players, und es gibt Aussetzer und digitales "Knacken". Sollte jemand diese Edition haben, würde ich mich über eine Kontaktaufnahme per PN freuen Betroffene Disks: Rheingold CD 1 (Track 16, 17, 18) Siegfried CD 1 (Tracks 3, 4, 18, 19) Grüsse Harald |
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Maastricht
Inventar |
#82 erstellt: 07. Feb 2009, 15:58 | |
Gestern abend habe ich mir die ersten zwei Akte von Siegfried angehört und gesehen, in der Kupfer-Barenboim Ausführung auf DVD. Damit bin ich bei der dritten DVD. Mein Eindruck bisher: unglaublich. Dazu trägt bei das Zusammenspiel zwischen der musikalen Ausführung und der Inszenierung. Ohne diese spannende Inszenierung wäre es mir vielleicht manchmal ein wenig zu statisch. Es scheint das die Sänger sich 'choreografisch' bewegen; damit meine ich im Einspiel mit der Musik, ohne das das einen gekünstelten Eindruck macht. Auch die Musik ist sehr schön: dramatisch, lieblich, ..., so wie es die Situation erfordert. Über die Aufnahme habe ich schon eher geschrieben. Und das ist so geblieben: in allen Tonformaten ist sie etwas zu hallig (leerer Aufnahmeraum)und zu hart. Und bei DTS leider nur 768 kbps. Ich habe auch zwischen pcm stereo an den Lautsprechern und am Stax hin- und hergeschaltet; der Kopfhörer bestätigt was ich von den Lautsprechern wusste. Aber: 1. klingt besser als bij Boulez; 2. besser so als gar nicht. Gruss, Jürgen |
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op111
Moderator |
#83 erstellt: 08. Feb 2009, 00:42 | |
Hallo Jürgen, Den selben Eindruck hatte ich auch bei der Berliner Parsifal Produktion (im TV). Als reine Tonkonserve ist mir Barenboims Parsifal etwas zu langatmig, als DVD scheint die nicht lieferbar zu sein. |
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Maastricht
Inventar |
#84 erstellt: 08. Feb 2009, 10:12 | |
Hallo Franz, Solch eine DVD ist mir auch nicht bekannt. (Ich habe eine Parsifal-DVD mit Haitink, Zürich: Besprechungen sind durchwachsen. Und sie muss noch warten: erst diesen Ring und vielleicht danach noch drei andere, die hier als DVD's rumstehen.) Gruss, Jürgen |
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