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Minimalistische Musik+A -A |
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Autor |
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FabianJ
Inventar |
#1 erstellt: 29. Mai 2014, 14:47 | |
Ich glaube zu diesem Thema hatten wir noch keinen Thread. Dem möchte ich hiermit abhelfen: Einer der bekanntesten Vertreter der Minimal Music, Philip Glass, dürfte gleichzeitig einer der berühmtesten noch lebenden Komponisten sein. Wobei dessen Filmmusiken wohl erheblich zu seiner Bekanntheit beitrugen. Andere bekannte Vertreter des musikalischen Minimalismus sind die Komponisten Steve Reich und Michael Nyman. Die Eingrenzung, was Minimalistische Musik ist und was nicht, fällt mir als Laie schwer, aber ich denke manche Werke von Arvo Pärt fallen vielleicht auch darunter. Bewusst angehört habe ich mir nur wenige minimalistische Werke wie „Music for 18 Musicians" von Steve Reich. Gerade dieses Werk hat mir sehr gefallen. Es hat keine Melodien, sondern ist rhythmusbasiert und bietet über den gesamten Verlauf hinweg nur wenig Abwechslung, aber es hat mich dennoch von Anfang bis Ende fesseln können. Ähnlich wie bei manchem Werk der Vokal-Polyphonie aus der Renaissance verlor ich während des Hörens mein Zeitgefühl, da rein vom Gehör her nur schwer zu bestimmen ist an welcher Stelle des Stücks man gerade ist. Wie steht ihr zu dieser Musikrichtung? Könnt ihr mit Minimal Music etwas anfangen? Könnt ihr überhaupt nichts damit anfangen, weil es euch zu repetitiv und ereignisarm ist? Oder könnt ihr nur mit einigen wenigen Werken aus diesem Bereich etwas anfangen? Falls dem so sein sollte, welche Werke sind das und in welchen Aufnahmen? Mit freundlichem Gruß Fabian [Beitrag von FabianJ am 29. Mai 2014, 15:03 bearbeitet] |
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Hörbert
Inventar |
#2 erstellt: 29. Mai 2014, 22:43 | |
Hallo! Das ist bei mir ganz erheblich vom jeweiligenn Werk selbst und teilweise auch vom Komponisten abhängig. Durchgehend gut finde ich z.B. Steve Reich und Terry Riley von denen ich auch ein Teil ihrer Werke im Regal habe. Zwiespältiger stehe ich da schon zu Phillip Glass, seine Streichquartette finde ich noch recht gut und seine Oper "Einstein on the Beach" eigentlich auch noch recht witzig aber z.B mit seinen Violinkonzerten oder mit seinem Konzert für Cembalo und Kammerorchester kann ich nicht soviel anfangen. Hingegen finde ich z.B. das Violinkonzert von John Adams recht interessant. MFG Günther [Beitrag von Hörbert am 29. Mai 2014, 22:43 bearbeitet] |
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op111
Moderator |
#3 erstellt: 30. Mai 2014, 07:15 | |
Hallo zusammen, einen kurzen, thematisch verwandten Thread gibt es noch Satie und Minimal Music Ich gestehe zur Musik von Philip Glass ein eher gespaltenes Verhältnis zu haben. Auf der einen Seite stehen unterhaltsame und witzige Werke wie Einstein... Koyaanisqatsi u.ä.; auf der anderen Seite langweilen mich "Low"- und "Heroes"-Symphony ebenso wie die Klaviermusik-Sammlungen tödlich. Der Übergang zu "no music"? Meinen ersten Kontakt zu dieser Szene hatte ich durch eine ambitionierte LP-Box der DG mit Musik von Steve Reich – Drumming / Music For Mallet Instruments, Voices And Organ / Six Pianos ca. 1975 wiederveröffentlicht z.T. in Der Verlust der zeitlichen Orientierung des Hörers durch minimale Verschiebungen der Rhythmen ist bei Reich faszinierend. John Adams schätze ich sehr, von seinen Ursprüngen in der mnimal music hat er sich jedoch weiter entwickelt, so daß ich ihn nicht als Minimalisten sehe. |
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Hörbert
Inventar |
#4 erstellt: 30. Mai 2014, 07:48 | |
