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Ives, Charles - ein Pionier moderner Musik+A -A |
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Autor |
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Martin2
Inventar |
#1 erstellt: 12. Jul 2010, 15:02 | |||
Wenn ich das richtig sehe, haben wir hier noch keinen Thread zur Musik von Charles Ives und das ist doch eigentlich schändlich. Zunächst gehört es sich sicherlich, diesen Komponisten einmal kurz vorzustellen. Charles Ives war US Amerikaner, wurde 1874 geboren und starb 1954. Schon durch seinen experimentierfreudigen Vater angeregt, wurde aus ihm ein Stammvater der klassischen Moderne, der viele musikalische Experimente machte, wie Polytonalität, Simultanität musikalischer Verläufe oder Vierteltonmusik. All diese Vorstöße in moderne Musik blieben zu ihrer Zeit allerdings völlig unbeachtet, wie der Komponist überhaupt vollkommen unbeachtet blieb. Ein bißchen Beachtung fand er vielleicht in seiner späten Zeit, aber da war er schon sehr krank und hatte das Komponieren längst aufgegeben. Er gab das Komponieren schon 1921 krankheitsbedingt aber möglicherweise auch frustriert von der Gleichgültigkeit seiner Umwelt auf. Charles Ives hatte eine solide musikalische Ausbildung und er war kein "dilletantischer" Komponist ( dies ist ein Vorurteil). Im übrigen sind nicht alle seine Kompositionen modern. Viele seiner Kompositionen sind es durchaus nicht und bieten einen schönen Lyrizismus. Charles Ives verdiente im übrigen seine Brötchen in der Versicherungsbranche. Es blieb noch Zeit zum Komponieren, aber es ist schade, daß dem vermutlich genialsten Komponisten Amerikas nichts blieb als ein solcher trockener Brotberuf. Arnold Schönberg schrieb über ihn: "Es lebt ein großer Mann in diesem Mann - ein Komponist. Er hat das Problem gelöst, wie man sein Selbst erhalten und dennoch lernen kann. Mißachtung begegnet er mit Verachtung. Er ist nicht gezwungen, Lob oder Tadel entgegenzunehmen. Sein Name ist Ives." Bekannt ist mir auch, daß Gustav Mahler die 3. Sinfonie von Ives aufführen wollte, aber dann krankheitsbedingt nicht mehr dazu kam. Das hätte die Musikgeschichte möglicherweise geändert. Deutschsprachige Literatur zu Charles Ives ist mir nicht bekannt. Kurze Einführungen finden sich im Reklam Konzertführer oder in Propyläen "Welt der Musik". Ich bin auch im Besitz von "Charles Ives remembered - an Oral History by Vivian Perlis". Ein empfehlenswertes Buch. Nun aber zur Musik. Ich bin im Besitz einiger CDs, die ich hier vorstellen möchte. Zunächst zu den Sinfonien. Charles Ives hat vier Sinfonien geschrieben, wenn man die Holidays Sinfonie dazu zählt dann sogar fünf. Wir beginnen mit der 1. Sinfonie. Die ist ein schönes jugendfrisches Werk. Nicht modern, aber eben doch sehr frisch. Obige schöne CD ist in meinem Besitz, es gibt sie anscheinend aber nur noch teuer gebraucht. Es sind auch andere interessante Stücke auf dieser CD, meistens moderner, wie die Robert Browning Ouverture. Noch sehr viel bekannter ist alledings "The unanswered Question" - auch auf dieser CD. Auch diese CD gibt es nur noch gebraucht, aber zu einem sehr günstigen Preis. Die 2. Sinfonie ist modern, frecher als die 1. und die 3. Sinfonie wiederum ein sehr schönes hymnenreiches Werk, das ein Campmeeting beschreibt. Central Park in the Dark ist ein weiterer von Charles Ives Klassikern. Die 4. Sinfonie ist wiederum ein sehr modernes Werk, das viel vom Hörer abverlangt, aber auch reich beschenkt. Vielen wird es vermutlich als reiner "Krach" erscheinen, aber ich mag es sehr gerne. Die "Three places" sind wiederum einer der absoluten Ivesschen