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Empfehlung Klavierstücke

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Pilotcutter
Administrator
#101 erstellt: 20. Mai 2009, 07:52

Martin2 schrieb:
aber selbst bei einem solchen "Hit" wie Kinderszenen gibt es viele Stücke, bei den es romantische Einfühlung braucht und die sich nicht unmittelbar erschließen. Ich halte Schumann als Einstieg schlicht für falsch.


Du bist noch nicht ganz bei der Ausgangsfrage angelangt.
Es geht um Berieselung, nicht um Beschäftigung!

Der Artikel "Typologie des Hörens" von Theodor W. Adorno macht das ja deutlich, indem Adorno versucht, die Liebhaber von Musik nach ihrem Hörvermögen zu klassifizieren. Er beginnt mit dem "Experten", der imstande ist, tatsächlich "adäquat" zu hören. Er ist der Hörer, dem nichts entgeht, der quasi sezierend hört. Das geht in Richtung Berufsmusiker. Der Artikel endet mit dem Letzen in der Kette: der Unterhaltungshörer, der Musik nur mehr als Unterhaltung konsumiert. Musik ist ihm nicht Sinnzusammenhang, sondern Reizquelle. Die "Struktur dieser Art des Hörens ähnelt der des Rauchens. Sie wird eher durchs Unbehagen beim Abschalten des Radioapparates definiert als durch den auch noch so bescheidenen Lustgewinn, solange er läuft." (Quelle: Österreichische Musikzeitschrift)

Da irgendwo sind wir ja gegenwärtig; beim Thema "Musik als Reizquelle". Der Feierabend, der Streßless-Sessel, das Glas Rotwein, die Lavalampe und die Klaviermusik!!!

Schumann's Kinderszenen ist da lediglich der Name (zum Wiederfinden) des Stückes. Schumann selbst interessiert nicht.
Kinderszenen geht auf alle Fälle (vielleicht bis auf "Haschemann", "wichtige Begebenheit" und "Ritter vom Steckenpferd") Der Hit "Träumerei" kommt ja aus den Kinderszenen, gefolgt von "Am Kamin".

Auch ein Großteil von "Kreisleriana" funktioniert. Nicht alle, aber man kann ja auch nicht den ganzen Abend Largo con Valium hören, vielleicht ist David ja froh über ein kleines Allegro con fuoco zwischendurch.

Grieg's Lyrische Stücke laufen auch zu 80%.

Ich habe gestern abend noch einige Klavirstücke entdeckt, die (fast) ganz kuschelig sind: Die Klavierfassungen und Bearbeitungen der Bach'schen Choräle und Choralvorspiele von Ferruccio Busoni. Hier ein Beispiel und große Teile aus Rachmaninov seinen Études-Tableaux Beispiel

Die klassische Klavierliteratur ist voll von Kuschelstücken. Da ist nur das Problem, will man sie herausoperieren oder will man sich auch mal auf den "Rest" einlassen?


Er sollte sich mal eine schöne CD mit den Satiestücken kaufen, die sind ruhig und gefallen vielen Leuten und einen guten Sampler mit Chopinstücken. Wenn er das Risiko eingehen will, kann er sich natürlich trotzdem die Deccabox holen - abraten will ich ihm davon auch nicht.


Dummerweise kenne ich den Satie gar nicht richtig. Aber er war ja wohl auch Mitbegründer eben dieses Ambient-Stils. Die Decca-Box habe ich auch nicht, aber das klingt ja nach schwerer Beschäftigung.

Gruß. Olaf

PS: Wir sollten 'mal Klassik Sampler herausbringen - unter einem HiFi Forum Label - mit ausgewählten Stücken aus verschiedenen Betrachtungen und Annäherungen der klassichen Musik. Die könnte man dann hier ja feilbieten.


[Beitrag von Pilotcutter am 20. Mai 2009, 08:10 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#102 erstellt: 20. Mai 2009, 08:31
Hallo Pilotcutter,

diese Unterscheidung Adornos zeigt für mich wieder einmal, daß ich Ardorno nicht mag, weil das wieder einmal grenzenlos arrogant ist. Inwieweit Schumann als "Reizquelle" funktioniert, interessiert mich ehrlich gesagt nicht. Reduziere ich Musik auf eine bloße "Reizquelle", die völlig ohne "Sinnzusammenhang" gehört wird, dann nehme ich meinen Gesprächspartner nicht ernst, bzw. spreche ihm Musikalität einfach völlig ab. Ich glaube nicht an den Musikhörer, der Musik als bloße "Reizquelle" hört. Ich hatte selber das Beispiel der Malerei gebracht, bezüglich der ich mich selber eher als "Banause" einstufe. Mein Banausentum gebe ich dabei gerne zu, aber wenn mir jemand sagte: Schau Dir mal den Van Gogh an, diese Bilder werden Dir zwar nichts sagen, sind aber "hübsch bunt", wäre ich mit Recht beleidigt. Ich persönlich glaube aber nicht an Menschen, für die Gemälde einfach nur "hübsch bunt" sind. Und genauso wenig glaube ich an Musik als bloße Reizquelle - an Unterschiede der Musikalität aber sehr wohl.

Gruß Martin
Pilotcutter
Administrator
#103 erstellt: 20. Mai 2009, 08:58
[quote="Martin2"]Reduziere ich Musik auf eine bloße "Reizquelle", die völlig ohne "Sinnzusammenhang" gehört wird, dann nehme ich meinen Gesprächspartner nicht ernst, bzw. spreche ihm Musikalität einfach völlig ab. [/quote]

Musik als Reizquelle ist eine ganz großes Feld, besonders in der Klassikproduktion:

Ich bin ab und an mal auf Flohmärkten unterwegs auf der Suche nach Schallplatten meines Gusto's. Da stehen Körbe von Platten von irgendwelchen Wohnungsauflösungen. Wenn man die durchblättert, entdeckt zwischen den üblichen Vertretern der Volksmusik immer wieder einzelne dieser Schallplatten "Klassik für Millionen" aus der Fernsehlotterie oder "Klassik-Gala".
Ich habe den Eindruck, dass das genau der Schwerpunkt der Produktionen war: Klassik als Reizquelle ohne Zusammenhang.
Ich glaube, es gab sogar Klassik mit Wim Thoelke, der große Preis und 1 Mark ging an Aktion Sorgenkind.

