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Kann man das verzeihen?+A -A |
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Autor |
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Martin2
Inventar |
#1 erstellt: 27. Dez 2007, 23:47 | |||||
Kann man das verzeihen? Was ich speziell meine ist die Verstrickung von Komponisten und auch ausübenden Künstlern in die Geschichte des Nationalsozialismus, vielleicht auch in den Stalinismus. Warum hört man sowenig von Max Trapp, den der Knaur noch so lobt. Nun, der war wohl zutiefst in die Nazizeit verstrickt, deshalb vielleicht seine Vernachlässigung. Aber nehmen wir einen prominenteren Namen: Pfitzner. War Pfitzner ein Nazi? Ich habe davon gehört, allerdings nie genaueres. Richard Strauss dagegen war ganz sicher kein Nazi, aber irgendwie mitgemacht hat er ganz sicher, so sehr er die Nazis auch verachtete. Man könnte das tragisch finden - oder auch nicht. Richard Wagner war kein Nazi, denn er hatte ja mangels Alter auch gar keine Gelegenheit dafür. Er war aber irgend eine Form von Antisemit. Vielleicht mehr kulturell, weniger "rassisch". Die Juden haben ihm das nie verziehen, er darf bis heute nicht in Israel nicht aufgeführt werden. Bei dem ganzen Thema ist Humor eigentlich fehl am Platze, es ist eigentlich nur ein großer Brocken Depression und Trauer. "Entartete Künstler" wurden zum Verstummen gebracht, jüdische Komponisten in die Konzentrationslager und Gaskammern gejagt. Max Trapp machte währenddessen Karriere. Furtwängler übrigens auch. Karajan auch. Die "große Versöhnung", sie kann angesichts dessen wohl nie stattfinden. Zu tief sind die Verwundungen, die die Nazizeit gerissen hat. Streiten kann man sich immer. Aber die Nazis waren die schlimmsten Mörder, die die Geschichte gesehen hat. Wer sich ihnen anpaßte, an dem haftet auch der Geruch des Mörders. Ich stelle mir gelegentlich vor, wie die abendländische Kulturgeschichte ohne die Hitlers und Stalins gelaufen wäre. Es hätte bestimmt viel Streit gegeben. Streit zwischen Progressiven und Konservativen, wie es ihn immer gibt. Streit ist nicht schlimm. Er ist normal. Die Progressiven hätten ihre Erfolge gehabt, die Konservativen. Es wäre eine ganz normale von verschiedenen Gruppen gewesen. Damit ist es seit der Nazizeit vorbei. Wird sich diese Kultur je normalisieren? Wird sie je über diesen zwölfjährigen Ausnahmezustand hinwegkommen, mit ihrem abartigen Haß gegen den Andersdenken, oder auch den grausigen, aber auch albernen Haß gegen den "Andersrassischen"? Mir kam der Gedanke zu diesem Thread übrigens vor Weihnachten, dachte aber, daß dieser traurige Thread nicht so recht in die Vorweihnachtszeit paßte. Gruß Martin |
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Tommy_Angel
Inventar |
#2 erstellt: 28. Dez 2007, 11:07 | |||||
Seit wann findest Du denn Streit normal??? |
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Martin2
Inventar |
#3 erstellt: 28. Dez 2007, 12:33 | |||||
Hallo Tommy, Streit ist so normal, daß wir heute sogar das schöne Wort von der "Streitkultur" haben. Und ich denke, in einem offenen, freien Land wie unserem ist Streit in der Tat normal, sollte aber in irgendeiner Weise kultiviert bleiben. Die Weimarer Republik hatte auch den Anspruch, frei zu sein, aber die Anhänger verschiedener politischen Richtungen ( Kommunisten, Nazis) haben sich da regelrecht die Köpfe eingeschlagen. Das hat in der Weimarer Republik mit Sicherheit auch auf die kulturelle Auseinandersetzung abgefärbt. Also schon ein solches schönes Wort wie die Streitkultur bedingt den Streit als etwas durchaus normales. Hier in diesem Forum streiten wir uns doch auch mit schöner Regelmäßigkeit, ist das etwa unnormal? Gruß Martin |
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Tommy_Angel
Inventar |
#4 erstellt: 28. Dez 2007, 13:27 | |||||
Nur wunderte ich mich, dass Du auf einmal "Streitkultur" entdeckst, , der du ja eher etwas empfindlich bist. Trotzdem guten Rutsch! [Beitrag von Tommy_Angel am 28. Dez 2007, 13:27 bearbeitet] |
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Mellus
Stammgast |
#5 erstellt: 28. Dez 2007, 17:21 | |||||