Klassiker. Und schließlich noch die Holydays Symphony, gerne auch mal als Ives 5. tituliert, ein klanglich faszninierendes Werk, daß ich allerdings einmal in einer Aufnahme des NDR hörte, wo es mir noch faszinierender erschien, aber diese Aufnahme ist sicherlich sehr ordentlich. Kommen wir zu den geistlichen Werken von Ives. Da mag ich sehr sein Oratorium "The Celestial Country", ein durchaus nicht so modernes Werk, mit dem Ives wohl auf einen breiteren Geschmack zielte, aber leider ohne Erfolg. Ein wirklich wunderschönes Werk, obige CD ist allerdings anscheinend nur sehr teuer gebraucht erhältlich. Diese CD mit den Streichquartetten von Ives gehört zu meinen neuesten Errungenschaften. Ich bin nicht vollkommen begeistert von ihr, sie erscheint mir seltsam unidiomatisch, wie ich im heute gehört Thread schon schrieb. Und diese CD ist in meinem Besitz, aber ich habe sie noch nicht gehört, kenne allerdings die Concord Sonate - ein sicher sehr forderndes Werk, wo Ives mit Clustern und ähnlichem arbeitet. Weiterhin kenne ich die Violinsonaten - sehr schöne Werke - und vor allem auch das Klaviertrio. Ich hatte diese Sachen auf LP. Für CD Empfehlungen hier bin ich dankbar. Naxos hat in diesem Repertoire einiges eingespielt, unter anderem auch 6 CDs mit Liedern, die teilweise sehr gute Kritiken bekamen. Ich denke drüber nach. Was habt ihr zum Komponisten Charles Ives zu berichten? Gruß Martin |
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Martin2
Inventar |
#2 erstellt: 12. Jul 2010, 17:09 | |||
Also ich habe jetzt das Hören der 2. Concordsonate auf obiger Naxos CD nachgeholt. Die Musik war wie ich sie in Erinnerung hatte: Schwer sehr schwer. Es ist ja auch ein Riesenwerk, knapp 51 Minuten auf der Naxos CD. Der erste Satz, Emerson, ist sehr lang und ich finde kaum einen Bezug zu dieser Musik. Hawthorne ist auch lang und schwierig, bietet aber einen volkstümlichen amerikanischen Marsch als Mittelteil. Den hätte der Pianist meiner Meinung nach mehr ausspielen sollen, er scheint in dieser Aufnahme diese Trivialmusik mehr geschmackvoll integrieren zu wollen - das ist aber für mein Gefühl nicht der Sinn der Sache. Alcotts ruhiger und stimmungsvoller, aber ich hatte sie anders in Erinnerung. Thorough der letzte Satz, mit einer erkennbaren wiederholten Baßlinie - dieser Satz bereitet mir am wenigsten Schwierigkeiten und ich finde ihn genial, aber ich vermißte ein bißchen die Flöte, denn ich kenne diesen Satz mit einer zum Ende dazutretenden Flöte - aber vermutlich ist diese ad libitum. Bei Brilliant gibt es die Klaviersonaten meines Wissens auch, die 1. Klaviersonate kenne ich etwa überhaupt nicht, kann jemand etwas dazu sagen? Gruß Martin |
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Hörbert
Inventar |
#3 erstellt: 12. Jul 2010, 17:19 | |||
Hallo! Den Streichquartetten in der Interpretation des Blair-Quartetts konnte ich auch nicht viel abgewinnen. Später habe ich im Radio das erste Quartett in der Interpretation des Emerson-Quartetts gehört, so ergab die Sache für mich Sinn. Jetzt habe ich die Emerson-Interpretation und als Bonus das Quartett von Samuel Barber noch dazu. Interessant weiterhin das Klaviertrio und natürlich die vier Violinsonaten. Ich denke mal bei Ives wirst du noch ein wenig zu entdecken haben. MFG Günther |
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Martin2
Inventar |
#4 erstellt: 12. Jul 2010, 17:24 | |||
Hallo Günther, danke für Deine Empfehlung bezüglich der Quartette. Ich werde mal gucken, was die Emersons kosten. Insgesamt wäre ich Dir für Empfehlungen dankbar, also was hast Du sonst noch so? Gruß Martin |
