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Ist Filmmusik Klassik?

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sound67-again
Gesperrt
#1 erstellt: 31. Jan 2009, 20:27

filou33 schrieb:
Hi,
ich hoffe das ich hier richtig bin, wenn ich Filme wie Crouching Tiger, Hidden Dragon sehe verliere ich mich in deren schöner Musik total kenne mich aber was diese Musik richtung angeht überhaubt nicht aus.
Ist das Klassik Musik oder doch etwas anderes


Es ist Klassik. Gute symphonische Filmmusik ist imer Klassik.

Tan Dun ist ein bekannter Komponist, der schon mehrere Filmmusiken geschrieben hat, aber in erster Linie Konzertkomponist ist. Er hat als Avantgardist angefangen und scheint als Traditionalist enden zu wolen. Zur Zeit koopiert er mit Google bei deren Internet Orchestra Project.

Es gibt von NAXOS einiges an japanischer Konzertmusik, herausragend dabei sind Komponisten wie Akira Ifukube (Sinfonia Tapkaara), Toshiro Mayuzumi oder Yasushi Akutagawa. Leider sind die Japaner selbst nur sehr wenig am Export eigener "klassischer Musik" interessiert. Es ist ähnlich wie bei Filmen: Es schert sie einfach nicht. Erst müssen Westler kommen und sie fordern ...

Bei den Chinesen hingegen ist es eher eine Art Minderwertigkeitskomplex, verbunden mit der Entwicklung westlich orientierter chin. Konzertmusik in China unter dem roten Regime - keine ganz einfache Geschichte.

Populär sind vor allem plakativ-spätromantische Stücke, hier vor allem zu nennen das auch im Westen bekannte Violinkonzert "The Butterfly Lovers" von Cheng Gang und He Zhan-Hao, komponiert 1959 und x-mal aufgenommen, zuletzt sogar vom amerikanischen Stargeiger Gil Shaham (für BIS).



Die Tonsprache ist russisch-spätromantisch, die Motive typisch für chin. Quinten-Ornamentik. Die Einspielung des Amerikaners ist sehr zu empfehlen, einen mehr als ordentlichen Tchaikovsky gibt's oben drauf.

Ein anderes in China sehr populäres Stück ist das Klavierkonzert "Der gelbe Fluss" nach einer Kantate aus dem chinesisch-japanischen Krieg. Als Kantate durchaus von musikalischem Interesse verliert sich viel davon in der Übertragung für Klavier und Orchester, aber jeder jeder Chinese kennt es. Man kann es oft kombiniert mit dem "Butterfly Lovers" Konzert kombiniert kaufen. Ein wenig wie Rachmaninov-goes-Beijing.

Hier gibt es auch eine Einspielung von Glubschauge Kurz-Kurz:



Vor einigen Jahren etablierte sich in Hongkong ein Klassiklabel, HUGO, dass sehr viele interessante Musik aus China und der Kronkolonie veröffentlich hat. Manches westlich-chinesisch, anderes im Dunstkreis zwischen beidem, auch viel traditionelle chinesische Klassik. Man sollte sich bewusst sein, das letztgenannte gewöhnungsbedürftig für hiesige Ohren ist, aber auch entdeckungswürdig.

Leider ist HUGO wohl am Ende, aber etliche CDs am Markt wohl noch erhältlich, z.B. bei JPC.

Der wichtigste Komponist aus Südkorea wurde schon genannt, sang Yun, der seine letzten Jahrzehnte allerdings in Deutschland verbrachte. Einmal durfte ich in Bonn der deutschen Uraufführung einer seiner Symphonien beiwohnen, der 4. ("Im Dunkeln singen"), ein Erlebnis, das bei mir bis heute fortwirkt. Allerdings muss man schon der modernen Klassik zugeneigt sein.