Hallo allerseits, obwohl ich ja gerne das drohende Exempel von Streitkultur zwischen Martin und Tommy gelesen hätte, komme ich mal aufs Thema zurück: Nein, die Nazi-Zeit und persönliche Verstrickung darin sind nicht verzeihbar. Darum müssen wir, insbesondere wenn wir Deutsche sind, immer noch damit umgehen. Wagner wäre sicher ein Nazi gewesen, wenn er etwas später gelebt hätte. Hasserfüllter Rassismus ist auch nicht verzeihbar. Die von Martin genannten Komponisten sind also biographisch schuldig und indiskutabel. Aber wie sieht es künstlerisch aus? Können wir -- guten Gewissens -- ihre Musik hören? Ich nehme an, dass das auch in etwa die Stoßrichtung bei Martins Thread-Eröffnung war. Ich bin zudem der Meinung, dass ein Kunstwerk eine gewisse Autonomie besitzt in dem Sinne, dass die Biographie seines Schöpfers nicht die einzig gültige Interpretationsquelle ist. Aus diesem Blickwinkel heraus stellt sich das Problem in Form von zwei Fragen, die sich wie folgt ergeben. Musik hat zunächst einmal keine Bedeutung in einem linguistischen Sinn. Sie ist "tönend bewegte Form". Sie kann emotional wirken, Assoziationen wecken, aber Inhalt hat sie nicht. Durch verschiedene, in der Regel außermusikalische Mittel (wie sprechende Titel), kann versucht werden, Musik mit Bedeutung zu füllen. Das führt zur ersten Frage: Gibt es rassistische Musik? Ich glaube nicht. Das Verschwinden beispielsweise von Max Trapp aus dem gegenwärtigen Musikleben hat vielleicht auch damit zu tun, dass er eben doch nicht genug musikalischen Nährwert geboten hat. Da fällt es leicht, ihn einfach zu übergehen. Das wirft die zweite Frage auf: Können wir es uns leisten, einen künstlerisch brillianten, aber menschlich inakzeptablen Komponisten zu ignorieren? Bei der zweiten Frage denke man beispielsweise an Richard Wagner. Durch seinen Antisemitismus als Person disqualifiziert wollen wir doch aber auf seine Musikdramen nicht verzichten. Gibt es ein Fazit? Vielleicht dieses: Künstler und Kunstwerk können als zwei verschiedene, voneinander unabhängige Dinge aufgefasst werden. Man kann also ein Kunstwerk genießen, während man den Künstler ablehnt. Allerdings sollten wir uns immer bewusst darüber sein, von wem das Werk stammt, dem unsere Bewunderung gilt. Wir sollten uns und andere davor hüten, die Produkte menschlich fragwürdiger Künstler mit entsprechend fragwürdigen Interpretationen aufzuladen. Wie gesagt, die Biographie des Urhebers ist nicht die einzige und wohl nicht einmal die beste Quelle, sich einer Komposition zu nähern. Zuerst spricht die Musik und Musik kann nicht rassistich sein. Viele Grüße, Mellus [Beitrag von Mellus am 28. Dez 2007, 17:23 bearbeitet] |
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Joachim49
Inventar |
#6 erstellt: 28. Dez 2007, 19:16 | |||||
Es gibt ja einen recht aktuellen Fall zu dem Thema das Martin angeschnitten hat. Die Aufführung der Kantate 'Von deutscher Seele' des Komponisten Pfitzner. Der Dirigent war Metzmacher, den ich nicht verdächtige die Vegangenheit verdrängen zu wollen. Zunächst mal ein paar Ausschnitte aus der ZEIT vom 1.11.07 Als ich das gelesen hatte, dachte ich 'die Musik dieses Saukerls höre ich mir nicht an.' Ich war dann aber doch neugierig ... Aber zunächst die ZEIT zu Pfitzner: Noch 1946 schrieb er an Hans Frank, der bei den Nürnberger Prozessen wegen seiner Untaten als Generalgouverneur von Polen zum Tode verurteilt worden war: »Lieber Freund Frank. Nehmen Sie diesen herzlichen Gruß als Zeichen der Verbundenheit auch in schwerer Zeit. Stets Ihr Dr. Pfitzner.« Es stimmt auch, dass es Pfitzner nicht gelang, von den Nazis zu profitieren. Jedoch schrieb er 1945 in einer Glosse zum II. Weltkrieg: »Das Weltjudentum ist ein Problem & zwar ein Rassenproblem, aber nicht nur ein solches, & es wird noch einmal aufgegriffen werden, wobei man sich Hitlers erinnern wird & ihn anders sehen, als jetzt, wo man dem gescheiterten Belsazar nur zu gern den bekannten Eselstritt versetzt.« Im Übrigen sei Hitler nicht das »Warum« des Judenmords vorzuwerfen, sondern nur das »Wie« – »Daß eine Menschenrasse von der Erdoberfläche ausgerottet werden kann, das hat die Weltgeschichte schon gesehen, in der Ausrottung der ursprünglich prachtvollen indianischen Rasse (…). Im Sinne der Völkermoral und der Kriegsbräuche konnte sich Hitler also eigentlich schon durch dies einzige Beispiel ›gedeckt‹ fühlen; das ›wie‹ dieser Gewalthandlungen und Unterdrückungsmethoden ist freilich an und für sich verdammungswürdig, soweit es auf Wahrheit beruht und nicht geflissentlich stark übertrieben ist. In den KZ-Lagern mögen schreckliche Dinge geschehen sein, wie sie in solchen Umwälzungsperioden immer vorkommen, als vereinzelte Fälle und von Seiten subalterner Rohlinge, wie es sie immer und überall gibt, am wenigsten aber unter deutschen Menschen.Wenn wir Deutschen aber einmal eine Gegenrechnung der Grausamkeiten aufstellen wollten, die an uns verübt wurden (…), da würde sich das Verhältnis von Schuld und Anklage von Verbrechen und Richteramt gewaltig ändern und umkehren.