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Hörbert
Inventar |
#5 erstellt: 12. Jul 2010, 18:32 | |||
Hallo! Das Klaviertrio habe ich auf einer Schallplatte, die Interpretation mit dem Beaux Arts Trio, keine Ahnung ob es die auch auf CD gibt, Auf CD kenne ich die Aufnahme mit dem Altenberg Trio, sehr klar und durchsichtig aber etwas unpersölich wenn man die Beaux Arts Interpretation gewöhnt ist, besser gefällt mir die zwar ebenfalls etwas analytische aber insgesamt sehr präzise Interpretation mit dem Pacific Art Trio die ich allerdings auch leider bislange nur aus dem Radio kenne, hier plane ich allerdings nicht zuletzt wegen dem ebenfalls auf der CD vorhandenem Trio von Korngold eine Anschaffung. Die vier Violinsonaten habe ich in einer Intewrpretation mit Gregory Fulkerson (Violine) und Robert Shannon (Klavier) die CD ist ein Mitbringsel aus der USA von 1992, das Label (Brigde) ist vermutlich mittlerweile läängst nicht meehr Existent. Zur Zeit gibt es auf dem deutschen Markt woweit mir bekannt nur die 3. und 4. Sonate mit Jasper Wood, David Riley unter dem Label: Endeavour. Ansonsten habe ich natürlich die Symphonien und die Robert Browning-Overtüre. Ebenfalls auf Schallplatten. Hier sind für mich die alten Ozawa-Boston Symphonie Aufnahmen immer noch Maßstabgebend. MFG Günther [Beitrag von Hörbert am 12. Jul 2010, 18:32 bearbeitet] |
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Martin2
Inventar |
#6 erstellt: 12. Jul 2010, 18:45 | |||
Das kann nicht sein, denn zumindestens die Naxoseinspielung der Violinsonaten ist bei JPC erhältlich. Siehe hier: Möglicherweise sollte ich mich da mal ran halten, denn Amazon bietet meistens nur noch Downloads an. Nun bin ich anderseits nach meinen kürzlichen Erfahrungen gegenüber dem Label Naxos etwas skeptisch. Gruß Martin |
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Hörbert
Inventar |
#7 erstellt: 12. Jul 2010, 18:56 | |||
Hallo! Bei Naxos ist es halt wie überall, -gut durchwachsen-. Diese Aufnahme kannte ich tatsächlich noch nicht. Aber gerade Naxos scheint ja ziemlich viel Ives im Programm zu haben. Auch die Lieder und die kleineren Orchesterstücke sind da verlegt. Der Amerikanische Komponist Elliott Carter (dessen Werk ich sehr schätze) bezieht sich im übrigen unter anderen auf Ives, ebenso würdigt ihn Boulez und stellt ihn mit Schönberg und Varese als Vater der neuen Musik auf eine Stufe. MFG Günther |
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Martin2
Inventar |
#8 erstellt: 12. Jul 2010, 19:22 | |||
Mir sagt Ives als "Vater der modernen Musik" ehrlich gesagt mehr als Varese ( den ich neulich ausgeliehen hatte) oder Schönberg. Allerdings muß ich schon sagen, daß mich die Robert Browning Ouvertüre, so gut sie auch ist, heute ziemlich erschöpft zurückgelassen hat. Gruß Martin |
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Hörbert
Inventar |
#9 erstellt: 12. Jul 2010, 21:34 | |||
Hallo! Verständlich bei der Hitze. Bei so einem Wetter komme ich über Schubert/Brahhms/Korngold/Zemlinzky auch nicht hinaus. Aber die RB-Overtüre ist auch neben der 4.Symphonie eines der anspruchvollsten Werke von Ives. In beiden Fällen arbeitet er exzessiv mit der von ihm entwickelten rythmischen Collagentechnik die später u.a. bei Bernd Alois Zimmermann in anderer Form wieder auftaucht (Die Soldaten, Requiem für einen toten Dichter) Nun für sich alleine gesehen wäre Ives wohl als Zeiterscheinung sang und klanglos in der Versenkung verschwunden. Aber im Prozess der Neuorientierung nach dem zweiten Weltkrieg gerade hier in Deutschland, Italien und Österreich fand seine Musik bei der damals "jungen" Komponistengeneration genau so viel Beachtung wie die Musik Vareses und Schönbergs/Weberns. M.E. hat gerade die Beschäftigung mit den Strukturen der Musik von Ives und Varese viel dazu beigetragen eine erneute Form-Erstarrung wie zu Zeiten der Tonalen Musik zu unterbinden. In den 50gern und 60gern war die neue Musik auf dem besten Weg wieder in ein Formenkorsett gezwängt zu werden. MFG Günther |
