Röhre tot: War es Mord?

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RoA
Inventar
#1 erstellt: 25. Jul 2009, 09:53
Hi Folks,

hier nun der Krimi für Fortgeschrittene zum Wochenende. Das nachfolgende Bild wurde während der Obduktion eines elektronischen Bauteils erstellt. Zu dem Bauteil selbst und seiner Verwendung möchte ich zunächst keine weiteren Erläuterungen geben, ausser, dass es sich dabei um eine Röhre handelt. Die Obduktion wurde angeordnet, weil beim Ausmessen keinerlei (!) Emission festgestellt werden konnte und der Verdacht bestand, dass die Röhre möglicherweise gehimmelt wurde. Ein natürliches Ableben durch Zeitablauf erschien ausgeschlossen, als mögliche Todesursache käme allerdings auch ein Produktionsfehler in betracht, denn die Leiche sah noch sehr jung aus, wie neu, wenn da nicht zwei komische Flecken im Glaszylinder in Höhe der Anodenöffnungen gewesen wären.... (tbc):



Was mag man dieser armen Röhre angetan haben, das solche Verletzungen erzeugt? Welche Auswirkungen hatte das auf die Peripherie? Hat hier jemand sowas schon gesehen?

Hier noch ein zwei Bilder mit Details von den Eingeweiden für die Geniesser unter uns:



Wer sowas mutwillig macht, gehört hinter Gitter.



Die Kathode sieht aus wie ein abgebranntes Streichholz, mit dem ein Feuerwerk gezündet wurde. Sachdienstliche Hinweise zum (spektakulärem?) Ableben dieser Röhre nimmt die Röhrenpolizei in diesem Forum gerne entgegen. Allerdings wird eine Belohnung derzeit noch nicht ausgesetzt.
rorenoren
Hat sich gelöscht
#2 erstellt: 25. Jul 2009, 12:22
Moin,

ECL86 oder PCL86?

Sieht fies aus.

Hat da jemand die Triode als Funkenstrecke verwendet?

Ich kann mir nicht vorstellen, wie der Gitterhaltestab so zugerichtet werden konnte, ohne dass die Gitterdrähte weggeschmolzen sind.

Durchgeknipst?

Na, du wirst uns hoffentlich aufklären, wenn ausreichend Verdachtsmomente vorliegen, hoffe ich.

Gruss, Jens
hf500
Moderator
#3 erstellt: 25. Jul 2009, 17:16
Moin,
der Gittersteg ist tatsaechlich abgebrannt, die Schmelzperlen befinden sich innerhalb der Gitterwindungen, ausserdem haben die geschmolzenen Enden das Gitter "mitgenommen".

Dafuer braucht es jedenfalls gehoerig Heizleistung, moechte mal gerne wissen, was das Netzteil so leisten konnte ;-)

Selbst wenn man die Fassung der E(P)CL86 spiegelverkehrt beschaltet, kann man kaum das Gitter der Triode dermassen ueberlasten. Den gezeigten Schaden bekommt man fast nur mit Absicht hin. Selbst mit einer E(P)CL86 in der Fassung einer E(P)L84 wird es schwierig.

73
Peter


[Beitrag von hf500 am 25. Jul 2009, 17:18 bearbeitet]
rorenoren
Hat sich gelöscht
#4 erstellt: 25. Jul 2009, 17:23
Moin,

eine Erklärung wäre, dass das Kupfer(?) der Haltestäbe einen deutlich niedrigeren Schmelzpunkt besitzt, als der Gitterdraht.

Da muss richtig viel Strom geflossen sein.

Gruss, Jens
hf500
Moderator
#5 erstellt: 25. Jul 2009, 17:37
Moin,
Himmel, womit wurden denn nochmal die Gitter gewickelt? Nickeldraht? Die Stege waren oft aus Kupfer, um die Waerme vom Gitter abzuleiten.

73
Peter
RoA
Inventar
#6 erstellt: 26. Jul 2009, 05:01
Moin,


rorenoren schrieb:
ECL86 oder PCL86?


