Was ist dran am Baffle-Step?

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richi44
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#1 erstellt: 20. Okt 2011, 07:00
http://www.micka.de/org/download/BaffleStep_de.pdf
Unter dieser Adresse existiert eine Softaware, welche die Berechnung einer Bafflestep-Kompensation erlaubt. Weiter sind hier
(und auch hier: http://fabricius.dyn...eaker-enclosures.pdf )
generelle Angaben zur Entstehung dieses Effekts und zu seinen Auswirkungen vorhanden. Man kann sich leicht vorstellen, dass eine grosse Schallwand den Ton nur nach vorne bündelt, während eine kleine Gehäusefront selbst bei etwas höheren Fequenzen eine "Rundstrahlung" zulässt. Die Ergebnisse beider Studien beziehen sich auf den Effekt im reflexionsarmen Raum und nicht auf Wohnraumverhältnisse!!
Kurz zusammengefasst: Der Bafflestep entsteht, weil bei tiefen Frequenzen ein Lautsprecher kugelförmig abstrahlt, bei höheren Frequenzen aber nur noch halbkugelförmig. Betrachtet man diesen Effekt in einem reflexionsfreien Raum, etwa im Freien ohne nahe Begrenzungsflächen, so stimmt die Aussage.
Betrachtet man den Effekt aber in einem geschlossenen Raum und mit Begrenzungsflächen, so können sich die tiefen Töne nicht beliebig ausbreiten. Nehmen wir also einen Wohnraum und stellen die Lautsprecher 1m von der Rückwand entfernt auf, so kann es erst bei Frequenzen oberhalb von 85Hz zum Bafflestep kommen. Unterhalb dieser Grenze addieren sich die Schallwellen des Direktschalls und jene der Rückwand-Reflexion, sodass der Schalldruck wieder bei vollem Pegel landet (Halbkugel).
Weiter gilt es zu beachten, dass der Effekt am stärksten auftritt, wenn wir einen definierten Abstand zwischen Membranrand und Schallwand-Kante haben, was einer kreisförmigen Schallwand entspricht. Bei einer eckigen Schallwand haben wir Abstand-Minima und -Maxima. Zwischen diesen Werten bewegt sich der zu erwartende Bafflestep und demenstprechend stark oder schwach ist seine Ausprägung.
Generell ist es natürlich so, dass solche Additionen oder Richtcharakteristika-Veränderungen nicht schlagartig erfolgen. Bezogen auf die 1m wäre dies die Wellenläng einer Frequenz von 340Hz, weil ja die Schallgeschwindigkeit mit 340m/s angenommen wird. Haben wir eine Reflexionsfläche in diesem Abstand, dann addieren sich die Schallwellen solange, bis aus der Laufzeit eine Phasendrehung von 180 Grad entstanden ist. Dies wäre der Punkt, an dem eine Auslöschung stattfinden würde. Und das wäre dann, wenn Hin- und Rückweg (die 2m) eine 180 Grad Drehung entstehen liesse. Das wäre bei einem Viertel der Frequenz von 340Hz, also bei 85Hz der Fall.
Haben wir eine Frequenz unter diesen 85Hz so kommt es zu einem Effekt zwischen Unterstützung (bei sehr tiefen Frequenzen) und einer Minderung (im Bereich gegen 85Hz). Man könnte jetzt z.B. eine Grafik erstellen, welche zeigt, wie stark die Anhebung oder die Dämpfung wäre. Sicher ist, dass bei einer Phasendrehung von 90 Grad weder eine Anhebung noch eine Dämpfung entsteht. Und das wäre in unserem Beispiel bei 42.5Hz der Fall.
Dies alles bedeutet, dass wie gesagt der Pegel nicht schlagartig ansteigt, wenn es zur Halbkugel-Abstrahlung kommt und dass der Pegel nicht schlagartig abnimmt, wenn es zur kugelförmigen Abstrahlung kommt. Und es bedeutet vor allem, dass reflektierende Flächen im Raum aus der kugelförmigen Abstrahlung wiederum eine Halbkugel oder ähnliches machen können. Und je nach Lage der Reflexionsfläche (Schräge) ergeben sich "gleitende" Effekte.
Und diese Reflexion kommt nicht nur bei tiefen Frequenzen vor, sondern auch bei höheren. Wenn wir uns vorstellen, wir würden den Lautsprecher in eine Zimmerecke stellen, so hätten wir die Begrenzung aus Boden (wenn die Box am Boden steht) und zwei Zimmerwänden. Es bildet sich damit aus einer 360 Grad Kugel ein 90 Grad Sektor. Je nach Aufstellung ändert sich somit die Abstrahlung und damit der Schalldruck.
Zu beachten ist aber auch, dass man an Studiomonitoren diese aufstellungsbedingte Schalldruckerhöhung ausgleichen kann, dies aber nur im Bass. Und dies darum, weil in den höheren Lagen der Lautsprecher ohnehin gerichtet abstrahlt. Will heissen: Je nach Schallwandbreite wirkt sich der Bafflestep bei höheren oder tieferen Frequenzen aus. Wirkt die Bündelung durch den Bafflesterp aber bei hohen Frequenzen, so ist dies in einem Bereich, in welchem das Chassis als solches bereits bündelt. In den hohen Lagen gibt es folglich diesen Effekt gar nicht mehr.

Wenn wir uns nun Gedanken um den Bafflestep machen, so müssen wir feststellen, dass dieser im reflexionsfreien Raum eine Rolle spielt. Wir sehen aber auch, dass er im normalen Wohnraum bei üblicher Aufstellung einen weit geringeren Einfluss hat, weil sich aus der Kugelabstrahlung eine gerichtete Abstrahlung durch die Reflexionen ergibt und auch umgekehrt. Andererseits ergeben sich aber auch Reflexionen (mit Überhöhung und Dämpfung) im Bereich der Mitten und Höhen, je nach Laufzeit und Frequenz.
Betrachten wir das ganze Thema mal bei einem Studiolautsprecher, so ist dieser auf eine lineare Wiedergabe eingestellt und zwar bei korrekter Ausrichtung. Des Weiteren ist der Raum so gestaltet, dass möglichst wenig Reflexionen (in den Mitten und Höhen) entstehen. Haben wir Wohnverhältnisse, so wird versucht, Mitten und Höhen breit abzustrahlen um an fast jedem Ort einen ausgeglichenen Klang zu erreichen. Diese Forderung könnte in einem reflexionsarmen Raum erreicht werden, nicht aber in einem Raum mit Reflexionen. Und genau darum wird beim Studiolautsprecher die Linearität nur an einem Ideal-Punkt angestrebt, um nämlich die Raumeinflüsse so gering wie möglich zu halten. Oder anders gesagt: Wenn man bei einer Heim-Box die breite Abstrahlung anstrebt, so regt man damit vermehrt Reflexionen an, welche durch Addition des Schalls zu Überhöhungen und Dämpfungen führt. Ein an und für sich linearer Lautsprecher wird sich somit im Wohnraum (abhängig von den Reflexionen) unlinear verhalten. Eine verbesserte Linearität ist nur zu erreichen, wenn man eine möglichst gerichtete Abstrahlung anstrebt und die Reflexionen so weit als möglich vermeidet. Dieser "trockene" Raum führt zwar zu einer linearen Wiedergabe, aber der Klangeindruck ist ungewohnt und steril. Damit ist dieser Raum nicht praxistauglich.
Und es gibt noch einen ganz entscheidenden Punkt:
Wenn wir z.B. in einem Konzertsaal oder einer Kirche den Schalldruck über die Zeit betrachten und ein Rauschen einspielen, so stellen wir fest dass dieser Pagel über einige Zeit ansteigt, genau wie er beim Ausschalten des Rauschens langsam abnimmt (Nachhall). Und das ist logisch. Haben wir Schall im Raum, wenn nichts mehr zugeführt wird, so ist dies gespeicherte Schallenergie. Und so wie diese nachwirkt braucht es zu Beginn mehr Energie, um die Lautstärke zu erreichen. Dies gilt im Grunde für jeden Raum, nur mit unterschiedlichen Intensitäten und Zeiten.
Für die Erkennung eines Instrumentes ist das Einschwingen dieses Teils massgebend. Wird dieses Einschwingen durch den Raum verzögert und verfälscht, so ist die Erkennung erschwert.
Und haben wir eine elektronische Schaltung, welche den Frequenzgang künstlich verbiegt, damit er im eingeschwungenen Zustand stimmt, dann hat dies Einfluss auf den Klang während des Einschwingens. Wenn wir also einen Bafflestep zu weit entzerren, so wirkt sich dies auf das "gehörte" Einschwingen aus und damit auf den Klangeindruck des Instrumentes.
Wenn wir also die eingangs erwähnte Formel beherzigen, dabei aber erstens nicht auf die Reflexionen des Raums Rücksicht nehmen, nicht auf die Boxenaufstellung und die generelle Abstrahlcharakteristik und auch nicht darauf, dass sich der Lautsprecher zusammen mit dem Raum im Einschwingvorgang anders verhält als im eingeschwungenen Zustand, dann bekommen wir ein stark verändertes Einschwingsignal an die Ohren, welches wir falsch deuten und den Klang als verfärbt einstufen.

In diesem Zusammenhang gibt es erwähnenswerte Punkte:
Ein namhafter deutscher Studiolautsprecher-Hersteller hatte Monitore im Programm, bei welchen er durch Allpassfilter versuchte, Phasenfehler der Chassis auszugleichen. Die Chassis hatten diese Phasenfehler als Folge unterschiedlicher Einbauorte und damit unterschiedlicher Wegstrecken zum Zuhörer.
Mit Allpassfiltern kann man zwar Phasenfehler ausgleichen, jedoch nicht Verzögerungen. Wenn also ein Lautsprecher näher beim Zuhörer ist, so wird er von diesem auch zuerst wahrgenommen. Die Lautsprecher spielen also "gestaffelt" und erst im eingeschwungenen Zustand (bei einem anhaltenden Ton) stellt sich die Homogenität ein. Durch diese Massnahme wird zwar der Messschrieb ideal, aber das Einschwingen oder eine Sprungantwort (und jeder Impuls) wird damit verunstaltet.

Und ungefähr in die gleiche Kerbe schlägt der Abbau von Equalizern in Wiedergabeanlagen. Wenn als Folge von Reflexionen (und allmählichem Schalldruckauf- und abbau) Frequenzgangfehler durch Überhöhung und Auslöschung entstehen, so lassen sich solche messtechnisch erfassen und im eingeschwungenen Zustand mit Equalizern korrigieren, diese verfälschen aber den Einschwingvorgang entscheidend, weil sich dieser vor dem Eintreffen der meisten Reflexionen abspielt. Eine "Entzerrung" wirkt sofort, schon bevor die Reflexionen wirken. Und damit wird aus der "Entzerrung" eine "Verzerrung".

In den meisten Regieräumen sind daher diese Dinger ausgebaut worden. Wenn allenfalls leichte Korrekturen nötig sind, so wird dies mit normalen Klangreglern im Bereich von maximal +/- 3dB ausgeführt, nicht aber mit schmalbandigen Dingern. Und die Korrektur wird als Summe vieler Messpunkt innerhalb der Regie verstanden und nicht stur in Mono auf einen bestimmten Punkt bezogen.