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Martin2
Inventar |
#10 erstellt: 12. Jul 2010, 22:12 | |||
Genau! Und deshalb höre ich dem Wetter angemessen auch ein wenig Frank Sinatra als Hintergrundbeschallung. Das ist der richtige Kontrast zu Ives. Aber Ives mag ich wirklich. In seiner Musik ist eine Menge Spontanität und Freiheit. Zum Beispiel wie er in der vierten Sinfonie in der Mitte zwischen zwei anspruchsvollen, teilweise geradezu anarchischen Sätzen die ( aus dem ersten Streichquartett geklaute ) Fuge einbaut, mit der kein Konservativer ein Problem hätte - das ist eben typisch Ives, genauso wie flotte Märsche der amerikanischen Populärmusik, die dann plötzlich verfremdet im Kontext anspruchsvoller Kunstmusik auftauchen, wie in der Concordsonate. Für mich ist dies ein bezeichnender Unterschied zur Musik der Wiener Schule, die mit dem "Trivialen" sicher immer ihre Probleme hatte, während Ives damit spielt. Und sicher ist die 4. anspruchsvoll. Gerade der 2. Satz Allegretto bietet viele übereinandergelagerte Schichten. Man würde aber aus diesem Klangwust fast überhaupt nichts mehr heraus hören, wenn nicht dieser ingeniöse Einfall wäre, das eben das einfache, vielleicht sogar triviale aber eingängige zum Träger dieser Polyphonie gemacht worden wäre. Gruß Martin |
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Hüb'
Moderator |
#11 erstellt: 13. Jul 2010, 05:50 | |||
Wieso? Ist der Geiger Mitglied des Blair-Quartetts? Mit der Ives/Naxos-Quartett-CD bin ich übrigens auch nicht so recht warm geworden. Grüße Frank |
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Hörbert
Inventar |
#12 erstellt: 13. Jul 2010, 06:38 | |||
Hallo! @Hüb' Das Blair Quartett klingt auch mir etwas zu statisch und analytisch bei Ives deswegen habe ich mich schlußendlich für die Emersons entschieden. @Martin2 So würde ich das nicht sagen, auch die Wiener Schule hat triviale, respektive populäre Musik in ihren Stücken verflochtet. Ich möchte in diesem Bezug z.B. an Schönbergs zweites Streichquartett erinnern. Vor dem Bruch der Tonalität ertönt die Melodie des damals populären Schlagers "Oh du schöner Augustin". Allerdings ist die triviale und populäre Musik in diesem Bezugsrahmen weit weniger kenntlich da durch die Zäsur der Weltkriege und den Zusammenbruch der Europääischen Kulturlandschaft heutzutage populäre Amerikanische Musikdes vergangenen Jahrhundrts weit bekannter für unsere Ohren Klingt als die populäre Musik der K&K-Monarchie. MFG Günther |
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Martin2
Inventar |
#13 erstellt: 13. Jul 2010, 15:00 | |||
Man hätte es vielleicht doch am Anfang mal betonen sollen, daß Ives nicht nur ein Pionier moderner Musik ist, sondern auch ein recht guter Komponist tonal traditioneller Musik. Insofern gibt es sicher eine Menge Ives, die auch Menschen gefallen könnte, die mit moderner Musik gar nichts anfangen können, also etwa die ersten 3 Sinfonien, das 1. Streichquartett, die Violinsonaten, eventuell sogar das Klaviertrio und ganz sicher auch "The Celestial Country". Auch ist die Modernität von Ives eine andere wie die von Schönberg, sie liegt mir näher als die Wiener Schule. Gruß Martin |
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Kreisler_jun.
