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Mozart - der ganze Mozart?

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Kreisler_jun.
Inventar
#51 erstellt: 15. Dez 2011, 19:02

Klassikkonsument schrieb:

Kreisler_jun. schrieb:
Sondern dass "leicht und heiter" keine vernünftige Beschreibung von der volkstümlichen Komik der Papageno-Lieder, der lupenreinen Seria-Arien der Königin und der "klassisch-empfindsamen" Arien Paminas oder Taminos und dem "erhabenen" Stil der Priester und Sarastros ist. Wer "In diesen Heilgen Hallen" oder die Bildnisarie "leicht und heiter" nennt, verwendet diese Ausdrücke in einem ziemlich seltsamem Sinn. Und wer die entsprechenden Unterschiede zwischen allen diesen Stücken nicht wahrnimmt, sondern das gesamte Werk schlicht als heiteres Märchen ist einfach kein besonders guter Zuhörer.


Ja, Wolferls Musik ist ein Kosmos. Na und? Cherubinis und Haydns Musik sind zeitstilmäßig ganz nah dran, aber ich meine halt eine leichte und heitere Tendenz, fast bei allem, was ich gehört habe (z.B. Klavierkonzert Nr. 24 c-moll), vernommen zu haben, wenigstens immer wieder durchbrechend (außer vielleicht beim Requiem, müsste ich mal wieder hören).
Scheint mir halt ein Personalstil-Merkmal zu sein, das man mögen kann, aber nicht muss.


Ich glaube, dass immer noch "leicht und heiter" unterschiedlich verwendet wird.
Es ist unbestritten, dass eine komische Oper "heiter" verglichen mit einer Tragödie ist und dass der Instrumentalstil von Mozart, Haydn u.a. durchaus von der komischen Oper geprägt ist. Aber sie ist eben nicht "heiter" in dem Sinne wie ein Unterhaltungsfilm mit Peter Alexander. Insbesondere enthält die "Zauberflöte" eben neben den Papageno- und Monostatos-Passagen eine ausgewachsene Rache-Arie und viele andere Stücke, die überhaupt nicht heiter im üblichen Sinne sind. Es sei denn, man findet alles, was nicht wie Matthäuspassion oder Tristan klingt, heiter. Es ist einfach kein geeignetes Attribut für eine vernünftige Beschreibung.

Ich kann zB nicht nachvollziehen (und ich kenne von beiden beinahe alle bedeutenderen Werke, viele davon ziemlich gut), in welchem Sinne Mozart eher leicht und heiter sein sollte als Haydn. Haydn ist zB viel häufiger direkt witzig, aber auch "leicht und heiter". Man nehme einen Satz wie den mit dem Paukenschlag, auch wenn der ein Extrembeispiel sein mag. Ungeachtet der einen Variation in Moll ist der leichter, heiterer und witziger als fast alles in den Sinfonien 33-41 von Mozart.
Welche besondere Art von leichter Heiterkeit mozarttypisch sein sollte, die man nicht ähnlich oder deutlicher bei Haydn, Boccherini oder Johann Chr. Bach fände, weiß ich nicht.
Es scheint mir umgekehrt beinahe Konsens, dass Mozarts Musik erheblich leidenschaftlicher, "tragischer" sei als die dieser drei Komponisten. (Da spielen auch Klischees hinein, aber es ist einigermaßen nachvollziehbar



Ist es denn immer bloß ein Vorurteil, wenn Leute bestimmte Musik meiden?


Natürlich nicht immer. Aber wenn sie Mozart meiden, weil der halt leicht und heiter sei wie Lehar oder Peter Alexander, dann ist es ein Vorurteil, weil sie dann mit Mozarts Musiksprache nicht ausreichend vertraut sind.



Spannend am Don Giovanni ist doch gerade, dass diese Oper Komödien- und Tragödien-Eigenschaften vermischt, anders als die "reine" Tragödie Medée von Cherubini. Schon deshalb glaube ich, dass an meiner These was dran ist.
Auf der Bühne sterben zwar auch mal welche, aber wem Tragödien sonst zu streng sind, findet im DG auch was Heiteres.