Hallo! Ich gehe einmal davon aus daß sich die gesamte Minimal-Music weiterentwickelt hat, auch die neueren Werke von Steve Reich und Terry Riley haben nur noch wenig Ahnlichkeit mit der Minimal-Music der 60ger-70ger Jahre die "Drumming" und auch die Music for 18 Musicans respektive Terry Riley´s "In C" repräsentieren. Natürlich hat sich der eigentliche strenge Minimal totgelaufen aber Komponisten wie Wayne Siegel oder Peter Michael Hamel ja sogar der späte Ligeti (z.B. im Horntrio und einigen seiner Klavierstücke) haben deutliche Elemente der Minimal-Music in ihrem Werk verarbeitet. Zwar rechnet man viele dieser Werke den Postminimalismus zu aber ich sehe da keinen wirklichen Unterschied diese ganzen "post" Bezeichnungen sind ja m.E. im Endeffekt nichts weiter als mehr oder weniger hilflose Klassifizierungsversuche einer sich entwickelnden Musik die keine Rücksicht auf die Einordnung nimmt. MFG Günther [Beitrag von Hörbert am 30. Mai 2014, 07:49 bearbeitet] |
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FabianJ
Inventar |
#5 erstellt: 30. Mai 2014, 08:02 | |
Bei manchen Werken weiß ich ehrlich gesagt nicht so richtig, ob man sie als Minimal Music bezeichnen kann. So etwa Morton Feldmans „Rothko Chapel" oder auch Philip Glass' Cembalokonzert. Bei Reichs „Music for 18 Musicians" scheint es mir eindeutig zu sein, aber die genannten Feldman- und Glass-Werke kommen mir eher wie eine Stilmischung vor. Wie „spartanisch" muss ein Werk komponiert sein um noch Minimal Music zu sein? Oder darf man das nicht so eng sehen? Auf Günthers (Hörbert) Empfehlung im "Was hört ihr gerade"-Thread habe ich mir gestern Abend Terry Rileys „Cadenza on the night plain" und Meredith Monk´s „Dolmen Music" angehört, beides Komponisten, die mir bisher völlig unbekannt waren. Besonders das Riley-Werk ist wirklich schön. Bei der Steintischmusik finde ich interessant was man so alles mit menschlichen Stimmen machen kann, wenn man sie statt zur Textwiedergabe wie Instrumente verwendet. Gut, bei a Capella-Musik wird das zum Teil auch gemacht, aber ich habe das noch nie so ausgeprägt gehört. Mit freundlichem Gruß Fabian *editier: Günthers neuer Beitrag ist mir erst nach dem Abschicken dieses Beitrages aufgefallen. Ich scheine mit meiner Einschätzung, dass es sich bei Rothko Chapel und Glass' Cembalokonzert nicht um beinharten Minimalismus, sondern um Stilmischungen handeln dürfte, wohl doch richtig zu liegen. :) [Beitrag von FabianJ am 30. Mai 2014, 08:24 bearbeitet] |
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FabianJ
Inventar |
#6 erstellt: 31. Mai 2014, 07:31 | |
Beim Stöbern auf YouTube bin ich gestern auf diese spannende Aufnahme von Terry Rileys „In C" gestoßen. Für mich hört sich das bald noch interessanter an als sein „Cadenza on the night plain". Das Stück scheint mehr als nur ein wenig von Jazz beeinflusst zu sein, aber vielleicht habe ich diesen Eindruck auch nur wegen dem Saxophon. Könnt ihr davon eine bestimmte Aufnahme (CD) empfehlen? Auch ein paar Sätze von Steve Reichs Drumming hatte ich mir anhören können. Für eine Aufführung hiervon muss man bestimmt sehr viel üben. Allein schon damit keiner der Musiker aus dem Rhythmus gerät. Ist minimalistische Musik eigentlich immer tonal? Mit freundlichem Gruß Fabian |
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WolfgangZ
Inventar |
#7 erstellt: 31. Mai 2014, 09:40 | |
Ich würde Morton Feldman ausnehmen, mit dessen Musik ich mich endlich einmal beschäftigen sollte, denn die CDs wären sogar vorhanden. Für Genaueres (Minimalist auch im engeren Sinne? Grad der Atonalität?) würde ich daher lieber Kennern (Hörbert? /?) das Feld überlassen. Wolfgang |
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Hörbert
Inventar |
#8 erstellt: 31. Mai 2014, 12:56 | |