Inventar |
#14 erstellt: 13. Jul 2010, 15:55 | |||
Die Violinsonaten und das Trio kenne ich nicht, aber die 2. und 3. Sinfonie würde ich nicht ohne weiteres als traditionell bezeichnen, jedenfalls nicht verglichen mit der 1. Sinfonie. Die Collagentechnik ist schon ansatzweise da, auch wenn der Grundton recht pastoral bleibt und Schärfen weitgehend vermieden werden. eine klassische Einspielung der Quartette ist die des Juilliard Q., leider z Zt. vergriffen (als ich sie kaufte, war sie nicht wesentlich teurer als Naxos :D) JK jr. |
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Martin2
Inventar |
#15 erstellt: 13. Jul 2010, 22:04 | |||
Nun ja, Kreisler Jr., Du kennst ja sicherlich meine ganz persönliche "Definition" des Modernen. Alles was mir gefällt, empfinde ich als unmodern, dagegen alles was mir nicht gefällt, empfinde ich als "schrecklich modern". Palestrina empfinde ich aus einer solchen Sichtweise als sehr modern, dagegen Ives Musik ist nun wirklich die unmodernste Musik, die ich kenne. Kleiner Scherz am Rande. Ich habe heute mal wieder Charles Ives 2. und 3. Sinfonie gehört. Modernität hin oder her, ich bleibe dabei, daß diese Musik vermutlich auch nicht schwerer zu verstehen ist als Bruckner oder Brahms. Schöne Musik eben und dem einen gefällt sie und dem anderen nicht. Gruß Martin |
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Kreisler_jun.
Inventar |
#16 erstellt: 14. Jul 2010, 06:53 | |||
Vielleicht. Aber Bruckner und Brahms sind nun keine guten Beispiele für "leicht verständliche Musik, im Gegenteil! Ich will gar keine Stufen der Modernität aufstellen. Aber was bei Ives ja immer besonders herausgestellt wird, ist das Zusammenbringen von ganz unterschiedlichen Elementen (Collage asu Chorälen, Volksmusik, Militärmusik usw.), die manchmal sogar gleichzeitig erklingen. Das ist in der 2. meiner Erinnerung nach schon der Fall, wenngleich, da gebe ich Dir recht, viel milder als in der 4. oder der Klaviersonate oder einigen Orchesterstücken und insgesamt recht idyllisch. JK jr. |
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Martin2
Inventar |
#17 erstellt: 14. Jul 2010, 08:59 | |||
Hallo Kreisler Jr., die "Schwierigkeit" von Musik ist letzlich hochgradig individuell. Auch möglich, daß jemand mit Begeisterung die Concordsonate von Ives hört und mit Brahms 1. überhaupt nichts anfangen kann. Alles ist letzlich möglich. Aber zur Concordsonate noch mal: Mir ist bei der Naxoseinspielung aufgefallen, das diese ohne Flöte im letzten vierten Satz war. Die habe ich ein bißchen vermißt, denn ich habe das Werk mal vor Jahrzehnten gehört und damals hatte die Flöte ähnlich wie der Chor in Beethovens 9. Sinfonie das ganze gewissermaßen "überhöht". Ich vermute dann, daß diese Flötenpassage vom Komponisten gewissermaßen "ad libitum" gesetzt worden ist. Kennt jemand die Concordsonate mit Flöte? Gruß Martin |
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Kreisler_jun.
