Wie feiert ihr Ostern musikalisch?

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Martin2
Inventar
#1 erstellt: 21. Mrz 2008, 23:39
Fröhliche Ostern schon mal allerseits, es ist ja nicht mehr lange hin. Gibt es besondere Musik, mit dem ihr dieses Fest feiert?

Ich werde vielleicht mal wieder das Osteroratorium von Johann Sebastian Bach auflegen, das habe ich lange schon nicht mehr gehört. Oder sogar eine Passion, die Johannes Passion habe ich noch nie gehört. Nun ist ja Ostern eigentlich das Fest der Wiederauferstehung, da paßt eine Passion nicht so recht. Habt ihr Ideen zum Fest, oder geht euch das alles sowieso am Gesäß vorbei und ist es euch sowieso egal, welche Musik ihr zu welchem Anlaß hört, und sind euch Anlässe sowieso egal? Ist euch das alles christliches Gesülze, oder sagt ihr: Dieses ist ein Anlaß, ein Fest, das auch geziemend gewürdigt gehört, auch musikalisch?

Gruß Martin
Maastricht
Inventar
#2 erstellt: 22. Mrz 2008, 07:15
Hallo Martin,

Hier in den Niederlanden feiert die Matthäus-Passion immer wieder jedes Jahr um Ostern Triumphe. Vanaf ungefähr zwei Wochen vor Ostern werden in vielen Städten Ausführungen gegeben. Gestern hörte ich im Radio noch was über eine Matthäus ausschliesslich gesungen durch Kinder.

Ich hatte lange Zeit nichts mit dieser oder einer anderen Passion. Voriges Jahr habe ich die Johannes-Passion gesehen, fand ich nicht spannend, dagegen fesselte mich die Matthäus-Passion die ich vor einigen Tagen (in einer Kirche)gesehen habe. Das sitzen schon sehr schöne Passages zwischen.

Ich höre mir die Passion mit einem profanen Interesse (aber natürlich mit einem kulturell-religiösen Hintergrund) an.

Viele Besucher hatten übrigens den Tekst der Passion bei sich und lasen mit. (Das ist nichts für mich. Musik muss mich treffen und danach schau ich - vielleicht - mal nach dem Tekst. Ausserdem war gut zu verstehen was gesungen wurde und man kennt ja im Grossen und Ganzen worüber die Geschichte.) Das mitgelesen wurde, braucht seinen Grund nicht (immer) im religiösen Bereich zu finden. Ich sehe das Verhalten häufiger bei Konzerten.

Welche Musik ich mir zuhause zuführe, weiss ich noch nicht; kann aber alles mögliche sein. In dem Sinne habe ich nichts mit Ostern. Ostern ist für mich hautpsächlich die Farbe gelb.

Schöne Ostern,

Gruss, Jürgen
Mellus
Stammgast
#3 erstellt: 22. Mrz 2008, 08:02
Hallo Martin,

Martin2 schrieb:
Fröhliche Ostern schon mal allerseits


Vielen Dank, die wünsche ich Dir auch!


Martin2 schrieb:
Gibt es besondere Musik, mit dem ihr dieses Fest feiert?


Zwar habe ich keine bestimmte Ostermusik, nicht einmal Ostern begehe ich in tief empfundenem, christlichem Sinne; aber eine dem Anlass angemessene, "große" Musik möchte ich schon hören, Händel beispielsweise. Es wird wohl auf den Messias hinauslaufen, den ich ganz großartig finde. Der wird wohl eher zu Weihnachten gespielt, das macht mir aber nichts und so viel Musik dieser Art habe ich auch gar nicht.

Ansonsten gibt es noch CDs vom letzten Monatseinkauf, die ich noch nicht gehört habe. Und im Moment bin ich sehr begeistert von Bernd Alois Zimmermann. Also werde ich die freien Tage nutzen, um -- neben den obligatorischen Besuchen -- Zimmermann (Cello-Konzert, Antiphonen, Photoptosis, Omnia tempus haben, Présence) und Haubenstock-Ramati (Mobile for Shakespeare) zu hören.

Viele Grüße,
Mellus
AladdinWunderlampe
Stammgast
#4 erstellt: 22. Mrz 2008, 10:45
Hallo Martin,

ich habe während der vergangenen Tage (Gründonnerstag, Karfreitag) viel Passionsmusik gehört.

