*Erfahrungsbericht: Suche nach geschlossenem Kopfhörer

Hallo zusammen,

da ich bei meiner kürzlich abgeschlossenen Suche eines geschlossenen Over-Ear-Kopfhörers zum genussvollen Musikhören zu Hause von den zahlreichen Erfahrungsberichten hier im Forum profitiert habe, möchte ich hiermit gerne für andere Suchende meine Erfahrungen im Vergleich weitergeben. Los gehts:

Zunächst zu meiner Person, um einzuschätzen was mich ausmacht, da hören immer subjektiv ist: ich höre gerne bewusst und in diesem Moment als einzige Beschäftigung Musik in guter Qualität. Die Stilrichtungen sind recht breit gefächert von Filmmusik, über Jazz, Brass, Mainstream-Pop, leichten Rock bis hin zu entspanntem Elektro, z.B. House. Ich zähle mich zu den Personen mit gutem, feinem Gehör, da ich seit 15 Jahren Posaune spiele, Gehörbildung genossen habe und aktiv in Bigbands, Orchestern und Bläserensemblen mitwirke.

Nun zu meinem präferierten Profil von Audiowiedergabegeräten, um auch dies einschätzen zu können, was ich anhand von Erfahrungen oder Geräten beschreibe: die scheinbar aktuell noch immer im Trend liegende, starke Betonung von Bässen, wie z.B. bei Beats-Audiosystemen in Autos oder deren Kopfhörern, mag ich nicht, da zu anstrengend und die restlichen Anteile der Musik überdeckend. Dennoch darf es ein leicht kräftiger Bass sein, was sich z.B. darin äußert, dass ich eine KEF-Anlage der Q-Baureihe besitze. Zwischen Tiefen und Höhen bevorzuge ich eine ausgeglichene, neutrale Wiedergabe, bei der alle Instrumente und Stimmen gut zu orten und zu unterscheiden sind. In den Höhen mag ich scharfe, intensive Zischlaute und Spitzen nicht, was sich z.B. darin äußert, dass sämtliche Beyerdynamic-Produkte mir so überhaupt nicht zusagen. Neben der KEF-Anlage habe ich noch ein paar RHA-In-Ears im 100€-Bereich.

Nun zum gesuchten Produkt und dessen Test/Betrieb: es sollte ein geschlossener Over-Ear-Kopfhörer zum genussvollen Musikhören zu Hause werden. Warum geschlossen? Um die Ehefrau auf der Couch zu Hause nicht zu sehr zu stören, so einfach ist es. Der Preis sollte unter 1000€ liegen, weitere Anforderungen gab es nicht. Der Betrieb sollte stattfinden und fand statt an mobilen Devices wie Smartphones unter Verwendung des DAC-AMP Dense Audio Adapt Reference zwischen Smartphone und Kopfhörer. Gehört wurde stets zum optimalen Vergleich je Produkt die gleiche Playlist aus Stücken der oben genannten Stilrichtungen.

Hier nun eine kurze Übersicht der getesteten Produkte, bevor es zu deren möglichst knapper, aber präziser Beschreibung im Vergleich geht:
- 333€: Sennheiser HD-650 (ja, ein offener Kopfhörer, rein als Referenz offen vs. geschlossen)
- 369€: Ultrasone Pro-900i
- 289€: Austrian Audio Hi-X55
- 569€: iBasso SR2 (halboffen als interessante Zwischenlösung)
- 275€: Meze 99 Classics
- 118€: Sennheiser HD-569
- 444€: Denon AH-D5200
- 900€: Audeze LCD-2 Classic Closed-Back
- 129€: Audio Technica ATH-M50X
- 125€: AKG K-371

Sennheiser HD-650
333€. Wie erwähnt: rein als Referenz zwischen geschlossener und offener Bauweise. Klare Sache: toll luftiger Klang, sehr präzise, nichts überbetont, absolut ausgewogen, aber außen eben sehr laut für die Umgebung, bei anständigem Pegel sogar durch die geschlossene Zimmertüre im Nebenzimmer zu hören. Fazit: toller Kopfhörer für Fans neutraler Wiedergabe, aber eben offen, nicht geschlossen.

Ultrasone Pro-900i
369€. Positiv: deutsche Marke, wertig verarbeitet, umfangreich ausgestattet, gute bzw. interessante Technologie bzgl. Wiedergabewinkel auf die Ohren, guter Sitz auf dem Kopf und damit meinend angenehmer Anpressdruck, Ohrmuschelgröße etc. Aber, negativ: völlig übertriebene Bassbetonung, die ihn hat sofort ausscheiden lassen.