ECL86 ist richtig. Dieses Bild hier hatte ich unterwschlagen, es wurde kurz vor der Obduktion aufgenommen:



Hinter den beiden "Spiegeln" an der Anode befinden sich nicht etwa zwei zusätzliche Getter, sondern Öffnungen der Anode, durch die der Rotz beim Ableben aufs Glas gedampft wurde. Das muß wehgetan haben.


Ich kann mir nicht vorstellen, wie der Gitterhaltestab so zugerichtet werden konnte, ohne dass die Gitterdrähte weggeschmolzen sind.


Ich kann mir das auch nur so vorstellen, dass die äussere Einwirkung nicht unmittelbar, also blitzartig, zum Ableben führte, sondern mindestens mehrere Sekunden erfolgte. D.h., dass das Opfer gelitten haben muß. Der Verursacher hat sich wahrscheinlich den Todeskampf zumindest mit Interesse ansehen können, natürlich ohne einzugreifen.


Himmel, womit wurden denn nochmal die Gitter gewickelt?


Der Gitterhaltesteg besteht augenscheinlich aus Kupfer, der Draht schimmerte golden (heute ist er schwarz). Derzeit wird das Material bestimmt, die Untersuchungen dauern aber noch an. Wahrscheinlich hat Kupfer einen niedrigeren Schmelzpunkt als der Draht, und er wurde vermutlich langsam auf Temperatur gebracht.


moechte mal gerne wissen, was das Netzteil so leisten konnte


250 V 170 mA
2*6,3V 2,0A

Also genügend Dampf für so eine Röhre (tbc)
EL156
Ist häufiger hier
#7 erstellt: 26. Jul 2009, 06:24
Hallo Röhrenpathologe,

als Ergänzung elektrisch nicht gekillte, demontierte, aber "gesunde" Elektroden des Triodensystems einer PCL86. Die mit abgebildete Feinsicherung dient lediglich dem Größenvergleich.

MfG Kurt

rorenoren
Hat sich gelöscht
#8 erstellt: 26. Jul 2009, 06:40
Moin Dr. Quincy,(RoA )

dieser Fall wird wohl noch so manches Rätsel aufgeben.

Gruss, Jens
RoA
Inventar
#9 erstellt: 27. Jul 2009, 08:02
Ich würde ja gerne auflösen, aber ich weiss es nicht.

Im Laufe der Ermittlungen hat sich ergeben, dass besagte Röhre Bestandteil eines Konvoluts von diversen Bauteilen, angefangenen Projekten etc. war, das ich günstig bei ibäh geschossen hatte. Darunter befand sich auch das hier:



Ebenfalls enthalten (ohne Bild) war die komplette Stromversorgung, aber der Verkäufer hatte gesagt, er habe es noch nicht ausprobiert. Irgendwann habe ich die Schaltung dann überprüft, und danach sah die Platine dann so aus:




hf500 schrieb:
Selbst wenn man die Fassung der E(P)CL86 spiegelverkehrt beschaltet, kann man kaum das Gitter der Triode dermassen ueberlasten.




Wenn man 325 Volt auf das Gitter gibt und Anode und Kathode negatives Potential haben, ist das sicher nicht gesund. Brutal wird es, wenn die Spannung langsam ansteigt, dann spürt das arme Opfer, wie die Schmerzen l a n g s a m unerträglich werden, um im Moment des größten Schmerzes abzuleben. Und ja, das Netzteil hat einen Softstart. Diese Form des Ablebens hat ausserdem den Nachteil, dass man das Glücksgefühl des abnehmenden Schmerzes nicht mehr wahrnimmt. Aber funktioniert das auch ohne Heizung?
rorenoren
Hat sich gelöscht
#10 erstellt: 27. Jul 2009, 11:35
Moin,

wenn diese Platine ein Kopfhörerverstärker sein soll, könnte es sein, dass die Heizung mit der Anodenspannung in Reihe liegt.
(niedrige Betriebsspannung um ca 60-100V)

Dann könnte, je nach Anodenwiderstand an der Pentode, die Heizung über Pin 5 mit der Anodenspannung betrieben worden sein.
(Heizungen in Reihe =ca 26V/300mA)

Aber eher unwahrscheinlich.

