Directivity-Messungen in HomeVision

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Tantris
Hat sich gelöscht
#1 erstellt: 13. Dez 2003, 16:32
Hallo,

es wurde bereits in einigen anderen Threads schon angesprochen: In der Erstausgabe der Zeitschrift HomeVision werden zu ca. 10 Hifi-Lautsprecher Direcitivy-Messungen in Form der 2D-Isobaren abgedruckt, die sich recht gut mit z.B. denen der PP oder von K+H vergleichen lassen. Ich finde, dieses Vorgehen verdient ein großes Lob, auch wenn man sicherlich Detailfragen (Größe der Diagramme, fehlender Beschriftung, div. Fehler) kritisieren mag.

Man kann auch anhand dieser kleinen Auswahl schon recht gut erkennen, daß das Thema Directivity bei vielen Hifi-Lautsprechern ein massives Problem darstellen dürfte, wie von vielen ja schon vermutet wurde. Ein wirklich brauchbarer Lautsprecher ist da nicht dabei, und man erkennt auch, daß sich eine Abschätzung der Direcivity anhand der Konstruktion (Chassisgrößen, Trennfrequenzen, Schallwandkonstruktion) gar nicht so weit von den Messungen entfernt befindet, wenn auch einige Phänomene wie Kantenreflexionen o.ä. offensichtlich noch recht stark "hineinpfuschen", die schwer einzuschätzen ist.

Was zumindest bei den "größeren" Boxen im Testfeld (JMlab, Jamo, AQ) sehr gut zu erkennen ist, ist der typische "Tannenbaum"-Effekt, also die Verengung der Abstrahlung durch einen recht großen Mittel/Tiefmitteltöner, und die Aufweitung ein oder 2 Oktaven höher durch einen kleinen und plan montierten Hochtöner. Wobei man fairerweise sagen muß, daß bei Nubert das Problem zwar vorhanden ist, aber doch besser gelindert wurde als ich es ohne den Einsatz weiterer Tricks wie Schallführungen für möglich gehalten hätte.

Auch die These von einer zumindest partiell sehr breiten Abstrahlung vieler Hifi-Boxen kann man bestätigt sehen: besonders die schmal gebauten Boxen betätigen sich oft bis zu einer Frequenz von 1...2 kHz hinauf noch fast als Rundstrahler (wie auch nicht anders zu erwarten ist). In diesem Zusammenhang muß man auch die optisch recht gefälligen Messungen bei Infinity und Yamada relativieren, die zumindest keine derben Sprungstellen aufweisen: Hier sind die Mitteltöner einfach so klein, daß Sprungstellen kaum entstehen können weil die ganze Abstrahlung so breit ist.

Man kann nur hoffen, daß durch diese Publikation die Bedeutung dieser wichtigen Lautsprechereigenschaft ein wenig bekannter wird.

Gruß,

T.
Zweck0r
Inventar
#2 erstellt: 29. Dez 2003, 05:46
Hi,

wenn die Ausgabe noch aktuell ist, hole ich sie mir morgen, das Thema interessiert mich.

Eine Frage: wie können sich zwei Kalottenhochtöner mit gleichem Membrandurchmesser im Abstrahlverhalten stark unterscheiden ? Vor einiger Zeit habe ich eine Fine Arts Zweiwegebox (25 mm Metallkalotte von Peerless, Membranhöhe ca. 5 mm, in konischer Vertiefung mit ca. 10 mm Tiefe und Durchmesser ca. 80 mm) mit einer Grundig 550b (25 mm Gewebekalotte von Grundig, Höhe ca. 10 mm, flache Montageplatte) verglichen. Die Fine Arts hatte extrem gerichtete Höhen und klang bei 20 Grad Hörwinkel schon störend dumpf. Die ältere 550b strahlte deutlich breiter ab. Woher kommen diese Unterschiede ? Von den Partialschwingungen der Gewebekalotte, von der Form oder von der angedeuteten Schallführung der Peerless-Kalotte ?