Vergleiche ich also Studiomonitore mit Heimlautsprechern so fällt auf, dass erstere bewusst auf eine breite Abstrahlung verzichten und heute (meist) auch die Chassis so eingebaut bekommen, dass sich gleiche Abhörstrecken ergeben. Des Weiteren ist in vielen Fällen keine Korrektur des Bafflestep vorhanden, weil diese zeitlich falsch reagieren würde und nicht auf die Verhältnisse des Raums mit seinen Reflexionsflächen Rücksicht nimmt. Um also bei einer Box diesen Bafflestep zu berücksichtigen spielt die tatsächliche Aufstellung sowie die Ausgestaltung des Raumes eine entscheidende Rolle.
Es gibt aber noch eine Überlegung, die angestellt werden muss: Betrachte ich den Frequenzgang eines Lautsprecherchassis (Herstellerangaben) so ist der Frequenzgang von einem gleichmässigen Bassabfall abgesehen linear.
tiw250xs_8_fs
Zu beachten ist, dass ein Lautsprecherchassis zur Messung auf einer Schallwand definierter Grösse montiert ist. Interessanterweise haben wir aber auf dem Messschrieb keine Pegelveränderung mit einem Sprung von 6dB, den man auf den Bafflestep zurück führen könnte. Zumindest nicht im Bereich bis 1kHz. Und wenn wir die 1kHz als kritische Grösse (beim vorliegenden Chassis) annehmen würden, so ergäbe dies eine Wellenlänge von 34cm.
Im Klartext: Bei dieser Messung ist entweder der Bafflestep nicht vorhanden (im Bereich bis 1kHz) oder er wurde heraus gerechnet.
G101840K
Hier ein anderes Chassis eines anderen Herstellers, welches bis 10kHz linear arbeitet und auch da ist kein Bafflestep feststellbar. Ich behaupte nicht, dass es diesen Effekt nicht gebe, aber meiner Ansicht nach hat er im normalen Wohnraum nicht die Auswirkung, die ihm zugeschrieben wird. Ich habe etwas weiter vorn geschrieben dass der Effekt von den Schallwandabmessungen abhängig ist. Und somit gibt es z.B. bei dieser Box
L S
ganz klar unterschiedliche Frontdimensionen auf den Mitteltöner bezogen. Das hätte mit Sicherheit Auswirkungen auf den Bafflestep. Es gibt zwar Einstellmöglichkeiten für Bass, Mitten und Höhen, jedoch keinen Bafflestep-Ausgleich je nach Montage der Mittel-Hochtoneinheit (diese muss vom Anwender selbst heraus geschraubt und gedreht wieder eingesetzt werden!). Wäre dieser Bafflestep so entscheidend wie behauptet wird, so müsste bei einem Studiomonitor doch diese Korrekturmöglichkeit gegeben sein. Nachdem dies nicht der Fall ist kann die Auswirkung nicht so stark ins Gewicht fallen.
Misst man den Frequenzgang im Wohnraum auf Achse in 1m Abstand, so fällt nichts auf. Misst man aber am Abhörpunkt so sind die Raumeinflüsse weit stärker als die eigentlichen Lautsprechereinflüsse. Diese Fehlinterpretation (dass der Lautsprecher den Klang beeinflusst lässt sich mit einem einfachen Hörvergleich verschiedener Boxen nachweisen) ist die Folge davon, dass eine Messung nicht zwischen Einschwingvorgang und eingeschwungenem Zustand unterscheiden und diese Ergebnisse entsprechend gewichten kann.
kobold01
Stammgast
#2 erstellt: 17. Aug 2012, 22:19

Mit Allpassfiltern kann man zwar Phasenfehler ausgleichen, jedoch nicht Verzögerungen


Ein Allpassfilter hat bei Frequenzen, die wesentlich unterhalb der Eckfrequenz liegen, eine annähernd konstante Gruppenlaufzeit. Wenn nur dieser Bereich für den Hochtonzweig genutzt wird, z.B. durch Kaskadierung vieler flach verlaufender Allpässe mit fallp0 >> fx, ergibt sich sehr wohl eine brauchbare breitbandige Verzögerung, mit der man akustische Zentren angleichen kann. Auch auf den Einschwingvorgang wirkt die Verzögerung!
Ein mechanisch angepasster Einbau ist natürlich die genauere und effektivere Methode.


[Beitrag von kobold01 am 18. Aug 2012, 12:40 bearbeitet]
richi44
Hat sich gelöscht
#3 erstellt: 19. Aug 2012, 13:09
Das mit dem Allpass funtktioniert wirklcih nur im eingeschwungenen Zustand.
Was man hin bekommt ist die Verzögerung des einzelnen OPV. Folglich könnte man eine Vielzahl von OPV hintereinander schalten und jeweils deren Signallaufzeit addieren. Nur kriegt man daraus auch eine Addition der Frequenzgangfehler, des Rauschens und des Klirrs.

Und die Gruppenlaufzeit ist nun mal nichts "reales", sondern ein Kosntrukt aus einer Phasendrehung verbunden mit einer Freqwuenz, nicht aber eine Folge einer Verzögerung.
Nimm einen Allpass, der direkt den Invers-Eingang ansteuert und den Noninvers über einen Tiefpass.
Allpass
Dies ist das Prinzip des einfachsten Allpasses. Am Eingang (rot) ist ein Spannungssprung gezeichnet. Da er dierekt auf den Invers-Eingang wirkt, ist dieser Sprung 1:1, aber invertiert zur gleichen Zeit am Ausgang zu sehen. Nach der Zeit T des Tiefpasses wird aus dem invertierten Signal ein nicht invertiertes.
Betrachten wir nur das Phasenverhalten, so kann man daraus eine "Verzögerung" ableiten, welche mit der "Frequenz" des Tiefpasses zusammen fällt. Betrachtet man aber das tatsächliche Ausgangssignal, so ist dies keineswegs verzögert, sondern steht zur Zeit Null (Pfeil) zur Verfügung. Und selbst mit einer Kette aus 10 Allpässen bekommen wir zwar bei unterschiedlicher Abstimmung ein Phasenverhalten, das einer Verzögerung entspricht, beim Signal-Anfang aber haben wir eine Verzögerung aus den 10 OPV von meinetwegen 1 Mikrosekunde. DasAusgangssignal ist also für das Ohr zeitgleich da und in keinster Weise verzögert!!
kobold01
Stammgast
#4 erstellt: 19. Aug 2012, 18:45

richi44 schrieb:
Das mit dem Allpass funtktioniert wirklcih nur im eingeschwungenen Zustand.

Also für alle Frequenzen < unendlich, oder wie ist deine Einschränkung zu verstehen?

Die Gruppenlaufzeit ist die Änderung der Phase nach der Frequenz.

das ist der Verlauf der Gruppenlaufzeit bei Allpässen:
Gruppenlaufzeit

also quasi konstante Gruppenlaufzeit unterhalb der Eckfrequenz.
Dass ein Sprung am Eingang des Allpass sofort einen (gefilterten) Sprung am Ausgang liefert liegt daran, dass die höchsten Frequenzanteile im Signal eben nicht verzögert werden. (s. o.)
Diese sind aber nicht hörbar, wenn sie ausserhalb des Hörspektrums liegen.


richi44 schrieb:
DasAusgangssignal ist also für das Ohr zeitgleich da und in keinster Weise verzögert!!


Doch, das Ausgangsignal kommt am Ohr mit 0Hz maximal verzögert und bis 20kHz minimal verzögert an. Nur die "unendlich" hohen Frequenzanteile kommen "zeitgleich" an. Das ist auch sehr schön in deiner Grafik zu sehen.

Ein nach hinten versetzter Lautsprecher verursacht nichts anderes als eine Signalverzögerung, die eine linear ansteigende Phasenverschiebung über der Frequenz und folglich eine konstante Gruppenlaufzeit verursacht. Ein Allpass kann genau dies in einem begrenztem Spektrum ausgleichen.

Wie klingt denn ein Sprung? Und wie ein el. Einschwingvorgang und wie ein akustischer?
Und wie denn bitte ein "Signal-Anfang"?
Das Ohr registriert nur eingeschwungene Frequenzanteile im hörbaren Spektrum.

Das Wort "Einschwingen" einmal bei Raumakustik und einmal bei Signalen in elektrischen Schaltungen zu benutzen ist unglücklich, wir sollten daher lieber bei der Raumakustik von Direktschall (aus dem Lautsprecher kommend) und Diffusschall (aus dem Raum kommend) sprechen.


[Beitrag von kobold01 am 19. Aug 2012, 19:03 bearbeitet]
richi44
Hat sich gelöscht
#5 erstellt: 20. Aug 2012, 06:20
Du hast theoretisch recht und das ist die beste Erklärung, die ich bisher gelesen habe. So habe ich es bisher (mit der Drehung bis in den Ultraschallbereich) nicht vermittelt bekommen, daher meine Einschränkung. In der Praxis sieht man aber oft Allpässe, die nur im unteren und mittleren Frequenzbereich arbeiten. Da bleibt das Problem der fehlenden Verzögerung bei hohen Frequenzen.

Und es gibt eine andere Überlegung: Wenn ich mal annehme, ich hätte ein "Gerät" (Lautsprecher), das absolut ideal "Schall" erzeugen könnte, so würde dieses Ding einen elektrischen Impuls (Sägezahn) genau so in einen Luftdruck-Impuls umwandeln. Was "sehe" ich unmittelbar vor dem Lautsprecher? Und was sehe ich im Freien (ohne Reflexionen) in 10m Abstand, doch immer einen Sägezahn.
Was sehe ich aber nach einer Kette von Allpässen? Wenn doch die Phase über die Frequenz gedreht wird, so sind die Phasenlagen der einzelnen Frequenzen (Oberwellen) nicht mehr identisch und damit kommt kein Sägezahn mehr zu stande.
Richtig ist, dass bei einem Vergleich zweier "identischer" Signale mit unterschiedlicher Verzögerung das eine gegenüber dem anderen diese Phasendrehung (Gruppenlaufzeit) aufweist. Damit kann man sicher die Phasendreh-Fehler zweier Lautsprecher im Übergangsbereich ausgleichen. Nur, angenommen die Trennung wäre bei 300Hz und 5kHz (Dreiwegbox) dann ergäbe eine Verzögerung des Mitteltöners von 0,3mS (entsprechend rund 10cm Einbau-Unterschied) deutliche Phasendrehungen im Bereich ab etwa 600Hz und somit eine totale "Verzerrung" des Sägezahns.

Jetzt die Schlussfolegrung: Wenn wir davon ausgehen (was immer noch behauptet wird) dass der Mensch keine "Phasen" erkennen könne, dass also die Impulsform nicht erkannt wird, sondern dass das Gehör nur auf die Pegel der Obertöne reagiert, nicht aber auf deren Phasenbeziehungen, dann wäre die Welt in Ordnung. Dann wäre aber die Gruppenlaufzeit und deren Unterschiede auch nicht hörbar, denn diese stellt ja wie Du bestätigst die Phase über der Frequenz dar. Nun gibt es Untersuchungen (unter anderem auch von mir) zur Hörbarkeit der Phasenbeziehungen und damit der Impulsform. Und dabei kommt heraus, dass bei verhältnismässig einfachen Impulsen (ein Klavierton ohne weitere Töne) deren Veränderung sehr wohl hörbar ist. Dass das "Impulsgefüge" eines grossen Orchesters nicht mehr vom Ohr aufgelöst werden kann ist verständlich. Und bei diesen Untersuchungen (auch bei meinen) tritt klar zutage, dass die Einschwingvorgänge eines Instrumentes seinen Klangcharakter in der Weise beeinflussen, dass es hauptsächlich an diesem Muster erkannt wird. Wenn ich also diesen Einschwingvorgang verändere (durch Allpässe) so sind die Pegel der Oberwellen unverändert, nicht aber deren Phasenlage und -Bezug zur Grundwelle. Damit wird die Impulsform verändert und somit das wahrgenommene Einschwingen des Instrumentes.