s.o. Trivialerweise ist Don Giovanni in diesem Sinne "heiter", dass es keine Tragödie ist. Aber nicht in dem Sinne eines Schwanks mit Scheinkonflikten, die sich in Wohlgefallen auflösen. Es geht schließlich um Mord, Vergewaltigung, Nötigung usw.
Meinst Du wirklich, Mozart sei so beliebt, weil es keine echte Tragödie in seinen Opern gibt und nur eine ziemlich bekannte "ernste Oper" (Idomeneo)? Und weil viele Menschen Tragödien nicht aushalten (warum sind dann Tosca oder La Boheme noch beliebter als Mozarts Opern)?
Warum ist Wagner so beliebt? Weil es nur ein bißchen Pseudokomik in den Meistersingern (oder Spott gegenüber Kreaturen wie Mime) gibt?
Das sind doch extrem äußerliche Merkmale, die über die Details dieser Musiktheaterstücke gar nichts aussagen.
Thomas133
Hat sich gelöscht
#52 erstellt: 15. Dez 2011, 20:40
Langsam habe ich das Gefühl wir drehen uns hier nur im Kreis. Ich kann es ja noch nachvollziehn das man Mozart bei noch nicht allzu ausreichender Beschäftigung mit ihm und der klassichen Epoche als teilweise verspielt, heiter, nicht tiefgründig genug empfinden kann.
Aber ich, Kreisler sowie teilweise Joachim haben schon einige ziemlich gute Argumente geschrieben warum man seiner Musik damit unrecht tut.
Vielleicht mag es ja als mühsam erscheinen aber es lohnt sich wie schon geschrieben auf jeden Fall so manche Musik Mozarts komponierender Zeitgenossen zu hören und zu vergleichen...weil wir können hier viel erzählen, den persönlichen Höreindruck kann man damit nicht ersetzen oder einimpfen.
Ich empfinde zB einen enormen Qualitätsunterschied wenn ich die 1787 entstandenen 3 Sinfonien (D-Dur, g-moll und F-Dur) von Leopold Kozeluch höre und sie mit den nur 1 Jahr später entstandenen 3 letzten Sinfonien Mozarts vergleiche. Und Kozeluch war zu dieser Zeit eine bekannte Grösse in der Musikwelt. Über die Streichquartette hab ich ja schon geschrieben, die Klavierkonzerte wurden schon erwähnt und man könnte das noch weiter fortführen wie zB die c-moll KV 427 mit den Messen seiner Zeitgenossen zu vergleichen...das ist in Etwa ein Unterschied wie Beethoven zu Karl Czerny oder Mahler zu Felix Weingartner. Aber diese Hörerfahrungen muss jeder für sich selber machen, die kann man hier nicht mit paar Statements vermitteln das jetzt jeder Mozart-Skeptiker überzeugt wäre.
Ich hab denk ich zu diesem Thema schon genug geschrieben, will hier ja nicht ständig als Mozart-Freak bzw. -Anwalt auffallen.
gruß
Thomas
Klassikkonsument
Inventar
#53 erstellt: 20. Dez 2011, 06:31
Da muss ich wohl mal die C-moll-Messe und den Idomeneo kennenlernen.

mackimessa
Stammgast
#54 erstellt: 17. Jan 2012, 22:25
Soeben habe ich ein mir bisher unbekanntes Werk gehört, dass mir beim ersten Antesten als zu schwierig, üster erschien - weit gefehlt. Maurische Trauermusik K 477, Mozart Requiem K 626 in der Fassung von Jordi savall
Herausragend Tief und leuchtend in der Dunkelheit, ergreifend und mitreissend.
Tipp
Mozart - Maurerische Trauermusik K477, Requiem K626
Joachim49
Inventar
#55 erstellt: 17. Jan 2012, 23:21
Hallo Mackimessa,
da hast du auch eine hervorragende Aufnahme erwischt. Ich weiss nicht wie du den Ausdruck 'fassung' meinst. Es gibt vom Requiem mehrere Fassungen. Da Mozart es nicht ganz vollendet hat, bekam sein Schüler Süssmayer den Auftrag es zu komplettieren. Manche Dirigenten meinen, dass Süssmayer weniger zu tun hatte als er selbst behauptet hat (Harnoncourt und Savall gehören dazu, vielleicht um mehr Honorar zu beanspruchen.In einigen anderen versionen wird eine andere Instrumentierung verwendet als die Süssmayers. Die Sache ist wahrscheinlich recht kompliziert und nur wenige Spezialisten finden sich noch zurecht. Obwohl das booklet dazu nicht sehr deutlich ist, habe ich allerdings den Eindruck, dass Savall die Süssmayer Fassung spielt und es eine Fassung von Savall im eigentlichen Sinne nicht gibt.
Aber diese Zeilen sind viel weniger wichtig als die Hörerfahrung die du machen konntest und so schön beschrieben hast. Die Maurerische Trauermusik ist übrigens, wie du bemerkt hast, ein Werk von seltener Vollkommenheit, selbst im Schaffen Mozarts.
Freundliche grüsse
Joachim
(Du solltest dir auf jeden Fall auch die Messe KV 427 anhören!)
Kleiner Nachtrag: es muss Süssmayr heissen. Ganz vorzüglich ist der wikipedia Artikel zur Entstehungsgeschichte.
http://de.wikipedia.org/wiki/Requiem_(Mozart)


[Beitrag von Joachim49 am 17. Jan 2012, 23:31 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#56 erstellt: 18. Jan 2012, 02:23
Die maurische Trauermusik kenne ich, sie war mal einer Langspielplatte mit Bruno Walter drauf, ich fand sie schön. Aber kann mir mal jemand verraten, wo in der angeblich kompletten Brilliantbox sie enthalten ist? Ich finde sie nirgendwo!

So jetzt habe ich sie doch gefunden und auch gleich mal wieder angehört. Volume 7, CD 20, Track 10 - wen's interessiert. Wirklich sehr schön und auch diese Brillianteinspielung ist nicht schlecht. Was ich sonst noch auf dieser CD hörte, fand ich aber mehr so Gelegenheitswerk - mäßig.

Gruß Martin
mackimessa
Stammgast
#57 erstellt: 18. Jan 2012, 20:29
Hallo Joachim49
Mit Fassung meinte ich eigentlich nur Version oder interpretiert von .... Mit den genauen termini kenne ich mich nicht so aus.
Die Krönungsmesse kenne ich recht gut - oder welche Messe meintest du genau ?
Joachim49
Inventar
#58 erstellt: 26. Jan 2012, 19:15
jpc.de
jpc.de
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Hallo Mackiemessa,
ich meine die nicht vollendete grosse Messe in c-moll, die im Köchelverzeichnis die Nummer 427 hat. Sie ist eines der grossartigsten Werke Mozarts, und nach meinem bescheidenen Urteil sehr viel besser als die Krönungsmesse.Die alte Fricsay Aufnahme lohnt sich durchaus, die anderen Aufnahmen sind "historisch informiert".
freundliche grüsse
Joachim
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