Da war Musik drauf, Martin, die jeglicher Ordnung entbehrte. Da gaben sich Grieg's Morgenstimmung und die schöne blaue Donau die Hand und zwischendurch erscholl noch Hermann Prey mit der schönen Müllerin (ich überspitz jetzt mal). Das war aber klassische Musik, die aufgelegt wurde, eben am Sonntag, oder wenn Rex Gildo gerade nicht passte, oder man eben in der ein- oder anderen Stimmung war.

Musik als reine Reizquelle. Ich glaube nicht, dass die Zuhörerschaft irgendeinen Hintergrund diesbezüglich hatte.

Zumal ich das überhaupt nicht kritisiere und es selber genauso anwende. Ein Leseabend mit meiner Frau im Wohnzimmer wird selbstredend von Klaviersampler CD's unterlegt. Ich genieße das, aber achte in diesem Moment nicht auf die Stücke.


[Beitrag von Pilotcutter am 20. Mai 2009, 09:09 bearbeitet]
Kreisler_jun.
Inventar
#104 erstellt: 20. Mai 2009, 09:05

Martin2 schrieb:

Kreisler_jun. schrieb:
Clayderman war nicht ganz ernst gemeint. Natürlich ist das der letzte Mist und keine Klassik, aber es entspricht etwa dem Wunsch nach entspannenden Klavierstücken.


Nimms mir nicht übel, Kreisler Junior, jemandem "nicht ganz ernst gemeint" etwas zu empfehlen, was man selber für den "allerletzten Mist" hält, heißt für mich, eine Person auch einfach zu verarschen. Und das finde ich nicht richtig.


Es war nicht als Verarsche gemeint, aber Dein Sinn für Humor hat sich ja schon mehrfach als etwas defizitär erwiesen. Warum sollten ihm die Sachen nicht gefallen? Ich habe seine Präferenzen ernst genommen (auch wenn ich sie für mistig halte) und mir den pädagogischen Ansatz, ihn zu einem differenzierten Musikerlebnis zu führen, mal verkniffen. Ich hielt es trotzdem für offensichtlich, daß meine Empfehlungen nicht ganz ernst gemeint waren, weil klar war, daß es sich nicht um Klassik handelte.

@Pilotcutter: ich weiß nicht, was Du für eine Aufnahme der Kreisleriana kennst. Das ist m.E. "schwarze Romantik", so weit von "ambient music" entfernt, wie es geht.

JK jr.
Pilotcutter
Administrator
#105 erstellt: 20. Mai 2009, 09:23

Kreisler_jun. schrieb:
@Pilotcutter: ich weiß nicht, was Du für eine Aufnahme der Kreisleriana kennst. Das ist m.E. "schwarze Romantik", so weit von "ambient music" entfernt, wie es geht.


Dann entnehmen wir der Kreisleriana Teile wie diesen: Beispiel
Martin2
Inventar
#106 erstellt: 20. Mai 2009, 09:36
Hallo Pilotcutter,

also vorher schreibst Du bei Deinen ganzen Empfehlungen für Daniel:


Allein die genannten von Schumann werden Deinen Horizont öffnen.


und dann soll das ganze nur als Vorschläge zur "Berieselung" verstanden werden. Du deutest das, was Du vorher geschrieben hast, vollkommen um und willst mir das auch noch glaubhaft machen. Das ist doch vollkommen unglaubhaft.

@ Kreisler Junior: Mein Ansatz ist nicht bloß pädagogisch. Aber Musik zu empfehlen, die man für gut hält und die einem anderen doch gefallen könnte, halte ich für normal und nicht für "pädagogisch". Inwiefern mein Humor defizitärer ist als Deiner kann ich nicht beurteilen. Es könnte ja auch einfach sein, daß Du in Punkto "Humor" einfach einen schlechten Geschmack hast und es selber nicht merkst. Aber es ist sicher besser für Dich, wenn Du jeden anderen Humor als den Deinen für "defizitär" hältst.

Gruß Martin
Pilotcutter
Administrator
#107 erstellt: 20. Mai 2009, 09:57

Martin2 schrieb:
also vorher schreibst Du bei Deinen ganzen Empfehlungen für Daniel:


Allein die genannten von Schumann werden Deinen Horizont öffnen.


und dann soll das ganze nur als Vorschläge zur "Berieselung" verstanden werden. Du deutest das, was Du vorher geschrieben hast, vollkommen um und willst mir das auch noch glaubhaft machen. Das ist doch vollkommen unglaubhaft.


Damit meine ich "das Ziel nach dem Ziel"

Ersteinmal geht es darum seine Anfrage abzuarbeiten - jedoch nicht ohne die subliminalen Hinweise auf die Beschäftigung mit der klassischen Musik.
Martin2
Inventar
#108 erstellt: 20. Mai 2009, 11:12

Pilotcutter schrieb:

Martin2 schrieb:
also vorher schreibst Du bei Deinen ganzen Empfehlungen für Daniel:


Allein die genannten von Schumann werden Deinen Horizont öffnen.


und dann soll das ganze nur als Vorschläge zur "Berieselung" verstanden werden. Du deutest das, was Du vorher geschrieben hast, vollkommen um und willst mir das auch noch glaubhaft machen. Das ist doch vollkommen unglaubhaft.