Wie erwähnt gab es Studiomonitore mit solchen Allpassverzögerungen, die letztlich als klanglich unbrauchbar taxiert und aus dem Studio entfernt wurden, obwohl ein gemessener Gleit-Sinus linear war. Und es gab auch das Problem, aus Stereo Mono zu machen ohne Pegelüberhöhung bei reinem Mittensignal. Dafür wurden früher die sog. 90-Grad-Filter eingesetzt. Mit unterschiedlichen Allpassketten wurde dafür gesorgt, dass beide Kanäle über solche Ketten geleitet wurden, was den Frequenzgang ja nicht verändert, was aber eine konstante Phasendifferenz von 90 Grad zwischen den Kanälen erzeugte. Die Addition der beiden Kanäle ergab dann ein Mono-Signal, das gleich gross war wie jedes einzelne Kanal-Signal. Allerdings war die Musik-Qualität durch die Phasendrehungen unbrauchbar, weil die Einschwing-Vorgänge, also die Impulswiedergabe total "verhunzt" wurde. Diese Dinger sind schon seit vielen Jahren aus dem Signalweg verbannt worden.

Wenn ich also den Übergang zwischen zwei Lautsprechern betrachte würde eine Phasenkorrektur Sinn machen. Dann könnte ich tatsächlich ein gleiches akustisches Signal erzeugen. Wenn ich dann aber den Phasengang des Mitteltöners betrachte, wenn der Tieftöner nicht mehr ins Geschehen eingreift, dann sollte dieser Mitteltöner nicht mehr die Phase verändern, weil dies zur Impulsveränderung führt. Nur, wenn ich (analog) den Tieftöner steilflankig abtrenne, dann bekomme ich in dem Berreich riesige Phasendrehungen. Und wenn ich dies nicht steilflankig mache, bekomme ich Laufzeitprobleme. Verzögere ich mit Allpässen, dann habe ich am Mitteltöner allein Phasendrehungen, welche die Impulse verändern, was ich nicht habe, wenn ich die Verzögerung wirklich durch einen versetzten Einbau löse.

Eine Allpasskette kann also verzögern. Aber ein Impuls wird durch die entstandene Phasendrehung so verändert, dass er nicht mehr der Originalform entspricht und damit ist das gehörte Einschwingen und damit das Erkennen des Instrumentes gestört.
kobold01
Stammgast
#6 erstellt: 20. Aug 2012, 19:50
Hallo Richi,
wir sind zwar nicht mehr bei deinem Thema Baffle Step, dennoch mochte ich ein paar letzte Anmerkungen zum Allpass geben. Die Administration möge es verzeihen, ich komme ganz unten noch darauf zurück.


richi44 schrieb:
Eine Allpasskette kann also verzögern. Aber ein Impuls wird durch die entstandene Phasendrehung so verändert, dass er nicht mehr der Originalform entspricht und damit ist das gehörte Einschwingen und damit das Erkennen des Instrumentes gestört.


Genau das soll der Allpass ja auch machen, verzerren, wie alle Filter.
Und er wird entzerrend eingesetzt:
Die Ausgangssituation ist doch die, dass die unterschiedlichen Schallzentren bereits das Signal in der Phase verzerrt haben. Der Allpass "dreht" nur die schlimmsten Phasendrehungen wieder zurück.
Oder wesentlich einfacher und anschaulicher ausgedrückt: er passt die Gruppenlaufzeit an.
Nicht perfekt, da seine Gruppenlaufzeit leicht frequenzabhängig ist, aber er macht den Wiedergabefehler kleiner.


richi44 schrieb:
In der Praxis sieht man aber oft Allpässe, die nur im unteren und mittleren Frequenzbereich arbeiten. Da bleibt das Problem der fehlenden Verzögerung bei hohen Frequenzen.

Ja das ist üblich. Je weiter man die Eckfreuenz des Allpass zu hohen Frequenzen hin verschiebt, desto breitbandiger ist zwar der quasi konstante Bereich der Gruppenlaufzeit, desto kleiner ist aber auch der Betrag der Gruppenlaufzeit.
Das Hauptziel erreicht man schon damit: Im Überlappungsbereich zweier Treiber die Phase anpassen, damit die Hauptabstrahlrichtung senkrecht auf der Schallwand steht. Ohne Allpass würde die Hauptabstrahl-Keule in Richtung des weiter entfernt liegenden Treibers kippen, also in Richtung des Basslautsprechers.

Der Allpass mag ein stumpfes Schwert sein gegen korrekten versetztem Einbau oder digitaler Entzerrung. Aber sonst ist er das Mittel der Wahl. In deinem ersten Posting kam es so rüber, als sei er eine Fehlkonstruktion.


richi44 schrieb:
Dann wäre aber die Gruppenlaufzeit und deren Unterschiede auch nicht hörbar, denn diese stellt ja wie Du bestätigst die Phase über der Frequenz dar.

Du meintest die Änderung der Phase nach der Frequenz ->Differentialrechnung.
-> ist die Phase über der Frequenz konstant, ändert sie sich nicht => Gruppenlaufzeit = null.
-> steigt die Phase linear mit der Frequenz, ändert sie sich konstant => Gruppenlaufzeit > null und konstant.
-> steigt die Phase quadratisch mit der Frequenz, ändert sie sich linear => Gruppenlaufzeit steigt linear.
usw.
(Differentialrechnung-Schnellstkurs für die nicht-Mathematiker unter den Lesern, soviel Zeit muss sein.)

und eine Gruppenlaufzeit von 1 Sekunde ist ganz sicher hörbar. Wie lang sie werden darf, da streiten sich die Geister.
http://forum2.magnetofon.de/bildupload/goosphase.pdf


richi44 schrieb:
Und es gibt eine andere Überlegung: Wenn ich mal annehme, ich hätte ein "Gerät" (Lautsprecher), das absolut ideal "Schall" erzeugen könnte, so würde dieses Ding einen elektrischen Impuls (Sägezahn) genau so in einen Luftdruck-Impuls umwandeln. Was "sehe" ich unmittelbar vor dem Lautsprecher? Und was sehe ich im Freien (ohne Reflexionen) in 10m Abstand, doch immer einen Sägezahn.

ich höre zumindest ein bandpassbegrenztes Geräusch (20Hz~14.5 kHz) und so sieht es dann auch aus.
Ein 12 kHz Rechteck hört sich an wie ein Sinus und sieht auf CD auch so aus (weil es schon vorher bandbegrenzt wurde). Ein Lautsprecher muss nicht besser sein. Bei tieferen Frequenzen verunstalten Phasendrehungen die Signalform. Anschaulich für den Höreindruck ist aber eher das Spektrum.
Am ehesten hört man Gruppenlaufzeitverzerrungen bei künstlichen Tönen wie Klicks und Klacks und Ticks.

Deine Erfahrung mit dem Studiolautsprecher interessiert mich. Ich glaube nicht, dass es am Allpass lag oder seine Gruppenlaufzeit war wirklich stark frequenzabhängig. Was war das denn für ein Lautsprecher und wie kann man den Klang beschreiben im Vergleich zu den Genelec, die du oben abgebildet hast?

Bei der Gelegenheit, Siegfried Linkwitz hat 1978 diesen Artikel veröffentlichlicht:
http://www.linkwitzlab.com/Removed%20pages/x-sb80-3wy.htm

Er beschreibt wie man eine aktive Frequenzweiche so dimensioniert, dass die Schalldrucksumme perfekt linear ist und alle Lautsprecher bei allen Frequenzen in Phase sind, um eine senkrechte Abstrahlkeule zu erhalten (LR12 und LR24). Die akustischen Zentren werden mittels Allpässen ausgeglichen.
Der Basslautsprecher wird dahingehend entzerrt, dass der Tieftonabfall aufgrund der Gehäuseabstimmung exakt ausgeglichen wird (Linkwitztransformation, das ist keine Baffle Step -Korrektur).
Hr. Linkwitz ist Hochfrequenztechniker und kennt sich mit der Abstrahlung von Antennen aus und hat dies auf Lautsprecher übertragen.

Später dann kamen von Klein+Hummel diese Lautsprecher raus:
http://www.neumann-k...studio-products_O111
http://www.neumann-k...dio-products_O121-TV

Ich zitiere den Werbetext:

Die Filter der neuen 3-Kanal-Frequenzweiche arbeiten mit der optimalen Steilheit von 24 dB/Okt. und ergeben im Zusammenwirken mit einem Entzerrer-Netzwerk einen seither für kaum möglich gehaltenen linearen Schall-druck-Verlauf. Dieses ist einer der Hauptgründe für die klangliche Verbesserung besonders im mittleren Frequenzbereich. Eine Laufzeit-Kompensation im Mittel-/ Hochton-Bereich dient der Ebnung der Gruppenlaufzeit und verbessert das räumliche Abstrahlverhalten insbesondere in vertikaler Richtung.


Ohne, dass ich es wirklich weiß, aber die haben bestimmt das Papier in die Finger bekommen...


[Beitrag von kobold01 am 21. Aug 2012, 18:47 bearbeitet]
richi44
Hat sich gelöscht
#7 erstellt: 21. Aug 2012, 06:17
Zu 99% ist es der O111. Ich kenne ihn von der Lautsprecherbestückung her (1 Tieftöner ca. 30cm, vermutlich Seas, 1 Mitteltöner Peerless 13cm im "Blumentopf" und 1 Hochtöner vermutlich auch Peerless) und ebenfalls die Daten entsprechen jenem Ding, das wir beim Schweizer Fernsehen nach etwa einem Jahr wegen Untauglichkeit raus geworfen haben.

Zum Klang kann ich wenig sagen, denn ich war da als Servicetechniker tätig und nicht als Tonmeister. Tatsache ist aber, dass dieser Lautsprecher weder Einzelinstrumente noch ganze Orchester naturgetreu wiedergeben konnte. Dass die lineare Messkurve existiert ist mir bekannt, denn ich habe das Ding selbst nachgemessen. Nur gilt diese im eingeschwungenen Zustand und nicht bei der ersten Wellenfront. Und für die Klangbeurteilung ist die erste Wellenfront entscheidend, was danach kommt liefert die Rauminformation (Hallanteil, Hallspektrum, Verzögerungszeiten, Phasendifferenzen zwischen Direktschallund Hall und daraus entstehend Frequenzgangfehler durch Auslöschung).

Tatsache ist, dass die erste Wellenfront verfälscht ist und damit das Einschwingen des Instrumentes. Und daher ist der Klangeindruck wesentlich anders als bei einem Lautsprecher, der nicht unbedingt auf linearen Messschrieb gezüchtet ist, sondern auf geringste Abweichungen im Einschwingverhalten.
kobold01
Stammgast
#8 erstellt: 21. Aug 2012, 18:45

richi44 schrieb:
Dass die lineare Messkurve existiert ist mir bekannt, denn ich habe das Ding selbst nachgemessen. Nur gilt diese im eingeschwungenen Zustand und nicht bei der ersten Wellenfront. Und für die Klangbeurteilung ist die erste Wellenfront entscheidend, was danach kommt liefert die Rauminformation.


Die erste Wellenfront ist die erste Schallwelle am Ohr, die vom Lautsprecher kommt und noch nicht mit einer Raumreflexion interferriert. Der Frequenzgang dieser Wellenfront entspricht dem Freifeldfrequenzgang des Lautsprechers und dieser ist vom Hersteller im reflexionsarmen Raum auf Linearität gezüchtet. Deswegen: die erste Wellenfront aus diesem Lautsprecher ist linear!

Wenn deine Messung jedoch in einem Hörraum vorgenommmen wurde und dann noch mit einem Gleitsinus, so dass auch der Diffusschall mitgemessen wurde und wenn das Ergebnis linear war, dann muss in der Tat der Freifeld-Frequenzgang des Lautsprechers durch ext. EQ-Maßnahmen verbogen worden sein. Und das hört man, weil der Mensch zwischen Diffusschall und Direktschall unterscheiden kann, sofern die Reflexionen spät genug sind (Präzedenz-Effekt). Das darf man aber nicht dem LS anlasten. Wenn die Reflexionen allerdings zu früh mit dem Direktschall interferrieren, kann man sie vom Direktschall nicht mehr unterscheiden. Aber in diesem Fall darf der Frequenzgang im Direktschall des Lautsprechers korrigiert werden.


richi44 schrieb:

Tatsache ist, dass die erste Wellenfront verfälscht ist und damit das Einschwingen des Instrumentes.