Auf jeden Fall wurde Ufk überschritten.

Das könnte dann einen Schluss Faden-Katode ergeben haben.

Dann Gitter positiv, Katode glüht, es fliesst viel Strom über die Katode/Heizung auf das Gitter.....

Oder auch nicht.

Gruss, Jens
hf500
Moderator
#11 erstellt: 27. Jul 2009, 16:42
Moin,
bei meiner Ueberlegung mit der spiegelverkehrten Beschaltung bin ich davon ausgegangen, dass die Anode der Triode ueber 220k Ohm an der Anodenspannung liegt.

Damit ist der maximale Gitterstrom im Fehlerfall festgelegt und duerfte nicht so gross werden, dass man damit die Gitterstege abbrennen kann. Die gesamte Leistung, die dann umgesetzt werden kann, betraegt 400mW (325V, 1,5mA), damit kann man das Gitter kaum beschaedigen, zumal der groesste Teil der Leistung im Anodenwiderstand umgesetzt wird.
Zudem muss der Katodenstrom der Triode noch ueber den Gitterableitwiderstand der Pentode, und das duerfte etwa 1M sein...

Welche Wuermer waren dann da noch auf der Platine zu fangen?

73
Peter
RoA
Inventar
#12 erstellt: 27. Jul 2009, 19:28
Ich verlinke jetzt mal auf auf die Röhrenbude...



Vielleicht wird jetzt ja aufgelöst.
Boettgenstone
Hat sich gelöscht
#13 erstellt: 29. Jul 2009, 11:41
Hi,
grausam was manche Mitmenschen anstellen.
Den Schaltplan sieht man übrigens nicht, die Röhrenbude mag keine Verlinkung merkt man auch im Röhrenverstärkerselbstbauthread.

Aber er wird dem Röhrenmörder schon helfen...
RoA
Inventar
#14 erstellt: 29. Jul 2009, 17:27

Boettgenstone schrieb:
Aber er wird dem Röhrenmörder schon helfen


Wer ist das?


Den Schaltplan sieht man übrigens nicht


Ich schon.

Boettgenstone
Hat sich gelöscht
#15 erstellt: 31. Jul 2009, 10:21
Hallo Roa,
das ist Judge Dredd und war ein Insiderwitz.

Ja nachdem der Schaltplan über abload gezeigt wird seh ichs auch, ich sollte vielleicht mal meinen Rechenknecht durchchecken...
RoA
Inventar
#16 erstellt: 31. Jul 2009, 18:29

Boettgenstone schrieb:
das ist Judge Dredd


Ach so. Ich dachte schon, dass sei der Demolition Man, der die Röhre auf dem Gewissen hat...
Felix8952
Ist häufiger hier
#17 erstellt: 08. Aug 2009, 12:29

RoA schrieb:




Hey, diese Platine kenn ich doch. Die ist vom Line Vorverstärker von Experience electronic:
http://www.experienc...Line-Verstaerker.htm



Felix
RoA
Inventar
#18 erstellt: 09. Aug 2009, 08:20
So ist es. Und der Vorbesitzer hatte die Sockel spiegelverkehrt angelötet. Wenn man den Verstärker so in Betrieb genommen hätte (keine Ahnung, ob der Vorbesitzer das gemacht hat. Er sagt nein...), hätte das Gitter von der Triode 325V gesehen, allerdings ohne Heizung. Ob das ausgereicht hätte?
Felix8952
Ist häufiger hier
#19 erstellt: 09. Aug 2009, 12:21
Aber hätte es dann nicht das Gitter selbst grilliert und nicht der Gitterhalter?
Das Gitter scheint ja noch ganz zu sein, nichts angeschmort, nur etwas verschoben.
Und wiso ist das Gitter dann nur an einer Stelle geschmolzen und der Rest noch mehr oder weniger intakt? Es müsste ja eigentlich über die ganze Länge der Kathode/ Gitter ordentlich Strom geflossen sein.
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