Inventar |
#18 erstellt: 14. Jul 2010, 09:49 | |||
Ich halte die Schwierigkeit für nicht allzu subjektiv. Aber das ist nicht der Punkt; ich meinte sicher nicht, dass jemand typischerweise mit Ives' Sonate beim ersten Hören mehr anfangen kann als mit Brahms' 1. Sinfonie. Aber die meisten Werke von Brahms und Bruckner sind lang, dicht, komplex und stehen in diesen Hinsichten sicher kaum hinter typischen Werken von Ives zurück, oder? Das einzige extrem umfangreiche Stück von Ives ist meiner Erinnerung nach die "Concord" Sonata, die ist tatsächlich ein Brocken, der seinesgleichen sucht. Ich kann das jetzt nicht länger ausführen, aber mir scheint ziemlich klar, dass Bruckners 5. oder Brahms 4. in vieler Hinsicht komplexer sind als Ives 3. Sinfonie.
Flöte und Bratsche gehören eigentlich dazu, aber nicht zuletzt aus praktischen Gründen wohl als "ad. lib." vermerkt. Ich habe die Sonate einmal live gehört (an einem musikwissenschaftlichen Institut), da war beides dabei, ebenso auf meiner CD mit R. Szidon. Bei einer Aufnahme sollten die zusätzlichen Instrumente schon dabei sein... JK jr. |
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Martin2
Inventar |
#19 erstellt: 14. Jul 2010, 10:29 | |||
Ich fürchte, ich habe mich bei den beiden Naxos CDs überhaupt verkauft. Aber ich hatte einfach mal wieder Lust, in ein Geschäft zu gehen und einfach mal so CDs zu kaufen. Gruß Martin |
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Kreisler_jun.
Inventar |
#20 erstellt: 14. Jul 2010, 12:07 | |||
Classicstoday gibt allerdings sowohl der Quartett-CD als auch der mit der Concord Sonate ziemlich gute Noten (ca. 9). Kann man natürlich auch als Zeichen der Unzuverlässigkeit von Hurwitz & Co sehen... Es ist zumindest seltsam, dass das Fehlen von Flöte/Bratsche dort nicht einmal erwähnt wird, ad ibitum hin oder her... JK jr. |
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Martin2
Inventar |
#21 erstellt: 14. Jul 2010, 12:23 | |||
Vielleicht sind diese CDs aber auch wirklich nicht so schlecht. Das 2. Streichquartett und die Concordsonate sind jedenfalls schon sehr schwieriger Stoff, zu dessen Interpretation auf Naxos ich mir im moment jedenfalls noch kein Urteil erlauben will. Gewisse Dinge haben mir nicht gefallen, na ja. Hurwitz und co würde ich aber auch eher mißtrauen, Barschais Schostakowitsch etwa - der auch seine Meriten haben mag - wurde von denen dermaßen in den Himmel gehoben, das es schon nicht mehr feierlich war. In Foren wird sicher auch viel Unsinn erzählt, aber jedenfalls kann man bei einem leidenschaftlichen Liebhaber meinetwegen der Musik Bachs davon ausgehen, daß er aus einer Position einer solchen Leidenschaft auch über Interpretationen schreibt. Dagegen diesen "Universalweisen", etwa auch dem Penguin Guide, die wirklich über alles und jedes eine Meinung haben müssen, sollte man schon mißtrauen. Gruß Martin |
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Martin2
Inventar |
#22 erstellt: 16. Jul 2010, 16:00 | |||