Hallo! @FabianJ Die ürsprüngliche Minimal-Music der 60ger-70ger Jahre war in der Regel aus recht einfachen tonalen Strukturen zusammengesetzt. Da später auch teilweise recht avantgardistische Komponisten wie Ligeti sich mit den Strukturen der Minimal-Music beschäftigten blieb es natürlich nicht aus das die Grenzen hier mehr und mehr verschwammen, heute kann man natürlich von reiner Minimal-Music nicht mehr reden da die Strukturen mit anderen Stilelementen oft zu recht komplexen Werken zusammengebunden sind. Einige wirklich faszinierende Werke die sich die ursprünglichen Strukturen noch teilweise bewahr haben gibt es z.B. von Wayne Sigel, so z.B. sein erstes Steichquartett und das Kammerorchesterwerk "Watercolor, Acrylic, Waterecolor" das es leider -meinens Wissens nach-, nur auf einer alten Analogplatte gibt und es bislange nicht auf CD geschafft hat. Die neueren Werke von Steve Reich beziehen im übrigen im wachsenden Maße konkrete Klange mit ein, bei "Different Train " sind es vor allem Tonbänder mit Bahnbezogenen Durchsagen und bei "City Life" Bänder mit Autohupen, Arbeitsgeräuschen u.s.w. Bei Terry Riley scheint zumindestens teilweise eine deutliche Abkehr vom Minimal stattgefunden zu haben, Werke wie "Cantos Desirertos" basieren eher auf Lateinamerikanischen Klängen. Ein Beispiel für eine Verzahnung mit seriellen Techniken liefert Helmuth Lachenmann in seiner "Tanzsuite mit Deutschlandlied in der er im Mittelteil einige Minuten lang eine Reihe mit Minimalistischen Techniken behandelt, -aber das ist nur eines von vielen Anwendungsbeispielen in der neueren Musik-.
Ich habe mir ohne wenn und aber die Version die aus den alten Originalbändern neu zusammengemischt wurde zugelegt: Vorher hatte ich schon die alte Originalschallplatte aus den 70ger Jahren. MFG Günther [Beitrag von Hörbert am 03. Jun 2014, 19:14 bearbeitet] |
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Martin2
Inventar |
#9 erstellt: 27. Jun 2014, 09:16 | |
Ich schätze grundsätzlich durchaus die Werke von John Adams, wobei dies vermutlich keine "reine" Minimalmusik mehr ist. Mit Glass und Reich kann ich wenig anfangen, kenne aber auch nur wenige Werke. Eine CD mit Filmmusik von Nyman fand ich ausgesprochen belanglos. Wie ich dann genau zur Minimal Music stehen soll, weiß ich nicht. Interessant für mich ist die Frage, ob es nicht zwischen Minimal Music und Popmusik Querverbindungen gibt, also ob nicht beide Musikrichtungen eine Gemeinsamkeit darin haben, einen stimmungsvollen Klangteppich auszubreiten. Gut, dergleichen ließe sich sicherlich genauer untersuchen - aber ich bin natürlich kein Musikwissenschaftler. Jedenfalls steht mir Minimal Music näher als atonale Musik, mein Verhältnis zu ihr ist aber eher das eines am Rande interessant finden, ins absolute Zentrum meiner Aufmerksamkeit wird diese Musik wohl nie gelangen. Gruß Martin |
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Hörbert
Inventar |
#10 erstellt: 27. Jun 2014, 10:02 | |
Hallo! @Martin2 Na ja strenggenommen ist Minimal-Musik eigentlich auch keine tonale Musik, sie kann, -muß aber nicht-, tonale Strukturen nutzen. Eigentlich ist m.E. schon seit hundert Jahren die Unterteilung in tonale unsd atonale Musik unsinnig da der enge tonale Bezugsrahmen schlicht und ergreifend seither gesprengt ist. Minimal-Music wie sie Reich und Riley in den 70ger Jahren praktiziert haben gibt es natürlich heute nicht mehr, Minimal-Music-Strukturen die mit anderen Strukturen zu einem Gesamtwerk wie z.B. bei John Adams oder Wayne Siegel verwoben sind aber sehr wohl. Ob man heute etwas als Minimal-Music bezeichnen kann hängt wohl von der Menge der Minimal-Music-Bestandteile am Gesamtwerk ab. Natürlich gibt es auch Minimal-Music-Elemente in der Popmusik der Gegenwart, vor allem die Techno-Musiker haben hier kräftig zugelangt und sogar eine ganze Richtung innerhalb der Techno-Stomung so benannt. Auch im Jazz hat die Minimal-Music Einzug gehalten und auch hier gibt es eine ganze Reihe von Künstlern die sie verwenden. Alles in allem sind Minimal-Music-Elemente geau so wie serielle Elemente, Zwölftonelemente und andere Strukturen aus der heutigen Musikkultur nicht mehr wegzudenken, das Leben geht halt weiter. MFG Günther [Beitrag von Hörbert am 27. Jun 2014, 10:03 bearbeitet] |
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