Damit meine ich "das Ziel nach dem Ziel"

Ersteinmal geht es darum seine Anfrage abzuarbeiten - jedoch nicht ohne die subliminalen Hinweise auf die Beschäftigung mit der klassischen Musik.


"Subliminal" - au weia. Mußte erst mal meinen Fremdwortduden konsultieren, was das Wort bedeutet. Bedeutet "unterschwellig". Wieder was gelernt.

Pilotcutter, wir geraten hier in eine Grundsatzdiskussion hinein, die mit Daniel wenig zu tun hat und die man vielleicht auch an einem anderen Ort führen könnte, die ich aber für absolut notwendig halte. In dieser Hinsicht finde ich es bemerkenswert, daß ich es immer wieder beobachte, vielleicht sogar bei sogenannten "Linken", daß es dieses typische Schwanken gibt, geradezu eine Schizophrenie, die einerseits völlig egalitär ist und keinesfalls "elitär" und dann anderseits das völlige Umkippen in eine Haltung absoluter Arroganz, die sich eigentlich schon gar nicht mehr mit dem Begriff "Arroganz" beschreiben läßt, eine Überheblichkeit, die den anderen geradezu "entmenscht".

Adorno lehne ich wiegesagt ab und habe zu ihm eine humorvoll ironische Haltung. Der Mann wußte, wie man einen richtig guten deutschen Schlager schreibt! Allerdings ehrt es ihn, daß er es nicht gemacht hat und stattdessen hochtrabende philosophische Bücher geschrieben hat.

Mich aber auf eine solche Haltung fortwährenden "Umkippens" überhaupt einzulassen, lehne ich rundweg ab! Diesen egalitären Hyperelitarismus finde ich ehrlich gesagt nur komisch und weiter gar nichts. Du bist für mich dafür ein absolutes Beispiel! Jemandem jegliche Musikalität abzusprechen, aber dann zu meinen er solle irgendwie unterschwelling, entschuldigung subliminal, dann doch zu den höheren Weihen der Kunst Zugang finden, ist absolut albern und weiter gar nichts. Entschuldigung, will Dir nicht zu nahe treten.

Ich kann zum Beispiel nur sagen, daß ich so als ganz kleines Kind so einen richtig schönen deutschen Schlager - und nicht nur die von Adorno komponierten - durchaus zu schätzen wußte. Mein Musikgeschmack hat sich aber durchaus entwickelt. Die von Dir gebrachten Beispiele von "Klassik für Millionen" sind für mich dann nicht nur ein Beispiel von Klassikberieselung - sondern eher von "Geschmacksunsicherheit". Die ist ein Faktor - ohne Zweifel. Nur den "absolut unmusikalischen Menschen" gibt es selten und auch der vielleicht ungebildetere und auch unmusikalischere Mensch, der gerne Heino hört, aber den Walzer von blauen Donau trotzdem sich gerne mal rein zieht, weiß irgendwie schon, daß dieser berühmte Walzer von Johann Strauß irgendwie was besseres ist. Nicht nur, weil man es ihm gesagt hat.

Gruß Martin
Pilotcutter
Administrator
#109 erstellt: 20. Mai 2009, 12:49
Ich glaube, wir sind gar nicht so weit voneinander entfernt.

Ich habe dem David (nicht Daniel) immer geschrieben - von Anfang an - er kann a) entspannende Stücke hören, sollte aber b) sich auch ruhig mal mit dem Zusammenhang beschäftigen.

Seine Musikalität habe ich ihm nie abgesprochen! Nichteinmal angesprochen. Ich habe nur aufgezeigt, dass ich meine, dass es den Unterhaltungshörer gibt und das David wohl diesen Standpunkt vertritt, wenn er von "Entspannung" (Ziel der Reizquelle) spricht. Seine Anfrage lautete ja dementsprechend.

Also schlage ich ihm Klavierstücke vor und begleite die Vorschläge mit dem Hinweis "mehr als nur Entspannung" (Ziel nach dem Ziel).

Ich kann es auch mittels Deines Vorwurfs neu und deutlich formulieren:
David, wenn Du nur Klassik zur Entspannung hörst, ist das unmusikalisch und Du schränkst die Klassik ein. Beschäftige Dich doch auch mal mit dem musikalischem Zusammenhang der Werke, die Du gerne hörst.

Wir haben hier einfach nur mehrere Hochzeiten eröffnet und versucht auf jeder zu tanzen.




@davidcl0nel: Noch ein Tipp: Es gibt bei jpc und bei 2001 diese mp3 CD's "sämtliche Klavierwerke" von sehr vielen Komponisten. Die sind nicht teuer (max. 10 Euro) und enthalten eben alles an Klavierwerken. Aus diesem mp3 Fundus kannst Du Dir wunderbar eigene CD's erstellen mit Stücken Deiner Wahl.
Eine gute mp3 Kompression schrängt das Klangbild nicht ein - zumindest nicht bei Soloklavier.


[Beitrag von Pilotcutter am 20. Mai 2009, 12:58 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#110 erstellt: 20. Mai 2009, 13:20

Pilotcutter schrieb:
Ich glaube, wir sind gar nicht so weit voneinander entfernt.

Ich habe dem David (nicht Daniel) immer geschrieben - von Anfang an - er kann a) entspannende Stücke hören, sollte aber b) sich auch ruhig mal mit dem Zusammenhang beschäftigen.



