Fake-Transistoren 2SB681 und 2SD551

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Stereogigant
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 15. Feb 2021, 21:06
Hallo zusammen, ich hab es mir beim Kauf schon fast gedacht – aber da die Transistoren nach wie vor verkauft und als Original beworben werden, möchte ich hier nochmal darüber berichten und ausdrücklich davor warnen.

Die Transistoren 2SD551 und 2SB681 sind nach wie vor für alte Verstärkerreparaturen sehr gefragt, werden oft als Ersatz für 2SA747 und 2SC1116 verwendet und sind aber ebenso obsolet und nur schwer aufzutreiben.
Zuletzt gibt es aber einen Ebay-Anbieter aus den USA der garantiert das es sich um 100% echte Transistoren handelt. Zusätzlich wurde diese Annahme noch unterstrichen indem die Transistoren tatsächlich unterschiedliche Chargenummern aufwiesen.
Da ich momentan auch einen Yamaha A-1 zur Reparatur habe, welcher Original die 2SA747 und 2SC116 verbaut hat, entschloss ich mich trotz Skepsis 5 Paar dieser Transistoren für umgerechnet ca 65€ zu bestellen.

Nach ca. 1.5 Monaten war es dann auch so weit und die Transistoren kamen sicher verpackt an. Nach dem auspacken allerdings fielen mir schon einige komische Merkmale auf

1

- bei den 2SD551 ist die Verstärkung klassifiziert während sich beim 2SB681 dafür gar kein Aufdruck am Gehäuse befindet
- die Kappen sind bei NPN und PNP um 90° verdreht (kein 100%iges Indiz)
- die Transistoren haben keinen Black Widow Kühlkörper an der Rückseite wie für Toshiba- Leistungstransistoren üblich
- Toshiba druckt grundsätzlich nie „JAPAN“ auf seine Transistoren(?)

Aber vielleicht trügt der Schein ja einfach nur und alles ist in Ordnung? 😉

Ich nehme einen 2SB681 und installiere ihn für die weitere Analyse auf einen geeigneten Kühlkörper und platzier diesen in einer Sicherheitsbox.

2

Begonnen wird zuerst mit der Prüfung von Uce – sprich der (Durchbruchs-)spannung bei welcher der Transistor selbstständig leitend wird ohne das Spannungs/Strom an der Basis anliegt.
Anhand dieser Messung lässt sich schon einges über die (Produktions-)Qualität sagen.
Laut Datenblatt liegt die Uce bei diesem Transistor bei mindestens -150V

Leider folgt schon hier die große Enttäuschung – der Transistor „schlägt“ bereits -130V selbstständig durch – es fließen fast 20mA (!)

3

Leider habe ich nicht mehr viel Hoffnung, dennoch teste ich noch Ic – sprich den maximal zulässigen dauerhaften Kollektorstrom – dieser liegt lt. Datenblatt bei -12A bei einer maximalen Verlustleistung von 100W

Ic-Messung

Das Ergebnis überrascht mich nicht mehr besonders… bei etwa 7A arbeitet der Transistor noch „normal“ bis dann bei etwa 9A und einem Basisstrom von 500mA der Transistor seinen Dienst plötzlich quittiert.
Interessanterweiße hat der Transistor in diesem Fall keinen Kurzschluss sondern eine Unterbrechung.

Am Komponentester gibt es auch nur noch ein Lebenszeichen zwischen Basis und Kollektor

Da mit dem Transistor sowieso nichts mehr anzufangen ist entscheide ich mich zu guterletzt noch dazu ihn zu Köpfen.

4

Was bitteschön ist das? Ich hab schon viele Fälschungen gesehen, aber so ein kleiner Die wie bei diesem Transistor ist mir auch noch nicht untergekommen. Die Mini-Anschlussdrähtchen ala China Number 1 geben dem ganzen noch den gewissen Touch.

5

Da kommt auch direkt die eigentliche „Fehlerursache“ zum Vorschein – der Bonddraht vom Anschlussdraht zum Die ist geschmolzen – Na Gute Nacht.


