Lautsprecherentzerrung mittels Mehrfachmessung

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quecksel
Inventar
#1 erstellt: 31. Jul 2016, 21:26
Hallo,

nachdem ich dank diesem Thread die Idee, und per PM einiges an Tipps von thewas zu diesem Thema bekommen habe wollte ich das Vorgehen mal in Form einer kleinen Anleitung dokumentieren.

Motivation:

Seit ich angefangen habe meine Lautsprecher per Messung und DSP zu entzerren stellte sich mir immmer die Frage wie ich denn genau die Kurve auf die entzerrt werden soll bestimme. Bei einer Einzelmessung ist der Frequenzgang im Raum oft so durch Kammfiltereffekte verzerrt dass ich nicht weiß wie ich die Zielkurve an die Messkurve ansetzen soll. Daher hab ich mich bis jetzt mit einer gegateten Messung am Hörplatz beholfen, die hilft dann aber nicht wenn es um Probleme bei der Interaktion Raum/Lautsprecher geht und die Gesamtenergieverteilung im Spektrum zeigt sie auch nicht.
Mit der Mehrfachmessung geht das.

Durchführung:

Ich messe mit REW, das bietet alle Funktionen die nötig sind. Die Mikrofonpostionen bilden ein horizontales 3x3 (gerne auch mehr) Raster dessen mittlerer Punkt in etwa meiner Kopfposition entspricht. Beim 3x3 Raster sind die einzelnen Punkte etwa 20-30 cm voneinander entfernt. Es wird jeweils der rechte und linke Kanal einzeln gemessen, das ergibt 18 Messungen.
In REW klickt man anschließend auf den Reiter "All SPL", und dann unten links auf "Average the Responses". Dadurch wird eine Mittelung der Graphen ohne Berücksichtigung ihrer Phasenbeziehungen erstellt.
Die Mittelung sieht bei mir so aus:
Fr
Jetzt wird die Zielkurve im EQ-Fenster erstellt. Wie die Kurve auszusehen hat ist im Detail Geschmacksfrage und auch von Raum und Lautsprechern abhängig, grundsätzlich sollte sie aber im Hochton abfallen, bei halligen Räumen mehr als bei trockenen.
Meine aktuelle Strategie ist eine Gerade in ihrer Steigung möglichst gut an den Frequenzverlauf anzupassen. Anselm Goertz von der IFAA benutzt wohl eine Kurve die von 100 bis 1000 Hz um 5 dB fällt, ansonsten aber gerade ist.
Jetzt kann der EQ erstellt werden, dafür benutze ich bis in etwa zur Schröderfrequenz die AutoEQ Funktion von REW. Darüber sollte man sich selbst über die Filter Gedanken machen. Wie auch im Bassbereich sollte man eher Spitzen kappen als Senken auffüllen, man muss auch keinen linealglatten Strich als Frequenzgang erzwingen. Außerdem halte ich es für fraglich ob man Verzerrungen die vom Raum und nicht den Lautsprechern stammen wirklich korrigieren sollte. Hilfreich ist es hier wenn man den Freifeldfrequenzgang des Lautsprechers unter verschiedenen Winkeln kennt, dann kann man sehen ob der Lautsprecher an der Stelle zu viel Schallenergie abgibt.
So sieht meine Entzerrung aus:
avgundfilter
Die Kurve ist recht unspektakulär, die Überhöhung im Bass wurde abgesenkt, ebenso ein kleiner Buckel bei fünf kHz, dort haben meine Lautsprecher eine Überhöhung die auch unter Winkeln bestehen bleibt. Die Senke zwischen zwei und vier kHz habe ich probeweise aufgefüllt, das klang aber zu scharf. Der Buckel zwischen ein und zwei kHz ist wohl eher dem Raum geschuldet, ebenso wie die Welligkeiten darunter, darum habe ich die belassen.
Viel geändert habe ich also nicht, so sollte es auch sein wenn die Lautsprecher einen glatten Energiefrequenzgang haben und der Raum keine akustische Katastrophe ist.

Und jetzt wünsche ich allen Interessierten viel Spaß beim Messen
thewas
Hat sich gelöscht
#2 erstellt: 31. Jul 2016, 21:56
Freut mich dass du mit der Methode zufrieden bist und vielen Dank für die schöne Dokumentation die mir vorherige Schreiberei bei PMs in Zukunft erspart.
quecksel
Inventar
#3 erstellt: 31. Jul 2016, 22:09
Gern geschehen
mentox76
Inventar
#4 erstellt: 01. Aug 2016, 20:48
Perfekt !!
quecksel
Inventar
#5 erstellt: 02. Aug 2016, 17:25
Danke dir
Für Anregungen oder Verbesserungsvorschläge bin ich natürlich immmer offen!
ropf
Stammgast
#6 erstellt: 02. Aug 2016, 17:42
Ich nutzt die Auto-EQ Funktion von REW auch gerne - in der Hauptsache, weil mir selbst keine systematische Methode zur Linearisierung bekannt ist - die Filter beeinflussen sich ja alle gegenseitig.

Hier gibt es ein AES-Paper zu der Thematik, hab leider keinen Zugang dazu:
http://www.aes.org/e-lib/browse.cfm?elib=14786

Falls jemand eine Systematik zur EQ-Generierung mit IIR-Filtern kennt, wär ich sehr daran interessiert.

Gruß, ropf


[Beitrag von ropf am 02. Aug 2016, 17:43 bearbeitet]
quecksel
Inventar
#7 erstellt: 02. Aug 2016, 21:00
Ich komme leider auch nicht ans Paper ran, ich weiß aber nicht ob das Vorgehen für menschliche Anwender gedacht ist, im Abstract steht ja "simple enough for intelligent AV Receivers" und das klingt für mich eher nach einer algorithmischen Vorgehensweise.

Ich persönlich hab die Filter immer durch "rumprobieren" erstellt, die grobe Sytematik war entweder mich von der unteren Frequenz hochzuarbeiten oder erst die groben Außreißer zu korrigieren und dann die feineren. Beides hat ganz gut funktioniert, braucht aber Zeit.
ropf
Stammgast
#8 erstellt: 03. Aug 2016, 12:39
Vielleicht zur Ergänzung:

REW zeigt im "All SPL" Window unter dem Graphen einen kleinen Bereich, wo man die einzelnen Messungen ein- und ausblenden kann. Operationen wie das Averaging beziehen sich immer auf die eingeblendeten Graphen.

Wenn man also beide Kanäle (natürlich einzeln) gemessen hat, sollte man hier jeweils eine Seite ausknipsen.
ehemals_Mwf
Inventar
#9 erstellt: 03. Aug 2016, 12:43
Hi,
ropf (Beitrag #6) schrieb:
...Hier gibt es ein AES-Paper zu der Thematik, hab leider keinen Zugang dazu:
http://www.aes.org/e-lib/browse.cfm?elib=14786

siehe PM

Gruss,
Michael
quecksel
Inventar
#10 erstellt: 03. Aug 2016, 13:52

ropf (Beitrag #8) schrieb:

REW zeigt im "All SPL" Window unter dem Graphen einen kleinen Bereich, wo man die einzelnen Messungen ein- und ausblenden kann. Operationen wie das Averaging beziehen sich immer auf die eingeblendeten Graphen.

Wenn man also beide Kanäle (natürlich einzeln) gemessen hat, sollte man hier jeweils eine Seite ausknipsen.


Dass die Messungen eingeblendet sein müssen könnte ich tatsächlich noch dazuschreiben. Die Korrektur habe ich hier aber mit dem Averaging über beide Kanäle erstellt. Abgesehen von der Entzerrung im Bass sollten die Filter auf beiden Seiten gleich sein, denke ich. Und die Entzerrung im Bass darf auch symmetrisch sein solange der Tonträger da keine komischen Effekte wie Phasenverschiebungen oder so hat. Und das kommt eher selten vor.

Man kann natürlich noch zur Kontrolle die beiden Kanäle einzeln mitteln, das sieht bei mir so aus:
sideavg

Also keine relevanten Abweichungen erkennbar.
ehemals_Mwf
Inventar
#11 erstellt: 03. Aug 2016, 14:37

quecksel (Beitrag #10) schrieb:
... Abgesehen von der Entzerrung im Bass sollten die Filter auf beiden Seiten gleich sein, denke ich. Und die Entzerrung im Bass darf auch symmetrisch sein solange der Tonträger da keine komischen Effekte wie Phasenverschiebungen oder so hat. Und das kommt eher selten vor. ...