« Ich finde die Aussagen Pfitzners ungeheuerlich, und wenn er noch leben würde würde ich keine Sekunde zögern ihn anzuzeigen. Die Musik 'Von deutscher Seele' hat mir trotzdem gefallen. Es ist ein scheusslicher Konflikt, sich vor dem Mann als Komponist sozusagen zu verbeugen und ihn als Menschen schlichtweg ekelhaft zu finden. Ich selbst würde dafür plädieren, wenn man Pfitzners Werke aufführt zugleich seine Gesinnung schonungslos öffentlich zu machen. Es stimmt, dass er ein gutes Verhältnis zu Bruno Walter hatte - aber Pfitner wollte natürlich auch profitieren, es ging ihm ja bei den Kontakten mit Walter vor allem darum, dass seine Werke aufgeführt werden. Es stimmt auch, dass Walter sich nach dem Krieg günstig über Pfitzner ausgesprochen hat. Dass dies eine Fehleinschätzung war, beweisen die Nachkriegszitate. Ich habe keinen Zweifel, dass Bruno Walter die Kontakte zu Pfitzner abgebrochen hätte, wenn er die oben zitierten Äusserungen gekannt hätte. (Es gibt ja analoge Fälle, in denen Bruno Walter den Nachkriegsverharmlosern jedes weitere Gespräch verweigert hat)Pfitzner ist ja recht früh gestorben - zum Glück möchte man sagen. Also: spielt und hört Pfitzner wenn ihr seine Musik schätzt und lasst die Konzertbesucher gleichzeitig wissen welchen ekelhaften Charakter er hatte. Der Konzertbesucher kann sich dann auch mit der Frage auseinandersetzen, die Martin uns (dankenswerterweise) gestellt hat. Freundliche Grüsse Joachim (Mein Urteil über den Menschen Pfitzner ist hart nicht wegen dem was er wäbhrend der Nazizeit gesagt oder getan hat - sondern wegen seines schamlosen Verhaltens nach dem Krieg.) |
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Martin2
Inventar |
#7 erstellt: 28. Dez 2007, 22:02 | |||||
Über den "Fall Wagner" ( auch der Titel einer polemischen Schrift Friedrich Nietzsches über diesen Komponisten) sollte man vielleicht noch mal extra verhandeln. Ich habe via Internet mal Einblick in eine seiner antisemitischen Schriften gehabt. Diese schien mir allerdings weniger rassistisch zu sein, als ein Zeichen eines unsäglichen "kulturphilosophischen Geschwätzes" zu sein. War Wagner tatsächlich Rassist? Das müßte man dann schon belegen. Während ich über Pfitzner tatsächlich auch schon das schlimmste gehört habe ( und Joachim danke, daß er hier mal Zitate geliefert hat), sind mir rassistische Zitate Wagners unbekannt. Ob Wagner unter diesen Umständen als genuiner Vorläufer der Nazis gesehen werden kann, ist in dieser Hinsicht unklar. Kulturphilosophische Ansichten zu äußern, ist an sich noch legitim. Man darf sich darüber auseinandersetzen, inwieweit eine "fremde" Kultur eine einheimische stört, "zersetzt" was weiß ich. Nicht, daß ich davon auch nur irgendetwas halte. Es ist offensichtlich auch nur eine vielleicht legitime, aber durchaus anrüchige Auseinandersetzung, die aber den Boden bereitet für eine rassistisch kriminelle. Wagner hatte vermutlich auch keinen sehr klaren Verstand, er hat Unmengen geschrieben, aber das meiste davon dürfte vermutlich auch Geschwätz sein. Nietzsche hat Wagner wegen seines Antisemitismus verachtet. Es war offensichtlich schon zu Wagners Zeiten eine diffuse "Bewegung", in der Wagner munter mitschwamm. Allein das ist verachtenswert. Aber wie der Fall Wagner tatsächlich aussieht, weiß ich eben nicht. Beim Lesen einer Schrift von Wagner hatte ich eben nicht den Eindruck, daß Wagner ein antisemitischer Rassist war, sondern eher ein Anhänger pseudowissenschaftlichen kulturwissenschaftlichen Geschwätzes. Der Jude als "Zersetzer abendländischer Kultur". Das alleine ist schon schlimm, zugestanden, aber vom mörderischen Rassismus der Nazis doch noch ein Stück weit entfernt. Der antijüdische Rassismus ist - man muß es einfach mal sagen - auch über die Maßen lächerlich. Die Juden sind doch keine Rasse, das ist doch einfach nur ungeheuer albern. Ob Wagner diesen lächerlichen, in der Konsequenz aber mörderischen Weg des Antisemitismus im 20. Jahrhundert mitgegangen wäre, halte ich nicht für ausgemacht. Denkbar wäre es. Aber wenn man Wagner für einen präfaschistischen Nazi hält, muß man es auch belegen. Gruß Martin |
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Mellus
Stammgast |
#8 erstellt: 29. Dez 2007, 11:19 | |||||
Hallo Martin,