Hallo Pilotcutter,

das freut mich sehr, ich machte mir schon Sorgen, daß Du mir da was krumm nehmen könntest. Aber wo Du die Sache mit dem Zusammenhang ansprichst, mußte ich sofort an das Interview mit John Adams im Begleitheft zur Harmonielehre denken. Zitiere das mal:


John Adams: "Often, when I listen to ( Sibelius) greatest symphonies, I find that I don't know where I am ... and that's a nice feeling"

JC: "Some people might find it extremely anxiety-producing"

John Adams: "Of course. I 'd say that most German composers would be terribly threatened by that, imagining to be indicative of sloppy musical habbits"

Nun ist John Adams sicher einer der bekanntesten zeitgenössischen Komponisten unserer Zeit, ich schätze ihn sehr. Daß er sich dann in einer Musik auch "verliert" und dies keinesfalls tun zu wollen, als "typisch deutsch" kennzeichnet, wollte ich mal als Randbemerkung hier anbringen.

Mit der "Entspannung" ist das halt so eine Sache. Zunächst mal ist das eine reine "Selbstzuschreibung". Weder heißt die Tatsache, daß jemand sein eigenes Hören als "Entspannung" beschreibt, überhaupt nicht, daß sein eigenes Hören darauf zu reduzieren wäre. David beschreibt das so - aber das ist eben nur eine Beschreibung, weiter gar nichts. Und wenn er Musik nicht so strukturell hören mag, hat er selbst den vielleicht bekanntesten klassischen Komponisten unserer Epoche an seiner Seite.

Gruß Martin


[Beitrag von Martin2 am 20. Mai 2009, 14:16 bearbeitet]
davidcl0nel
Inventar
#111 erstellt: 20. Mai 2009, 21:58
Achduje, bitte keine Grundsatzdiskussionen oder gar Streit, so "ernst" nehme ich die Musik dann doch nicht. Vielleicht können das manche nicht verstehen (vielleicht ich in 10 Jahren auch nicht?), aber aktuell ist es so.
Ich möchte mich halt einfach auf meine Couch setzen, dabei zb ein gutes Buch lesen und mich treiben lassen. Da passen plötzliche "Situationswechsel" des Komponisten (der sich ja zwangsläufig etwas bei der Musik gedacht hat) halt einfach nicht "rein". Sicher hört man dann auch mal ausgewählte Werke, die einem schon während des Buches sehr gut gefallen haben, komplett mit 100% Aufmerksamkeit im gesamten Kontext, aber das ist Schritt 2.

John Adams kannte ich übrigens auch nur den 2. Präsidenten, aber zum Glück gibts Wikipedia.

Aber nun zum eigentlichen Thema:
Ich habe nun die vergangenen Stunden ausgiebig mich durch Youtube gegraben und versucht, ein paar Namen nachzugehen. Natürlich findet man auf Youtube jede Menge Mist, aber es ist zumind. erstmal eine legale kostenlose Quelle, um einen Überblick zu bekommen. Vielles ist ja auch gespielt von "Laien", wodurch sowieso viele Interpretationen möglich sind.

Chopin Nocturne Op.9 No.2 (Arthur Rubinstein)
http://www.youtube.com/watch?v=YGRO05WcNDk

Chopin Nocturne Op.27 No.1 (Arthur Rubinstein)
http://www.youtube.com/watch?v=QAcAWWU_0mE
ab 2:30 etwas aufregend, geht aber insgesamt nicht ins Ohr im Vergleich zu 9/2

Debussy Prelude Book 1 No.7 (Pollini)
http://www.youtube.com/watch?v=RNcvnOwxFrA
Wah, nein.

Liszt Valse oubliee No.1 (Horowitz)
http://www.youtube.com/watch?v=5mC4PpAcnAI
Hat einige sehr nette Stellen, bei 1:00 ziemlich nervig, danach wieder gut

Edvard Grieg - Notturno - Piano solo
http://www.youtube.com/watch?v=NiX7VRlzMWo
Sehr schön

Edvard Grieg - "To the spring" - from "Lyric Pieces"
http://www.youtube.com/watch?v=aB2eNVAnQDI
Nicht so gut wie Notturno, in der Mitte bei 1:30 "chaotisch"

Tschaikowsky Die Jahreszeiten Op. 37a
http://www.youtube.com/watch?v=AtYLTWsQ_zo
Durchgängig sanft und sehr gut

Tchaikovsky - January
http://www.youtube.com/watch?v=pP3NUwWpq2A
Auch sanft, aber nicht so schön wie vorherige.

April --- Tchaikovsky
http://www.youtube.com/watch?v=uxRLZEawbBw
"Abschließend" sind die Jahreszeiten interessant

Schumann Kinderszenen (1/2); 1st-7th movements; Horowitz
http://www.youtube.com/watch?v=KUa1JA1oZQI
Ah, das kenn ich sogar schon. ;-)

Heinrich Neuhaus plays Schumann "Kreisleriana" Op. 16
http://www.youtube.com/watch?v=yhhz6hcTJrU
Waah, hab ich das falsche erwischt, nochmal

Vladimir Horowitz: Kreisleriana, Op. 16 ( Sehr rasch )
http://www.youtube.com/watch?v=hKjOZM8AabE
Schon melodischer, aber wirklich zu rasch gespielt

Schumann "Album for the Young, Op.68" - No.1 Melodie
http://www.youtube.c...D&index=0&playnext=1
Spielt automatisch weiter, #1 gut, #2 nicht interessant, #3 gut... bis 6 gehört, nichts "schlimmes" dabei.

Andrea e Diego Bilder aus osten Oriental pictures op 66 n 1 Schumann
http://www.youtube.com/watch?v=BIGVN5seK7I
Viel zu hektisch

bilder aus osten schumann
http://www.youtube.com/watch?v=yf64gHcOkHM
Schon besser. ;-)

Zu Opus85 hab ich nur das gefunden, und der kleine Mann hat nicht wirklich 4 Hände:
Schumann Op. 85 No. 8 - Wild Rider
http://www.youtube.com/watch?v=PpTP2WeZJLg

Liszt:Année de Pélerinage II "Italia"-Sposalizio
http://www.youtube.com/watch?v=oHm4hkfQSoE
Nicht so richtig, Teile gefallen mir, Teile gar nicht.