Gruß, Thomas
filou33
Inventar
#2 erstellt: 31. Jan 2009, 23:03
Ist echt komisch ich war eigentlich nie wirklich von Klassischer Musik begeistert.
Es klang für mich irgendwie alles wie die typische Klassische Musik so wie Bach oder Mozart oder, aber bei so schön romantischer asiatischer Musik kann ich mich total drinn vergessen.
Macht ihr da unterschiede also würde jemand der auf Bach oder so steht sich auch ihn dieser Musik wiederfinden oder ist das kein richtiger Klassik für ihn, frage nur aus interesse.
Kann ja sein das, dass wie ihn der Hip Hop Musik wie zwischen East und West Hip Hop oder so.
Schneewitchen
Inventar
#3 erstellt: 01. Feb 2009, 13:29
The Beatles "Yellow Submarine" CD in Klassik einzuordnen ist gewagt,da die Original Filmmusik ,die die halbe CD ausmacht,von George Martin komponiert und orchestriert wurde.Oder wenn Beatles goes Klassik,also Songs der Beatles von einem Orchester gespielt,als Klassik bezeichnet wird.
Musik von einem Orchester gespielt,wird deshalb nicht zu klassischer Musik.
Filmmusik kann aber klassische Musik sein,wie Prokofievs "Ivan der Schreckliche".
Ob symphonische Filmmusik klassische Musik ist,hängt also nicht allein davon ab,ob sie von einem Symphonie-Orchester gespielt wird.
Asiatische Musik mit Bach oder Mozart zu vergleichen,geht nicht.Trotzdem kann man asiatische Musik mögen,wenn man Bach und Mozart mag.
Ich habe versucht,mich in orientalische Musik einzuhören,mit CDs wie"Alla Turca"(Teldec) und "Orient-Occident" (AliaVox).
Bis zur fernöstlichen Musik habe ich es noch nicht geschafft,obwohl mich die CD-Reihe Chinesischer Musik im Vertrieb von HarmoniaMundi interessieren könnte.
Letzlich wäre es mir nicht wichtig,ob man Filmmusik in Klassik einordnet oder anderswo.
Soweit mir Musik gefällt und sie mir Freude bereitet,höre ich sie - ob Klassik oder sonst was.
cr
Inventar
#4 erstellt: 02. Feb 2009, 11:43
Ich frage mich schon eine ganze Weile, ob es hier nicht mehr um Musik a la
Erich Kunzel plays Hollywood's Greatest
oder
London Symphony plays XY (XY = Beatles, Starwars ...)
geht.
Es gibt sicher dergleichen auch für asiatische Filmmusik
Mellus
Stammgast
#5 erstellt: 02. Feb 2009, 12:25
In der Rezension von Leo Weiners sinfonischer DichtungToldi auf klassik-heute.de gibt es einen Satz, der hervorragend in das Klassik-Filmmusik-Thema passt:


Rasmus van Rijn schrieb:
es gibt fragwürdige Plaudereien, die ohne ihre „Gebrauchsanweisung” völlig auseinanderfallen – weshalb ja auch so viele Filmkompositionen trotz schönster Eingebungen kaum erträglich sind, wenn man sie ohne ihren Transportstreifen goutieren soll...


Das scheint die Vorbehalte, die Schneewittchen und cr geäußert haben, noch einmal auf andere Weise zu artikulieren.

Viele Grüße,
Mellus
cr
Inventar
#6 erstellt: 02. Feb 2009, 13:10

weshalb ja auch so viele Filmkompositionen trotz schönster Eingebungen kaum erträglich sind, wenn man sie ohne ihren Transportstreifen goutieren soll...


Deshalb überrascht es mich auch immer so, daß es zu praktisch zu JEDEM Film einen Soundtrack gibt, die anscheinend auch wer kauft. 99% dieser Soundtracks sind dann völlig unanhörbar, voll Plattitüden und Langeweile. Selbst in den wenigen Fällen, wo ich mir einen Soundtrack gekauft habe, frage ich mich meistens dann: Warum habe ich das nur getan?
sound67-again
Gesperrt
#7 erstellt: 04. Feb 2009, 15:03
Erstens sind es nicht 99%, sondern höchstens 90% - und da sind schon div. Songkompilationen mit drin eingerechnet. Es gibt sehr wohl sehr gute, eigenständige symphonische Filmmusik, die auch ohne Bild "funktioniert". Es ist wie Jerry Goldsmith, einer der Großmeister dieses Fachs, richtig gesagt hat:

"Good film music must be good music first" und

"If our music survives, which I have no doubt it will, then it will because it is good."

Dem ist - eigentlich - nichts hinzuzufügen.