Du hast recht. Ich habe meine oben kundgetane Einschätzung Wagners überhaupt nicht hinterfragt, hielt sie für ausgemacht. Aber so klar ist das gar nicht, wie Du mir überzeugend nachweisen konntest. Da bin ich wohl meinen Vorurteilen aufgesessen. Was in meinem Hinterkopf herumschwirrt ist, dass es mal einen Radiobeitrag gabe, in dem Zitate von Wagner und Hilter gegenübergestellt wurden, ohne zunächst aufzulösen, welche Aussage von wem stammt. Das war nämlich nicht zu unterscheiden. Aber Zitate können natürlich auch intrumentalisiert eingesetzt werden. Dummerweise weiß ich nichts genaueres über diese Sendung. Vielleicht gibt es hier ja jemanden der bescheid weiß. Danke jedenfalls für Deinen berechtigten Einwand, Martin, gegen meine unvorsichtige und uninformierte Aussage. Viele Grüße, Mellus |
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Maastricht
Inventar |
#9 erstellt: 29. Dez 2007, 15:56 | |||||
Ich habe noch immer Mühe mit Wagner's Musik und der Grund ist seine Haltung zu den Juden. Ich finde es schwierig hier Person und Kunstäusserung zu trennen. Mellus hat hierüber hieroben interessantes geschrieben. Zur Haltung Wagners gegenüber den Juden verweis ich auf den Beitrag in der Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Das_Judentum_in_der_Musik Da wird aus dem Artikel 'Das Judentum in der Musik' von Wagner zitiert. Ein Link zum kompletten Artikel befindet sich am Ende des Beitrages in der Wikipedia. Für mich gehört Wagner auf jeden Fall zu den Wegbereitern des Erfolges des Nationalsozialismus. Die Wegbereiter gab es übrigens auch ausserhalb Deutschlands, aber das nimmt die Verantwortung des Einzelnen und in diesem Fall von Wagner nicht weg. Gruss, Jürgen |
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Martin2
Inventar |
#10 erstellt: 29. Dez 2007, 16:21 | |||||
Danke für den Link. Am scheußlichsten fand ich diesen Satz:
Dieser Satz offenbart doch eine mehr als nur klammheimliche Sympathie Wagners mit den Nazis, die zu Zeiten Wagners wohl noch nicht auf den Plan getreten waren. Der Satz distanziert sich nicht von Gewalt an den Juden, sondern fordert sie regelrecht heraus. Da muß man wohl doch von einem Wegbereiter des Nationalsozialismus reden. Gruß Martin |
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Gantz_Graf
Hat sich gelöscht |
#11 erstellt: 29. Dez 2007, 17:24 | |||||
Frage: Kann man das verzeihen? Antwort: Man kann sich mit vielen Facetten einer Person befassen oder es lassen. Wenn ich mich mit dem Werk eines Künstlers befasse und es mir etwas bringt, befasse ich mich mit dem Werk eines Künstlers, weil es mir etwas bringt. Und dann mache ich das so und das ist auch gut so. Die Einordnung des Grades der Verfehlung hängt immer stark vom Zeitgeist ab. Die Kunst aber ist ewig. |
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Maastricht
Inventar |
#12 erstellt: 29. Dez 2007, 18:11 | |||||
Die Frage: Kann man das verzeihen? möchte ich so auch nicht stellen. Der Kern ist für mich: kann man, auch wenn man 'das' nicht verzeihen kann, die Kunstäusserung los von 'dem' sehen und z.B. davon geniessen? Z.B. Barenboim kann es, denn während Wagner in Israel (im Allgemeinen) nicht aufgeführt wird, hat Barenboim das in Israel gemacht und er hat ja auch häufiger Wagner dirigiert. Gruss, Jürgen |
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Mellus
Stammgast |
#13 erstellt: 04. Jan 2008, 13:03 | |||||
Hallo zusammen, nochmal zu Pfitzner: In Münschen fand am 02.12. 2007 eine Podiumsdiskussion zum Problemfall Pfitzner unter dem Motto "Kann man Weltanschauung komponieren?" statt. Das entspricht ja sehr der einen Frage, die ich selbst weiter oben formuliert habe. Dass die Experten auch keine richtige Antwort finden konnten, dokumentiert Max Nyffeler in seinem Text Hans Pfitzner, der Unverdauliche, der auch in der FAZ erschienen ist. Viele Grüße, Mellus |
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Accuphase_Lover
Inventar |
#14 erstellt: 08. Jan 2008, 02:49 | |||||
