Worauf wurde damals in Studios aufgenommen?

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DJ-Spacelab
Inventar
#1 erstellt: 15. Mrz 2013, 09:36
Neulich gabs im englischen Fernsehen einen Bericht über alte Hörspiele im Radio. Eigentlich ging es um deren Geschichte und die Macher dahinter aber es wurden auch (leider nur sehr kurze) Aufnahmen aus einem Tonstudio von damals gezeigt. Das müssten wenn ich das richtig verstanden habe Aufnahmen aus den späten 50er Jahren gewesen sein. Dort sah man ein Tonbandgerät mit offenen Spulen stehen. So wie ich es auf den alten rauschigen Aufnahmen erkennen konnte müsste das Band relativ schmal gewesen sein. Nicht wesentlich breiter als bei einem normalen "Haushaltstonbandgerät". Kann das sein? Wie war denn die Spielzeit eines solchen Bandes? Wie der Sprecher sagte konnte damals ein Hörspiel im Radio auch mal länger als die heute üblichen 55 Minuten dauern.

Auf was wurde denn später aufgenommen? Also beispielsweise in den 70ern oder frühen 80ern? Da hat man doch bestimmt keine offenen Spulen mehr genutzt.
Detsi_Bell
Stammgast
#2 erstellt: 15. Mrz 2013, 10:53
Hi!

Die hohen Bandgeschwindigkeiten, die man für wirklich breitbandige Aufzeichnung braucht, sind der Maßstab für Qualität und natürlich der Platz für eine einzelne Spur auf dem Band. Das alles läßt sich mit offenen Spulen sehr viel leichter realisieren. Die Studiofreaks wissen da sicher mehr, wenn ich recht weiß gab es Bandmaterial mit 2 Zoll und bis zu 48 Spuren in analoger Spitzenqualität.

Best: Detsi
bierman
Inventar
#3 erstellt: 15. Mrz 2013, 11:02
In den 50ern wird die Hörspielproduktion noch in Mono gewesen sein. Die Audioqualität hängt beim Tonband - neben der Qualität und dem Wartungszustand des Gerätes, vor allem der Tonköpfe, und dem Bandmaterial - ganz entscheidend von der Laufgeschwindigkeit des Bandes ab. Im Heimbereich waren Geschwindigkeiten wie 4,75cm/s, 9,5cm/s, 19cm/s üblich, in Tonstudios auch 38 und mehr.

Für Musik wurden bald Mehrspuraufnahmen möglich, das Band war bis zu 2" breit (5,08cm).
Passat
Inventar
#4 erstellt: 15. Mrz 2013, 11:19
Es wurde auf Bandmaschine aufgenommen und zwar mit 16-32-48 Spur-Geräten.
Jedes Instrument und jede Stimme und jeder Effekt auf einer separaten Spur.
Im Mischpult werden dann diese vielen Spuren zusammengemischt zu 2 Spuren.

Die im Studio üblichen Bandmaschinen liefen mit 38 cm/s oder gar 76 cm/s und nicht wie Heimgeräte mit 19cm/s oder 9,5 cm/s.
Bei Hörspielen wird man dagegen sicherlich auch 19 cm/s benutzt haben.

Bei diesen Studiomaschinen wurde neben dem bei Heimgeräten üblichen 1/2"-Band auch 1"- und sogar 2"-Band verwendet.
Sonst wären die vielen Spuren gar nicht unterzubringen.

Bis in die 80er hinein gabs auch gar keine andere Möglichkeit der Aufzeichnung.
Die Digitaltechnik kam in den Studios erst Mitte der 80er ganz ganz langsam.

Auch heute noch wird in vielen Studios noch auf Bandmaschine aufgenommen.

Auf eine große 26cm-Spule gehen 1100 Meter Band drauf.
Bei 38 cm/s entspricht das einer Laufzeit von 48 Minuten.
Bei 19 cm/s sind es schon 96 Minuten.