Leider sind zu viele "Klassikliebhaber" sozusagen "elitär", womit eigentlich "denkfaul" gemeint. Deshalb blabbern sie lieber Vorurteile nach, statt selber zu recherchieren.

Die Qualität symphonischer Filmmusik hat allerdings sehr nachgelassen, v.a. im Zeichen der Hans Zimmer-Musikfabrik "Media Ventures".

Gruß, Thomas


[Beitrag von sound67-again am 04. Feb 2009, 15:04 bearbeitet]
cr
Inventar
#8 erstellt: 04. Feb 2009, 21:07
Es geht ja bei meiner Aussage gar nicht nur um Soundtracks a la mode classique. Die meisten Soundtracks sind doch irgendwie-irgendwas.
Hör dir mal den Terminator-Soundtrack an, dann weißt du, was ich meine. Und das ist noch nicht der schlimmste, es gibt noch viel viel banalere. Von irgendwelchen B-Action-Movies. Sich so was anzuhören bewirkt extreme Langweile.
Mellus
Stammgast
#9 erstellt: 05. Feb 2009, 00:28

sound67_again schrieb:
"Good film music must be good music first" und

"If our music survives, which I have no doubt it will, then it will because it is good."

Dem ist - eigentlich - nichts hinzuzufügen.


Wenn wir "uneigentlich" versuchen, die Zitate zu verstehen, geraten wir allerdings in Erklärungsnöte. Dem zweiten kann zunächst einmal folgende Alternative hinzugefügt werden.


sound67_again schrieb:

Jerry Goldsmith schrieb:

"If our music survives, which I have no doubt it will, then it will because it is good."


Ich glaube, hier irrt Herr Goldsmith. Der Satz müsste heißen:

If our music survives, then it will because the movies of which it is a soundtrack survive.

Filmmusik überlebt nicht, weil sie gut ist, sondern weil sie mit ihrem Vehikel, dem Film, weiter transportiert wird. (Der Terminator-Soundtrack, den cr ins Feld geführt hat, ist ein hervorragendes Beispiel.)

Das erste Zitat muss mit einigen Vorannahmen erst einmal sinnfällig gemacht werden.


sound67_again schrieb:

Jerry Goldsmith schrieb:
"Good film music must be good music first"


"good music" ist in einer Lesart synonym mit "Klassik". Das wollen wir hier einmal annehmen, also Klassik = gute Musik.

Auf unsere Frage, ob Filmmusik denn nun "gute Musik" (= Klassik) sei, hilft die Antwort von Herrn Goldsmith herzlich wenig. Er fordert das einfach normativ ein. Versuchen wir also einen anderen Weg.

Filmmusik ist Dienstleisung -- von der Musik an den Film. Filmmusik ist gut, wenn sie diese Dienstleistung erfüllt. So, denke ich, wird ein Schuh draus. Nun kann man den Standpunkt vertreten, dass es ein Merkmal für Klassik (= gute Musik) ist, autonom, d.h. keiner Dienstleistung verpflichtet, zu sein. Nach diesem Verständnis bekommt man mit Goldsmiths Sentenz ein Problem, da sie übertragen zu lesen ist als: "Gute Dienstleistungsmusik muss zuallererst Musik sein, die keine Dienstleistung erbringt." Das ist ein Widerspruch. Hierin wir deutlich, dass Goldsmith etwas macht, das der Engländer Begging the question nennt: er setzt bereits das voraus, was erst begründet werden will.

Wenn man über dieses Thema ernsthaft diskutieren möchte, wird man wohl nicht darum herum kommen, eine Merkmalsliste darüber zu erstellen, was gute Musik (= Klassik) ausmacht (das Problem wurde vor Kurzem schon einmal angesprochen, nämlich hier). Dann kann man (1.) beispielsweise Filmmusik daraufhin abklopfen, ob sie diese Merkmale erfüllt und (2.) Meinungsverschiedenheiten klar darauf zurückführen, dass verschiedene Merkmalslisten zu Grunde gelegt werden -- was ja völlig in Ordnung ist. Ich fürchte, dass man sich ohne solch eine diskutierfähige Grundlage bei einem so schwammigen Thema nur Platitüden wie "Platitüden" oder "elitär" an den Kopf werfen wird.