Ich kann dir nicht folgen. Wer hat die Wellenfront verfälscht? Der lineare Lautsprecher selbst oder der Raum oder der Equalizer?
Die erste Wellenfront ist nicht verfälscht, wenn der LS einen linearen Freifeld-Frequenzgang hat und im Abhörraum keine EQ-Maßnahmen erfolgen und auch dann nicht, wenn eine erste Wellenfront und ein sehr frühes Echo zusammenfallen und dieses equalized wurde (Raumanpassung).

Plausibel erscheint mir eher folgendes Szenario: Der Lautsprecher harmonierte irgendwie nicht mit dem Abhörraum aufgrund seiner Abmessungen oder der Abstrahlcharakteristik und der Diffusschall summierte sich zusammen mit dem Direktschall zu einem unausgewogenen Klang. Nun versuchte man durch Equalizing den Diffusschall zu verbessern, jedoch änderte man dadurch auch den Direktschall so massiv, dass das Ergebnis keine Verbessung darstellte. War es vielleicht so?


richi44 schrieb:

Und daher ist der Klangeindruck wesentlich anders als bei einem Lautsprecher, der nicht unbedingt auf linearen Messschrieb gezüchtet ist, sondern auf geringste Abweichungen im Einschwingverhalten.

meinst du das Impulsverhalten?


[Beitrag von kobold01 am 21. Aug 2012, 21:49 bearbeitet]
richi44
Hat sich gelöscht
#9 erstellt: 22. Aug 2012, 08:56
Da das ganze Thema nicht unbedingt etwas mit dem Baffle-Step zu tun hat habe ich kobold01 per PM geantwortet. So kann ich ausführlicher auf die einzelnen Fragen eingehen, ohne das HF und die User mit themenfremden Dingen unnötig zu strapazieren.
Ich hoffe auf Verständnis, denn es geschah in Eurem Interesse.
Kantreuter
Ist häufiger hier
#10 erstellt: 02. Jan 2013, 19:38
Herrxyz - beinah' übersehen! Bin isch su schbäd? Müsch schdörd der nid! (Der Bafflschdebb)...

Ich meine: Deutlich weniger Humbug als zentimetergenaue Verortung von Schallquellen in der Horizontalen und Vertikalen durch gewerblich schreibende Zeitgenossen oder C37 - aber definitiv durch die Weichenfraktion im DIY-Lager überbewertet...
Arpath
Neuling
#11 erstellt: 12. Jun 2013, 09:52
Hallo kobold01

Hallo richi44,
ich finde es sehr schade das ihr eure wirklich sehr interessante Diskussion hier nicht weiter geführt habt, aber wäre es vielleicht möglich mich im nachhinein noch daran teilhabe zu lassen?

Gruß

Thomas
richi44
Hat sich gelöscht
#12 erstellt: 12. Jun 2013, 10:55
Das erste Problem ist, dass diese ganze Diskussion nicht um das Thema Bafflestep gegangen ist, also nicht in diesen Thread gehört.
Und das zweite ist, dass es seit dem letzten Beitrag bald 10 Monate her ist und ich daher nicht mehr nachsehen kann, was Kobold und ich da weiter diskutiert haben.
cr
Inventar
#13 erstellt: 30. Jun 2013, 15:10
Wenn steilfankige Equalizing-Maßnahmen zu einer Klangverfälschung führen, gilt dies dann auch für 24dB- oder 48 dB-Weichen und wären 12dB Weichen vorzuziehen?
Beschränken sich die klanglichen Probleme der O111 auf diese oder sind sie auch jüngeren Konzepten wie bei der O300 immanent (wobei wir ja nicht wissen, woran es gelegen haben könnte)?
richi44
Hat sich gelöscht
#14 erstellt: 01. Jul 2013, 05:58
Gnerell gilt:
Haben wir einen LC-Kreis, so hängt die Steilheit von der Kreis-Güte ab.
Ein LC-Kreis dreht die Phase mit maximal +/-90 Grad.
Die grössere oder kleinere Steilheit hat damit zu tun, dass dieser Kreis nicht vom Zeitpunkt NULL an voll wirksam ist, sondern dass sich ein Ein- und Ausschwingvorgang mit einer entsprechenden Einschwingdauer bildet.
Im Gegensatz dazu ist ein RC-Glied nicht mit einem Einschwingen behaftet. Dafür ist die Steilheit fix und die Phasendrehung hängt von der Polzahl und damit von der Steilheit ab.

Dies alles bedeutet, dass ein LC-Kreis mit fester Phasendrehung möglich ist, die Steilheit und Einschwingdauer aber von der Güte abhängt.
Ein RC-Glied hingegen hat keine Einschwingdauer, aber ein festes Verhältnis von Steilheit, Polzahl und Phasendrehung. Und dementsprechend unterschiedlich ist das Phasen- und Zeitverhalten.
Es ist leicht vorstellbar, dass ein steiler LC-Kreis allein durch den zeitlichen Verlauf eine andere klangliche Auswirkung hat (Musik besteht ja eigentlich aus lauter Ein- und Ausschwingvorgängen) als ein gleich steiles RC-Glied. Andererseits entstehen durch MIschungen zwischen gefilterten und ungefilterten Signalen unterschiedliche Auslöschungen als Folge der Phasendrehungen. Und es ist bekannt, dass unterschiedliche Equalizer-Konstruktionen sehr unterschiedliche Klangcharakter aufweisen.

Ein anderes Thema sind Allpässe. Betrachtet man ihren Phasengang im eingeschwungenen Zustand, so sieht (eine Allpass-Kette) es aus wie eine Verzögerung. Betrachte ich aber einen Impuls, so kommt er praktisch verzögerungsfrei wieder heraus, allerdings mit veränderter Phase. Habe ich aber eine konkrete Verzögerung (durch unterschiedliche Laufzeiten des Schalls), so tritt derImpuls am "Ausgang" mit der richtigen Phasenlage auf, aber eben zeitverzögert.

Wenn wir also klangliche Beeinflussungen bekommen, weil die Filterwirkung verzögert auftritt (LC-Kreis) oder weil es zu Auslöschungen kommt (RC-Glied) oder weil Allpässe im Einschwingmoment eine andere Phasenlage zeigen als im eingeschwungenen Zustand und es damit wieder zu Auslöschungen kommt so erigbt sich eigentlich die Antwort von selbst.
kobold01
Stammgast
#15 erstellt: 16. Jul 2013, 22:21

richi44 (Beitrag #14) schrieb:
Gnerell gilt:
Ein anderes Thema sind Allpässe. Betrachtet man ihren Phasengang im eingeschwungenen Zustand, so sieht (eine Allpass-Kette) es aus wie eine Verzögerung. Betrachte ich aber einen Impuls, so kommt er praktisch verzögerungsfrei wieder heraus, allerdings mit veränderter Phase. Habe ich aber eine konkrete Verzögerung (durch unterschiedliche Laufzeiten des Schalls), so tritt derImpuls am "Ausgang" mit der richtigen Phasenlage auf, aber eben zeitverzögert.


Wie ich bereits oben erläutert habe, kommt auch ein Impuls nicht verzögerungsfrei wieder aus dem Allpass. Ein idealer Impuls enthält bekanntlich alle Frequenzanteile. Er wird daher wegen der frequenzabhängigen Gruppenlaufzeit des Allpasses spektral zerlegt und verzögert - tiefe Frequenzen maximal, hohe Frequenzen minimal. Seine Hüllkurve wird dadurch verzerrt, das macht aber nichts, da nur die relevanten Frequenzanteile betrachtet werden müssen. Betrachten wir Impulse, die bandbegrenzt sind (20Hz-20kHz), werden sie im Allpass verzögert, wie es eine Schallstrecke tut.
Im Übrigen wird auch der Schall in der Luft verzerrt: (Tiefpass - höre den Donner am Blitz und in 1 km Entfernung!). Und das führt auch zu einer inneren Phasenverzerrung des Schallimpulses )


[Beitrag von kobold01 am 16. Jul 2013, 23:20 bearbeitet]
ehemals_Mwf
Inventar
#16 erstellt: 16. Jul 2013, 23:31
Hi,
kobold01 (Beitrag #15) schrieb:
... Der Allpass und die Schallstrecke erzeugen die selbe Signalverzögerung und Verzerrung!...

Diese Aussage ist definitiv falsch
Allpässe sind gerade eben nicht gleich einer Laufzeit, sondern eher Einschwingvorgänge, die sich als f-abhängige Verzögerung (Gruppen-Laufzeit) deuten lassen.

-- einzelner Allpass = Verzögerung ist stark f-abhängig, für höchste Frequenzen = 0

-- Allpass-Kette = die Verzögerung kann näherungsweise f-unabhängig eingestellt werden,
aber nur bis zu einer (oberen) Grenz-F, für höchste Frequenzen = 0

-- elektr. Delay /kurze Laufzeit in Luft = f-unabhängig, Impulsform bleibt unverändert

-- große Laufzeit in Luft = Dämpfung wird F-, Feuchtigkeits- und Temp-abhängig, zeigt aber auch dabei keine Allpass- /Einschwing-Eigenschaften

------------------
...leider ein unübersichtliches, wenig anschauliches Thema,
heute erweitert durch digitale Signalverarbeitung mit den Alternativen FIR - IIR

Gruss,
Michael
kobold01
Stammgast
#17 erstellt: 17. Jul 2013, 17:55

Betrachte ich aber einen Impuls, so kommt er praktisch verzögerungsfrei wieder heraus,...


einzelner Allpass = Verzögerung ist stark f-abhängig, für höchste Frequenzen = 0


Es wird mit unendlich hohen Frequenzen argumentiert, warum?

Ein 5 kHz Rechtecksignal, welches 20kHz bandbreitenbegrenzt ist, also wie es z.B auf CD gespeichert wird, sieht so aus:

square5k

nicht viel übrig von einem Sprung. Ein Impuls sieht nicht viel spitzer aus. Ein 10kHz Rechteck ist bereits ein reiner Sinus!


Mwf (Beitrag #16) schrieb:
-- Allpass-Kette = die Verzögerung kann näherungsweise f-unabhängig eingestellt werden, aber nur bis zu einer (oberen) Grenz-F, für höchste Frequenzen = 0


das ist der ganze Thread über mein Argument gewesen, "höchste"(?) Frequenzen interessieren nicht.
Wir sollten mal ein Beispiel durchrechnen: 1cm simulierte Allpass-Wegstrecke. - Später vielleicht.


Mwf (Beitrag #16) schrieb:
-- elektr. Delay /kurze Laufzeit in Luft = f-unabhängig, Impulsform bleibt unverändert
-- große Laufzeit in Luft = Dämpfung wird F-, Feuchtigkeits- und Temp-abhängig, zeigt aber auch dabei keine Allpass- /Einschwing-Eigenschaften


was ist nun kurz und was ist lang?

5 kHz-Schall kann nicht länger als 3 s in Raumluft überstehen (-60dB) und bereits nach 1 s sind 10kHz verklungen.

(Quelle: IRT, Der Einfluss der Luftabsorption auf die Nachhallzeit.)
oder hier zum selberrechnen: http://sengpielaudio.com/Rechner-luft.htm
1s wird in modernen halligen Wohnräumen erreicht.