Mein Problem ist auch: Ich habe von Charles Ives noch so ein paar alte Schallplatten, aber mein Plattenspieler ging irgendwann kaput und wegen den paar Platten wollte ich keinen neuen kaufen. Ich hatte damals eine Box mit 3 oder 4 Platten, mit Kammermusik von Charles Ives, die ich sehr gerne gehört habe. Da waren die durchaus stimmungsvollen Violinsonaten drauf, das Klaviertrio, Vierteltonstücke und andere modernere Sachen. Ich glaube die Quartette hatte ich mit dem Juliard String Quartette. Und die Concord Sonate hatte ich mit einem gewissen Herbert Henck oder so ähnlich und die habe ich in besserer Erinnerung wie diese Naxos CD, auf jeden Fall auch mit Flöte. Das Problem ist auch: Ich habe meine Platten damals naß abgespielt, selbst wenn ich mir wieder einen Plattenspieler wiederholen würde ( sah neulich beim Real ganz billige), bliebe das Problem mit dem Naßabspielen. Von Naxos bin ich nur wiegesagt doch sehr enttäuscht. Gruß Martin |
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Sir_Henry0923
Stammgast |
#23 erstellt: 17. Jul 2010, 09:18 | |||
Hi, die 4. Sinfonie habe ich als Schüler mal in einer Rundfunkübertragung gehört und war sofort Feuer und Flamme. Jahre später fand ich dann in einem Antiquariat die Kassette: Charles Ives, Five Symphonies. Die 4. wurde hier von Leopold Stokowski kongenial interpretiert. Natürlich ziert meine LP- und CD-Sammlung vieles von Ives. Manchmal finde ich seine Musik beim ersten Hören als langweilig und irgendwie statisch. Aber das gibt sich dann. Aber ich wollte nicht über die Musik faseln, sondern auf eine sehr lesenswerte Biografie von Jan Swafford aufmerksam machen: Charles Ives, A Life with Music, erschienen bei W.W. Norton, New York. Swafford ist selbst Komponist und vermittelt neben den biografischen Details wertvolle Informationen zum Verständnis der Musik von Ives. Grüße Henry [Beitrag von Sir_Henry0923 am 17. Jul 2010, 09:27 bearbeitet] |
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Martin2
Inventar |
#24 erstellt: 17. Jul 2010, 09:35 | |||
Aber wieso? Wer nicht über Musik faseln will, muß sich erstens unheimlich gut ausdrücken können und zweitens wirklich etwas von der musikalischen Sache verstehen. Das ist mir aber eine etwas zu strenge Auswahl. Danke zwar trotzdem für den Lesehinweis ( ich müßte erst mal wieder das Buch von der Perlis lesen), aber Deine Eindrücke zur Musik und Interpretation von Ives wären mir höchst willkommen. Aber wenn Du nicht willst, "fasle" ich hier eben alleine. Gruß Martin |
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Hörbert
Inventar |
#25 erstellt: 17. Jul 2010, 11:03 | |||
Hallo! @Martin2 Zwar wäre das Problem der Nassabgespielten Schallplatten mit einer Plattenwäsche einfach zu beheben, (die meisten HiFi-Händler die wieder Plattenspieler anbieten bieten für 50 Cent pro Seite auch diesen Service an) aber ein billiger Plattenspieler ist rausgeschmissenes Geld und ein guter Plattenspieler nebst System und Phono-Entzerrer kostet entweder gleich richtig Geld oder ein gerütteltes Maß an fachkundiger Eigenleistung. Zudem könnte der Erwerb eines Plattenspielers bei dir fatale Lateralfolgen bezüglich deiner Musiksammelleidenschaft nach sich ziehen. Laß also lieber die Finger davon. Allerdings könnte ein Freund, guter Bekannter oder ein Forenmitglied mit Plattenspieler und Brenner dir die alten Schallplatten ja auch auf CDR bannen, das ist schließlich nicht die Welt. MFG Günther [Beitrag von Hörbert am 17. Jul 2010, 11:04 bearbeitet] |
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op111
Moderator |
#26 erstellt: 17. Jul 2010, 11:28 | |||
Mir ist vor Urzeiten die CBS-LP-Box "The World of Charles Ives" in die Hände gefallen, veröffentlicht wurde die m.W. in den 1960/70ern. Neben Stokowskis 4. enthielt sie die Hauptwerke in Interpretationen von Bernstein, Ormandy, Juilliard Quartet u.a.. |