Angesichts der Tatsache, dass man in unserem Lande jeden gern als Nazi bezeichnet, der sich in Verbindung mit Hitler bringen lässt, oder von diesem gar gelobt wurde, müsste man Wagner wohl, wenn man dieser Auffassung in Deutschland denn folgt, als Nazi bezeichnen, denn Hitler hat bei mehreren Gelegenheiten Richard Wagner quasi als einzigen Vorläufer seiner selbst bezeichnet ("Hitlers Tischgespräche", "Monologe im Führerhauptquartier") ! Die ursprüngliche Frage, ob die Verstrickung grosser Künstler in diktatorisch-verbrecherische Regime ihrer Bedeutung und ihrem "Künstlertum" zutiefst abträglich ist (oder gar sein muss !), lässt sich ja auch auf alle anderen, in verschiedenen Bereichen tätige Persönlichkeiten, übertragen. War ein Ferdinand Porsche ein "böser Mensch" oder gar Verbrecher, weil er (übrigens nach einer Skizze Hitlers !) den Volkswagen entwickelte ? War Albert Speer (über dessen "Junior" und seine Bedeutung weltweit kaum noch was gesagt werden muss !) "schlecht" als Mensch und/oder Architekt weil er Hitlers Visionen umsetzte, oder gar weil er einst sagte "Hätte Hitler einen Freund gehabt, so wäre ich sein Freund gewesen !" ? Über diese Fragen wurde schon viel gestritten. Aber ich glaube, dass "künstlerisches Werk" (gilt auch für alle anderen Bereiche!) getrennt von der Persönlichkeit des "Schöpfers" gesehen werden sollte, zumindest dann, wenn es um qualitative Bewertung geht ! Selbstverständlich ist der künstlerische "Output" eines Menschen "entstehungstechnisch" immer im zeitlichen und sozio-politischen Kontext zu sehen, IMHO nicht aber unbedingt auch zu bewerten ! Grüsse |
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Joachim49
Inventar |
#15 erstellt: 08. Jan 2008, 17:52 | |||||
Nein, niemand muss sich seine Nase abschneiden, nur weil Hitler auch eine hatte. Aber wer Brigitte Hamanns Buch 'Winifred Wagner oder Hitlers Bayreuth' gelesen hat, der wird wohl wenig Zweifel haben, dass Richard nicht nur von den Nazi's vereinnahmt wurde, sondern dass er wahrscheinlich wohl ein recht begeisterter Anhänger der Bewegung gewesen wäre. Gewiss werden Menschen zu Unrecht als Nazi beschimpft und gewiss konnten es manche durch ihre Funktion nicht vermeiden von den Nazi's vereinnahmt zu werden (etwa Furtwängler). Aber es gab doch recht viele deren Begeisterung sehr freiwillig war, und selbst das kann man noch verstehen, wenn man sehr gnädig ist. Hätte uns ja auch passieren können. Vielleicht haben wir auch mal für den Massenmörder Mao geschwärmt. Nur, Herrn Pfitzner würde ich nach allem was ich weiss nicht gerade zu denen zählen, denen man ein Unrecht tut wenn man sie der nationalsozialistischen Ideologie bezichtigt. Zumindest gehörte er nicht zu denen, die mit dem Untergang gleich mit vergessen hatten, was noch vor kurzem ihre Ideale waren. Und wenn Albert Speer aufrichtig ist, dann wird er seinen Charakter wahrscheinlich selbst etwas 'negativer' einschätzen, als es im vorigen Beitrag geschehen ist. Aber bleiben wir bei der Musik: ich finde es kein Unrecht, wenn man meint, Wagner wäre ein Nazi gewesen, wenn er die Gelegenheit gehabt hätte. Wissen kann man's nicht, - aber man kann so eine Auffassung schon begründen. Seine Nachfahren wurden jedenfalls nicht Opfer der Zuneigung Hitlers zu Wagner (und Winifred), da man nicht Opfer sein kann wenn man etwas gerne und freiwillig getan hat. Freundliche grüsse Joachim (ich höre gerne Wagner - vorzugsweise von jüdischen Interpreten) |
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Martin2
Inventar |
#16 erstellt: 09. Jan 2008, 12:43 | |||||
Wagner hatte die "Gnade der frühen Geburt". Und im übrigen bin ich auch der Meinung, daß bei einem Künstler das Werk zählt und sonst nichts, auch bei einem solchen Arschloch wie Pfitzner. Ich bin trotzdem der Meinung, daß - wie hier auch schon gesagt wurde - der Antisemitismus großer Künstler und Komponisten immer wieder thematisiert gehört. Betretenes Schweigen löst das Problem nicht, nur die immer wieder fällige Thematisierung. Schweigen kann als klammheimliches Einverständnis gewertet werden. |
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op111
Moderator |
#17 erstellt: 09. Jan 2008, 14:03 | |||||
Hallo zusammen, ich habe mich bisher aus diesem Thread mit der erneuten Diskussion dieses Themas rausgehalten. Die Erfahrung mit thematisch vergleichbaren Threads zeigt, daß kaum jemals eine sachliche Diskussion gelingen will, Vereinfachungen, Klischees, unterschiedlich gefärbte oder besetzte Begriffe bringen auch Diskussionspartner, die einer Meinung sind, aneinander. Das ist wenig verwunderlich, denn die notwendige Distanz zu gerade diesem Thema hat wohl kaum jemand. Im Fall Pfitzner sehe ich das so: Musiker, Publizist und politisch denkender Mensch sind für mich eine Person. Die Musik ist (nur) ein Aspekt dieser Person. Die politischen Äußerungen ein anderer. Ein Aspekt kann nicht einen anderen ent-/belasten. Die Musik kann nicht die polit. Äußerungen oder Handlungen entschuldigen, umgekehrt können diese nicht die Musik beschuldigen. Insofern sehe ich keinerlei Punkt in der Fragestellung an sich. Wenn ich Pfitzners Musik höre, entschuldige ich damit nicht seine unsäglichen Aussagen. |