Die Luft filtert den Schall bereits in normalen Wohnräumen hörbar, die inneren Rest-Phasendrehungen eines Allpassfilters zur Ebnung der Gruppenlaufzeit in Lautsprechern sind dagegen erwiesenermaßen unhörbar. (Die Gruppenlaufzeit liegt auch nur im ms-Bereich).


cr (Beitrag #13) schrieb:
Wenn steilfankige Equalizing-Maßnahmen zu einer Klangverfälschung führen, gilt dies dann auch für 24dB- oder 48 dB-Weichen und wären 12dB Weichen vorzuziehen?
Beschränken sich die klanglichen Probleme der O111 auf diese oder sind sie auch jüngeren Konzepten wie bei der O300 immanent (wobei wir ja nicht wissen, woran es gelegen haben könnte)?


Sicherlich nicht an der Filterelektronik!
Schraub doch mal einen modernen, analog gefilterten aktiven Studiolautsprecher auf.
Auf der Elektronikplatine wimmelt es von Filterbänken. Mit Trimmern wird ab Werk der prospektlineare F-Gang eingestellt.


[Beitrag von kobold01 am 17. Jul 2013, 18:38 bearbeitet]
richi44
Hat sich gelöscht
#18 erstellt: 26. Jul 2013, 06:02

Schraub doch mal einen modernen, analog gefilterten aktiven Studiolautsprecher auf.
Auf der Elektronikplatine wimmelt es von Filterbänken. Mit Trimmern wird ab Werk der prospektlineare F-Gang eingestellt.

Das gilt bei weitem nicht für alle Aktiv-Monitore! Es gibt Fabrikate, welche noch diesen Unsinn einsetzen, andere haben dies mittlerweile aufgegeben.
Und wenn man den linearen Frequenzgang in üblicher Art im eingeschwungenen Zustand misst, dann hat man ein deutlich anderes Verhalten gegenüber einer Messung im Einschwingvorgang.
kobold01
Stammgast
#19 erstellt: 29. Jul 2013, 15:28
der "Unsinn", verkleinert den Wiedergabefehler des Lautsprechers.
Bei einer Wiedergabebandbreite bis 20kHz bei kleiner und konstanter Gruppenlaufzeit schwingt es doch schnell genug ein, oder?


[Beitrag von kobold01 am 29. Jul 2013, 15:29 bearbeitet]
richi44
Hat sich gelöscht
#20 erstellt: 30. Jul 2013, 06:53
Einfach um nochmals klar zu stellen:
Es geht hier um den Baffle-Step und nicht um Allpässe und andere Entzerr-Filter.
Es geht aber in diesem Zusammenhang auch darum, dass derartige Filter die ihnen zugeschriebene Wirkung nicht im Einschwing-Vorgang aufweisen, sondern erst im eingeschwungenen Zustand, dass aber gerade der Einschwing-Vorgang für die hörbare Wiedergabe von entscheidender Bedeutung ist.
Wenn also RC-Filter eingesetzt werden um Frequenzgangfehler zu bereinigen, so ergeben diese den idealen Frequenzgang im eingeschwungenen Zustand, nicht aber während des Einschwingens. Und damit entstehen hörbare Klangveränderungen! Dies lässt sich an bestimmten älteren Monitoren von K&H deutlich feststellen. Dort wurden genau diese Ungereimtheiten per RC-Filter und Allpässe derart ausgeräumt, dass diese Konstruktionen für den Studio-Einsatz kaum anwendbar waren und nach kurzer Zeit wieder durch einfachere, aber vernünftigere Konstruktionen ersetzt wurden.

Und noch dies:
Bei Dreiweg-Boxen mit einer 12dB-Weiche werden üblicherweise die Mitteltöner verpolt angeschlossen, weil die Weichem im Trennbereich eine Phasendrehung von jeweils 90 Grad bewirken, sodass die Chassis bei Messungen mit gleitendem Sinus (also eingeschwungen) gegenphasig arbeiten und ein "Loch" erzeugen. Bei impulshafter Musik ist dann diese "falsch". Verwendet man 6dB-Weichen, so ist die Verfälschung sowohl bei Sinus wie bei Impulsen geringer.

Damit möchte ich dieses ganze Weichen-, Korrektur- und Phasenproblem verlassen, weil es sehr wenig mit dem ursprünglichen Thema zu tun hat!
cr
Inventar
#21 erstellt: 30. Jul 2013, 09:41
Irgendwie läßt sich somit das Problem zumindest bei Passivboxen gar nicht lösen, oder kann man das nicht folgern?
6-dB-Weichen taugen aus anderen Gründen nichts, und bei 12 dB-Weichen ist die Wiedergabe je nach Musikart einmal schlechter und einmal besser (je nachdem ob MT verpolt oder nicht...)?

Besteht dieses Problem inzwischen bei den Studiomonitoren bekannter Hersteller (Neumann/K+H, Genelec, ADAM etc) noch immer? Wurde diese "Unbrauchbarkeit" von den oben erwähnten Boxen jemals in Fachzeitschriften, zB bei Testberichten, thematisiert bzw. ist man sich der Problematik überhaupt bewußt? Wie wird in Tests allenfalls dieses Problem meßtechnisch dargestellt und erfasst, sodass es der Leser erkennen kann?
Und wie genau hat sich die Unbrauchbarkeit klanglich geäußert? Konnten Instrumente nicht mehr korrekt an ihrem Klang erkannt werden?


[Beitrag von cr am 30. Jul 2013, 11:36 bearbeitet]
kobold01
Stammgast
#22 erstellt: 30. Jul 2013, 17:34
Bei aktiven analogen Mehrwege-LS sind die Elemente EQ, LR12/24 und Allpass (bei versetztem Einbau)Pflicht, anders lässt sich kein linearer Frequenz- und Phasengang realisieren.
Was dann systemimmanent übrigbleibt ist eine Gruppenlaufzeitverzerrung:
Bei LR12 eilt der Hochtöner dem Basslautsprecher stets 180' voraus, jedoch sind für alle Frequenzen beide Lautsprecher in Phase, da ein LS verpolt wird. Diese Phasengleichheit ermöglicht die vollständige Schalldruckaddition der Treiber senkrecht zu Schallwand.
Bei LR24 eilt der Hochtöner dem Basslautsprecher stets 360' voraus, deswegen braucht er auch nicht verpolt werden. Beide Lautsprecher sind für alle Frequenzen in Phase, der Hochtöner eilt jedoch immer eine Wellenlänge voraus.
In Zeiten umgerechnet bedeutet das (LR12): der Hochtöner eilt bei 20 kHz 25µs dem Bass voraus und bei 20Hz 25ms, wobei 20Hz für den Hochtonzweig keine Rolle mehr spielt. Relevant ist nur der Bereich bis bzw. ab der Trennfrequenz. Und da sich hier quasi eine Sprungstelle von dem einen Zweig auf den anderen ergibt, ist die Gruppenlaufzeit erhöht. Sie ist umso höher und spitzer, je steiler getrennt wird (LR12->LR24->LR48), da dann einerseits der Übergang von der einen Phasenlage auf die andere in einem kleineren Frequenzbereich (Überlappungsbereich) stattfindet und andererseits die Phasenänderung größer ist (180'->360'->720').
Die Folge ist bei Zweiwegern eine zweigeteilte Impulsantwort. (richi44, ich vermute, du sprichst diesen Fehler an)
Dieser Fehler entsteht jedoch nicht durch den Allpass, der Allpass ermöglicht erst dieses Design.
Der "Fehler" kommt durch die verwendeten Weichen-Filter, die mit ihrem Phasengang gerade die lineare Schalldruckaddition der beiden Lautsprecher ermöglichen. Also nicht unbrauchbar - sondern gewollt!
Man kann auch nicht analog(aktiv oder passiv) diesen Fehler ausgleichen, da dann die Schalldruckaddition wieder misslingt - die Phasendrehung der Weichenzweige bleibt ja drin.

Bei Passivboxen lässt sich auch eine LR12 inkl. Verpolung oder eine LR24-Weiche (akustisch) realisieren. Das ist auch Standard. Man berücksichtigt hier per Simulation die nicht idealen Flanken der Lautsprecherfrequenzgänge, was man aktiv durch EQ löst. Leider bleibt passiv meistens der Versatz der Lautsprecher unberücksichtigt, die Lautsprecher sind dann nicht über alle Frequenzen in Phase und die Hauptabstrahlkeule kippt aus der Senkrechten zum tieferliegenden Basslautsprecher.
Passiv gehen auch die Schwingspulendaten warm und kalt mit ein und man ist bei der Bauteilauswahl eingeschränkt.

Digital kann man ohne Phasendrehung filtern. Man kann daher den Phasengang der einzelnen Systeme entzerren und viel schmaler und steiler und dabei ohne Phasenänderung filtern, um eine ideale Impulsantwort herzustellen. Sehr oft jedoch ahmt man die analogen Filter LR12 und LR24 z.B. bei digitalen Lautsprechermanagementsystem nach.
Bei einigen digitalen LS gibt es auch die Option, der "analogen" Filterung auf digitalem Wege, man kann dann zwischen linearphasig und minimalphasig umschalten.
Hörbar ist der Unterschied zwar nicht, jedoch kann die Latenz des Gesamtsystems stören.
Außerdem muss das Signal wieder digitalisiert werden, um es verarbeiten zu können.

Die Frage ist nun: hört man diese Laufzeitverzerrung überhaupt?
http://forum2.magnetofon.de/bildupload/goosphase.pdf

Die Gruppenlaufzeitverzerrung bei Bassreflexsystemen, verursacht durch den Helmholzresonator, ist deutlich höher! Und hier spricht man auch nicht von Fehlkonstruktionen!
Die Gruppenlaufzeit über der Frequenz wird meistens auch veröffentlicht und bescheinigt eigentlich keine Unbrauchbarkeit.
Ich hoffe, richi meint diesen Fehler, ansonsten erkläre er mir sein Einschwingproblem und das Design, das es löst.
Es gibt doch kaum etwas natürlicheres, als LC-Filter. Das sind triviale Baugruppen - Natur pur.
Natürliche Phänomene basieren auch meist auf Schwingung, Dämpfung und Phasendrehung. Nicht umsonst werden oft physikalische Dinge, wie z.B. Lautsprecherchassis mit Hilfe von LCR-Ersatzschaltbildern erklärt.

PS: 6 dB Weichen sind unbrauchbar,
1. wegen der viel zu flachen Trennung der Systeme und
2. wegen der schlechten Phasenlage der Systeme zueinander (=> keine lineare Schalldruckaddition für alle Winkel => indifferente Abstrahlkeule)


[Beitrag von kobold01 am 30. Jul 2013, 20:09 bearbeitet]
richi44
Hat sich gelöscht
#23 erstellt: 31. Jul 2013, 15:21

cr (Beitrag #21) schrieb:
Irgendwie läßt sich somit das Problem zumindest bei Passivboxen gar nicht lösen, oder kann man das nicht folgern?
6-dB-Weichen taugen aus anderen Gründen nichts, und bei 12 dB-Weichen ist die Wiedergabe je nach Musikart einmal schlechter und einmal besser (je nachdem ob MT verpolt oder nicht...)?

Besteht dieses Problem inzwischen bei den Studiomonitoren bekannter Hersteller (Neumann/K+H, Genelec, ADAM etc) noch immer? Wurde diese "Unbrauchbarkeit" von den oben erwähnten Boxen jemals in Fachzeitschriften, zB bei Testberichten, thematisiert bzw. ist man sich der Problematik überhaupt bewußt? Wie wird in Tests allenfalls dieses Problem meßtechnisch dargestellt und erfasst, sodass es der Leser erkennen kann?
Und wie genau hat sich die Unbrauchbarkeit klanglich geäußert? Konnten Instrumente nicht mehr korrekt an ihrem Klang erkannt werden?