[Beitrag von Stereogigant am 15. Feb 2021, 21:07 bearbeitet]
Broesel02
Inventar
#2 erstellt: 15. Feb 2021, 22:03
Danke für deinen ausführlichen Bericht der traurigen Wahrheit. Hast du die übrigen Transistoren zurückgeben können?
CarlM.
Inventar
#3 erstellt: 15. Feb 2021, 23:09
Auch von mir: "Herzlichen Dank!"
Solche wirklich belastbaren Infos sind doch Gold wert.
Valenzband
Inventar
#4 erstellt: 16. Feb 2021, 01:12
Ich habe in Laufe der Jahre eine wachsende Junky-Liste solcher Lieferanten im In- und Ausland zusammengestellt. Bislang sind darin ca. 20 Mafiosi enthalten, Tendenz erwartungsgemäß steigend. Meine Testkritrien sind sehr ähnlich zu den hier gezeigten. Die Schlachtmethode am Ende der Tests gibt am sichersten bzw. ehrlichsten Auskunft.

Wer glaubt, solche Teile bekommt man nur aus dem Ausland, oder nur von unbekannteren Verkäufern, der irrt. Mir sind auch schon einige Markenteile (u.A. ST, Motorola, Fairchild) von namhaften deutschen Verkäufern untergekommen, die gleich mehrfach Spezifikationen nicht erreichten. Nach Öffnung wurde auch oft schon visuell klar warum. Dünne bond wires scheinen genau so beliebt zu sein wie billige/ zu kleine chips. Abenteuerlich sind auch manche Lötverbindungen chip/carrier, die eher geklebt zu sein scheinen.

Insider berichten immer wieder, dass solche Teile oft als Ausschuss von Fernost-Produktioen verschrottet werden sollten, dann aber wieder auf verschlungenen Wegen in Verkehr gebracht werden, nachdem sie mit "passenden" Aufdrucken versehen wurden. Im Drucken werden diese Halunken leider immer besser, sowohl die Farben als auch Symbole/Logos und Font betreffend. Immerhin, einige sind gerade noch dumm genug, dass sie schon in diesem Raster durchfallen.


[Beitrag von Valenzband am 16. Feb 2021, 01:13 bearbeitet]
Stereogigant
Ist häufiger hier
#5 erstellt: 16. Feb 2021, 08:54
[quote="Broesel02 (Beitrag #2)"] Hast du die übrigen Transistoren zurückgeben können?[/quote]

Guten Morgen,

der Verkäufer hat sich vorerst "dumm" gestellt und konnte nicht glauben das es sich um Fakes handeln soll, da er ja schon so unzählig viele verkauft hat und noch NIE eine Reklamation hatte...

Nach Vorlage des Videos und der Messergebnisse hat er ohne weiteren Kommentar den gesamten Betrag refundiert.

Inzwischen habe ich auch noch die anderen Transistoren getestet ... die sterben alle auf die selbe Art und Weiße.

Grüße


[Beitrag von Stereogigant am 16. Feb 2021, 09:51 bearbeitet]
Ingor
Inventar
#6 erstellt: 16. Feb 2021, 09:01
Ich frage mich bei solchen Fakes immer, warum man nicht für ein paar Cent mehr, ein korrektes Bauteil herstellen könnte. Ich meine das Ding hat immerhin 130 V und 9 A ausgehalten. So weit weg lag es ja gar nicht von der Spezifikation. Überhaupt wundere ich mich immer über die tausend verschiednen Transistortypen in NF-Endstufen. Klar, dass man für einen 100 W Verstärker einen enstprechenden Transistor benötigt, aber warum gibt es 100 verschiedene, die alle die gleiche Leistung haben und trotzdem funktioniert nur einer richtig in der Schaltung.
Valenzband
Inventar
#7 erstellt: 16. Feb 2021, 09:45

Ingor (Beitrag #6) schrieb:
Ich frage mich bei solchen Fakes immer, warum man nicht für ein paar Cent mehr, ein korrektes Bauteil herstellen könnte...
aber warum gibt es 100 verschiedene, die alle die gleiche Leistung haben und trotzdem funktioniert nur einer richtig in der Schaltung.