Einerseits standen verschiedene Vertonungen der Klagegesänge des Propheten Jeremiah auf dem Hörprogramm: zunächst die von mir heiß und innig geliebten Lecons de Tenebres für 2 Soprane und Basso continuo von Francois Couperin, dann meine diesjährige Neuentdeckung, die großartige Lamentatio Jeremiae Prophetae für gemischten Chor a cappella von Ernst Krenek - hochexpressive, ungemein sangliche und dabei kontrapunktisch streng gearbeitete Zwölftonmusik.

Ferner die Streichquartett-Fassung von Joseph Haydns Sieben letzten Worten unseres Erlösers am Kreuze, op. 51 - eine der menschlichsten, berührendsten Passionsmusiken, die ich kenne.

Und schließlich habe ich erstmals Robert Schumanns 1851 entstandene Bearbeitung von Johann Sebastian Bachs Johannes-Passion, BWV 245 gehört.

Über die Ostertage werde ich wohl aufgrund allerlei Familienbesuche nicht viel zum Musikhören kommen. Fest eingeplant sind aber zumindest die Antiphonen für Viola und 25 Instrumentalisten von Bernd Alois Zimmermann - allein schon, weil hier im zart versunkenen letzten Satz der Osterchoral "Christ ist erstanden" zitiert wird...


Herzliche Grüße
Aladddin
Kings.Singer
Inventar
#5 erstellt: 22. Mrz 2008, 10:56
Hallo zusammen.

Mir bleibt an Ostern nicht wirklich viel Zeit passiv Musik zu genießen. Vor zwei Wochen (also noch passend in der Passionszeit) habe ich die Johannespassion (Bach) gesungen. Gründonnerstag im Pontifikalamt wurde - da die Orgel ja dann 'ausfliegt' - eine schöne Palestrina Messe gesungen und ähnlich (Palestrina, Franck) sah die Gestaltung der Karfreitagsliturgie gestern aus.

Für Ostern gibt es heute die entsprechenden Generalproben. Gesungen werden an Ostersonntag die "Trinitatismesse" KV 167 und die "Krönungsmesse" KV 317 von Mozart. Dann werde ich die Ostervesper (gemäß Gotteslob) 'vorsingen' und am Ostermontag das aktive Singen über die Feiertage mit Sätzen von Byrd, Rheinberger und Franck beenden.
[Tjaja, das ist die Crux, wenn man in zwei Kirchenchören gleichzeitig aktiv sein möchte - keine Zeit fürs Feiern. ^^]

Aber ich werde sicher auch noch dazu kommen den Messias zu hören. Das ist ja eigentlich Standard.
Vielleicht gönne ich mir noch die Schöpfung von Haydn, da ich sie noch nicht gehört habe und inzwischen besitze.


Viele Grüße,
Alex.


[Beitrag von Kings.Singer am 22. Mrz 2008, 10:59 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#6 erstellt: 22. Mrz 2008, 13:12
Vielen Dank schon mal für Eure Antworten. Ich versuche, eben dem Anlaß doch irgendwie Genüge zu tragen. Ich war eben doch mal ein katholisches Kind ( obwohl ich aus dem hohen Norden stamme) und die Feste bedeuteten mir als Kind schon etwas. Es ist eine gewisse Anhänglichkeit an diese Erfahrungen, die für mich die Frage doch interessant macht.

Ich hatte mir eine Zeit lang auch mal vorgenommen, jeden Sonntag ein wenig Orgelmusik zu hören, das dann aber nicht durchgeholt.

Na ja, vielleicht höre ich morgen zum Fest doch mal wieder ein paar Händelsche Orgelkonzerte.
Kings.Singer
Inventar
#7 erstellt: 22. Mrz 2008, 21:56

Mellus schrieb:
Es wird wohl auf den Messias hinauslaufen, den ich ganz großartig finde. Der wird wohl eher zu Weihnachten gespielt, das macht mir aber nichts und so viel Musik dieser Art habe ich auch gar nicht.



Hallo Mellus!

Es ist glaube ich an der Zeit, ein ganz großes Missverständnis aus der Welt zu räumen:
Der Messias ist nicht unmittelbar mit dem Weihnachtsfest verbunden. Das trifft nur auf den ersten Teil "Verheißung und Geburt Christi" zu. Teile zwei und drei behandeln Passion und Erlösung, also das Ostereignis.