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op111
Moderator |
#18 erstellt: 09. Jan 2008, 14:17 | |||||
Hallo Martin,
ich bin nicht deiner Meinung. Das umgewandelte Zitat von Günther Gaus hilft auch nicht weiter, das hat sogar mal ein prominenter Politiker nicht im Sinn des Urhebers verstanden. Auch Personen der Geschichte haben ein Anrecht darauf, differenziert betrachtet zu werden, es zählt alles. Die Musik ist nur ein einzelner Aspekt. Spekulationen darüber, was Wagner 1933 gemacht hätte, finde ich vollkommen abwegig und unzulässig. Ein R. Wagner des 20. Jahrhunderts hätte eine ganz andere Lebensgeschichte mit anderen Erfahrungen, wäre möglicherweise nicht einmal Komponist geworden. Genauso könnte man darüber spekulieren, ob Martin Luther, hätte er zu Zeit der Oktoberrevolution in Rußland gelebt, auf der Seite von Lenin gestanden hätte und zur Kommunistischen Führungselite aufgestiegen wäre. Das gäbe sicher einen prächtigen Stoff für Science-Fiction-Romane ab, aber hilft bei der Betrachtung der historischen Personen kein bisschen. [Beitrag von op111 am 09. Jan 2008, 14:40 bearbeitet] |
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Gantz_Graf
Hat sich gelöscht |
#19 erstellt: 09. Jan 2008, 14:55 | |||||
Absolute Zustimmung. (Martin2)
Meinst Du, so doof sind die Menschen? Das würde ich im Übrigen dann im Gegenzug als Unverschämtheit werten. Männliche Küken werden zu großen Teilen nach dem Schlüpfen umgebracht. Hier "Einverständnis" zu konstatieren wäre mir zu billig. [Beitrag von Gantz_Graf am 09. Jan 2008, 15:02 bearbeitet] |
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Mellus
Stammgast |
#20 erstellt: 09. Jan 2008, 15:22 | |||||
Hallo Gantz_Graf und Franz-J.,
So schnell wäre ich mit Zustimmung lieber nicht bei der Hand. Aus folgendem Grund: Es gibt ja musikalische Semantik, also die Möglichkeit, mittels Musik irgendeine Form von Bedeutung zu übermitteln. Wenn es, um beim Beispiel zu bleiben, Pfitzner gelungen ist, seine Musik als politische Äußerung zu gestalten, also als rassistische, weltanschauliche Musik, dann gibt es keinen substantiellen Unterschied zwischen seine verbalen und seinen musikalischen Äußerungen. Unter diesen Bedingungen Pfitzners Musik zu hören entspräche, seine Aussagen zu lesen -- und die sind, da herrscht wohl Einigkeit, unentschuldbar, die würde man nicht lesen, zumindest nicht aus ästhetischen o.ä. Gründen. Viele Grüße, Mellus |
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op111
Moderator |
#21 erstellt: 09. Jan 2008, 15:44 | |||||
Hallo Mellus, mir ist nicht klar, was du uns sagen möchtest.
darf ich das so verstehen, daß man seine Äußerungen nun gar nicht mehr rezipieren, also Aspekte der Person Pfitzner ignorieren soll? Oder soll Pfitzner, insgesamt, da einmal "verbrannt" und unter Generalverdacht, insgesamt zum Tabu werden? |
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Mellus
Stammgast |
#22 erstellt: 09. Jan 2008, 16:17 | |||||
Hallo Franz-J., nein, das darfst Du bitte nicht so verstehen! Mein Einwand zielte auf die strikte Trennung von musikalischer und sonstiger Aussage ab, die Deinem Argument zu Grunde liegt:
Ich habe mich nun halt gefragt, ob diese Trennung so einfach möglich ist: Was, wenn die Musik selbst eine politische Aussage oder Teil einer politischen Aussage ist? Was würdest Du denn von Pfitzners Musik halten, wenn es rassistische Musik wäre? Würdest Du sie hören? In diese Richtung sollte mein Kommentar gehen. Ich hoffe, das ist nun verständlicher geworden. Viele Grüße, Mellus |
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op111
Moderator |
#23 erstellt: 09. Jan 2008, 16:28 | |||||
Hallo Mellus, danke für die klarere Formulierung. Das nun wieder zielt auf die individuelle Bewertung der Werke ab und auf die grundsätzliche Frage, ob Musik außermusikalische Inhalte transportieren kann (außerhalb der offensichtlichen Texte in der Vokalmusik). [Beitrag von op111 am 09. Jan 2008, 16:34 bearbeitet] |
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Mellus
Stammgast |
#24 erstellt: 09. Jan 2008, 16:54 | |||||
Hallo Franz-J.,