Felix Mendelssohn Bartholdy , aus "Lieder ohne Worte" ,Op 102 No 4 in g-moll
http://www.youtube.com/watch?v=XAd3yIEuTwY
Ja, durchaus gut anzuhören.

Lang Lang: Schubert "Wanderer-Fantasie"(Part1)
http://www.youtube.com/watch?v=4WmABGMV3tw
Naja, geht so

Schubert: Gretchen am spinnrade", op.2, D.118 - Te Kanawa
http://www.youtube.com/watch?v=MY0eeotSDi8
Oh mit Gesang, nein, nicht mein Fall. Und das Wandern ist des Müllers Lust und die Forelle auch nicht.
Da müßte ich erst Instrumentalversionen finden, und ich weiß nicht, ich glaub das ist mir dann doch zu "abgedroschen". ;-)

Johannes Brahms - Capriccio No. 3 op 116
http://www.youtube.com/watch?v=r1BxgO5i5-4
bzw http://www.youtube.com/watch?v=zV5oL2gLSl8
Nein, nein..
Über Related dann zu "Rubinstein Plays Brahms Capriccio" gekommen
http://www.youtube.com/watch?v=S3LEV5bssmo
Das klingt schon ganz anders, ist wohl ein anderer Teil

Bach (Busoni) - Nun komm der Heiden Heiland (Horowitz)
http://www.youtube.com/watch?v=Vq1l6cAMW-o
Ja, klingt ganz gut.

Rachmaninov - Etudes tableaux op.33 n.2 / n.1 - H. Grimaud
http://www.youtube.c...ext_from=PL&index=18
Ein wenig zu schnell. Und angcken kann man die gute Frau leider auch nicht beim Spielen. Das zweite Stück im selben Video ist auch nix...

Robert Schumann: Kreisleriana Sehr innig und nicht zu rasch
http://www.youtube.com/watch?v=oXFPmWC5sz8
Geht trotzdem nicht ins Ohr. Dann plötzlich wieder nur nervig. Ab 7min wieder ruhig und "brauchbar". Aber das passt einfach nicht in mein "Anforderungsprofil". ;-)


Satie ist auf jeden Fall einen weiteren Blick wert, habe hier mal einen Teil der Playlist durchgehört, sind ja oft dieselben Titel:
http://www.youtube.c...t=1&playnext_from=PL








@Pilotcutter:
SACDs kann ich leider nicht abspielen, oder sind das DualCDs? Vielleicht kommt ja mal doch noch ein SACD-Player ins Haus, aber ich glaube das lohnt nicht mehr, auf den absteigenden Ast zu setzen...




Ich habe mir nun auch diese Decca-Box bestellt, weil dort einiges enthalten ist, was hier angesprochen wurde. Und für den Preis hat man erst einmal eine große Auswahl. Ich denke einige CDs davon werden wohl überhaupt nichts sein, aber andere dagegen schon.
Danke auf jeden Fall schon mal für die ausgiebige Mühe und Aufmerksamkeit, ihr habt mir erst einmal gut geholfen. Und nochmal sorry, falls sich Leute auf den Schlips getreten fühlen, wenn ich als Neuling Klassik ganz anders sehe und "nicht respektiere".

Naja, ich habe mit dem Klotz ja dann erst einmal zu tun (mal sehen, wann er ankommt). Wenn ich da "durch" bin, und mir ein oder mehrere Komponisten immer noch zusagen, kann ich immer noch einige ausgewählte Sampler anschaffen.
Pilotcutter
Administrator
#112 erstellt: 21. Mai 2009, 15:29

Martin2 schrieb:
Aber wo Du die Sache mit dem Zusammenhang ansprichst, mußte ich sofort an das Interview mit John Adams im Begleitheft zur Harmonielehre denken. Zitiere das mal:


Dann will ich die fruchtbare Diskussion auch mal mit den Worten eines amerikanischen Komponisten beenden:


Der einfachste Weg Musik zu hören ist, sie einfach nur um des reinen Vergnügens am musikalischem Klang zu hören. Das ist die sinnliche Ebene. Es ist die Ebene, auf der wir Musik hören ohne zu denken, ohne über sie in irgendeiner Weise nachzudenken. Während man etwas anderes tut, stellt man das Radio an und badet gedankenverloren im Klang. Ein hirnloser aber attraktiver Geisteszustand wird durch die bloße klangliche Anziehungskraft der Musik erzeugt.

Sie sitzen vielleicht in einem Zimmer und lesen dieses Buch. Stellen Sie sich vor, dass eine Note am Piano angeschlagen wird. Diese Note reicht aus, um augenblicklich die gesamte Atmosphäre des Raumes zu verändern - was beweist, dass das Element des Klanges ein mächtiger und mysteriöser Agent ist, den es dumm wäre zu missachten oder herunterszuspielen.

Aaron Copland (1900-1990) in "What To Listen For In Music", The McGraw-Hill Book Company Inc., 1939



davidcl0nel schrieb:
@Pilotcutter:
SACDs kann ich leider nicht abspielen, oder sind das DualCDs? Vielleicht kommt ja mal doch noch ein SACD-Player ins Haus, aber ich glaube das lohnt nicht mehr, auf den absteigenden Ast zu setzen...


Es sind dreilagige Hybrid-CD's. Aber die Werke sind mit der Decca Box wohl alle abgedeckt.

Wenn Du die Box "durchgearbeitet" hast, und nicht weißt wohin mit den "hektischen" CD's - die nicht unter Dein Betäubungsmittelgesetz fallen - einfach eine PM an mich. Wir werden uns bestimmt einig.
Mellus
Stammgast
#113 erstellt: 21. Mai 2009, 17:10
Und ganz beiläufig abgewatscht:


David schrieb:
Vieles ist ja auch gespielt von "Laien" [...] Arthur Rubinstein, Horowitz, Pollini




Freudig schmunzelnd,
Mellus
AladdinWunderlampe
Stammgast
#114 erstellt: 21. Mai 2009, 17:14
David wird hoffentlich verzeihen, dass ich kurz doch noch mal "grundsätzlich" werde.