Austrian Audio Hi-X55
289€. Nahezu perfekt: sehr hochwertige Verarbeitung bzw. Werkstoffe, sehr angenehmer Sitz auf dem Kopf, faires Preis-Leistungsverhältnis, ausgeglichene Wiedergabe mit leicht kräftigem, trockenem Bass, guter Präzision und Ortbarkeit, nicht zu scharfen Höhen, für geschlossene Kopfhörer gewisser, mittlerer Bühne, bester Isolation von/nach außen aller getesteten Produkte. Ein einziger Nachteil hat ihn mich ausschließen lassen: ich finde keine anderen Worte den subjektiven Klangeffekt zu beschreiben, aber insgesamt war er leicht "dosig" anzuhören.

iBasso SR2
569€. Wie erwähnt, im Prinzip ein Hybrid in halboffener Bauweise als interessante Alternative.
Positiv: ebenfalls sehr hochwertige, schon großzügige (Größe und Gewicht) Verarbeitung, sehr angenehmer Sitz auf dem Kopf, ausgeglichene Wiedergabe mit leicht kräftigem, eher voluminösem als trockenem, aber trotzdem präzisen Bass, bauartbedingt noch bessere Präzision, Ortbarkeit und Bühne als beim Austrian Audio und ebenfalls nicht zu scharfen Höhen. Insgesamt ein sehr ausgeglichener Kopfhörer, den ich jedem empfehlen würde, für den etwas Lärm nach außen ok ist. Zwei kleine Nachteile haben ihn für mich ausscheiden lassen: doch etwas zu viel Lärm nach außen und er bietet zwar eine gute Bühne, diese wirkt jedoch auf mich leicht distanziert - ich fühle mich also etwas entfernt von der Musik.

Meze 99 Classics
275€. Im positiven Sinne ein besonderer, toller Kopfhörer: cooles Design, sehr wertig verarbeitet, völlig ohne Klebstoffe hergestellt und damit sehr gut reparierbar, sehr leicht, angenehmster Sitz aller Kopfhörer auf dem Kopf, umfangreiche Ausstattung mit tollem Case, 2 unterschiedlich langen Kabeln, und Flugzeugadapter, sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis, genauso leise außen wie der Austrian Audio, sprich sehr gute Isolation von/nach außen. Nun zum Klang: der Meze zeigt etwas Bühne, spielt allerdings eher direkt auf und ins Ohr, präzise, nicht zu scharfe Höhen, stellt alle Instrumente toll heraus, reißt mit und macht einfach Spaß. Der Bass ist besonders: er ist nicht so trocken und punchig direkt, wie bei all den anderen Modellen, aber wahnsinnig toll voluminös, dabei nicht unpräzise. Allerdings ist er im Anteil auch deshalb doch sehr dominant. Bei Stücken mit kräftigem Bass in der Aufnahme wurde es mir hier und da deshalb zu viel, zu dominant. Dies in Verbindung mit dem kleinen Nachteil, dass die Ohrmuscheln für Leute mit mittleren bis größeren Ohren zu klein sind, hat ihn für mich zum Schluss doch ausscheiden lassen. Zudem habe ich als studierter Maschinenbauer leichte Zweifel, dass das sehr flexible Kopfband mit Federstahl darüber dauerhaft gleichermaßen stabil bleibt. In Summe aber ein absolut empfehlenswerter Kopfhörer, den sich jeder anhören sollte. Er wäre fast bei mir geblieben.

Sennheiser HD-569
118€. Der Preis-Leistungssieger. Absolut ausgeglichenes Klangbild, präzise, stellt alles sauber dar, nichts ist überbetont und das alles bei sehr guter Bühne für einen geschlossenen Kopfhörer. Sauber verarbeitet, perfekte Ohrmuschelform, sehr angenehm zu tragen, Sennheiser versteht sein Handwerk. Am Ende habe ich mich gegen dieses Modell entschieden, weil mir im Vergleich mit dem AKG, Meze und Denon die letzte Präsenz/Brillanz der Musik zu mir hin gefehlt hat, auch wenn dies sehr schwer zu beschreiben ist.