Gerade im Bass sollte die EQ in beiden Kanälen gleich sein (wenn LS bzw. Subs identisch) .

Weiterhin wg.
a) (Tief-)Bass zu 99% Mono
b) Raummoden von zwei getrennten Quellen anders angeregt werden als von einer allein

ist es sinnvoll, die Basskorrektur anhand einer Mono-Messung (beide Kanäle gleichzeitig) vorzunehmen
bzw. ihr Ergebnis über eine solche Messung zu kontrollieren.
ropf
Stammgast
#12 erstellt: 03. Aug 2016, 14:53
Hab bisher immer beide LS getrennt entzerrt. Aber WENN die Korrelation im Bassbereich tatsächlich so hoch ist, vereinfacht das natürlich die Sache - der eine LS füllt auf, wo der andere ein Loch hat - und eine Mode, die von einem LS vielleicht voll angeregt wird, wird es von beiden gemeinsam vielleicht weniger ... muss ausprobieren

Gibt es vielleicht Statistiken über die Korreleation von Links und Rechts in verschiedenen Frequenzbereichen bei "üblichem Material"?
quecksel
Inventar
#13 erstellt: 03. Aug 2016, 15:26

Mwf (Beitrag #11) schrieb:

Gerade im Bass sollte die EQ in beiden Kanälen gleich sein (wenn LS bzw. Subs identisch) .

Weiterhin wg.
a) (Tief-)Bass zu 99% Mono
b) Raummoden von zwei getrennten Quellen anders angeregt werden als von einer allein

ist es sinnvoll, die Basskorrektur anhand einer Mono-Messung (beide Kanäle gleichzeitig) vorzunehmen
bzw. ihr Ergebnis über eine solche Messung zu kontrollieren.



Meiner Meinung und Erfahrung nach macht es nichts aus wenn die Kanäle einzeln entzerrt sind. Wir benutzen ja ausschließlich lineare Filter in einem linearen Feld, das Superpositionsgesetz gilt also. Raummoden sind minimalphasig, also müsste das passen. (Theoretisch...)
Praktisch habe ich schonmal beide Kanäle einzeln entzerrt und dann beide zusammen gemessen, der Frequenzverlauf war immer noch glatt.
Ob das immer so ist, keine Ahnung, aber bei mir hats damals funktioniert

Danke dir übrigens für die Mail, das Verfahren ist aber tatsächlich rein für Computer gedacht
ehemals_Mwf
Inventar
#14 erstellt: 03. Aug 2016, 19:43

quecksel (Beitrag #13) schrieb:
... Raummoden sind minimalphasig, also müsste das passen ....

Das habe ich genau anders gelernt (weil 3-D, geschlossener Raum, und Reflektionen stärker als 1/3 ...).
Wäre auch zu schön,
dann wäre schon eine minimalphasige Korrektur ausreichend, das Ein- und Nachschwingen prinzipiell zu unterbinden. Wir sehen, dass dafür eine DBA-Anordnung notwendig ist (mit Delay und Invertierung).

Ich lasse mich aber gern eines besseren belehren.

-- eine zweite, gleiche Schallquelle vergrößert diese auch für Bassfrequenzen bis in den Bereich der Wellenlänge, daher Einfluss auf Ausbildung stehender Wellen.


[Beitrag von ehemals_Mwf am 03. Aug 2016, 19:56 bearbeitet]
quecksel
Inventar
#15 erstellt: 04. Aug 2016, 00:15
Habs jetzt noch mal recherchiert, REW hat da eine gute Seite: Minimum Phase
Zusammenfassung: Raummoden sind minimalphasig, ihre Summe aber nicht. Ihre Summe kann an manchen Stellen Nullstellen ergeben, zum Beispiel da wo zwei Raummoden zusammenfallen, das passiert wenn eine Raumlänge ein ganzzahliges Vielfaches der anderen ist. Dort ist die "überschüssige" Phase besonders groß und eine Linearisierung auch überhaupt nicht möglich.

Was ich im Kopf hatte war ein bisschen anders, ich hatte gedanklich Raummoden und Reflektionen getrennt, und nur über die Moden gesprochen.


Ist ja auch egal, ich bin der Meinung dass das Superpositionsprinzip auch so gilt. Das heißt dass es egal ist ob ich erst die einzelnen Lautsprecher korrigiere und dann summiere oder ob ich summiere und dann korrigiere. Die Summe ist gleich solange die Anregung bei beiden Lautsprechern gleich ist.
ropf
Stammgast
#16 erstellt: 04. Aug 2016, 01:21
Naja - die Anregung ist gleich, wenn die LS das leiche Signal erhalten UND perfekt symmetrisch im Raum stehen ...

Außer bei den allerniedrigsten Moden, und manchmal auch bei denen, ist es das Hauptproblem, sie von den anderen zu separieren.

Außerdem bin ich der Meinung, dass man eine Mode per EQ nur dann perfekt neutralisieren kann, wenn der LS genau in ihrem Druckmaximum steht, was man normalerweise tunlichst vermeidet.

Trennung von Resonanzen und Reflektionen - das wär sowas wie der heilige Gral - für mich jedenfalls.

Zu dem AES-Artikel:

Die Mathematik hab ich jetzt noch nicht hundertprozentig verstanden - aber mit Geduld und matlab wirds schon werden. Das Verfahren wirft die Koeffizienten eines IIR-Filters aus, der einem vorgegebenen Frequenzgang so gut approximiert, wie das mit der (vom User vorzugebenden) Anzahl der Koeffizienten eben möglich ist.

Der Filter ist jedoch NICHT aus Standard-Übertragungsfunktionen wie Hochpass, Tiefpass, Shelf-, Notch-Filter usw. zusammengesetzt. Für die Implementation auf einem DSP muss man ihn noch Übertragungsfunktionen 2. Ordnung zerlegen, um damit die Biquads zu füttern.

Erstaunlich finde ich, welch komplexe Frequenzgänge schon mit wenig Koeffizienten erzeugt werden können - es gibt ein Beispiel im Text mit je 6 in Zähler und Nenner, was 3 Biquads entspricht.

Nachteil des Verfahrens ist, dass es Abweichungen bei hohen Frequenzen stärker gewichtet als bei niedrigen, was durch die prinzipielle Arbeitsweise bedingt ist. Dem kann man evtl entgegensteuern, indem man die Zielfunktion zu hohen Frequenzen hin stärker glättet. Ich werd das mal ausprobieren, da bei mir sowieso ein 3-Wege-Aktiv-Projekt mit freedsps als Weiche am Entstehen ist.

Nochmal Danke an Mwf.

Gruss, ropf


[Beitrag von ropf am 04. Aug 2016, 01:24 bearbeitet]
quecksel
Inventar
#17 erstellt: 04. Aug 2016, 02:28
Mit Anregung meinte ich nur das Anregungssignal.
Perfekte Separation von Reflektion und Moden kriegst du wahrscheinlich nicht hin, weil beide auf Abstraktionen beruhen die du nicht in der realen Welt finden wirst, glaube ich. Frag jetzt aber bitte nicht genauer nach

Zum AES:
Hui, ich dachte dir gehts hier nur um ein per-Hand Verfahren, so ist das natürlich was ganz anderes!
Ich bin ein bisschen skeptisch, manuell und mit Standardfiltern bekommt da imho die bessere Kurve hin als mit Programm und Glättung.
Berichte aber falls du es ausprobierst!
tovow
Stammgast
#18 erstellt: 04. Aug 2016, 09:23
Hallo,

wenn ich es richtig verstehe, könnte der Thread eine Hilfe und

Beamforming

von Interesse sein.

ciao
tovow
ropf
Stammgast
#19 erstellt: 10. Aug 2016, 06:24
... die REW_Filter kommen doch auch ausm Computer ...