Stimmt genau. Irgendwo weiter oben habe ich selbst sogar verneint, dass Musik rassistisch (oder politisch oder weltanschaulich, ...) sein kann. Wenn das stimmt, dann stimme ich Deinem Kommentar, der diese kleine Diskussion ausgelöst hat, sofort zu (ein ganz ähnliche Haltung habe ich im besagten Eintrag ja auch vertreten). Nun gibt es aber so etwas wie musikalische Semantik und ich bin ein blutiger Laie in Musikanalyse. Sprich: ich weiß nicht sicher, ob Musik weltanschaulich sein kann. Daher halte ich das für die zunächst spannende Frage. Viele Grüße, Mellus |
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Accuphase_Lover
Inventar |
#25 erstellt: 09. Jan 2008, 16:55 | |||||
Ich glaube aussermusikalische Inhalte, also solche nicht-textlicher Art, gibt es sehr oft. Jede Musik enststeht in ihrem zeitgeschichtlichen, kulturellen Kontext und transportiert daher (manchmal unbewusst) einiges aus ihrem sozialen, kulturellen und eben auch ideologischen Umfeld. Dass Wagner ein Kind des deutschen (!) 19. Jahrhunderts war und welchen Vorstellungen er nahestand, merkt man doch recht deutlich an seiner Musik. Hat Wagner nicht auch einmal formuliert, die wirkliche Botschaft stecke in seiner Musik selbst, die Texte seien nur für diejenigen, die den Inhalt seiner Kompositionen aus der Musik allein nicht erfassen könnten ? Grüsse |
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op111
Moderator |
#26 erstellt: 09. Jan 2008, 17:47 | |||||
Hallo zusammen, @Mellus: ich bin ebenfalls kein Musikwissenschaftler und kann dir zur speziellen Semantik nichts Fundiertes sagen. Vor Jahren habe ich mal Bernsteins Norton-Lectures gelesen und gesehen, aber daraus ließ sich für mich eine außermusikalische Komponente nicht erschließen. Weitere Recherchen führten damals zu @all Es gab schon immer Musik, die sich gezielt durch Zitate über Komponisten anderer Nationen lustig macht, z.B. in Frankreich um 1900 gegen die Dominanz der deutsch-öst. Musik (Souvenir de munich u.v.a. Werke). Das könnte schon in diese Richtung gehen, transportiert aber keine außermusikalische Ideologie.
Wie geschieht das, hast du Beispiele? Kann jemand sich diese Inhalte ohne Vorkenntnisse außermusikalischer Art erschließen? Da kommen wir in der Tat auf eine spannende Fragestellung. |
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Accuphase_Lover
Inventar |
#27 erstellt: 09. Jan 2008, 17:58 | |||||
Vorab eine Frage : Beziehen wir uns jetzt ausschließlich auf Klassik, oder berücksichtigen wir die Schöpfung von Musik (aller Genres und Kulturkreise) im Allgemeinen ? |
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Martin2
Inventar |
#28 erstellt: 09. Jan 2008, 18:05 | |||||
Nein so doof sind sie natürlich nicht. Ich habe es im übrigen auch erlebt, daß ich in Hamburg einer Wagneraufführung beiwohnte und diese wegen irgendeiner Zweifelhaftigkeit in Wagners Libretto "der welsche Tand" dann auf der Opernbühne mitten in der Oper eine sehr störende Diskussion über Wagners Franzosenfeindlichkeit gestartet wurde. Das muß nun wirklich nicht sein. Was ich aber zum Beispiel sehr erfreulich fände, wäre eine Diskussion der ideologischen Verirrungen von Wagner und Pfitzner in Konzertführern, Opernführern und dergleichen. Oder auch im Programmheft. Es kann irgendwie auch nicht sein, daß man über dergleichen quasi stolpern muß. Ich kann Dir im übrigen schon zustimmen, daß eine obligatorische Distanzierung vom Antisemitismus eines Komponisten irgendwie auch sehr störend sein kann, geradezu lästig. Aber andererseits kommen nun zur Klassik immer wieder neue dazu, die sich damit auseinandersetzen sollten. Zur Diskussion um "musikalische Semantik". Ich glaube nicht, daß es dergleichen gibt. Gewisse musikalische Mittel sind gewiß auch semantisch verwendet worden, aber im übrigen ist die Musik eine absolute Kunst. In Israel ist es im übrigen wohl immer noch so, daß Wagner ( und wohl auch Pfitzner) nicht aufgeführt werden dürfen, obwohl es da wohl immer wieder Versuche gibt ( Barenboim hat wohl mit einer Aufführung von Wagner dort einen Skandal erzeugt). Ich weiß es nicht, ich hätte es eigentlich nicht schlecht gefunden, wenn in Deutschland nach 1945 man sich diesem Boykott wenigstens für eine Zeit einmal angeschlossen hätte. Das wäre vielleicht eine gute Geste gewesen. Stattdessen stand Bayreuth sozusagen niemals still ( oder täusche ich mich?). Zudem ist es ja auch so, daß Wagner ( bei Pfitzner weiß ich es wieder nicht) auf CD durchaus verkauft werden darf und auch verkauft wird. Hätte man sich als Volk der Täter dem Volk der Opfer nicht wenigstens mal für ein Jahrzehnt oder so anschließen können? Mußte man Wagner gleich nach dem 2. Weltkrieg wieder feiern? Und eine Art Feier ist eine solche Lifeaufführung schon, während eine CD einen Komponisten weniger "feiert", als adäquat abzubilden versucht. Gruß Martin |