Deshalb ist es nur logisch den Messias an Ostern zu Gehör zu bringen, da man an Ostern auch zeitlich die Linie, die im Messias gezeichnet wird, nachvollzogen hat (Weihnachten - Fastenzeit - Ostern/Auferstehung). Wer an Weihnachten ein Oratorium hören will, kann sich bei Bach/Saint-Saens/Herzogenberg/Rheinberger/... bedienen aber den Messias mit Weihnachten in Verbindung zu bringen ist meines Erachtens Blödsinn. In ihm steckt so viel mehr, das erst im Osterereignis seine Synthese findet.

Gruß,
Alex.
AladdinWunderlampe
Stammgast
#8 erstellt: 23. Mrz 2008, 16:48
Allen Forumsteilnehmern wünsche ich ein frohes und gesegnetes Osterfest!

Da grippehalber ein Teil unserer Festtagsaktivitäten ausfallen musste, konnte ich heute doch ein wenig mehr Musik hören als erwartet. Neben Bernd Alois Zimmermanns wunderbaren Antiphonen, zu denen ich bei Gelegenheit sicherlich noch Einiges im Neue-Musik-Thread schreiben werde, habe ich daher Österliches von Johann Sebastian Bach gehört - diesmal allerdings nicht das Osteroratorium, sondern eine von Bachs frühsten Kantaten: Christ lag in Todesbanden BWV 4.

Das Besondere an diesem Stück ist, dass ihm - anders als dem Osteroratorium und einigen späteren Osterkantaten - kein neu gedichteter Text zugrunde liegt; vielmehr basiert jeder der sieben Sätze auf dem Cantus firmus und je einer Textstrophe aus Martin Luthers großartigem Osterchoral Christ lag in Todesbanden. Und es ist spannend zu hören, wie Bach die altehrwürdige dorische Choralmelodie bei aller kunstvollen Kontrapunktik der Verabeitung zugleich mit einer moderneren Tonsprache verbindet und dabei Luthers kraftvolle sprachliche Bilder mit gezielt eingesetzter musikalischer Rhetorik unterstreicht - eine beeindruckende Mischung aus musikalischen sowie sprachlichen Archaismen und spätbarocker Ausdruckswucht!


Herzliche Grüße
Aladdin


[Beitrag von AladdinWunderlampe am 23. Mrz 2008, 16:50 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#9 erstellt: 23. Mrz 2008, 18:16
Hallo Aladdin,

Die BWV 4 ist leider in meiner Bach Masterworksbox nicht enthalten, obwohl hier so 7 CDs mit geistlichen Kantaten enthalten sind, sonst hätte ich das gerne mal gehört. Insgesamt kenne ich erst eine Kantaten CD, die mir ganz gut gefällt, aber da ist für mich noch einiges zu entdecken.

Gruß Martin


[Beitrag von Martin2 am 23. Mrz 2008, 18:22 bearbeitet]
AladdinWunderlampe
Stammgast
#10 erstellt: 23. Mrz 2008, 19:36

Martin2 schrieb:
Die BWV 4 ist leider in meiner Bach Masterworksbox nicht enthalten.


Hallo Martin,

das ist erstaunlich, weil es sich bei BWV 4 eigentlich um ein sehr berühmte Kantate handelt. Aber vielleicht hast Du ja mit Johann Sebastian Bachs Kantate Erfreut euch, ihr Herzen, BWV 66, die ich mir gerade angehört habe, mehr Glück. Dieses sehr viel später als BWV 4 komponierte und daher im moderneren Stil gehaltene Stück ist für den zweiten Ostertag bestimmt und reflektiert daher wohl (freilich auf ziemlich indirekte Weise, da es keinen Evangelienbericht oder konkretere Anspielungen auf dessen Handlung gibt) das Emmaus-Evangelium, das für mich übrigens den berührendsten Teil der Ostergeschichte darstellt.

Aufgrund des Emmaus-Bezugs steht im Zentrum der Kantate wohl auch ein allegorischer Dialog zwischen der "Hoffung" und der "Furcht", der gewissermaßen den inneren Zwiespalt der Jünger nach der Ermordung Jesu thematisiert - die quälende Frage, ob mit dem Tode desjenigen, den sie für den Erlöser hielten, alles zu Ende, oder ob der Hoffnung auf Christi Auferstehung und Wiederkunft zu trauen sei. Interessanterweise wird dieser Zwiespalt schon im großangelegten Eingangschor thematisch, der zwischen die festlich bewegten Rahmenteile einen zunächst überraschend abgedunkelter Mittelteil setzt. Und obwohl der Dialog zwischen "Hoffnung" und "Furcht" in der zweiten Arie der Kantate zuletzt in tröstliche Zuversicht mündet, verzichtet Bach im nachfolgenden kurzen Schlusschoral auf jeden feiertäglichen Pomp, indem er die imperativischen Schlusszeilen des Osterchorals "Christ ist erstanden" eher wie eine ihrer selbst nicht ganz gewisse Frage klingen lässt: "Alleluja! Des solln wir alle froh sein, Christ will unser Trost sein. Kyrie eleis." Bei aller österlichen Freude steht am Ende die Bitte um Erlösung.