Natürlich sind einzelne PEQs flexibler - da kannst du mal schnell eine einzelne Überhöhung wegbügeln - und genauso schnell wieder rückgänig machen, wenn dadurch unter Winkeln zu starke Einbrüche entstehen. Bei dem Computerverfahren musst du das hingegen im "Preprocessing" machen - und den Gesamtfilter neu rechnen ...

Eigentlich ist auch deine räumliche Mittelung eine Art "Preprocessing" - genauso wie die als "Beamforming" verlinkte Methode. Eine bestimmte Art der Messdatenaufbereitung jedoch mit "Beamforming" oder "Virtual Bass Array" zu betiteln, halte ich für ... überzogenes Marketing (auch wenn die Methoden selbst sinnvoll sein mögen)

Gruß, ropf
quecksel
Inventar
#20 erstellt: 10. Aug 2016, 07:37
Und die Entscheidung welche Filter ich setze kommt aus dem Kopf. Schnittstelle zwischen Computer und Kopf ist die Hand.

Das Smoothing ist halt "dumm", aus der schmalbandigen Resonanz wird ein Buckel, und der wird dann korrigiert. Nicht so doll imo.
Klar ist die Mehrfachmessung wie hier vorgestellt ein "Preprocessing". Allerdings ein klügeres als reines Glätten sag ich mal, außerdem gehts ja nur darum die letzten "energetischen Schnitzer" rauszubügeln. Wenn du einen Lautsprecher baust dann würde ich mir auf jeden Fall erstmal die ungeglätteten Frequenzgänge ansehen, die Zeit ist es mir wert.
Für AV Receiver ist die Methode dann schon geeigneter finde ich.
quecksel
Inventar
#21 erstellt: 16. Mrz 2017, 14:42
So, da ich vor kurzem umgezogen bin wollte ich mal eine weitere Entzerrung präsentieren, diesmal etwas ausführlicher.

Ausgangssituation: Wohnküche mit ca 3,6 m Länge * 4,1 m Breite * 2,5m Höhe, die Decke ist gleichzeitig ein Flachdach, für tiefe Frequenzen eher durchlässig/absorbierend. Die Stereobasis liegt auf der schmalen Seite, und die Lautsprecher haben ca 60 cm Abstand zu den Wänden.

Eine erste Messung zeigte erstaunliches bei der Nachhallzeit, bis in den Bassbereich sehr niedrig:

mingart60

Schöner sieht man das eigentlich im Spektrogramm, da entlarvt sich eine eine im RT60-Diagramm recht schön anzusehende Nachhallzeit als gar nicht so konstant:

spektrominga

Gut ist auch hier das schnelle Abklingen der Moden zu sehen. Ich denke das liegt am Flachdach und an der Tatsache das die Mauern aus einer Mischung von Kaugummi und staubigem Altpapier zu bestehen scheinen....
Unschön ist allerdings dass sich ein Anstieg der Nachhallzeit von ~500 Hz bis 5 kHz feststellen lässt. Dementsprechend sieht der gemittelte Frequenzgang auch alles andere als optimal aus:

raummittel

Ein Abfall zu den Höhen hin ist kaum zu beobachten, stattdessen ergeben sich zwei Buckel; einmal im Hochton und einmal unerwarteterweise im (unteren) Mittelton. Der Buckel im Hochton stört besonders bei komprimierterem Material und hohen Lautstärken, der im unteren Mittel-/Grundton wäre wohl bei einer reinen Bassentzerrung kritisch und würde u.A. zu einem Eindruck von Bassarmut führen.
Bis ich also geeignete Absorber installiert habe soll daher vorerst eine Linearisierung des gemittelten Frequenzgangs erfolgen. Eine Entzerrung auf einen "nach Goertz" zwischen 100 Hz und 1kHz um 5 dB fallenden Frequenzgang klang bei einigen Stücken zu dumpf und auch irgendwie flach. Daher habe ich mich erstmal für diese Entzerrung entschieden: (Achtung, 30 dB Skalierung!)

eqneu

Die beiden Buckel werden durch zwei breitbandige Filter grob ausgebügelt. Eine feinere Korretur halte ich nicht für sinnvoll, hier sind mMn immer noch Kammfiltereffekte zu sehen die das Ohr selbst herausfiltert. Im Bassbereich werden wie üblich die Peaks entzerrt, wers genau wissen will generiert für die Einzelstereomessung die minimalphasige Übertragungsfunktion und sieht sich dann im Reiter "Group Delay" die überschüssige Gruppenlaufzeit an. In Bereichen der Peaks der überschüssigen Gruppenlaufzeit sollte nicht entzerrt werden, diese korrespondieren i.A.auch mit Einbrüchen im Amplitudengang.
Eine dritte Methode ist sich einfach die Varianz der für die Mehrfachmessung ermittelten Amplitudengänge zu betrachten:

verschbassminga

Hier kann man sich schon denken wo nicht entzerrt werden sollte, in Bereichen höherer Varianz kann eine Kopfbewegung eine Entzerrung schnell zu einer Verzerrung machen!

Aktuell bin ich mit dem Filter recht zufrieden, wobei ich natürlich gerne andere Vorschläge ausprobiere!
quecksel
Inventar
#22 erstellt: 07. Jun 2017, 17:36
Ich hab mal die Lautsprecher verschoben und nach innen eingewinkelt statt wie bisher nach außen. Sieht erstmal gewöhnungsbedürftig aus da die Dinger jetzt im 45 Grad Winkel rumstehen aber es klingt besser. Sollte man eigentlich viel öfter machen, Seitenreflektionen werden stärker ausgeblendet und die Räumlichkeit bleibt über einen größeren Raumbereich stabil.
Messung sieht so aus:
Mittelung
Das Verhalten im Hochton ist quasi vollkommen unverändert, man sieht immer noch schön wo die Trennung zwischen MT und HT stattfindet. Die Senke bei 600 Hz hat sich leicht nach unten verschoben, das lässt vermuten dass es sich um eine Auslöschung durch die Seitenwandreflektion handelt, ich habe die LS nämlich etwas von der Wand weggeschoben. Neu in der Runde ist der komische Buckel zwischen 200 und 300 Hz, keine Ahnung wo der herkommt. Ich werde ermitteln... Im Bass etwas verhaltener als vorher, ich bin mit dem Hörplatz nämlich etwas von der Wand weggerückt.

Die Filterung gestaltet sich aktuell absolut minimal, abgesehen von einer Absenkung bei 5 kHz bleibt das Signal jungfräulich. Muss aber nicht so bleiben. Ich habe nämlich eine interessante Entdeckung gemacht:
minphasehör
Am Hörplatz (und nachgemessenermaßen links, rechts und oberhalb davon) ist das das Verhalten bei der Einzelmessung unter 100 Hz minimalphasig. Man kann die Dellen also einfach rausbügeln, wobei das sicher nur am Hörplatz gut klingt. Ich probiers mal aus.
meg_fan
Hat sich gelöscht
#23 erstellt: 07. Jun 2017, 18:45

quecksel (Beitrag #21) schrieb:
Eine Entzerrung auf einen "nach Goertz" zwischen 100 Hz und 1kHz um 5 dB fallenden Frequenzgang klang bei einigen Stücken zu dumpf und auch irgendwie flach

Echt, wo wird das denn empfohlen?


quecksel (Beitrag #22) schrieb:
Ich hab mal die Lautsprecher verschoben und nach innen eingewinkelt statt wie bisher nach außen.

Nach aussen hattest Du sie angewinkelt? Warum das?


quecksel (Beitrag #22) schrieb:
Man kann die Dellen also einfach rausbügeln, wobei das sicher nur am Hörplatz gut klingt.

Naja, so ist das im Bass ja nunmal. Warum hattest Du bisher darauf verzichtet?
quecksel
Inventar
#24 erstellt: 07. Jun 2017, 19:25
"Empfohlen" wird so eine Entzerrung nicht wirklich, Anselm Goertz benutzt sie aber zum bewerten von Monitoren in der "Sound und Recording". thewas, der ja leider nicht mehr hier schreibt, hat sie mir mal demonstriert und in besser bedämpften Räumen funktioniert sie auch ziemlich gut.