Wie Martin habe ich große Probleme mit Adornos Hörertypologie - allein schon, weil die gesellschaftlichen Strukturen und Formen, in denen Musik erlebt wird, seit den 1960er Jahren tiefgreifende Wandlungen erfahren haben und Hörer keine überzeitlichen Entitäten sind.

Allerdings glaube ich, dass sein Ansatz in modifizierter Form durchaus brauchbar ist - wenn man nämlich nicht versucht, eine Klassifikation von Hörern, sondern von Hörhaltungen vorzunehmen. Welche Hörhaltung man einnimmt, wäre dann situativ bedingt: ein und dieselbe Person könnte dann beispielsweise beim Besuch eines Konzertes den Modus eines "Bildungskonsumenten" einnehmen, beim häuslichen Abhören einer CD das "analytische Hören" verfolgen, sich beim zwanghaften Besuch einer offiziell aufgepumpten musikalischen Darbietung als "Ressentiment-Hörer" erweisen und so weiter.

Von mir selbst weiß ich jedenfalls, dass ich in wechselnden Kontexten durchaus unterschiedliche Hörhaltungen einnehme: So kann der Karajan-Kult, der mir auch heute gelegentlich noch begegnet, mich - wie oft genug auch Adorno - wider besseres Wissen durchaus in einen bornierten "Ressentiment-Hörer" verwandeln. Und während ich mich in Konzerten häufig um analytisches Hören bemühe, wäre solches beim Hintergrund-Gedudel mancher Kneipen und öffentlicher Toiletten geradezu tödlich; wenn es mir nicht gelingt, diese Beschallung ganz auszublenden, reagiere ich hier im eigenen Interesse sinnvollerweise am ehesten wie ein "Unterhaltungshörer", der sich mit dem bloßen Sinnenreiz des Erklingenden begnügt...

Dass der "Unterhaltungshörer" aber von Adorno aus notorisch elitärem Hochmut als "unmusikalisch" eingestuft werde, ist freilich mal wieder eine von Martins generösen Unterstellungen, die vom Text nicht gedeckt werden. (In Adornos Hörertypologie fungiert der "musikalisch Gleichgültige, Unmusikalische" oder gar "Antimusikalische" vielmehr als eigene Kategorie, von der Adorno sogleich sagt, dass sie soziologisch noch nicht zureichend erfasst sei; darüber hinaus erlaubt er sich lediglich die Spekulation, dass Musikalität oder Unmusikalität nicht auf natürlichen Anlagen, sondern auf frühkindlichen Entwicklungs- und Prägungsprozessen beruhten.)

Nebenbei gesagt ist der Elitarismus-Vorwurf, der jedesmal ertönt, wenn jemand wagt, irgendwelche qualitativen Unterschiede zu konstatieren oder überhaupt normative Kategorien ins Spiel zu bringen, auf die Dauer ein bißchen langweilig. Bei Adorno - dessen Typologie ich wie gesagt nicht teile - heißt es übrigens: "Mißdeutungen meines Entwurfs mögen mit der Abwehr des Gesagten sich verbinden. Weder ist es meine Absicht, diejenigen, welche zu den negativ beschriebenen Hörertypen zählen, zu schmähen, noch das Bild der Realität zu verzerren, indem aus der fragwürdigen Verfassung des musikalischen Hörens heute ein Urteil über den Weltzustand abgeleitet würde. Sich geistig so zu gebärden, als wären die Menschen dazu da, richtig zu hören, wäre ein groteskes Echo des Ästhetizismus, so wie freilich umgekehrt die These, die Musik sei für den Menschen da, unter dem Schein der Humanität nur das Denken in Tauschkategorien fördert, daß alles Seiende bloß als Mittel für anderes kennt, und, indem es die Wahrheit der Sache entwürdigt, die Menschen selber trifft, denen sie nach dem Munde redet." (Einleitung in die Musiksoziologie, in: Gesammelte Schriften, Bd. 14, Frankfurt am Main 1973, S. 196-197).

Das Adams-Zitat schließlich scheint mir für unsere Diskussion nicht sehr fruchtbar zu sein, denn offenbar spricht Adams hier nicht über Hörertypen oder Hör-Haltungen, sondern über eine spezifische Art des gleichsam organisch wuchernden Komponierens, das selbst bei einem "Expertenhörer", wie der Komponist Adams es zweifellos ist, ein Gefühl der Orientierungslosigkeit hervorrufen kann, weil es die Artikulation formaler Gliederungspunkte bewusst zu vermeiden sucht. (Aus diesem Grunde verbindet Adams diese Art musikalischen Erlebens ja nicht mit allem und jedem, sondern explizit mit ganz bestimmter Musik - zum Beispiel mit den Sinfonien von Sibelius.) Es geht also nicht um Rezeptionshaltungen, sondern um den Einfluss einer bestimmten Art von Musik auf die (nicht näher qualifizierte) Rezeption.



Herzliche Grüße
Aladdin


[Beitrag von AladdinWunderlampe am 21. Mai 2009, 17:18 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#115 erstellt: 21. Mai 2009, 19:29
Hallo Aladdin,

ich kann weder mit Deiner musikalischen noch Deiner musikphilosophischen Bildung im Entferntesten mithalten. Adorno habe ich durchaus gelesen, kenne ich aber nicht sehr gut.


Nebenbei gesagt ist der Elitarismus-Vorwurf, der jedesmal ertönt, wenn jemand wagt, irgendwelche qualitativen Unterschiede zu konstatieren oder überhaupt normative Kategorien ins Spiel zu bringen, auf die Dauer ein bißchen langweilig.