Beste Grüße,
Mellus
Martin2
Inventar
#10 erstellt: 06. Feb 2009, 10:12
Hallo Mellus,

Deine Gleichung Klassische Musik = Gute Musik kann ich absolut nicht nachvollziehen. Es gibt eine Menge klassische Musik von Komponisten der dritten oder vierten Garnitur, die ich absolut nicht als gut einstufen würde. Umgekehrt gibt es Pop-, Beat- oder Rockmusik, die ich als absolut hörenswert empfinde.

Bei Filmmusik ist es nun so, daß da - durchaus im Bereich der Klassik - eine sozusagen neue Kategorie von Musik auf den Plan tritt. Und nun streiten sich die Gelehrten. Im Grunde genommen finde ich all so Abgrenzungsprobleme nur in Maßen interessant.

Allerdings finde ich - Thomas wird es mir ( nicht) verzeihen - Filmmusik überhaupt nicht sehr interessant. Allerdings ist es natürlich immer auch möglich, daß Filmmusik durchaus gut sein könnte. Wer will das ausschließen. Allerdings scheint mir die Funktion von Filmmusik als "Musikuntermalung" grundsätzlich dagegen zu sprechen, daß Filmmusik so interessant ist. Vor allem denke ich auch, daß es vielleicht in mancher Filmmusik schon die eine oder andere "interessante Idee" gibt, aber eine "ganze Filmmusik" mir anzuhören - ohne den Film - käme mir in der Regel reichlich sinnlos vor, da Filmmusik für diesen Zweck ja nicht geschaffen ist.

Gruß Martin
Mellus
Stammgast
#11 erstellt: 06. Feb 2009, 11:45
Hallo Martin,


Martin2 schrieb:
Deine Gleichung Klassische Musik = Gute Musik kann ich absolut nicht nachvollziehen.


Darauf kommt es auch gar nicht an. Du kannst gerne irgendetwas anderes einsetzen.

Das Thema war: "Ist Filmmusik Klassik". Und das Zitat von Goldsmith hilft da nicht weiter. Mehr wollte ich gar nicht sagen. Man braucht auch gar keine Gleichsetzung vorzunehmen, Goldsmith gibt einfach keine Begründung. (Übrigens hätte ich den Absatz nach der Gleichsetzung folgenderweise beginnen müssen:
"Auf unsere Frage, ob Filmmusik denn nun Klassik (= "gute Musik" sei", als "Klassik" und "gute Musik" in umgekehrter Reihenfolge. So, wie es oben steht, macht es keinen Sinn.)

Überhaupt macht der "Streit" um den Status von Filmmusik -- Klassik oder nicht -- keinen Sinn, solange wir nicht explizieren, was wir unter "Klassik" verstehen. Franz hat heute früh ja bereits drei Lesarten zusammengetragen. Nach der einen Position fällt Filmmusik einfach drunter, nach der anderen quasi definitorisch raus. Nennen wir die Lesarten "Klassik1" und Klassik2" dann haben wir wohl folgendes Bild:
Filmmusik ist Klassik1, aber Filmmusik ist nicht Klassik2. Für mich ist das OK. Und solange man beachtet, dass "Klassik" auf unterschiedliche Weisen verstanden werden kann (-> Merkmale), führt man wenigstens keinen Stellvertreterkrieg über Worte.

Viele Grüße,
Mellus
filou33
Inventar
#12 erstellt: 06. Feb 2009, 12:04
Uhi da hab ich ja ein STein ins rollen gebracht, es ging mir eigentlich darum ob asiatische Filmmusik wie in Hero; oder Tiger & Dragon Klassik musik ist und nicht allgemein Filmmusik.
R-Kelly "I believe i can fly" ist auch Filmmusik, ist aber auch trotzdem ein eigenständiges Stück.

Mann sollte jetzt nicht kleine Musikpassagen aus Filmen nehmen die genau auf ein Filmszene zugeschnitten sind.

Sondern sich Musikstücke schnappen die auch einzeln funktion, bestes beispiel sind die Konzerte wo die Stücke von Star Wars gespielt werden die dann wesentlich länger sind als im Film.