Die Einwinkelung nach außen war eine Gewohnheit die ich aus meinem letzten Hörraum (also dem aus Post #1) übernommen habe. Da war ein Teil der Rückwand komplett mit Bedämpfungsmaterial voll und um den Hauptteil des Schalls abzufangen war diese Ausrichtung günstiger. Im neuen Raum, der erheblich kleiner ist, keine absorbierende Rückwand hat und dessen Seitenwände wesentlich näher an den LS sitzen ist sie aber ,wie du richtig erkannt hast, nicht mehr sinnvoll.

Die Entzerrrung von Einbrüchen im Bass ist eigentlich eher verpönt. Zum einen belastet man die Lautsprecher damit stark, zum anderen ist die Basswiedergabe im Raum extrem ortsabhängig. Eine Entzerrung auf einen linearen Frequenzgang am Hörplatz führt also an anderen Stellen zu einem ziemlichen Rumgedröhne. Manche mögen das, ich sicher nicht. Und die Nachbarn schon gar nicht Ich sitze hier gerade am Hörplatz und höre mir The Haxan Cloak an. Den Dip um 60 Hz habe ich entzerrt. Klingt gut, aber nur solange ich mich nicht vom Hörplatz wegbewege...
Drittens ist die Meinung weitverbreitet dass Entzerrungen in nicht minimalphasigen Frequenzbereichen nicht so funktionieren wie normal. Mathematisch konnte ich das noch nicht nachvollziehen, aber vorerst halte ich mich an die Aussage.
meg_fan
Hat sich gelöscht
#25 erstellt: 07. Jun 2017, 22:10

quecksel (Beitrag #24) schrieb:
"Empfohlen" wird so eine Entzerrung nicht wirklich, Anselm Goertz benutzt sie aber zum bewerten von Monitoren in der "Sound und Recording". thewas, der ja leider nicht mehr hier schreibt, hat sie mir mal demonstriert und in besser bedämpften Räumen funktioniert sie auch ziemlich gut.

Aha

quecksel (Beitrag #24) schrieb:
Die Entzerrrung von Einbrüchen im Bass ist eigentlich eher verpönt. ... Den Dip um 60 Hz habe ich entzerrt. Klingt gut...

Naja, rein theoretisch dürfte eine modenbedingte oder auslöschungsbedingte Senke nicht "verschwinden", wenn sie schlicht mehr Pegel bekommt - bloss anteilig etwas geringer ausgeprägt sein. Letztlich führen ja ungünstige Überlagerungen zu der Senke, daran ändert sich auch bei mehr Pegel Nichts.

Wieviel dB hattest Du angehoben und wieviel ist davon "übrig geblieben"?

quecksel (Beitrag #24) schrieb:
Drittens ist die Meinung weitverbreitet dass Entzerrungen in nicht minimalphasigen Frequenzbereichen nicht so funktionieren wie normal. Mathematisch konnte ich das noch nicht nachvollziehen, aber vorerst halte ich mich an die Aussage.

Naja, sobald es zur Überlagerung mehrerer Quellen kommt ist es mit der Minimalphasigkeit ja im Prinzip vorbei. Und Quellen sind ja im Prinzip alle Reflektionsflächen im Raum.
quecksel
Inventar
#26 erstellt: 07. Jun 2017, 23:37

meg_fan (Beitrag #25) schrieb:

Aha

Jetzt mal ganz ernsthaft und ohne Scheiß, worauf willst du hinaus? Findest du die Zielkurve blöd oder magst den Namen Goertz nicht? Oder interpretier ich hier zuviel rein?


Naja, rein theoretisch dürfte eine modenbedingte oder auslöschungsbedingte Senke nicht "verschwinden", wenn sie schlicht mehr Pegel bekommt - bloss anteilig etwas geringer ausgeprägt sein. Letztlich führen ja ungünstige Überlagerungen zu der Senke, daran ändert sich auch bei mehr Pegel Nichts.


Nein. Stell dir eine Auslöschung vor die 90% des Signals am Hörplatz vernichtet. Dann hebe ich die Anregung eben um das zehnfache an und es kommt wieder das selbe am Hörplatz an.
Gerechnet: A-0,9*A = 0,1*A => 10*(A - 0,9*A) = 10*A - 9*A = A


Naja, sobald es zur Überlagerung mehrerer Quellen kommt ist es mit der Minimalphasigkeit ja im Prinzip vorbei. Und Quellen sind ja im Prinzip alle Reflektionsflächen im Raum.


Nein, einzelne Reflektionen sind immer noch minimalphasig. Ich bin auch immer weniger überzeugt davon dass nicht minimalphasige Systeme amplitudentechnisch Probleme bei der Entzerrung machen. Jedenfalls sehe ich keinen Grund dafür.
meg_fan
Hat sich gelöscht
#27 erstellt: 08. Jun 2017, 01:08

quecksel (Beitrag #26) schrieb:
Jetzt mal ganz ernsthaft und ohne Scheiß, worauf willst du hinaus? Findest du die Zielkurve blöd oder magst den Namen Goertz nicht?

Nee, ich verstehe nur den Sinn nicht, also was damit erreicht oder gar verbessert werden soll. Vielleicht muss ich nochmal oben anfangen zu lesen - und Alles lesen?

Rein "hörphysiologisch" würde ich einen Abfall um 5 dB von 20 Hz - 100 Hz verstehen, sogar als sinnvoll erachten. Wenn es darüber dann aber halbwegs linerar weiter geht.


quecksel (Beitrag #26) schrieb:
Nein. Stell dir eine Auslöschung vor die 90% des Signals am Hörplatz vernichtet. Dann hebe ich die Anregung eben um das zehnfache an ...

-90% wären -20 dB. Du erhöhst dann also um 20 dB. Ja, theoretisch geht das, praktisch aber...

Davon abgesehen hast Du natürlich auch Recht. Aber... In der Praxis habe ich schon Dips um 6 dB angehoben, es blieben aber nicht 6 dB übrig. Ich schätze mal, der "Energieverlust" verläuft nicht linear.


quecksel (Beitrag #26) schrieb:
Nein, einzelne Reflektionen sind immer noch minimalphasig.

Ja, Du kannst aber mit dem EQ nicht die einzelne Reflexion beeinflussen. Sie geht nunmal im Schallfeld unter. Bei üblichen Raumgrössen privater Hörräume gibt es während der Abklingzeit ja zig Reflexionen (grob gerechnet etwa 40 - 80 allein zwischen den die Mode ausbildenden Begrenzungsflächen). Insofern ist die Definition der Minimalphasigkeit nicht gegeben. Im Freifeld, eine Stehende Welle, z.B. an einer Hauswand, die ist annähernd minimalphasig.
quecksel
Inventar
#28 erstellt: 08. Jun 2017, 09:20
Es geht hier nicht um den Freifeldfrequenzgang des Lautsprechers sondern um das Verhalten im Raum. Hier erzeugen Bafflestep und sonstige Bündelung plus die hörraumtypisch zu höheren Frequenzen stärkere Absorption einen Frequenzgang der tendenziell nach oben hin abfällt. Der Lautsprecherfrequenzgang an sich sollte linear sein, im Raum ist er es aber nicht. Die Frage ist nun wie dieser Frequenzgang aussehen soll. Da gibt es viele Ansätze und eine ist eben die Kurve die Goertz einsetzt. Letztendlich muss man sagen dass die "ideale" Kurve für jeden Raum und Lautsprecher anders aussieht, deswegen ist das Thema ja so interessant.

Nein, -20 dB entzerre ich nicht. Das ist nur ein Beispiel, genau wie die oben erwähnte Entzerrung des Dips nur ein Experiment ist dass ich mir sicherlich nicht täglich oder mit voller Laustärke anhören werde. Ich möchte meine LS nicht kaputtmachen.


Ja, Du kannst aber mit dem EQ nicht die einzelne Reflexion behandeln. Insofern ist die Definition der Minimalphasigkeit nicht gegeben. Im Freifeld, eine Stehende Welle, z.B. an einer Hauswand, die ist annähernd minimalphasig.


Ja, im Raum mit mehreren Reflektionen ist das natürlich nochmal etwas anderes. Da habe ich dich wahrscheinlich erst etwas missverstanden.
meg_fan
Hat sich gelöscht
#29 erstellt: 08. Jun 2017, 11:33
Ich habe mal ein bisschen gegoogelt und einen Test der JBL LSR 305/308 aus der S&R gefunden, wo die Kurve gezeigt wurde.