Herzliche Grüße
Aladdin


[Beitrag von AladdinWunderlampe am 23. Mrz 2008, 19:38 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#11 erstellt: 23. Mrz 2008, 20:22
Hallo Alladin,

doch BWV 66 ist enthalten. Die werde ich mir heute noch mal reinziehen. Danke für den Tip.

Gruß Martin
Martin2
Inventar
#12 erstellt: 23. Mrz 2008, 20:25

AladdinWunderlampe schrieb:
Dieses sehr viel später als BWV 4 komponierte und daher im moderneren Stil gehaltene Stück ist für den zweiten Ostertag bestimmt und reflektiert daher wohl (freilich auf ziemlich indirekte Weise, da es keinen Evangelienbericht oder konkretere Anspielungen auf dessen Handlung gibt) das Emmaus-Evangelium, das für mich übrigens den berührendsten Teil der Ostergeschichte darstellt.


Hallo Aladdin,

was ist den das "Emmaus-Evangelium"? Ich kenne nur die vier Evangelien, die in der Bibel versammelt sind. Kannst Du mir die Bibelstelle sagen?

Gruß Martin
AladdinWunderlampe
Stammgast
#13 erstellt: 23. Mrz 2008, 20:46
Hallo Martin,

es handelt sich um die Geschichte, bei der zwei Jünger nach dem Tode Jesu traurig zur Stadt Emmaus wandern und auf dem Weg dem auferstandenen Christus begegnen, den sie allerdings zunächst nicht erkennen. Sie findet sich im 24. Kapitel des Evangeliums nach Lukas, und zwar in den Versen 13-35.


Herzliche Grüße
Aladdin
Martin2
Inventar
#14 erstellt: 23. Mrz 2008, 21:32
Hallo Aladdin,

danke für den Hinweis. Na ja, ein bißchen Bibellektüre zu Ostern kann ja nicht schaden. Ich werde das mal lesen. Ich habe übrigens BWV 66 gerade gehört. Nicht schlecht.

Gruß Martin
Kreisler_jun.
Inventar
#15 erstellt: 23. Mrz 2008, 23:55
BWV 6 gehört ebenfalls hierher (Ostermontag)
"Bleibe bei uns, denn es will Abend werden" (und der Tag hat sich geneiget) ist ein wörtliches Zitat aus der Emmausgeschichte.

Ich habe vorgestern und gestern u.a. die Stabat Maters von Pergolesi und A. Scarlatti gehört und Bachs Matthäuspassion. Letztere in Harnoncourts alter Aufnahme von 1970. Bis heute eine der wenigen mit ausschließlich männlichen Sängern und konsequenter Doppelchörigkeit. Immer noch sehr beeindruckend, nicht nur als Pionierleistung!

Heute früh dann von Händel Dettingen Te Deum & Anthem (triumphal, aber liturgisch nicht ganz passend , aber ich hatte die CD schon vor über einer Woche gekauft und noch nicht gehört...)

viele Grüße

JK jr.
Mellus
Stammgast
#16 erstellt: 24. Mrz 2008, 20:16

Kings.Singer schrieb:
Hallo Mellus!

Es ist glaube ich an der Zeit, ein ganz großes Missverständnis aus der Welt zu räumen:
Der Messias ist nicht unmittelbar mit dem Weihnachtsfest verbunden.


Hallo Alex,

vielen Dank! Das Ausräumen von Missverständnissen ist nur zu begrüßen. Deinem "Messias-Oster-Plädoyer" ist nichts entgegenzusetzen. Aus ähnlichen Gründen habe ich, trotz der Weihnachtsdominanz an Aufführungen und CD-Exemplaren in den Regalen, ja auch keine Bedenken, den Messias an Ostern zu hören.

Viele Grüße,
Mellus
Kings.Singer
Inventar
#17 erstellt: 25. Mrz 2008, 10:38

Mellus schrieb:
trotz der Weihnachtsdominanz an Aufführungen und CD-Exemplaren


Ein Frevel ist das!
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