Das Problem besteht nicht unbedingt "passiv" oder "aktiv", sondern generell.

Aktiv sind Entzerrungen möglich, etwa bei Subwoofern mit mehreren Chassis in einer viel zu kleinen geschlossenen Box, in Verbindung mit einem Verstärker mit negativem Ri, was passiv nicht geht.
Und passiv stellt die Weiche immer einen Verlust dar, der in der Gehäuseberechnung zu berücksichtigen ist, während aktiv mit dem Ri des Verstärkers Einfluss auf das Qtc und damit auf die Gehäusegrösse genommen werden kann.

Das Phasenproblem mit Weichen höherer Ordnung ergeben sich ebenfalls generell. Kobold schreibt, dass der Hochtöner bei einer 12dB-Weiche generell 180 Grad voreilend sei. Das stimmt nur für den eingeschwungenen Zustand, also nach mindestens 3 Sinuszyklen, nicht aber im Einschwingvorgang! Solange natürlich a) der Einschwingvorgang nicht berücksichtigt wird (das "Wasserfalldiagramm" des Einschwingens) sondern immer nur das Ausschwingen, solange gibt es keine brauchbaren Nachweise zu diesem Thema. Und solange b) z.B. keine Betrachtungen mit kurzen Bursts vorgenommen werden, solange ist es müssig, die Folgen des Einschwingvorgangs erklären zu wollen.
Das generelle Problem ist doch, dass wir es bei Musik praktisch dauernd mit Einschwingvorgängen (bei jedem neu angeschlagenen Ton) zu tun haben und dass daher das Einschwingverhalten entscheidend ist.

Das Phasenproblem besteht weiterhin und lässt sich auch nicht weg diskutieren. Es lässt sich aber hörmässig reduzieren und zwar wie folgt:
Musik als "Sinusgemisch" ist phasenmässig kritisch in dem Bereich, den wir musikalisch bewerten, also im Frequenzbereich von rund 300 bis 5000 Hz. Wenn wir generell versuchen, diesen Bereich sauber wiederzugeben, so kann man Breitbänder als mögliche Lösung in Betracht ziehen. Es macht daher Sinn, diesen Bereich mit einem Chassis wiederzugeben. Es muss sich aber dabei um ein Chassis handeln, welches diesen Bereich (idealerweise 100Hz bis 10kHz) möglichst linear wiedergeben kann. Betrachte ich da Genelec, so gibt es Mitteltöner, welche den Bereich von etwa 300Hz bis gut 3000Hz abstrahlen. Im tieferen Bereich haben wir im Raum dauernd Schwierigkeiten, Raummodi und ähnliches zu verhindern. Und allein schon mit der Aufstellung (1m von der Rückwand entfernt) bauen wir uns die schönsten Probleme ein. Sinnvoll ist ein Einbau bündig in die Frontwand.
Und Frequenzgangfehler im Bereich oberhalb von 3kHz sind eh nicht zu vermeiden, weil es immer und überall Reflexionen gibt mit den entsprechenden Laufzeiten und Additionen (die sich NICHT durch Filter oder Pässe ausgleichen lassen). Daher ist unser Gehör in jenen Bereichen nicht mehr so empfindlich.

Wenn man einen Genelec Dreiweg mit einem Zweiweg vergleicht, so sind die klanglichen Unterschiede sehr ausgeprägt. Wenn man die Frequenzgänge im eingeschwungenen Zustand oder die Ausschwingvorgänge betrachtet, ist der Unterschied beinahe Null! Das beweist, dass es nicht nur am Frequenzgang liegt, wie die Box klingt, sondern ganz entscheidend an der sauberen Phasenwiedergabe im musikalisch wichtigen Bereich. Und das wie erklärt im Einschwingvorgang und nicht im eingeschwungenen Zustand.
Und wenn ich z.B. eine ältere K&H Dreiwegbox (KH 310A) mit der 75mm Mitteltonkalotte betrachte, welche von Hause aus einen Frequenzgang (-3dB)von 800Hz bis 1800Hz (ohne Entzerrung) schafft, dieser aber den Bereich von 650Hz bis 2kHz zumute (was eigentlich viel zu schmal ist), dann wünsche ich mir lieber eine normale Konstruktion mit deutlich besseren Daten! (was bei anderen Fabrikaten wie Genelec problemlos möglich ist).

Mein Fazit aus diesen Feststellungen:
Wenn man einen guten Mitteltöner einsetzt, der eigentlich 100Hz bis 10kHz könnte, dann kann man ihn problemlos mit 6dB-Weichen betreiben und diese erst jeweils 1 Oktave ausserhalb der vorgesehenen Trennung steiler machen. Damit bekommt man die minimal mögliche Phasendrehung und kann daher auf die Verpolung der Chassis verzichten. Trotzdem erreicht man eine genügende Steilheit (natürlich mit höherer Phasendrehung, aber dies ausserhalb der Hörbarkeit), um eine Überlastung zu verhindern.
Und diese Vorzüge geniesst man nicht nur im eingeschwungenen Zustand, der eigentlich mit Musik nichts zu tun hat, sondern auch und gerade bei den Einschwingvorgängen.


Bei aktiven analogen Mehrwege-LS sind die Elemente EQ, LR12/24 und Allpass (bei versetztem Einbau)Pflicht, anders lässt sich kein linearer Frequenz- und Phasengang realisieren.

Wenn man die akustische Laufzeit der Chassis ausgleichen will, kann man dies NUR durch versetzten Einbau ausgleichen, mit Allpässen stimmt die Phasenlage NUR im eingeschwungenen Zustand.
Um EQ zu veremeiden sind halt brauchbare Chassis vonnöten und nicht irgendwelches Zeug, das nicht geeignet ist. Und das zeigt sich z.B. daran, welche Fabrikate von den Herstellern verbaut werden. Genelec baut seit Jahren die selben (oder Nachfolgemodelle) bewährten Chassis ein, während man bei K&H einmal Peerless, dann Scanspeak, dann WHD und zwischendurch wieder andere Fabrikate findet, oft Chassis, die sich nicht durch speziell gute Eigenschaften hervortun.
cr
Inventar
#24 erstellt: 31. Jul 2013, 15:43
Das Gesagte wäre eigentlich ein Plaidoyer für 5" (oder allenfalls 6") Lautsprecher als Mitteltöner, da nur solche ab 300 Hz einsetzbar sind und bis 3000 Hz verwendet werden können (allerdings dann stark bündelnd, was ja auch nicht unbedingt erwünscht ist, vor allem, wenn wenn damit ein Tannenbaum entsteht (durch die anschließende HT-Kalotte, allenfalls gemildert durch ein Waveguide). Welche Chassis verbaut Genelec, falls das bekannt ist?

Anbei noch, falls es interessiert, ein Test der neuen kh310
http://www.neumann-k...ording_de_201304.pdf


[Beitrag von cr am 31. Jul 2013, 15:44 bearbeitet]
kobold01
Stammgast
#25 erstellt: 31. Jul 2013, 16:50

richi44 (Beitrag #23) schrieb:
Das stimmt nur für den eingeschwungenen Zustand, also nach mindestens 3 Sinuszyklen, nicht aber im Einschwingvorgang!

was ist das denn?

hörst du etwa ein viertel Sinus?
Das "Einschwingen" ist eine Folge periodischer Schwingungen mit allmählich steigender Amplitude.
Dein Einschwingen verstehe ich nicht. Kennst Du die 3 Grenzdauern des Gehörs?


[Beitrag von kobold01 am 31. Jul 2013, 17:02 bearbeitet]
cr
Inventar
#26 erstellt: 31. Jul 2013, 16:53
Es ist doch bekannt, dass man Instrumente nicht mehr voeinander unterschieden kann, wenn man das Einschwingen wegläßt. Das ist auch der selbe Grund, dass frühere e-Orgeln (Synthisizer) beschissen klangen....
An dieser Einschwinggeschichte ist mM schon was dran. Der Einschwingvorgang charakterisiert jedes Instrument.....
kobold01
Stammgast
#27 erstellt: 31. Jul 2013, 17:01
@cr
hör dir das an.
Lautsprecher haben kein Einschwingproblem, sie geben Instrumente real wieder.

https://www.youtube.com/watch?v=lpTTDe0Aho0


[Beitrag von kobold01 am 31. Jul 2013, 17:01 bearbeitet]
kobold01
Stammgast
#28 erstellt: 31. Jul 2013, 17:11
Im Übrigen scheint es Defizite in der Signaltheorie zu geben.
Einen Lautsprecher misst man u.a. mit Rauschen.
Aus der Rauschantwort ermittelt man die Impulsantwort, den Frequenzgang, den Phasengang, den Klirrfaktor,..
Ist das Rauschen nun ein eingeschwungener Zustand oder ein Einschwingvorgang?
Messen wir alle falsch?
cr
Inventar
#29 erstellt: 31. Jul 2013, 17:12
Wie gesagt, ich selber kann es mir nicht vorstellen, wie diese Boxen nun geklungen haben mögen, die fürs Tonstudio unbrauchbar waren

Video gesehen, diese Lautsprecher sind halt auch nicht sonderlich komplex, vielleicht ist es mit steilflankigen Filtern und zahlreichem Herumgebiege zur Linearisierung was anderes.
kobold01
Stammgast
#30 erstellt: 31. Jul 2013, 17:13
ein nicht linearer F-Gang wäre sofort aufgefallen, dann lieber hingebogen.
Hörzone
Hat sich gelöscht
#31 erstellt: 31. Jul 2013, 21:17

Und wenn ich z.B. eine ältere K&H Dreiwegbox (KH 310A) mit der 75mm Mitteltonkalotte betrachte, welche von Hause aus einen Frequenzgang (-3dB)von 800Hz bis 1800Hz (ohne Entzerrung) schafft, dieser aber den Bereich von 650Hz bis 2kHz zumute (was eigentlich viel zu schmal ist), dann wünsche ich mir lieber eine normale Konstruktion mit deutlich besseren Daten! (was bei anderen Fabrikaten wie Genelec problemlos möglich ist).


@Ritchie: die KH310 ist keine ältere Box, es ist ein aktuelles Modell. Hast du die überhaupt gehört und die zerstörerische Wirkung die sie auf die Musik hat
Was ist die Vergleichsreferenz um einen Lautsprecher als richtig oder falsch zu deklarieren? In welchem Verfahren wurde diese Referenz ermittelt?
Alle Chassis sind Eigenkostruktionen von Neumann.. die gibts auch nicht zu kaufen.
Diskussionen über Produkte aus dem vorigen Jahrtausend interessieren doch heute niemand (O98)

Im übrigen ist die KH 310 ein erstklassiger Lautsprecher der keinen Vergleich zu scheuen braucht (Größe, Einsatzzweck, Konzept, Preis).

viele Grüße
Reinhard


[Beitrag von Hörzone am 31. Jul 2013, 21:22 bearbeitet]
kobold01
Stammgast
#32 erstellt: 31. Jul 2013, 23:35
Ich fasse mal richis These zusammen, sofern ich sie verstanden habe:
Alle Filtertheorien betrachten nur einen eingeschwungenen Zustand. Alle Baugruppen, die nach den grundlegenden Filtertheorien eingesetzt werden, also LCR-Filterung, ob passiv, aktiv oder digital, sind für Musikreproduktion nicht geeignet, da sie den Einschwingvorgang verfälschen. Musik besteht nur aus Einschwingvorgängen und die Betrachtung einzelner Frequenzen ist für Musik nicht geeignet. Musik schwingt ständig ein und aus und besteht immer nur aus wenigen Sinuszyklen.

Wer kann ihm diesen Zahn ziehen?