Zunächst muss ich ja mal sagen, die haben da so grosse Probleme in ihrem Hörraum, dass sie den erstmal akustisch auf ein Niveau bringen sollten, das ihre Leser haben werden. Das volle Gezappel unter 200 Hz, ein Abfall um 10 dB zwischen 300 und 500 Hz, ein irrer Anstieg über 10 Khz. Das muss ja ein richtig fieses Kellerloch sein:
http://www.audiopro....d_recording_0514.pdf
Bild 8, blaue Kurve

Ich würde mich in so einem miesen Raum nicht trauen Lautsprecher renommierter Hersteller zu testen/bewerten und das Ergebnis auch noch in einem kostenpflichtigen Magazin zu veröffentlichen. Peinlicher geht's wohl nimmer.

Aber jetzt verstehe ich die Zielkurve, sie kaschiert eben ein klein wenig den miesen Raum. Wenn man einen Raum so gar nicht unter Kontrolle hat, dann sorgt man zumindest dafür dass keine groben Sprünge mehr da sind.

Wie man aber auf den Gedanken kommt diese Kurve auf einen anderen Raum zu übertragen, erschliesst sich mir nicht. Ich habe hier noch von keinem User derart schlechte Raummessungen, keinen so schlechten Raum, gesehen.

Grundsätzlich mag ein Abfall über den gesamten Frequenzbereich sinnvoll sein. Er ergibt sich in normalen Räumen ja ohnehin fast immer. Wobei die eher dumpfen Mixing Rooms von früher heute kaum noch existieren. Was heute an Studios gebaut wird ist fast immer super linear mit viel Diffusion im Hochton. Da ist z.B. die häufige Annahme, der Hochtonabfall sei auch im Mixing Room vorhanden gewesen, weshalb dieser im Mix quasi bereits korrigiert wurde, also nicht erneut korrigiert werden müsse, eine sehr fragliche Annahme.

Also.. Genau genommen bräuchte man eigentlich für jedes Album eine andere Zielkurve.
quecksel
Inventar
#30 erstellt: 08. Jun 2017, 12:33
Das Gezappel unter 200 Hz ist normal, so siehts unter der Schröderfrequenz eben aus wenn man den Raum nicht mit Bassabsorbern vollstopfen will. Die Senke würde ich etwas anders interpretieren. Der schmalbandige Einbruch bei 500 Hz liegt wahrscheinlich am Raum, wahrscheinlich eine Bodenreflektion. Sowas ist halt nicht wegzubekommen wenn man keine Absorber am Boden montieren will... Darüber sieht man einfach die Trennung zwischen TMT und HT, da kann der Raum nichts dafür. Denn Raum als "mies" zu bezeichnen halte ich daher für ziemlich gewagt.


Wie man aber auf den Gedanken kommt diese Kurve auf einen anderen Raum zu übertragen, erschliesst sich mir nicht. Ich habe hier noch von keinem User derart schlechte Raummessungen, keinen so schlechten Raum, gesehen.


Die meisten Lautsprecher zeigen eben ein Energieverhalten dass der Kurve ähnlich sieht. Speziell um Vergleichbarkeit zu gewährleisten wird dann immer die gleiche Kurve gewählt. Zuhause im eigenen Raum kann man sich dann ja selbst eine angepasste Kurve erstellen. Wer sich zB einen Geithain Monitor mit Bassniere in den Raum stellt wird wohl keinen so starken Anstieg nach unten hin haben und kann dementsprechend eine flachere Kurve wählen.


Grundsätzlich mag ein Abfall über den gesamten Frequenzbereich sinnvoll sein. Er ergibt sich in normalen Räumen ja ohnehin fast immer. Wobei die eher dumpfen Mixing Rooms von früher heute kaum noch existieren. Was heute an Studios gebaut wird ist fast immer super linear mit viel Diffusion im Hochton. Da ist z.B. die häufige Annahme, der Hochtonabfall sei auch im Mixing Room vorhanden gewesen, weshalb dieser im Mix quasi bereits korrigiert wurde, also nicht erneut korrigiert werden müsse, eine sehr fragliche Annahme.


Um das was im Studio passiert geht es doch noch gar nicht. Das Thema ist die Interaktion Lautsprecher-Raum und die sich ergebende Übertragungsfunktion.Aber gut, wenn du das Fass schonmal aufmachst... Den Hochtonabfall muss man sicher nicht korrigieren, bzw man sollte es tunlichst vermeiden. Das Gesamtenergieverhalten ist dann zwar linear aber der Direktschall ist dafür verbogen. Das ist ja auch der Kompromiss den man hier eingeht. Wenn ich den Schall in meinem Raum nach Goertz korrigiere dann bluten mir zwar nicht mehr die Ohren wenn ich mir irgendeine Metal Scheibe mit ordentlich Pegel gebe, andererseits ändert sich zB die Ortung recht stark.
Die Lösung ist entweder mehr Absorption im Raum oder ein LS mit einem besseren Bündelungsverhalten. Oder beides.
meg_fan
Hat sich gelöscht
#31 erstellt: 08. Jun 2017, 15:49

quecksel (Beitrag #30) schrieb:
Um das was im Studio passiert geht es doch noch gar nicht. Das Thema ist die Interaktion Lautsprecher-Raum und die sich ergebende Übertragungsfunktion.

Dir geht es vielleicht nicht darum. Aber wenn man über die "optimale" Zielkurve nachdenkt, kann es durchaus auch darum gehen. Weil im Studio auch Lautsprecher mit dem Raum interagier(t)en und der Mix dadurch gefärbt sein kann. Rock aus den 70ern bspw. klingt bassschwach und dunkel. Reaktion darauf könnte eine Zielkurve sein, welche die Situation in typischen 70er-Jahre Mixing Rooms wiederspiegelt.

Ich weiss natürlich nicht worum es Dir geht. Wenn es Dir nur darum geht, das Verhalten deines Lautsprechers anhand von linearen Testtönen zu "pseudo-optimieren", dann kannst Du das natürlich so machen. Und wie Goertz eine Zielkurve wählen, die sich den Fehler des Raumes anpasst, nicht der Realität (Freifeld), oder gar der Hörphysiologie/-psychologie.


quecksel (Beitrag #30) schrieb:
Das Gezappel unter 200 Hz ist normal, so siehts unter der Schröderfrequenz eben aus wenn man den Raum nicht mit Bassabsorbern vollstopfen will. Die Senke würde ich etwas anders interpretieren. Der schmalbandige Einbruch bei 500 Hz liegt wahrscheinlich am Raum, wahrscheinlich eine Bodenreflektion. Sowas ist halt nicht wegzubekommen wenn man keine Absorber am Boden montieren will... Darüber sieht man einfach die Trennung zwischen TMT und HT, da kann der Raum nichts dafür.

Warum bewertet man Lautsprecher im Hörtest in einem derart schlechten Raum? Man bedenke: Das ist ein Magazin, dass seine Leser Monat für Monat auch darüber belehrt, wie ein Mixing Room akustisch sein sollte, wie man diesen baut, etc.

Klar, alle Lautsprecher müssen damit klarkommen, im Fall der JBLs sah das Ergebnis dann so aus, dass am Ende kritisiert wurde, es fehle beiden Modellen an Dynamik, wohl aufgrund (zu) schwacher Endstufen. Das finde ich "lustig", da wird der Pegel unter 1000 Hz um bis zu 4 dB angehoben, was letztlich bedeutet, dass der Endstufe da etwa die 2,5-fache Leistung abverlangt wird.

Würde man bei der S&R einer Geithain mit Bassniere auch diese Zielkurve aufdrücken? Da wäre dann breitbandig eine Pegelerhöhung um bis zu 5 dB (3,5 fache Leistung) nötig. Sportlich.

Nebenfrage: Bei welcher Frequenz trennt man in deiner Welt einen Hochtöner?
quecksel
Inventar
#32 erstellt: 08. Jun 2017, 18:42
Gibt es einen Grund für deinen Tonfall? Wirklich Lust auf diskutieren macht das nicht...

Ich steig trotzdem nochmal drauf ein.