Ich mache keinen "Elitarismus" - Vorwurf. Ich argumentiere durchaus elitär in dem Sinne, daß nicht jedem sich jede Musik überhaupt erschließen läßt. Wobei ich mich zur "absoluten Elite" überhaupt nicht zähle. Gibt für mich da vermutlich auch gewisse Grenzen, die ich nicht überschreiten kann - sosehr dabei auch gerade das Hififorum meinen musikalischen Horizont erweitert hat. Was mir dann beim ersten Hören irgendwie "komplex" erscheint, kann ich mir meistens erschließen, aber was ich irgendwie als "fade" empfinde, sehr häufig nicht. Aber ich bin nicht so vermessen, zu glauben, daß alles, was mir als "fade" erscheint ( Renaissancemusik, viel Bach, manche Wiener Klassik, auch viel von Schumann und Mendelssohn) tatsächlich fade ist, wenn andere da doch offensichtlich ganz anderer Meinung sind. Dabei halte ich es durchaus für vorstellbar, daß sich mir manches noch erschließen wird ( wie in letzter Zeit manches aus Schumanns Klaviermusik) , aber daß es da für mich auch Grenzen gibt, muß ich wohl akzeptieren.

Meine Diskussion des Elitebegriffs bezog sich darauf, daß manche Menschen zwischen egalitären oder auch sehr elitären Positionen geradezu schwanken. Wobei man manchen dann einen "geradezu moralischen" Vorwurf macht, wenn sie "schlechte Musik" hören oder produzieren und man sich dabei eben nicht zu einem "gesunden Elitarismus" durchringt, der weder "vollkommen arrogant" noch "anbiedernd menschenfreundlich" ist.

Gegen normative Kategorien habe ich auch nichts. Gegen "qualitative Unterschiede" auch nichts. Was mich allerdings bei Adorno durchaus gestört hat, war der Radikalismus seiner elitären Einstellung, gerade auch gegenüber der Populärmusik. Schlagermusik etwa mag normativ - qualitativ "ganz unten" stehen - na meinetwegen. Oder vielleicht auch die sogenannte "volkstümliche Musik". Hör mir das ja auch nie an. Nur daß es innerhalb solcher niederen Kategorien eben auch Qualitätskategorien gibt, daß es auch gewissermaßen ein Qualitätsmerkmal ist, wenn jemand einen "flotten Schlager" komponieren kann, ist für mich auch eine Tatsache. In bezug auf solche Dinge ist Adorno vollkommen nivellierend. Adorno hat nur diese eine Kategorie "Qualität", die ich so für sinnlos halte. Adorno wäre nie in der Lage gewesen, anzuerkennen, daß es in gewissen "niederen Sparten": Operette, Jazz, Folk, Schlager, Chanson, Musical, Rockn Roll usw. vielleicht auch gewisse "Spitzenleistungen" gibt, die man deshalb nicht mit Beethoven vergleichen sollte, die aber auf ihre Weise auch Spitzenleistungen sind.

Genau das ist der Elitarismus, der mich stört. "Niedere Musik" hat ja meist durchaus auch nicht den Anspruch, die höheren Weihen der "guten Musik" zu erhalten. Und als man den Schlagerkomponisten Udo Jürgens fragte, ob er nicht der größte Liedschreiber des Jahrhunderts sei, sagte er: Na wissen sie, Schumann und Brahms sind schon besser, damit vergleiche ich mich nicht. Trotzdem denke ich, daß Udo Jürgens einen "guten Schlager" schreiben kann und daß man das auch anerkennen sollte. Wobei mich Schlager nun wirklich nicht interessieren ( in meiner frühen Kindheit war das anders) - aber darum geht es nicht.

Ich persönlich habe gegenüber Musik gleich welcher Art überhaupt keine Berührungsängste. Jeder Komponist und Musiker jeder Art, der sich überhaupt nur um irgendeine Qualität bemüht, finde ich anerkennenswert. Wenn mich aber allerdings etwas an der sogenannten populären Musik stört, so ist es weniger die Qualität sondern der Zynismus. Die Leute wissen ganz genau, daß das was sie da machen oder anbieten der letzte Dreck ist ( außer Dieter Bohlen, der vergleicht sich offenbar mit Mozart) und sie machen es trotzdem. Dies erfaßt nicht die gesamte Populärmusik, aber dieses Phänomen gibt es einfach. Wobei gegen "ein bißchen Zynismus" auch noch nichts zu sagen ist. Nur gegen das Abkippen in den vollkommenen musikalischen Nihilismus. Wobei es das Phänomen des Nihilismus für mein Gefühl aber auch in der klassischen Musik gibt - jemand setzt sich fünfmal mit seinem Hintern auf die Klaviatur und irgendwie ist das dann "moderne Kunst" und darf keinesfalls als "bloßer Scherz" aufgefaßt werden. Hurz!!


darüber hinaus erlaubt er sich lediglich die Spekulation, dass Musikalität oder Unmusikalität nicht auf natürlichen Anlagen, sondern auf frühkindlichen Entwicklungs- und Prägungsprozessen beruhten.)


Diese Information über Adorno ist mir völlig neu und finde ich hochinteressant, paßt für mich aber absolut ins Bild. Eine solche Haltung finde ich eben vollkommen egalitär. Und genau vor diesem Hintergrund verstehe ich dann das typische Umschlagen von Egalitarismus in Elitarismus sehr gut. Denn daß Adorno anderseits völlig elitär war, ist ja gar nicht zu bestreiten. Nur will er das ganze dann noch vor einem egalitären Hintergrund verstehen. Das ist für mich vollkommener geistiger Selbstmord - zumal es für mich ( im Lichte dieser neuen Information) gerade dieser ( spekulative) Egalitarismus ist, der einen unerträglichen Elitarismus ( der für Populärmusik oder sogar Hindemith und Sibelius nur noch Verachtung übrig hat ), hervortreibt. Ich kann nur sagen, daß ich diese "Spekulation" von Adorno einfach nur für bestürzend albern halte.