1)Die Betrachtung einzelner Sinuszyklen ist nicht zulässig!
Eine Schwingung, z.B. eine Luftdruckschwingung, erhebt sich mit ihrer Amplitude allmählich aus den infinitesimalen Luftmolekühlbewegungen. Generell heben sich Schwingungen immer aus irgendeinem Rauschteppich ab. Wir haben also niemals einen "Sinusstart". Den würde man per Fourier-Analyse sofort in Teilschwingen zerlegen müssen (wegen der scharfen Anfangskante). Eine Schwingung steigt allmählich in der Amplitude an und es liegt quasi immer ein periodisches Signal vor.

=> Richis Einschwingen gibt es nicht - wir sind stets eingeschwungen - oder wir rauschen.

Jedes Signal lässt sich in Einzeltöne zerlegen (Fourieranalyse). D. h.: Jedes Signal, und sei es noch so kurz oder eckig, besteht aus einer Summe von Sinusschwingungen unterschiedlicher Amplitude, Phase und Frequenz. Es ist demnach völlig hinreichend, ja sogar vollständig, das Frequenzverhalten von LCR-Filter zu betrachten.
Wir hören alle nur Schwingungen, was anderes wird doch gar nicht durch die Luft transportiert.
Es sind immer Schwingungen, mit unterschiedlicher Amplitude und Frequenz.
Das Einschwingen eines Tones bei einem Musikinstrument ist eine Luftschwingung auf ein oder mehreren Frequenzen, wobei die Amplitude allmählich ansteigt.
Die Form dieses Amplitudenanstiegs und Abfalls (die Hüllkurve) und das Spektrum des Tons, also der Grundton (die Note) und die Obertöne charakterisieren den Klang eines Instruments.
Der Lautsprecher kann dies 1-1 reproduzieren, wie obiges Video beweist. Ob nun mit viel LCR-Filterung oder wenig- Hauptsache im Endergebnis stimmt der Frequenzgang und der Klirrfaktor.
Änderungen in der Frequenz und Amplitude und Phase, und seien sie auch noch so plötzlich, geschehen immer stetig. Sprunghafte Änderungen haben immer einen stetigen Anstieg, der von der oberen Grenzfrequenz festgelegt wird. Die obere Grenzfrequenz ist nicht unendlich, für CD-Signale z.B. nur 22 kHz.

2)Einen Lautsprecher misst man u.a. mit Rauschen.
Aus der Rauschantwort ermittelt man die Impulsantwort, den Frequenzgang, den Phasengang, den Klirrfaktor,..
Ist das Rauschen nun ein eingeschwungener Zustand oder ein Einschwingvorgang?
Messen wir alle falsch?
Rauschen ist um Grunde genommen "beliebige Musik", es enthält alle Frequenzen in beliebiger Amplitude und Phasenlage. Musik ist eine Teilmenge des Rauschens.
Denn wenn man viele Musikstücke ineinander mischt, kommt letztendlich Rauschen raus.
Wenn ich nun mit Rauschen messe, dann erfasse ich auch alle Eigenschaften von Musik.
Einem so vermessenen linearen System sehe ich in der Impulsantwort nicht mehr an, ob da nun LCR-Filter oder EQs zur Korrektur eingesetzt wurden oder ob es die nackte ideale Membrane ist. Man kann eventuell an der Gruppenlaufzeit Steilheiten erahnen. Aber die Auswirkung von Gruppenlaufzeitverzerrungen sind bekannt und sie stellen kein "Einschwingproblem" dar.

3)Es ist doch schon lange bewiesen, dass ein Rechtecksignal, durch Allpass verzerrt, zwar im Zeitbereich nicht wiedererkannt wird, jedoch der Klang unverändert bleibt.
Richi, mach doch mal das Experiment. Der Allpass verändert die Obertöne des Rechtecks, die sind zwar wichtig für die schöne scharfe (optische) Kante, aber was interessieren dem Ohr Obertöne, die weit weg von der Grundfrequenz liegen und noch dazu sehr klein sind.

Von daher sind alle "Phänomene" - auch richis Einschwingen - der LCR-Filter seit sehr langer Zeit theoretisch erfasst und sie freuen sich in vielfältigen Einsätzen. Übrigens: auch Mikrofone und Vorverstärker kommen nicht ohne aus.

Was kommt als nächstes? "Die Rückkopplung von Verstärkern ist böse" - da rannte auch mal einer umher.


[Beitrag von kobold01 am 01. Aug 2013, 01:39 bearbeitet]
richi44
Hat sich gelöscht
#33 erstellt: 01. Aug 2013, 06:51
Dass K&H bei ihren Boxen im Lauf der Jahre alle möglichen Fabrikate verbaut hat ist Tatsache. Kann sein, dass sie sich Chassis nach eigenen Vorgaben haben fertigen lassen, das war aber sehr die Ausnahme!

Und es geht eigentlich um den Baffle-Step und nicht um K&H. Ich habe diese Firma erwähnt, weil sie oft als Beispiel heran gezogen wird. Dabei werden alle die "Errungenschaften" angeführt, aber die Ergebnisse von Hörtests werden meist verschwiegen.

Des Weiteren kann man Lautsprecher mit gewobbeltem Sinus oder Rauschen oder Steps (Impulsen) messen.
Dass Rauschen und gewobbelter Sinus zum selben Ergebnis führen ist bekannt und in beiden Fällen handelt es sich um eine eingeschwungene Messung. Bei den Impulsen muss das Ergebnis erst umgerechnet werden, um es mit den anderen beiden Messungen vergleichen zu können.

Mich erstaunt, dass auf alle möglichen Dinge eingegangen wird, nicht aber auf den Umstand, dass ein linearer Zweiwegerich ganz anders klingt als ein genau so linearer Dreiwegerich. Da muss doch irgend etwas sein, das den Unterschied erzeugt.

Und noch zu den alten K&H: Wir haben diese im Betrieb (Schweizer Fernsehen) nach zwei Jahren Betrieb ausgemustert, weil damit eine klangliche Beurteilung nicht vernünftig möglich war. Und dazu sollten die Studio-Monitore eigentlich dienen! Bei Neubeschaffungen wurden immer wieder Hörvergleiche angestellt und K&H konnte nicht überzeugen. Demgegenüber haben Genelec in der Mehrzahl der Fälle das Rennen gemacht. Das spricht mMn eine deutliche Sprache.

Ich werde jetzt mal auf weitere Erklärungsversuche verzichten, denn das Thema ist nach wie vor ein anderes. Die ganze Phasenproblematik (die ja unhörbar sein soll) und die Frage, was eingeschwungen ist und was nicht (oder wie sich die Phase der Membranbewegung innerhalb eines Bursts verändert), all dies hat mit dem ursprünglichen Thema nichts direkt zu tun.
puffreis
Inventar
#34 erstellt: 01. Aug 2013, 07:21
Was mich wundert ist, dass du mit keiner Silbe das wichtigste am LS, nämlich das Abstrahlverhalten erwähnst.
Die 10kHz, die du mit einem Chassis erreichen willst, kann ohne Bündelung nur mit einem 16mm Hochtöner bewältigt werden.
Klar, man kann diese Frequenz auf Achse auch mit einem Breitbänder erschlagen, nur beamt das Ding wie Halogenlampe, was nachdrücklich für das subjektive Empfinden entscheident ist.
Zum Thema Dreiweger gegen Zweiweger.
Zweiweger sind meistens nicht so breit wie Dreiweger, im konkreten Fall Genelec 103x gegen 80xx.
Hier entscheidet die Breite bzw. Bafflestep über den Klang (hier sind wieder On-Topic) und nicht irgendwelche Phasengedöns.

Mir scheint es, dass du in den Siebzigern steckengeblieben bist.
Damals war es en vogue auf die Phasen einzugehen (im Besonderen Manger),
nur heute denkt man anders darüber.
Bei der O500 wird der Mitteltöner nach unten hin mit 8.Ordnung getrennt und trotzdem hört keiner die Unterschiede mit und ohne Fir-Filter, im Bassbereich schon.
cr
Inventar
#35 erstellt: 01. Aug 2013, 14:09
Klingen denn 2-Weger GENERELL so viel anders als Dreiweger, soweit sich das nicht schon aus dem deutlich anderen Bündelungsverhalten ergibt:
2-Weger starke Bündelung im Bereich 1000 - 2000 Hz, dann wieder breit
3-Weger wenig Bündelung im Bereich 1000 -3000 Hz.......?
Somit haben beide ja auttomatisch einen gänzlich anderen Energiefrequenzgang, auch wenn sie auf Achse ähnlich sind.
Der Vermutung zufolge, dass keine Crossovers im Bereich 300 bis 3000 Hz sein sollen, dürfte man ja nur mehr 3-Weger mit 5 oder 6"-Chassis als Mitteltöner bauen.
MT-Kalotten wären generell ungeeignet, Vierweger auch, weil da die zweite Trennung gerne im Bereich 700 - 1200 Hz erfolgt (TMT auf MT), und Zweiweger sowieso.....
kobold01
Stammgast
#36 erstellt: 01. Aug 2013, 15:41
Wenn man so abhören würde, wie man misst, dann wären die Unterschieden zw. versch. Lautsprechermodellen sehr gering. Ich meine damit: nicht direkt abhören, sondern per Mikrofon aufzeichnen und nachträglich beispielsweise per Kopfhörer anhören. Dann gerät man nicht in die Versuchung, den Abhörplatz zu verändern.
Denn was man da immer an Klangunterschieden heraushört - es ist der Frequenzgang.
Nicht der des Lautsprechers, der hat meist ein transparentes Niveau.
(Wenn man sehr kleine und sehr große Lautsprecher direkt vergleicht, dann wird eine tiefere untere Grenzfrequenz des größeren auffallen.)
Aber ein nicht perfekt akustisch behandelter Raum führt mit seinen Kammfilter-Effekten den Werksfrequenzgang ad absurdum. Da führen schon kleine Abweichungen von der Abstrahl- oder Abhörposition zu extremen Änderungen, eigentlich ist das Frequenzverhalten im Raum chaotisch.
Dann ist es auch logisch, dass unterschiedliche Abstrahlverhalten und Lautsprecherabmessungen auch zu unterschiedlichen Klängen führen. Nur ein ideal gedämpfter Raum ist neutral und darin klingen viele Lautsprecher identisch.
Wenn man nach obiger Abhörmethode Lautsprecher aus unterschiedlichen Räumen hört, dann fallen die Lautsprecher gar nicht mehr auf, aber die Räume werden plötzlich erschreckend offensichtlich...
Den Raumeinfluss hat richi ja schon in der Einleitung erwähnt, ich hoffe er lässt nun seine Einschwingthese als Erklärung für Klangunterschiede fallen - Freundschaft!


[Beitrag von kobold01 am 01. Aug 2013, 15:52 bearbeitet]
cr
Inventar
#37 erstellt: 01. Aug 2013, 15:52
Eigentlich bewirkt ja schon eine geringe Änderung der Hörposition extreme Frequenzgangunterschiede. Angenommen man sitze 2m von den Boxen entfernt. Der Abstand zwischen MT- und HT-Kalotte möge 15 cm sein. Je nachdem, ob man den Kopf etwas höher oder tiefer hat, ist mal der Weg vom HT, mal vom MT ein paar cm länger. Ein paar cm sind aber genau die Weglänge, wo sich im Übergangsbereich bei sagen wir 4000 Hz (90° Phasenverschiebung sind nur 2cm) die beiden Quellen addieren oder auslöschen......
Insoferne stelle ich mir immer die Frage, was das eigentlich wirklich aussagt, wenn man zB bei der Simulation zw. MT und HT einen scharfen Einbruch hat. Mit den Raumreflexionen stimmt das sowieso nicht, und 2 cm Wegunterschied machen alles auch schon wieder anders.....
kobold01
Stammgast
#38 erstellt: 01. Aug 2013, 16:20
Dass ein Fehler durch andere schlimmere Fehler verdeckt wird, sagt ja nur was darüber aus, wo man sinnvollerweise mit der Optimierung anfangen sollte.