Aber wenn man über die "optimale" Zielkurve nachdenkt, kann es durchaus auch darum gehen. Weil im Studio auch Lautsprecher mit dem Raum interagier(t)en und der Mix dadurch gefärbt sein kann. Rock aus den 70ern bspw. klingt bassschwach und dunkel. Reaktion darauf könnte eine Zielkurve sein, welche die Situation in typischen 70er-Jahre Mixing Rooms wiederspiegelt.


Wenn für jedes deiner Alben eine eigene Filterkurve generieren willst dann kannst du das natürlich tun. So viel Zeit hab ich aber nicht, deswegen optimiere ich eben die Dinge die weniger Arbeit machen. Zum Beispiel die Interaktion Lautsprecher-Raum. Und das ist auch das Thema dieses Threads...


Wenn es Dir nur darum geht, das Verhalten deines Lautsprechers anhand von linearen Testtönen zu "pseudo-optimieren", dann kannst Du das natürlich so machen. Und wie Goertz eine Zielkurve wählen, die sich den Fehler des Raumes anpasst, nicht der Realität (Freifeld), oder gar der Hörphysiologie/-psychologie.


Die Realität ist dass Lautsprecher in Räumen stehen. Die sich daraus ergebenden Probleme kann man korrigieren oder belassen. Wenn du bessere Korrekturvorschläge hast die sich auf die Hörphysiologie oder -psychologie beziehen dann teile sie doch mit.


Warum bewertet man Lautsprecher im Hörtest in einem derart schlechten Raum?


Du willst also ernsthaft einen Raum anhand eines einzelnen Messschriebs beurteilen? Ohne ihn auch nur einmal gesehen zu haben?


Klar, alle Lautsprecher müssen damit klarkommen, im Fall der JBLs sah das Ergebnis dann so aus, dass am Ende kritisiert wurde, es fehle beiden Modellen an Dynamik, wohl aufgrund (zu) schwacher Endstufen. Das finde ich "lustig", da wird der Pegel unter 1000 Hz um bis zu 4 dB angehoben, was letztlich bedeutet, dass der Endstufe da etwa die 2,5-fache Leistung abverlangt wird.


Im Bild acht zeigt die grüne Kurve den Filterverlauf. Es wird unter 1 kHz zweimal abgesenkt, dreimal angehoben. Alles in ähnlichem Rahmen von 3-5 dB. Wenn das die Endstufen nicht schaffen dann sind sie wirklich unterdimensioniert. Außerdem:


Würde man bei der S&R einer Geithain mit Bassniere auch diese Zielkurve aufdrücken? Da wäre dann breitbandig eine Pegelerhöhung um bis zu 5 dB (3,5 fache Leistung) nötig. Sportlich.


So what, dann dreht der Anwender je nach durchschnittlicher Anhebung/Absenkung eben lauter leiser. Und wo liegt denn der normale Abhörpegel im Studio? Irgendwas um 85 dB. Der klassische Feld-Wald und Wiesenlautsprecher braucht dafür ein Watt. Jetzt schaut man mal auf die Website von Geithain und sieht folgendes: Die RL 922 K hat 180 Watt im Bass, 100 Watt im Mittelton und 100 Watt im Hochton...


Nebenfrage: Bei welcher Frequenz trennt man in deiner Welt einen Hochtöner?


Die Trennfrequenz liegt bei 1800 Hz, demetsprechend ergibt sich in diesem Bereich eine Einschnürung im vertikalen Abstrahlverhalten, Nebenkeulen die das ganze wieder etwas "entschärfen" nicht ausgeschlossen. Zusätzlich ergibt sich unterhalb der Trennfrequenz eine Einschnürung durch die Bündelung des Mitteltöners. Wenn sich der geneigte Leser jetzt das Diagramm Nummer acht nochmal ansieht dann wird er folgendes feststellen: Dip fängt bei 2 kHz an und setzt sich nach unten bis ca 700 Hz fort. Irgendwie plausibel, oder?
meg_fan
Hat sich gelöscht
#33 erstellt: 09. Jun 2017, 01:14
Die Frage die ich mir (und Dir) ja nur stellte, war eben, welchen Sinn diese "5-dB -Anhebung" haben solle. Goertz schreibt, so klängen Lautsprecher in diesem Raum am natürlichsten. Meinetwegen, wenn er das meint. Ich denke halt eher, er macht aus der Not des akustisch schlechten Raumes eine Tugend. Eine lineare Zielkurve kann er da ja gar nicht wählen.

Aber klar, einem Anselm Goertz widerspricht man besser nicht.


quecksel (Beitrag #32) schrieb:
Die Realität ist dass Lautsprecher in Räumen stehen. Die sich daraus ergebenden Probleme kann man korrigieren oder belassen. Wenn du bessere Korrekturvorschläge hast die sich auf die Hörphysiologie oder -psychologie beziehen dann teile sie doch mit.

Bessere Korrekturvorschläge als die Zielkurve dem nicht-linearen Frequenzgang einfach anzupassen? Ja, die hätte ich, stehen aber schon in jedem Buch zum Thema Raumakustik.


quecksel (Beitrag #32) schrieb:
Du willst also ernsthaft einen Raum anhand eines einzelnen Messschriebs beurteilen? Ohne ihn auch nur einmal gesehen zu haben?

Den Raum als akustisch schlecht zu bezeichnen ist nun wirklich weniger gewagt, als in diesem Raum auf Linearität gezüchtete Studiomonitore zu testen. Selbst deine Wohnküche misst sich "besser". Du kämst aber nie auf die Idee dort für ein Fachmagazin Lautsprecher zu testen, oder?


quecksel (Beitrag #32) schrieb:
Wenn das die Endstufen nicht schaffen dann sind sie wirklich unterdimensioniert.

Ja, kann sein. Hätte ich mich aber nicht getraut zu schreiben, wenn ich vorher bei 100 Hz 4 dB anheben musste um Fehler meines Raumes zu korrigieren. Dann aber Pegel am Limit fahre.


quecksel (Beitrag #32) schrieb:
Irgendwie plausibel, oder?

Kann schon sein, habe ich aber selten in dieser Deutlichkeit messtechnisch erfasst bisher. Und das nun gerade bei einem doch ziemlich gleichmässig abstrahlenden Lautsprecher, bei dem die Bündelung mittels Waveguide angeglichen wurde? Ist das noch plausibel?
quecksel
Inventar
#34 erstellt: 09. Jun 2017, 09:46
Wie gesagt, die breitbandige "Anhebung" von 5dB ergibt sich durch den Bafflestep der Lautsprecher und dadurch dass der Raum nicht mit meterdicken Bassabsorbern zugestellt wurde. Wenn das für dich bedeutet dass der Raum schlecht ist, ok.
meg_fan
Hat sich gelöscht
#35 erstellt: 09. Jun 2017, 11:02
Es gibt 20 cm dicke "Absorber" die breitbandig bis 30 Hz hinunter wirken, ab 80 Hz voll wirken.

Im privaten Umfeld verstehe ich ja die "Notwendigkeit" elektronischer Entzerrung, zumindest im Bereich unter ~250 Hz. Aber nicht in einem professionell genutzten Hörraum einer Fachzeitschrift zum Thema. Und es wundert mich sehr dass das Jemand anders sieht...
quecksel
Inventar
#36 erstellt: 09. Jun 2017, 11:31
Meinst du aktive Absorber? Die werden wohl eher für einzelne Raummoden eingesetzt, eine breitbandige Absorption lässt sich damit wohl eher nicht erreichen. Und schon gar nicht bis zu mehreren hundert Hertz.

Also ich bin nicht so der Experte was Studiotechnik angeht aber es würde mich schon wundern wenn die Mehrheit der Studios eine Absorption aufweist die in der Lage ist den Bafflestep in der Messung zum verschwinden zu bringen. Sowas ist sicher ziemlich schwer zu konstruieren.
meg_fan
Hat sich gelöscht
#37 erstellt: 09. Jun 2017, 16:35

quecksel (Beitrag #36) schrieb:
Meinst du aktive Absorber? Die werden wohl eher für einzelne Raummoden eingesetzt, eine breitbandige Absorption lässt sich damit wohl eher nicht erreichen. Und schon gar nicht bis zu mehreren hundert Hertz.