Wiegesagt: Ich halte gar nichts vom Egalitarismus, obwohl mir in meinem Leben durchaus extreme egalitäre Positionen begegnet sind. Als ich mich mit einem sogenannten Linken mal über meinen geistig behinderten Bruder unterhielt, sagte der nur: Auch geistig Behinderte könnten studieren und alles machen und daß sie es nicht machen könnten, läge alles nur an diesem Scheißsystem. Eine vollkommene Albernheit. Oder ein Freund fand, daß möglicherweise auch ein Bauarbeiter wichtiger sein könne als Beethoven. Vielleicht irgendwie "menschlich sympathisch", aber wirklich vollkommen bescheuert. Geht nicht darum, irgend jemanden grundsätzlich abzuwerten - aber das ist geistiger Selbstmord.

Und ich halte gar nichts vom Elitarismus in dem Sinne, daß jemand nachts schweißgebadet aufwacht und sich ängstlich fragt: "Gehöre ich noch zur Elite?" Das ist albern. Wo Elite anfangen und wo sie aufhören soll, weiß niemand und darum geht es auch nicht. Und es geht auch nicht um Elite in dem Sinne, daß irgendjemand meint: Ich bin der Weltweise und Du darfst darüber gar nicht urteilen. Im Grunde halte ich vom Elitebegriff wenig, nur weiß ich irgendwie auch nicht wie ich meine nichtegalitaristische Haltung anders ausdrücken soll.

Und ich bitte schon im Vorwege um Verzeihung, wenn ich Adorno mal wieder falsch verstanden haben sollte und ihn auch zugegebenermaßen schlecht kenne.

Gruß Martin


[Beitrag von Martin2 am 22. Mai 2009, 07:07 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#116 erstellt: 21. Mai 2009, 21:19

davidcl0nel schrieb:

Ich möchte mich halt einfach auf meine Couch setzen, dabei zb ein gutes Buch lesen und mich treiben lassen. Da passen plötzliche "Situationswechsel" des Komponisten (der sich ja zwangsläufig etwas bei der Musik gedacht hat) halt einfach nicht "rein". Sicher hört man dann auch mal ausgewählte Werke, die einem schon während des Buches sehr gut gefallen haben, komplett mit 100% Aufmerksamkeit im gesamten Kontext, aber das ist Schritt 2.



Hallo David,

und ich dachte immer, nur Frauen seine "multitaskingfähig"


Achduje, bitte keine Grundsatzdiskussionen oder gar Streit, so "ernst" nehme ich die Musik dann doch nicht. Vielleicht können das manche nicht verstehen (vielleicht ich in 10 Jahren auch nicht?), aber aktuell ist es so.


Du sagst, Du nimmst klassische Musik nicht "ernst". Auch OK. Also "verbissen ernst" nehme ich sie auch nicht. Mit Verbissenheit hat das aber auch nichts zu tun, nur mit dem persönlichen Stellenwert, den eine Sache für einen hat.

Ich stehe keinesfalls auf dem Standpunkt, Menschen zu allem möglichen "bekehren" zu wollen. Wenn Du mit einem gewissen "Anforderungsprofil" an klassische Musik ran gehst, auch OK. Das tue ich letztenendes auch, das tut jeder - außer vielleicht der ausgeprägteste Universalist. Allerdings sind "Anforderungsprofile" für mich Dinge, die sich erst aus der Beschäftigung mit einer Sache bilden und die für mich auch immer wieder der Überprüfung bedürfen. Vielleicht klingt Dir das jetzt wieder zu "ernst", aber darum geht es nicht. Ich fände es einfach schade, gewisse Dinge zu verpassen, die mirgefallen könnten. Das heißt, daß ich mich weder verzweifelt bemühe, meinetwegen Schönberg zu verstehen, aber anderseits auch nicht so eingeschränkt bin in meiner Sichtweise, daß mir, nur weil mir mal irgendwas mit 14 sehr gefallen hat, den Rest meines Lebens damit verbringe, nach etwas zu suchen, was ihm irgendwie ähnlich ist.

Du hast wie ich finde eine sehr merkwürdige Auffassung von "Ernst". Musik gehört auf einer gewissen Ebene möglicherweise durchaus zu den Dingen, die man nicht ernst nimmt. Sie ist nicht "Arbeit", bestenfalls für den ausübenden Künstler, sondern durchaus "Vergnügen" ( natürlich auch mehr, aber darum geht es nicht). Sie ist meinetwegen auch Freizeit und ein Freizeiterlebnis. An diese Dinge mit "Ernst" heran zu gehen wäre unpassend. Anderseits stelle ich eben gelegentlich fest, daß Menschen die Frage ihrer Wohnzimmereinrichtung oder ob das Hotel auch Strandlage hat und ähnlich Dinge furchtbar ernst nehmen können. Und das verstehe ich ehrlich gesagt nicht. Ich nehme Musik sicher nicht "verbissen ernst", aber sie ist mir eben auch absolut nicht gleichgültig. Und ich wüßte auch nicht, warum sie mir gleichgültig sein sollte.

Aber ich finde es trotzdem gut, daß Du Dir die Box geholt hast - auch wenn Du möglicherweise von verschiedenem enttäuscht sein wirst, ist es jedenfalls einen Versuch wert. Auch deshalb habe ich geschrieben, daß ich Dir nicht abraten wollte ( allerdings auch nicht geschrieben, daß ich Dir zuraten wollte). Gerade weil mir Musik nicht "gleichgültig" ist, finde ich es wichtig, wenn jemand mal einen Versuch macht.

Gruß Martin
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