In Studios wurden bis zu 14" (=35,5 cm) große Spulen mit 2680 Metern Bandlänge benutzt.
Das entspricht bei 38 cm/s einer Lauflänge von satten 117 Minuten, d.h. fast 2 Stunden.

Grüße
Roman


[Beitrag von Passat am 15. Mrz 2013, 11:20 bearbeitet]
Detsi_Bell
Stammgast
#5 erstellt: 15. Mrz 2013, 12:20
Eins noch zur Ergänzung: Natürlich mußten auch damals die Aufnahmen nachbearbeitet und geschnitten werden. Und zwar im genauen Sinne des Wortes: Das Band wurde auf einem Schneidetisch mechanisch getrennt, z.B. um einen Versprecher oder Husten herauszuschneiden, und anschließend wieder zusammengeklebt. Genau wie beim Film ist das nur mit Spulenbändern möglich. Von dieser Technik kommt ja der Begriff des Schneidens.


Bis in die 80er hinein gabs auch gar keine andere Möglichkeit der Aufzeichnung.
Die Digitaltechnik kam in den Studios erst Mitte der 80er ganz ganz langsam.


1978 erschienen die ersten digital aufgenommenen LPs, zumeist Klassik, aber auch Ry Cooders "Bob till you drop", das Stück "Little Sister" läuft noch gelegentlich im Radio. 1982 haben Sony, Studer und Matsushita das DASH Format herausgebracht, eine digitale Aufzeichnung auf Spulenband. Wegen der feststehenden Köpfe wäre damit noch klassisches Schneiden möglich gewesen. Wenige Jahre später haben digitale Workstations das Geschäft übernommen.

Best: Detsi
ohne_titel
Inventar
#6 erstellt: 16. Mrz 2013, 20:33

Da hat man doch bestimmt keine offenen Spulen mehr genutzt.

doch...
ich habe mitte der 90er noch gelernt, mit sowas zu arbeiten. im 2-spur-bereich gab es DAT als billige digitale variante, mehrspurige digitalmaschinen gab es zwar schon (adat, da-88, etc.), für die ganzen hinterhofstudios aber zu teuer. außerdem ist die arbeitsweise doch eine ganz andere, und tontechniker sind gewohnheitstiere...
nach wie vor haben solche geräte ihren platz in den studios, weil sie immer noch klangliche optionen bieten.
germi1982
Hat sich gelöscht
#7 erstellt: 17. Mrz 2013, 00:04

DJ-Spacelab (Beitrag #1) schrieb:
....

Auf was wurde denn später aufgenommen? Also beispielsweise in den 70ern oder frühen 80ern? Da hat man doch bestimmt keine offenen Spulen mehr genutzt.


Doch, die wurden da auch benutzt. Natürlich modernere Maschinen, aber im Prinzip das gleiche. Man benutzte hauptsächlich Maschinen von Studer (Revox) oder Telefunken (M10/M15/M20 usw.). Die boten dann Features die die älteren Modelle aus den 50ern nicht boten, wie z.B. digitale Einmessung, Timecode etc.

http://allabout-hifi.magnetofon.de/index.php?topic=214.0


...1978 erschienen die ersten digital aufgenommenen LPs, zumeist Klassik, aber auch Ry Cooders "Bob till you drop", das Stück "Little Sister" läuft noch gelegentlich im Radio....


Was wohl sehr viel gebracht hat, denn die CD als erstes digitales Medium wurde erst 1981 vorgestellt und hatte 1982 die Markteinführung. Es gab nur so Spielereien wie die Musik per PCM digital auf Betamax-Kassetten aufzuzeichnen. Aber so wirklich überzeugend soll das auch nicht gewesen sein. Und bis die CD-Player für Normalbürger bezahlbar wurden dauerte es noch fast bis Ende der 1980er, die Player kosteten da zwischen 650 und 1800 DM, also ein stolzer Preis. Im Jahre 1989 wurden da auch erstmals mehr CDs als LPs verkauft.


[Beitrag von germi1982 am 17. Mrz 2013, 00:12 bearbeitet]
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