Stimmt, ausserdem sind sie mehr als 20 cm "dick". Also... kann ich sie wohl nicht gemeint haben


quecksel (Beitrag #36) schrieb:
Also ich bin nicht so der Experte was Studiotechnik angeht aber es würde mich schon wundern wenn die Mehrheit der Studios eine Absorption aufweist die in der Lage ist den Bafflestep in der Messung zum verschwinden zu bringen. Sowas ist sicher ziemlich schwer zu konstruieren.

In der Mehrheit der Studios stehen die Lautsprecher wandnah, in grossen Studios sehr häufig als Wandeinbau. Ansonsten werden Studios fast immer nach dem LEDE-Prinzip, oder Evolutionsstufen davon, gebaut.

Ich lese/diskutiere auch in div. Foren mit, wo es gezielt um Studioakustik geht. Um ehrlich zu sein, um den Bafflestep hat sich da noch nie Jemand tiefergehende Gedanken gemacht. Ich verstehe dein Problem ehrlich gesagt auch nicht wirklich, sofern es überhaupt ein praktisches Problem gibt. Eine "fehlerhafte" Aufstellung oder Abstimmung eines Lautsprechers (im Fall von Selbstbau) sind ja nun so direkt erstmal keine raumakustischen Probleme...
quecksel
Inventar
#38 erstellt: 09. Jun 2017, 17:21
Geheime Absorber?

Guter Punkt, ändert aber immer noch nichts am Absorptionsverhalten des Raumes. Ändert aber nichts am Absorptionsverhalten des Raumes...
Eine nach oben hin steigende Bündelung ist außerdem immer noch gegeben. Im Fall der LSR308 also vom Halbraumstrahler zu ungefähr 40°*40° Abstrahlwinkel. (-6 dB)


Ich verstehe dein Problem ehrlich gesagt auch nicht wirklich, sofern es überhaupt ein praktisches Problem gibt. Eine "fehlerhafte" Aufstellung oder Abstimmung eines Lautsprechers (im Fall von Selbstbau) sind ja nun so direkt erstmal keine raumakustischen Probleme...


Nö, gibt es nicht. Du meintest doch dass die fallende Kurve so ein Problem ist? Was wäre denn eine fehlerhafte Abstimmung oder Aufstellung?
meg_fan
Hat sich gelöscht
#39 erstellt: 09. Jun 2017, 19:08

quecksel (Beitrag #38) schrieb:
Geheime Absorber?

Nee, hängen z.B. in Geithain im grossen Hörraum.


quecksel (Beitrag #38) schrieb:
Guter Punkt, ändert aber immer noch nichts am Absorptionsverhalten des Raumes.

Doch, ist bei LEDE ja Programm. Und bei Wandeinbau im Prinzip auch. Und bei wandnaher Aufstellung ohnehin. Also im Studio. Und da gibt's auch kein "5-dB-Problem" (mehr)
quecksel
Inventar
#40 erstellt: 10. Jun 2017, 18:51
Es gibt immer noch Reflektionen am Boden, den Diffusoren die wie du sagtest auch noch aufgehängt werden müssen und ob deine Absorber wirklich so gut wirken ist ja auch nicht belegt Also so schnell kriegst du das Problem nicht wegdiskutiert...

Ich lass mich wirklich gerne überzeugen, aber bis jetzt hast du außer Polemik noch nicht viel geliefert. Wen du mir ein paar Messungen zeigst, von typischen Abhörräumen die deine Ansprüche erfüllen, den "magischen" Absorbern etc dann hat das gleich viel mehr Substanz. Und am besten machst du dafür einen neuen Thread auf oder suchst uns einen passenderen, mit dem ursprünglichen Thema hat das hier nämlich nicht mehr viel zu tun.
quecksel
Inventar
#41 erstellt: 19. Nov 2017, 17:31
Seit einiger Zeit gibt es in REW die Möglichkeit seine Messungen frequenzabhängig zu fenstern. Anstatt also eine feste Zeit einzustellen gibt man die Anzahl an "cycles" also Schwingungen an die für diese Frequenz ausgewertet werden sollen. Das ermöglicht eine konstante Frequenzauflösung über den gesamten Graphen.

Hier habe ich mal die Mittelungen der letzten Messungen auf Basis verschiedener Fensterungen dargestellt:
cyclegate
Ganz oben in rot ein Fenster von 1000 ms, darunter Fensterungen von 5 bis 35 cycles. Man sieht sehr schön wie sich die einzelnen Moden über die Zeit aufbauen, und vor allem den Pegelunterschied zur festen Fensterung im Hochton. Durch die geringe Wellenlänge wird bei den oberen Frequenzen quasi ausschließlich der Direktschall ausgewertet. Dadurch lässt sich leicht feststellen welcher Pegelgewinn sich durch die Raumreflektionen ergibt und ob man sich am Hörplatz innerhalb des Hallabstands befindet. Der Hallabstand ist definiert als der Abstand an dem der Nachhall des Raumes genauso laut ist wie der Direktschall. Eine Messung an diesem Punkt wäre daher 3 dB (nicht 6 dB, da unkorreliert) lauter als eine Messung desselben Lautsprechers im schalltoten Raum.

Wie man sieht befindet sich mein Hörplatz weit außerhalb des Hallabstands, was bei dem Raum auch nicht weiter verwunderlich ist.
icebaer72
Stammgast
#42 erstellt: 20. Nov 2017, 08:35
Cool, danke!
Wieder was gelernt
quecksel
Inventar
#43 erstellt: 21. Nov 2017, 22:21
Gerne
Mir war die Funktion lange ein Rätsel aber eigentlich ist es gar nicht so kompliziert. Der Vollständigkeit halber sollte ich noch erwähnen dass man einen ähnlichen Effekt bekommt indem man einfach die Fensterung kürzer einstellt. Hier mal 3 ms vs 1000 ms:
2gate
quecksel
Inventar
#44 erstellt: 07. Jan 2018, 12:18
So, neue Lautsprecher, neues Glück!

Passend dazu dass ich hier schon öfter die Probleme der räumlichen Trennung von Hoch- und Mitteltöner angesprochen habe hat sich bei mir in letzter Zeit eine Eigenentwicklung mit Koax ergeben.
cxmonwozi_821661
Unten die alten, oben die neuen. Dank aktiver Ansteuerung und Trennung via DSP lassen sich recht flexibel verschiedene Filter realisieren, worauf ich hier im Thread sicher noch zurückkommen werde. Erstmal aber noch ein Vergleich mit dem Vorgänger:
mehrfach
Alt blau, neu grün. Grundsätzlich sieht sich das recht ähnlich, ist ja auch logisch wenn die Lautsprecher im selben Raum am selben Ort stehen. Die meinigen kommen aber dank aktiver Entzerrung tiefer und interagieren aus irgendeinem Grund auch etwas gutmütiger mit dem Raum. Im Grundton eine gewisse Überhöhung bei beiden und dann gehts auch schon sanft bergab Richtung Hochton. Die MS4 zeigt da den prinzipbedingten Einbruch bei ~ 2kHz, peakt bei 5 kHz und macht dann langsam zu während die "Neuen" recht wellig aber eher ausgewogen nach oben hin auslaufen. Speziell diese Welligkeit sollte sich mit einer anderen Filterung und Abstimmung auf 15° nochmal reduzieren lassen.

In der aktuellen Betaversion von REW gibt es einige neue Features, darunter auch das "Vector Averaging". Anstatt hier nur die Amplitudengänge zu mitteln werden die Impulsantworten der Messungen erst zeitlich ausgerichtet (Peak auf 0) und dann gemittelt. Die Phaseninformation bleibt so bei der Mittelung enthalten und man erhält eine neue Impulsantwort. Welche Aussagekraft diese Mittelung im Bezug auf den Amplitudengang haben soll ist mir noch nicht ganz klar, allerdings bekommt man so einen akkurateren oder zumindest anderen Blick auf die Nachhallzeiten:
rt60neuvectavg
Im Vergleich dazu RT60 aus dem Vector Average der alten Lautsprecher:
rt60altvectavg
Man sieht recht gut den Vorteil der höheren Bündelung, eine breitere Schallwand sowie größere Mittel- und Hochtöner helfen um die Nachhallzeit im Mittelhochton an die geringe Nachhallzeit unter 1 kHz anzugleichen. Wie diese zustande kommt ist mir nicht ganz klar, wahrscheinlich ist es aber die Holzdecke die als eine Art Verbundplattenresonator fungiert. Auf jeden Fall bedeutet das dass ich mich endlich mal um ein ordentliches Absorberkonzept kümmern muss. Basotect mit 50-100 mm Dicke sollte da genau passen.