Deine Frage beantwortet das oben verlinkte Papier von Hrn. Linkwitz. Da ist auch eine Grafik drin (Fig. 9).
Wenn die Lausprecher-Chassis in Phase am Abhörort ankommen, ist die Schalldruckaddition perfekt und man sitzt in der Abstrahlkeule.
=> Positionsverschiebungen führen nur zu kleinen Änderungen, der 180'-Tilt ist weit weg.
Wenn man allerdings nahe des Tilts sitzt, da die Abstrahlkeule woanders hinzeigt, führen kleine Positionsabweichungen zu großen Änderungen im F-Gang.
Optimierung: niedrige Trennfrequenzen, Chassis zusammenrücken, Tiefenversatz eliminieren. Abhörort definieren.
Ideal sind diesbezüglich Koaxsysteme.


[Beitrag von kobold01 am 01. Aug 2013, 16:53 bearbeitet]
cr
Inventar
#39 erstellt: 01. Aug 2013, 20:35
Die Pseudo-d'Appolitos müssten demnach doch eigentlich ungünstig sein, so in der Art große Säule mit (von unten nach oben)
TT/MT/HT/MT/TT
Da sieht man oft Chassis, die recht weit auseinanderliegen, 2-fache Wellenlänge der Trennfrequenz etc.
kobold01
Stammgast
#40 erstellt: 01. Aug 2013, 21:52
Die sind eher was für große Abstände außerhalb des Hallradius und für viel Pegel. Ein genauer Sweet Spot ist da schwierig. In einem Konzertsaal werden sie u.U. günstiger sein, als eine kleine 2 oder 3-Wegebox. Geht schon mehr in Richtung "Beschallung", aber das ist ein anderes Thema.
Es muss ja nicht immer linear sein.


[Beitrag von kobold01 am 01. Aug 2013, 21:56 bearbeitet]
richi44
Hat sich gelöscht
#41 erstellt: 02. Aug 2013, 06:43
Zum Thema Messen und abhören ist anzumerken, dass wir (bei gesunden Menschen) zweiohrig abhören und eigentlich die "Summe" der beiden Ohrsignale bilden. Dies wird dann zum "hören" verwendet. Gemessen wird aber mit einem Mikrofon und somit an einem Punkt. Das sind letztlich zwei unterschiedliche Ergebnisse, die praktisch nichts miteinander zu tun haben und sich nicht vergleichen lassen.

Dies ist das Eine. Und das Andere ist wie schon mehrfach angetönt, dass wir beim Hören sehr genau zwischen dem Einschwingvorgang und dem Anhören des eingeschwungenen Klangs unterscheiden. Im Raum haben wir immer Reflexionen und damit Signaladditionen. Diese treten aber erst dann in Erscheinung, wenn diese auch (wie der Direktschall) am Ohr angekommen sind. Bei der Beurteilung des Einschwingens sind die Reflexionen oft noch nicht eingetroffen, sodass sie in dieser Situation nicht beurteilt werden.

Seit MP3 ist klar, dass es viele Schallereignisse gibt, die wir kaum wahr nehmen. Und so gibt es (aus früheren Studien) ebenfalls Schallereignisse, die wir nicht wahr nehmen. Dazu gehören auch Ereignisse, die uns aus unterschiedlichen Winkeln treffen. Es ist durchaus möglich, dass wir direkt mit dem Ohre keine oder nur geringe Unterschiede erkennen, wenn wir aber das Ereignis per Mikrofon und Kopfhörer, also ohne zusätzliche Rauminformation (oben, hinten usw) zugespielt erhalten, Unterschiede erkennen.

Bei diesem ganzen Bereich ist anzumerken, dass wie erwähnt viele Effekte "flüchtig" sind und im ausgehaltenen Klang kaum in Erscheinung treten. Das ist eigentlich logisch, weil es wie gesagt laufend zu Additionen und damit zu gröbsten Frequenzgangfehlern kommt, die eine klangliche Beurteilung (Gefahr!) einer Situation beinahe verunmöglichen. Unser Ohr soll uns warnen, aber auch Beute anzeigen. Und daher ist die Beurteilung für Langzeit-Ereignisse sehr different gegenüber der Beurteilung kurzzeitiger Effekte. Eigentlich ist das Ohr nicht dazu da, sich ein Lustgefühl zu verschaffen und damit ist die Langzeit-Beurteilung eigentlich "uninteressant". Dass wir natürlich mit dem Musikgenuss gegen diese Naturregel verstossen lässt sich nicht verhindern.
Was daraus folgt ist die Tatsache, dass wir nicht so hören wie wir messen. Und ebenso, dass wir keinen Vergleich zwischen direktem Hören und Hören über Hilfsmittel anstellen können. Die Ergebnisse sind nicht vergleichbar.
Daraus folgt aber auch, dass bestimmte Frequenzgangfehler zu klanglichen Abweichungen führen, andere aber kaum. Oder dass wir Fehler tolerieren, weil sie nicht grösser sind als die akustischen Auswirkungen verschiedener Abhörplätze im Konzertsaal. Dort sind die Differenzen aber meist die Folge unterschiedlicher Reflexionen, welche sich sehr wohl im eingeschwungenen Zustand (nach Eintreffen der Reflexion) bemerkbar machen, nicht aber im Einschwingvorgang. Wäre unser Gehör "stur" und würde nur auf das tatsächlich zu vernehmende Ereignis reagieren, so könnten wir Musik in einem Konzertsaal kaum geniessen. Weil es aber auch zeitlich selektiv arbeitet kann es sehr wohl unterscheiden, ob der Klang "richtig" oder "falsch" ist, auch wenn er verfälscht wurde.

Und daraus ergibt sich, dass es unsinnig ist, einen Frequenzgang im Raum an einer bestimmten Abhörposition zu messen und zu versuchen, diesen per EQ zu linearisieren. Eine Auslöschung kann nicht korrigiert werden. Tritt sie durch eine "verspätete" Reflexion auf, so kann man das letztendliche Signal nicht entzerren. Und wenn der Frequenzgang im eingeschwungenen Zustand linear wäre, so wäre er im Einschwingvorgang verbogen und das wäre hörbar! Diese ganzen Einmessungen gehören heute zum Glück der Vergangenheit an (zumindest in den Regieräumen der Profi-Studios). Messen ist richtig und wichtig, denn damit kann man Reflexionen feststellen und diese bauakustisch behandeln.
Und daraus ergibt sich auch, dass in den Studios versucht wird, die Reflexionen klein zu halten, was z.B. mit Schallführungen an den Mittel- und Hochtönern versucht wird. Ist die Abstrahlung bewusst eng gewählt, kann man die Anregung von Reflexionen reduzieren und damit deren Auswirkungen. Dass mit diesen "Trichtern" gleich noch die akustische Laufzeit der Chassis angeglichen wird ist ein gewollter Nebeneffekt.
kobold01
Stammgast
#42 erstellt: 02. Aug 2013, 12:26
Hallo richi.
Gut, jetzt sind wir wieder beim Direktschall (aus dem Lautsprecher) und dem Diffusschall (aus dem Raum). Niemand hat behauptet, dass man den Diffusschall mit EQ linearisieren kann oder sollte.
Den Direktschall und sehr frühe Reflexionen kann man jedoch sehr gut linearisieren und das wird auch fleißig so gemacht. Das hab ich im 4. Post unten und insbesondere im 8. Post bereits ausführlich erläutert. Eine Bafflestep-Raumanpassung ist auch nichts anderes - allerdings sehr grob nach dem Modell: "Wand, Kante, Ecke".
Dass dann der linearisierte Direktschall des Lautsprechers in einem reflexionsbehafteten Raum durch den eingebrachten Diffusschall am Abhörort zu Nichte gemacht wird, habe ich bereits in #36 erwähnt. Deswegen muss auch der Raum akustisch behandelt werden. (Stichwort: Hallradius). Da sind wir uns einig und wir wiederholen uns. Wahrscheinlich war es mit deiner K&H doch so wie von mir in #8 unten vermutet.

Du haust mit deinem Einschwingen ständig die Phänomene "Hallradius, Anhall und Nachhall im Raum", "Anklang eines Musikinstruments" und "Signalphasen durch RC-Schaltungen" durcheinander. Das eine hat mit dem anderen gar nichts zu tun, da komme ich auch nicht mehr mit.
Ich empfehle das Buch "Elektroakustik" von Zoller und Zwicker und dort das Kapitel Raumakustik. Das erklärt in relativ einfachen Worten den Sachverhalt. Die anderen Kapitel sind auch empfehlenswert, wobei man nicht alle Formeln nachvollziehen muss.

Den Widerspruch, dass Rauschen ein eingeschwungener Zustand sei, Musik aber nicht, hast du auch nicht aufgelöst...

1-Ordung-Filter.
Es schon bezeichnend, wenn einem die Phasenverschiebung bei LR12/24/48 nicht passt, genauso wenig, wie Restphasendrehungen beim Allpass;
dann aber zu einem 6dB/Okt -Filter greift und genau da den Fehler macht, wo die Phase akustisch und hörbar relevant ist: Bei der Schalldruckaddition!

Zu deinem zweiohrigen-Argument:

Das Experiment hast du nicht verstanden.
Du hörst immer mit beiden Ohren, bei allen Durchgängen. Das ist nicht der Unterschied, der rauszuhören ist. Selbst in dem Video oben hörst du mit beiden Ohren, das fällt als Vergleich raus.
Im Versuch tauscht man nur das, was man vergleichen will. ceteris paribus.
Gerne kann das Experiment mit Kunstkopfaufnahmen verfeinert werden.
Das Ergebnis ist aber das gleiche. So hat es das IRT gemacht.
http://www.irt.de/IRT/publikationen/studios/studios_d.htm
Hört man da Unterschiede bei den Lautsprechern? NEIN! Hört man den Raum? JA!

Mit Mono-Mikrofontest kann man gut zeigen, wie verlustfrei eine Mono-Lautsprecherwiedergabe in einem Raum sein kann, wenn der per Mikrofon aufgezeichnete Lautsprecher erneut aus dem Lautsprecher wiedergegeben wird und der Klang von der Originalaufnahme kaum zu unterscheiden ist, dann liegt quasi Transparents vor. M. E. sind dann, der Raum und der Lautsprecher abzuhaken - denn mehr kann man nicht erreichen. Der Raum ist bei den meisten jedoch das Problem.
Dagegen erreichen viele Lautsprecher, auch günstige, ein transparentes Freifeldfrequenzgang-Niveau. Natürlich durch EQ inside.

Stereophones hören habe ich bewusst ausgelassen. Das ist wieder ein anderes Phänomen.
Für stereophones Hören benötige ich halt nur noch einen 2. Lautsprecher. Die perfekten Eigenschaften des Lautsprechers und den reflexionsarmen Raum nehme ich aus dem Mono-Test mit.
Was dann noch Voraussetzung ist:
-Gleichheit der Lautsprecherdaten. Hier sind die günstigen meist schlechter dran.
-Symmetrie der Raum/Abhörposition.
Dann stellt sich ein breites Panorama ein, das über die Basisbreite hinausgeht und eine räumliche, 3-dimensionale Klangillusion, je nach Aufnahme, erzeugt.
Aber dann kommen wir ganz schnell zur Diskussion, was man mit den Lautsprechern eigentlich für eine Illusion Abbilden will und kann. Dazu kann ich auch was erzählen, das ist aber total Off Topic.
Gruß.
Ich beende diese Diskussion jetzt, denn mein Urlaub geht zu Ende.


[Beitrag von kobold01 am 04. Aug 2013, 16:33 bearbeitet]
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