Grüße,

Zweck
Tantris
Hat sich gelöscht
#3 erstellt: 29. Dez 2003, 12:15
Hallo Zweck,

gerade Hochtöner unterscheiden sich von der Directiviy her recht deutlich auch bei gleichem Membrandurchmesser. Das liegt daran daß die abgestrahlten Wellenlängern hier stets deutlich kleiner sind als die Dimensionen der Membran. Ein solcher Hochtöner mit kolbenförmig arbeitender, flacher Membran würde sehr stark richten, alle Hersteller bemühen sich deshalb mehr oder minder erfolgreich, die Abstrahlung zu verbreitern.

das kann auf unterschiedliche Weise geschehen, z.B. durch Schallführungen (meist direkt vor der Membran), durch eine tendenziell weiche Membran (z.B. Gewebekalotten) oder durch eine unterschiedliche Membrangeometrie, auch im Verhältnis zum Antrieb.

Die Schallführungen außerhalb der Kalotte in Form eines angedeuteten Horns (Waveguide) sind i.a.R. nicht geeignet, die Abstrahlung signifikant zu verbreitern. Im Gegenteil, sie dienen eher dazu, die Abstrahlung im unteren und mittleren Einsatzbereich des Hochtöners schmaler und konstanter zu gestalten.

Gruß, T.
AH.
Inventar
#4 erstellt: 29. Dez 2003, 18:01
@ ZweckOr:

Wenn man 25mm-Kalotten als Kolbenstrahler betrachtet, dann beginnen sie, bei 4,3kHz zu richten.
Nach klassischen Regeln müßte man bei 6,8kHz (Durchmesser = halbe Wellenlänge) oder zumindest 8,6kHz (ka = 2) trennen.
Ganz grob kann man sagen, daß 1"-Kalotten für die höchste hörbare Oktave 8kHz...16kHz einfach zu groß sind.

Metallkalotten verhalten sich als Kolbenschwinger bis zum oberen Ende des Übertragungsbereiches, bei Gewebekalotten sind dann nur noch die Randbereiche an der Schallabstrahlung beteiligt.
Aus diesem Grund sind Metallkalotten den Gewebekalotten bezüglich weiter Dispersion in der höchsten Oktave tendenziell überlegen.
Ein kleiner Waveguide vermag sogar, die Dispersion in dieser Problemzone etwas zu verbreitern, vergleiche hierzu die Peerless Gewebekalotte mit kleiner Schallführung:
http://www.d-s-t.com/peerless/data/freq/811815.gif
und ohne Schallführung:
http://www.d-s-t.com/peerless/data/freq/812687.gif

Fazit: Ich bin etwas ratlos... Die Metallkalotte mit Schallführung sollte unter 20° keineswegs "störend dumpf" klingen. Die Dispersion sollte eher etwas besser sein, als bei der freistehenden Gewebekalotte. Die Unterschiede sollten auf jeden Fall nicht sehr groß sein.
Eine Erklärungsmöglichkeit ist eine unterschiedliche Entzerrung. Bei manchen älteren Boxen steigt der Frequenzgang in der höchsten Oktave auf Achse etwas an. Das hat zur Folge, daß er unter Winkel nicht so stark absinkt, wie bei einer vollkommen linearen Freifeld-Entzerrung.
Eine weitere Möglichkeit ist, daß es gar nicht am Hochtöner liegt, sondern am Mitteltöner(!). Wie groß sind die Mitteltöner und wo liegen die Frequenzübergänge? Es ist durchaus möglich (und kommt oft vor), daß die "dumpfe" Box den oberen Mitteltonbereich selektiv richtet.
Eine letzte Möglichkeit könnte Kantendispersion sein. Die freistehende Kalotte strahlt bis ca. 6,8kHz sehr breit ab und je nach Schallwandgestaltung und Montageort kann es zu Unstetigkeiten in der Richtcharakteristik kommen.

Gruß

Andreas
Zweck0r
Inventar
#5 erstellt: 29. Dez 2003, 21:03
Danke für die Antworten. Die Boxen sind beide Zweiwegeriche mit 16 cm Bässen. Ein paar Daten habe ich noch gefunden:

Fine Arts BX 1: Übernahmefrequenz 2 kHz, der Hochtöner sieht in etwa so aus: http://www.boxy-lautsprecher.de/media/_wa10fgb.jpg , nur die Kalotte ist aus Metall mit einem Drahtsieb als Berührschutz.