Das sind unterschiedliche Probleme, deren "Lösung" aber zusammenhängt. Ziel der Fälscher ist maximaler Profit. Da der Verkaufspreis letztlich begrenzt ist muss die Produktion möglichst billig sein. In diesem speziellen Markt nutzen die meisten Hersteller und Verkäufer aus, dass die Käufer schon einigermaßen verzweifelt nach einem original Teil suchen, dass die zunehmenden Fälschereien in weiten Kreisen nicht bekannt sind, dass nur Wenige die Möglichkeit haben (werden) es zu überprüfen, dass im Fall des Versagens der Kunde sich tendenziell selbst die Schuld geben werden wird, oder eine beliebige Kombination daraus.
Unter diesen Vorausssetzungen werden chips natürlich nicht "entwickelt", sondern es werden wahllos Ausschussteile, manchmal auch Schlachteile aufbereitet und neu bedruckt. Es findet auch keine "angepasste" Auswahl der Teile statt. Das Teil hat jenseits Gehäusebauform und Aufdruck rein gar nichts mit den spezifizierten Teilen gemeinsam.

Wenn man Hersteller-Spezifikationen genau vergleicht sind viele "echte" Transistoren ähnlicher/gleicher zulässiger Verlustleistung oft sehr verschieden.
Das liegt naturgemäß an verschiedenen Herstellungsprozessen und Architekturen der Chips. Leistungsstarke Schalttransistoren, die hohe Spannungen und hohe Ströme vertragen sind z. Bsp. für Audiozwecke praktisch immer ungeeignet, weil die SOA Parameter völlig unzureichend sind. Dafür sind sie meist schnell und haben geringe Sättigungssspannungen, was für einen Schalter auch angestebt ist. Wenn es nur nach SOA ginge wären die ältesten Designs sogar am besten. Darunter sind leider aber auch die langsamsten, z.T. liegt deren ft noch unter 100 kHz. Auch die Linearität kann je nach Design sehr verschieden ausfallen.
Was man auch berücksichtigen sollte ist, dass viele Chips in verschiedenen Gehäusen angeboten werden, die zwar noch eine ähnliche Typenbezeichnung haben, aber oft schon unterschiedliche thermische Belastungsgrenzen haben. Je nach Hersteller gibt es unter dem Strich dann nur relativ wenige verschiedene Chips speziell für Leistungsaudio, was durch unterschiedliche Leistungsklassen/Anforderungen bedingt ist. Dabei wird angemessen dimensioniert, denn einer der wesentlichen Kostenfaktoren bei der Herstellung ist die Größe des Chips.
Uwe_1965
Inventar
#8 erstellt: 16. Feb 2021, 10:43
Die Suche nach Original Transen gerade diese habe ich eigentlich aufgegeben. Und Toshiba braucht wirklich noch Japan drauf zu schreiben habe noch Originale und die sehen komplett anderster aus, auch ist die Schrift rot und vielleicht auch ein Kriterium, das Gewicht, wurde ja auch schon des öfteren beschrieben.

Bild mit Gewicht

Also liebe Fälscher jetzt habt Ihr noch etwas Futter
Gruß Uwe
Poetry2me
Inventar
#9 erstellt: 16. Feb 2021, 23:44
Danke für diesen Beitrag.

Ein sehr deutliches Beispiel für den dreisten Betrug, der uns allen die Arbeit so schwer macht.

- Johannes
CHICKENMILK
Inventar
#10 erstellt: 17. Feb 2021, 10:28
Hier gibt es sie noch:

LINK
Stereogigant
Ist häufiger hier
#11 erstellt: 18. Feb 2021, 18:24

CHICKENMILK (Beitrag #10) schrieb:
Hier gibt es sie noch:

LINK


Leider nur die 2SB681, bei den 2SD551 sieht es aus als hätte selbst Dönberg Fakes?! Jedenfalls die von Toshiba, da ist wieder der ominöse Aufdruck + "Japan"

Grüße


[Beitrag von Stereogigant am 18. Feb 2021, 18:24 bearbeitet]
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