Würde man jetzt den Film nicht kennen und nur das Stück allein für sich hören denke ich das es sehr wohl funktioniert.
Mellus
Stammgast
#13 erstellt: 06. Feb 2009, 12:08

filou33 schrieb:
bestes beispiel sind die Konzerte wo die Stücke von Star Wars gespielt werden die dann wesentlich länger sind als im Film.


Du meinst die Planeten-Suite von Gustv Holst?

Zum rollenden Stein: keine Sorge, wir wollen doch bloß spielen!

Viele Grüße,
Mellus
op111
Moderator
#14 erstellt: 06. Feb 2009, 13:24

filou33 schrieb:
Musikstücke schnappen die auch einzeln funktion, bestes beispiel sind die Konzerte wo die Stücke von Star Wars gespielt werden die dann wesentlich länger sind als im Film.

Ob John Williams' Musik in dieser ausgedehnten Fassung als Konzertmusik funktioniert?
Für mich nicht.
Das ganze wirkt auf mich ein wenig unzusammenhängend und ziellos. Vielleicht hätte Williams das Stück straffen und auf eine max. 30-minütige Suite konzentrieren müssen.
Maurice Jarre verfuhr so bei "Lawrence of Arabia", weitere Beispiele: Leonard Bernsteins "On the Waterfront" und div. von Miklós Rózsa und Bernard Herrmann.

Vermutlich wird es Aufschreie geben, wenn Williams' Name so nah bei Größen wie Rózsa und Herrmann steht.
cr
Inventar
#15 erstellt: 06. Feb 2009, 13:57
Herr der Ringe würde sich auch für eine Suite anbieten. Auf jedem der drei Soundtracks sind durchaus ein paar passable Ausschnitte.
Drei Farben: Blau (dort geht es ja immerhin um einen Komponisten, der eine Europahymne komponiert hat .....)
Mit den Filmen, die sich mit Musik/Musikern befassen, ist es überhaupt so eine Sache (zB Klang des Herzens (falls den werkennt, ein relativ neuer Film))
op111
Moderator
#16 erstellt: 06. Feb 2009, 14:16

cr schrieb:
Mit den Filmen, die sich mit Musik/Musikern befassen, ist es überhaupt so eine Sache


Z.B. Doktor Faustus (nach Th. Mann) mit Jon Finch, André Heller ...
Dort komponierte Rolf A. Wilhelm die Leverkühnsche Originalmusik vor dem Pakt mit Satan, für die genialische Ära danach wurde auf Musik von Benjamin Britten zurückgegriffen.

Hat Zbigniew Preisner Konzertsuiten seiner "Drei Farben"-Musiken angefertigt?
cr
Inventar
#17 erstellt: 06. Feb 2009, 14:58
Wäre mir neu
sound67-again
Gesperrt
#18 erstellt: 08. Feb 2009, 21:15

Mellus schrieb:
Filmmusik überlebt nicht, weil sie gut ist, sondern weil sie mit ihrem Vehikel, dem Film, weiter transportiert wird.


Falsch. Gute Musik existiert aus sich selbst heraus, und das wollte Goldsmith sagen. Also muss gute Filmmusik als MUSIK Sinn machen. Und das tut sie auch. Ich kann jede von Goldsmiths Filmmusiken - und andere - hören, ohne jemals den "dazugehörigen" Film gesehen zu haben. Er spielt einfach keine Rolle. Musik ist Musik ist Musik.

Und solche Filmmusik überlebt, unabhängig vom Film. Herrmann, Goldsmith, Newman, Rózsa, Korngold, Steiner, Waxman, Tiomkin, Young, Friedhofer, etc.pp.
sound67-again
Gesperrt
#19 erstellt: 08. Feb 2009, 21:44

Franz-J. schrieb:
Vermutlich wird es Aufschreie geben, wenn Williams' Name so nah bei Größen wie Rózsa und Herrmann steht. :D


Wieso? Nach dem Tod von Jerry Goldmsith ist John Williams ohne jeden Zweifel der größte noch lebende und arbeitende Filmkomponist. Natürlich(!) ist sein Name in einer Reihe mit den Großen des Genres zu nnenen, einfach weil er einen der Großen des Genres ist.