Box 550b: ich habe nur die Daten der XM 400 (Aktivbox mit den gleichen Chassis, Bild hier: http://cgi.ebay.de/ws/eBayISAPI.dll?ViewItem&item=3263543322&category=22062 ). Das Gehäuse der 550b ist etwas breiter und hat keine abgerundeten Kanten. Übernahmefrequenz 1,5 kHz. In der Anleitung der XM 400 sind zwei Polardiagramme. Die Bilder selbst kann ich ohne Webspace leider nicht zeigen, aber zumindest ein paar Werte.

6,3 kHz: 0, 1, 0, -2, -3, -3, -4
12,5 kHz: 0, 0, -1, -4, -5, -6, -8

Werte in dB für 0, 10, 20, 30, 40, 50, 60 Grad Winkel, Diagramme sind in etwa symmetrisch.

Mir kommt es so vor, als hätte Grundig die Kalotten mit Absicht auf "Hallsoßigkeit" hin konstruiert. Vielleicht schwingen sie ja chaotisch wie NXT-Panels ? Die Dreiwegeboxen aus dieser Serie mit 19 mm Gewebekalotten klingen selbst bei 60 Grad noch nicht dumpf.

Waren Schallführungen damals noch nicht bekannt, so dass es nur mit Halbrundstrahlern möglich war, einen nicht zu den Höhen hin abfallenden Diffusfeldfrequenzgang zu erhalten ?

Grüße,

Zweck

P.S. Bitte bescheid sagen, wenn ich Unsinn rede, ich bin Anfänger auf dem Gebiet
wolfi
Inventar
#6 erstellt: 01. Jan 2004, 13:22
Hallo,
im Grundsatz lässt die Membrangröße schon gute Rückschlüsse auf das Abstrahlverhalten zu - ähnlich den Konuslautsprechern, die man ja leicht als umgedrehte Kalotten betrachten könnte. Deshalb nimmt es auch nicht Wunder, dass eine 19mm -Kalotte ein besseres Rundstrahlverhalten zeigt als eine vergleichbare 25 -er.
Aber so wie man bei Konusls.-im engeren Sinne handelt es sich um gar keine, denn sie weisen alle nur denkbaren Steigungen auf- durch entsprechende Formgebung einen gewissen Einfluss nehmen kann, so gilt dies auch für Kalottenls. Auch diese haben übrigens oft keine Kalottenform ( Kugelabschnitt ) und man kann über die Ausgestaltung Einfluss auf dass Abstrahlverhalten nehmen. Neben Partialschwingungen - AH. erwähnte es bereits - spielt selbst die Luftlast vor der Membran eine Rolle, wie es Untersuchungen ( Fundstelle habe ich gerade nicht greifbar ) im Vergleich von " normalen " zu Inverskalotten - oder sollte man diese Konuslautsprecher nennen(?) - zeigen.
Dennoch erweist sich das Abstrahlverhalten m.E. bei gleichen Abmessungen als zumeist recht ähnlich.
Im konkreten Fall dürfte die Schallführung - Tantris deutete es an - für die starke Bündelung der Metallkalotte von Peerless verantwortlich sein. Am Alter allein dürfte es nicht liegen, denn Schallführungen gibt es schon seit vielen Jahrzehnten ( Trichterlautsprecher ).
wolfi
Inventar
#7 erstellt: 01. Jan 2004, 13:34
Nachtrag:
Anders als AH. bin ich nicht der Auffassung, dass sich durch eine Schallführung die Abstrahlcharaktistik bei hohen Frequenzen erweitern lässt - insofern deckt sich meine Erfahrung eher mit der Tantris. Und nach meiner Erinnerung ist oberhalb von etwa 10 kHz ( die wohl auch von AH. geschätzte )" freistehende " KO 10 der WA 10 von Peerless nicht unterlegen.
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