Denon AH-D5200
444€. Über den Denon scheint es geteilte Meinungen zu geben, die einen sagen, dass er der perfekte, sehr hochwertige Allrounder ist, die anderen sind enttäuscht und attestieren ihm nichts Gutes. Ich ließ mich überraschen. Hier mein Eindruck: wirklich extrem hochwertig, edles Design, durchdacht und solide aufgebaut – sogar so solide, dass ich anfänglich eine Weile gebraucht habe, um mich zu trauen die Ohrmuscheln kräftig genug zu drehen, sodass ich den perfekten Sitz auf dem Kopf erreichte. Beim Zubehör etwas schwach ausgestattet, da lediglich ein Stoffbeutel, kein Case beiliegend und das eine, lange Kabel generiert und überträgt eher starke Kabelgeräusche bei Bewegungen. Aber dies könnte man leicht beheben, weil alles 3,5 mm Klinkenstecker. Zum Klang: absolut ausgeglichenes Klangbild, präzise, stellt alles sauber dar, tolle Präsenz und Brillanz, nichts ist überbetont und das alles bei dem für mich besten Bühnenbild/Ortbarkeit überhaupt. Der Bass ist sauber, immer da und kräftig genug, um auch bei Elektro-Nummern mitzureißen, aber nie zu viel. Um es vorweg zu nehmen: aus all diesen Gründen habe ich mich für dieses Modell entschieden.

Audeze LCD-2 Classic Closed-Back
900€. Gehört weil hier im Forum als absolute Referenz bei geschlossenen Kopfhörern mehrfach empfohlen. Ich muss sagen: dem kann ich zustimmen. Audiophil einfach perfekt. Dadurch brachte er allerdings zwei Eigenheiten mit, die ihn im Klang gegenüber dem Denon nicht zu meiner Präferenz werden ließ. Zum einen ist die Bühne sehr, sehr weit, mir zu weit, weil schon distanziert wirkend. Zum anderen ist mir der Bass einen Tick zu schwach ausgeprägt. Abgesehen vom Klang muss zudem noch gesagt sein: eine Wuchtbrumme mit dem hohen Gewicht und den großen Abmaßen, auch wenn er bequem auf dem Kopf sitzt. Zudem ist der Übergang vom Kopfbügel zu den Ohrmuscheln in Form der einen Schraube bei diesem Preis ein Witz, genauso wie das Kabel, dass dauernd an sich selbst hängen bleibt und die Tatsache, dass außer dem einen Kabel und dem Kopfhörer rein gar nichts mitgeliefert wird. In Summe: audiophil perfekt, aber mit seinen Eigenheiten als Gesamtpaket.

Audio Technica ATH-M50X
129€. Ein insgesamt ausgeglichener Klang, mit leicht zupackendem Bass im für mich richtigen Maße. Insgesamt etwas heller im Ton als alle anderen hier erwähnten Modelle abgestimmt und dadurch zwar eine richtig gute Bühne, für mich persönlich in den Höhen jedoch kurz vor zu scharf. Gut ausgestattet mit Kabeln, Adaptern und Ersatzauflagen. Aus zwei Gründen habe ich mich dagegen entschieden. Zum einen sind die Ohrmuscheln aufgrund ihrer runden Form für Personen mit mittleren bis großen Ohren zu klein. Zum anderen ist mir in 1-2 sehr engen Frequenzbereichen des Basses wie eine Art Resonanz aufgefallen, die ein sehr kurzes gefühltes/gehörtes Brummen verursacht – für mich ein NoGo.

AKG K-371
125€. Der Überraschungskandidat. Bei diesem Preis gut ausgestattet mit Stoffbeutel und 3 guten Kabeln, weil sehr leise in Bezug auf Kabelgeräusche. Sehr leicht, sehr angenehm zu tragen, perfekte Ohrmuschelform – evtl. ein klein bisschen zu wenig tief, ebenfalls sehr leise außen mit guter Isolation von/nach außen, solide verarbeitet. Der Klang ist sehr interessant und gut, denn ausgewogen mit leicht kräftigem, zupackendem Bass, der sehr viel Spaß macht, aber trotzdem sehr guter Präzision und Ortbarkeit aller anderen Bereiche. Bietet sogar eine leicht breite, wenn auch nicht tiefe Bühne, auch wenn er in Summe wie der Meze zu den Modellen gehört, die sehr direkt auf/ins Ohr spielen. War trotz des sehr unterschiedlichen Preisniveaus und etwas anderer Charakteristik mein letzter Kandidat im Vergleich mit dem Denon.

Ich hoffe ich kann hiermit einigen die Entscheidung erleichtern. Meine Entscheidung ist ja schon erwähnt: der Denon, den ich dem AKG noch etwas vorgezogen habe, weil ausgeglichener, entspannter und mit mehr Bühne.