Um verschiedene Entzerrungen und ihre klanglichen Auswirkungen werde ich mich noch mit einem separaten Post kümmern.
quecksel
Inventar
#45 erstellt: 07. Mai 2018, 10:01
So, was hat sich in letzter Zeit verändert? Zum einen die Menge an Absorbermaterial, es hängen mittlerweile knapp sechs Quadratmeter Basotect im Raum. Die Absorber links und rechts haben auch noch einen schönen selbstgebauten Rahmen bekommen. Außerdem sind die Lautsprecher von der liegenden in die stehende Position gewechselt.
Der Nachhall aus dem Vector Average sieht daher schonmal besser aus:
rt60vector
Der gemittelte Frequenzgang hat sich nicht besonders verändert:
avg
Interessant finde ich hier die beiden Buckel bei ca 9 und 14 kHz, die alten Lautsprecher mit klassischem Kalottenhöchtöner auf flacher Front zeigen das Verhalten nicht. Aus meinen Experimenten mit Breitbänder weiß ich schon dass ein solches Hoch und Runter im Bereich ab ~8 kHz für mich schnell nervig klingt. Es sollte daher mittels DSP geglättet werden. Die Frage ist allerdings ob die Buckel zuviel oder die Täler dazwischen zuwenig sind. Das gilt es herauszufinden.

Dazu kann man sich erstmal die Impulsantworten der verschiedenen Messungen ansehen und so fenstern dass sämtliche Reflektionen ausgeblendet werden. Hier bleiben zwar nur zwei Millisekunden, für die Betrachtung im Superhochton ist das aber ausreichend. Anschließend kann man die Freifeldfrequenzgänge der Lautsprecher unter verschiedenen (sehr kleinen) Winkeln betrachten:
freifeldgefenst
Jetzt sollte klar sein woher der 14 kHz Peak kommt. Es ist hier nicht gut zu sehen aber auf Achse ist der LS ziemlich linear. Unter kleinen Winkeländerungen ergibt sich allerdings eine Überhöhung die sich auch im Raumfrequenzgang niederschlägt. Was bei 9 kHz geschieht ist aber noch nicht sicher. Die Vermutung liegt nahe dass einfach eine Überhöhung unter größeren Winkeln stattfindet. Hier haben wir allerdings keine so leicht verfügbaren Messdaten, man muss schon ein wenig tricksen…

Wenn man es sich überlegt sind Reflektionen von schallharten Flächen ja nur die Schallanteile des Lautsprechers aus größeren Winkeln. Betrachtet man mittels Fensterung also nur eine Reflektion hat man eine (sehr) grobe Freifeldmessung des Lautsprechers unter größeren Winkeln. Diese Reflektion wäre in diesem Fall die an der Decke, da habe ich noch keine Absorber hingehängt. So sieht eine der gemessenen Impulsantworten und die entsprechende Fensterung aus:
reflektionimpuls
Das kann man für die restlichen Messungen wiederholen, die entsprechenden Frequenzgänge wieder mitteln und etwas smoothen:
reflektionmittel
Einigermaßen erkennbar sind jetzt tatsächlich zwei Peaks, einer bei 9 und einer bei 14 kHz. Das Verhalten um 9 kHz scheint also ebenfalls von einer Aufweitung unter Winkeln zu stammen. Da wir uns hier in Frequenzregionen befinden die sich eher am Rande des menschlichen Gehörs befinden kann man hier auch ohne größere Gewissensbisse den Equalizer verwenden. Das Ergebnis macht richtig Freude!

Fazit: Mit etwas Detektivarbeit lassen sich die Ursachen verschiedener Unregelmäßigkeiten im Raumfrequenzgang ermitteln und so Fehlkorrekturen vermeiden, ohne dass man den LS aufwändig im Freifeld oder schalltoten Raum vermessen muss Auch lässt sich besser ergründen welche raumakustischen Maßnahmen Sinn machen: Die gezeigte Deckenreflektion gehört ausgemerzt. Ich werde wohl noch ein paar Absorber bauen
quecksel
Inventar
#46 erstellt: 05. Jul 2018, 08:33
So, ein kurzes Update. Die Absorbersituation ist immer noch die alte, allerdings habe ich die Lautsprecher auf Basis neuer und umfangreicher Winkelmessungen nochmal eine andere Abstimmung erhalten.
Hier der Vergleich zwischen alter und neuer Mittelung:

vergleich15stehend

Wie man sieht, wesentlich konstanter im Hochtonbereich und weniger Energie in den Mitten. Aus den Winkelmessungen lässt sich übrigens noch der Energiefrequenzgang errechnen, welcher eine ziemliche Ähnlichkeit zur Raummittelung zeigt:

vergleich15power

Gut zu sehen ist auch wie sehr der Raum bis in die unteren Mittelton Energie schluckt.
quecksel
Inventar
#47 erstellt: 11. Jul 2018, 21:05
Nach kurzer Zeit schon wieder was Neues. Anlass ist die Montage der Deckenabsorber, das sieht so aus:
alleabsorber
Das sind nochmal drei Quadratmeter, womit sich insgesamt acht Quadratmeter Basotect im Raum befinden. Die Rahmen sind zwar zwölf Zentimeter tief, die Absorber darin allerdings nur fünf Zentimeter. War zwar anders geplant, ist aber jetzt so.

Auslöser für noch mehr Absorption war ja die etwas unregelmäßige vertikale Abstrahlung, bzw auch die Tatsache dass die Deckenreflektionen einen zu geringen zeitlichen Abstand vom Direktschall haben. Außerdem sollte so der Nachhall im Mitelhochton weiter an die niedrigen Nachhallzeiten im Grundton angeglichen werden. Die in solchen Fällen oft geäußerte Befürchtung dass die Wiedergabe „zu trocken“ wird kann ich nicht bestätigen. Der Lautsprecher ist aber auch ein ausgeprägter Rundstrahler, da kann man ruhig etwas mehr bedämpfen.

Zu den Messungen: Die sehen mittlerweile ziemlich gut aus wie ich finde und bilden eine solide Basis um verschiedene Zielkurven auszuprobieren.
Der gemittelte Amplitudengang:
Mittelung
Sieht auf den ersten Blick kaum anders aus als der letzte, ein Vergleich zeigt aber dass ab 1 kHz circa 1,5 dB weniger Pegel vorhanden sind und sich alles ein bisschen weniger unruhig präsentiert:
Vergleich
Dementsprechend ist auch die Nachhallzeit in dem Bereich etwas gesunken:
Nachhall
Der Schluss der sich daraus ziehen lässt ist dass meine Strategie einigermaßen aufgegangen ist, viel Absorption im MHT konnte die Probleme die durch die gegebene Raumakustik entstanden sind einigermaßen ausgleichen. Mit der aktuellen Menge an Absorptionsmaterial bin ich allerdings an der Grenze des Sinnvollen angekommen. Um dem Problem weiter beizukommen müsste man andere Mittel bemühen, namentlich EQing (mache ich eh schon) und eine höhere Bündelung im Mittelhochton. Das nächste Lautsprecherprojekt hat also schon eine Zielvorgabe

Zur Entzerrung: Hier gibt es durch den mittlerweile recht gutmütigen Amplitudenverlauf viele Möglichkeiten die funktionieren könnten. Ich habe aktuell eine „görtzsche“ Kurve eingestellt, einfach weil es so schön zu passen schien.
entzerrung
Obenrum wird nur noch die Stelle bei 3,3 kHz korrigiert. Der Eingriff in den Grundton läuft aktuell fast bis 1 kHz, da wird sich zeigen ob das nicht zuviel des Guten ist. Im Bass die übliche Entzerrung.
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