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op111
Moderator |
#29 erstellt: 09. Jan 2008, 18:13 | |||||
Hallo zusammen,
Also braune Metal-Bands mit eindeutiger Symbolik meine ich nicht, primär in der klassischen (Instrumental)Musik - bei Vokalwerken ist das ja häufig aber nicht immer offensichtlich. Worauf ich hinaus will, und das ist ein spannender Gesichtspunkt, wie kann der Hörer ohne Zusatzinfo sich solche Inhalte erschließen? Wild zusammengetragene Beispiel: Wie kann ich unmittelbar aus einer Haydn-Symphonie etwas über die k&k-Monarchie erfahren? Verrät ein Gesualdo oder Monteverdi Madrigal etwas über die gesellschaftliche Stellung des Komponisten? [Beitrag von op111 am 09. Jan 2008, 18:25 bearbeitet] |
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op111
Moderator |
#30 erstellt: 09. Jan 2008, 18:38 | |||||
Hallo Martin,
die Wiedereröffnung der Bayreuther Festspiele war 1951 . Wegen der Lebensdaten halte ich Wagner für denkbar ungeeignet für diesen Thread. Pfitzner hat m.W. nur ein einziges Werk in einem expliziten Funktionszusammenhang geschrieben. Was ist, um einmal auf andere Kaliber zu wechseln, mit Werner Egk, Carl Orff, Franz Schmidt, Herbert Windt Gottfried Müller u.a. ? Was ist mit den Sowjetmusikern und ihren zahlreichen Werken zur Verherrlichung der Udssr? Oder lösen wir uns mal vom ewigen 33-45. wie sieht es mit der Verherrlichung des Feudalismus im 16.-19. Jahrhundert aus? Gibt es heute inakzeptable Tendenzen in Texten von Mozarts Opern? ... [Beitrag von op111 am 09. Jan 2008, 19:14 bearbeitet] |
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Accuphase_Lover
Inventar |
#31 erstellt: 09. Jan 2008, 19:15 | |||||
Die meinte ich nun wirklich nicht !
Das müssen die jeweiligen Experten entscheiden, ich glaube aber eher nicht. Aber ich bin der Auffassung, dass z.B. die Musik der Wiener Strauss-Dynastie in ihrer Entstehung eindeutig begünstigt bzw. geprägt wurde, sowohl durch die Zeit ihrer Komposition als auch das kulturelle Umfeld in dem die "Sträusse" sich bewegten. Ein Wien voller Lebenslust, geprägt einerseits von einer streng reglementierten, militaristischen Gesellschaft, andererseits vom Verlangen nach Ausgelassenheit und Freude, mit "typisch österreichischer" Heiterkeit ! Aber das macht natürlich keine wirklichen Aussagen über exakte Fakten und Intentionen im Zusammenhang mit der Entstehung der Kompositionen. Vieles wird selbstverständlich erst dann deutlich, wenn man Zusatzinformationen besitzt. Grüsse |
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op111
Moderator |
#32 erstellt: 09. Jan 2008, 19:24 | |||||
Hallo zusammen,
schönes Beispiel vermutlich kann man Ähnliches bei den vorrevolutionären französischen Komponisten feststellen, z.B. Lully. Insgesamt bei höfischer (Gebrauchs-)Musik. Bei nicht europäischer Musik fehlt mir der Zugang, z.B. habe ich Teile der Musik am Hof des jap. Kaisers gehört, die ich nicht einzuordnen gewusst hätte. Vielleicht wir aber an diesem Ort langsam zu Martins Thema zurückkehren. Gruß [Beitrag von op111 am 09. Jan 2008, 19:26 bearbeitet] |
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Mellus
Stammgast |
#33 erstellt: 09. Jan 2008, 21:39 | |||||
Naja, wenn das "ewige 33-45" wieder erlaubt ist, dann wäre das ja schon Martins Thema. Alles weitere (z.B. K&K, japanische Königshöfe, etc.) könnte vielleicht in einem separaten Thread ausgetauscht werden? Viele Grüße, Mellus |
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op111
Moderator |
#34 erstellt: 10. Jan 2008, 01:25 | |||||
Hallo zusammen,
ich verspüre keine Motivation, gerade das "ewige 33-45" Thema, das meines Erachtens totdiskutiert ist, zu vertiefen. Wollte man vergleichbare Diskussionen mit heutigen Moral-, Rechts- und Menschenrechtsgrundsätzen auf ältere Epochen ausweiten, risse das möglicherweise größere Lücken ins aufführungsfähige Standard-Repertoire. Über musikalische Semantik dagegen werde ich mich mal mit einem Experten unterhalten, da mir der musiktheoretische Hintergrund fehlt. Überlegungen zu dem, was Musik an aussermusikalischen Inhalten, auch solchen nicht-textlicher Art transportiert, könnten auch ein Thema abgeben. Gruß [Beitrag von op111 am 10. Jan 2008, 01:26 bearbeitet] |
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