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Sir_Henry0923
Stammgast |
#27 erstellt: 17. Jul 2010, 11:38 | |||
Bitte nicht falsch verstehen. Ich hatte das nur auf mich bezogen. Da ich kein kompetenter Sachwalter der Ivesschen Musik bin, wollte ich mich nicht in allgemeinem Blabla ergehen. Mir ging es nur um die Literaturempfehlung. Gruß Henry |
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Martin2
Inventar |
#28 erstellt: 30. Jul 2010, 12:20 | |||
Hallo Henry, meine Antwort in diesem Thread kommt viel zu spät, aber ich denke, Du hast mich mißverstanden. Ich denke, man muß kein "kompetenter Sachwalter" der Musik von Charles Ives sein, um in einem Forum wie diesem hier, mitreden zu können. Insofern wären Anregungen und Werturteile von Deiner Seite aus zur Musik von Ives über die Literaturempfehlung hinaus mir hier höchst willkommen gewesen. Nur das wollte ich zum Ausdruck bringen. Gruß Martin |
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Martin2
Inventar |
#29 erstellt: 29. Nov 2010, 18:31 | |||
Diese CD trudelte heute bei mir ein. Mir gefallen die 1. und 2. Violinsonate recht gut. Eine lohnenswerte Anschaffung - ich kannt diese Sonaten allerdings auch schon von meinen LP Zeiten her. Das ist nicht der größte Ives, Ives hat m.E. besseres geschrieben, so etwa das Klaviertrio. Trotzdem wird der Ivesfan diese Violinsonaten haben wollen. Die Interpretation ist recht gut, wiewohl ich trotzdem das Gefühl habe, daß da noch was gehen müßte. Der guten Ivesinterpret braucht für mein Gefühl zweierlei: Begeisterung für die populäre Musik, die Ives oft zitiert, und Verständnis für den konterkarierenden Modernismus. "In the barn" etwa, wo in der Dorfschenke zum Tanz aufgespielt wird ( 2. Satz der 2. Violinsonate), hätte für mein Gefühl etwas fetziger gespielt werden dürfen. Trotzdem ist mein Eindruck von dieser CD ein sehr guter. Gruß Martin |
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Kaddel64
Hat sich gelöscht |
#30 erstellt: 29. Nov 2010, 21:52 | |||
Martin2
Inventar |
#31 erstellt: 30. Nov 2010, 00:57 | |||
Genau, die meinte ich. Mit dem Amazonlinks hatte ich schon gestern beim Walton meine Probleme. Ich finde die CD wiegesagt bisher nicht schlecht. Da ich schon in meiner Jugend Ivesfan war, werde ich meine Ivessammlung wohl peu a peu ausbauen. Die LP Box die ich damals hatte waren halt andere Interpreten. Da war auch noch das Klaviertrio und einige modernere Sachen dabei. Habe ich auf CD aber nie wieder gesehen. Gruß Martin |
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teleton
Inventar |
#32 erstellt: 02. Dez 2010, 12:03 | |||
Bei Ives Orchesterwerken ist man allzeit gut bedient, wenn man auf die CBS-Aufnahmen seines Freundes Leonard bernstein und ebenfalls mit dem hier zupackenden Leopold Stokowsky zurückgreift. Die von martin angesprochenen Violinsonaten sind sicher nicht mein Geschmack. Dieses Gequitsche ist mir auch bei anderen Komponisten ein grauss. Aber beleiben wir bei Ives wenig bekannter Kammermusik: Seine Klaviersonate op.19 ist ein wirklich hörenswertes Klavierwerk. Es ist freilich kein Stück für mal eben nebenbei - sie dauert 42Minuten. Meine CD-Aufnahme mit Marc Andre Hamelin, die auch die Barber-Klaviersonate enthält, macht einen höchst angemessenen Eindruck: Hyperion, 2004, DDD |
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