Seine Musik zu den sechs Star Wars Teilen lässt sich nicht nur zu einer 30-minütigen, sondern zu einer 2-stündigen Suite zusammenfassen, und trotzdem das höchste mögliche Niveau bewahren, das in diesem Genre überhaupt möglich ist.

Selbiges trifft auf Herr der Ringe und Howard Shore leider nicht zu.
cr
Inventar
#20 erstellt: 09. Feb 2009, 02:36
Wobei noch Philip Glass als umtriebiger Soundtrack-Schreiber zu erwähnen wäre (Koyaanisquatsi, The Hours, und ganz neu: Der Illusionist)
Mellus
Stammgast
#21 erstellt: 13. Feb 2009, 07:51
Aus einem anderen Beitrag:


Franz-J. schrieb:
der Begriff ["Klassik"] wird in unterschiedlicher Bedeutung benutzt.


1. für die Epoche der Frühklassik und Wiener Klassik
2. als Sammelbegriff für Musik seit dem 15. Jhd. (Renaissance - Neue Musik)
3. als Synonym für Kunstmusik / "Ernste Musik" und damit als Gegensatz zu Popmusik


Dann haben wir:

Filmmusik ist nicht Klassik 1.
Filmmusik kann Klassik 2. sein.
Filmmusik ist nicht Klassik 3.


Es gibt ja einige Komponisten von Klassik 3., die auch für Filme komponiert haben. Haben die ihre Filmkompositionen eigentlich mit einer Opuszahl versehen, also als ihrem Werk zugehörig aufgefasst?

Viele Grüße,
Mellus
Kaddel64
Hat sich gelöscht
#22 erstellt: 13. Feb 2009, 10:00

Mellus schrieb:
Es gibt ja einige Komponisten von Klassik 3., die auch für Filme komponiert haben. Haben die ihre Filmkompositionen eigentlich mit einer Opuszahl versehen, also als ihrem Werk zugehörig aufgefasst?
Opuszahl hin oder her - wäre es nicht paradox, wenn ein Komponist von Filmmusik seine eigene Kreation, und sei deren Substanz noch so banal und von künstlerisch niedrigem Rang, nicht selbstverständlich als "seinem Werk zugehörig" und als Kunstmusik im Sinne von [3.] auffasen würde?

Gruß, Kaddel
Mellus
Stammgast
#23 erstellt: 13. Feb 2009, 14:19
Hallo Kaddel,

ich halte das nicht für paradox. Es ist beinahe eine Regel, dass viele Komponisten ihre Werkzählung nicht bei dem ersten Werk anfangen, dass sie komponiert haben. Das "Opus 1" will gut ausgesucht sein und Komponisten geben entsprechend Acht darauf.

Viele Grüße,
Mellus
sound67-again
Gesperrt
#24 erstellt: 13. Feb 2009, 16:47

Mellus schrieb:
Es gibt ja einige Komponisten von Klassik 3., die auch für Filme komponiert haben. Haben die ihre Filmkompositionen eigentlich mit einer Opuszahl versehen, also als ihrem Werk zugehörig aufgefasst?


Unterschiedlich. Prokofiev und Shostakovich z.B. ja.

Übrigens benutzten schon seit dem 2. WK nur noch wenige Komponisten Opuszahlen.

Gruß, Thomas
Hüb'
Moderator
#25 erstellt: 15. Feb 2009, 11:57
Im aktuellen FF steht übrigens ein Feature über "klassische" Filmmusik.

Grüße
Frank
Richard3108
Inventar
#26 erstellt: 15. Feb 2009, 13:00
Ist Filmmusik Klassik?
Ich weiß jedenfalls, dass Filmmusik oft von der Klassik abkupfert.
Hört euch einmal Dvoraks "aus der neuen Welt" an und vergleicht das mit mancher Musik in den Westerns.
Oder noch deutlicher: Gustav Holsts Planeten, ich weiß gar nicht, was Hollywood ohne diese Musik gemacht hätte. Und bestimmt gibt es noch viele Beispiele, die mir jetzt nicht einfallen.

GRUSS
sound67-again
Gesperrt
#27 erstellt: 16. Feb 2009, 08:46

Richard3108 schrieb:
Hört euch einmal Dvoraks "aus der neuen Welt" an und vergleicht das mit mancher Musik in den Westerns.


In keinem einzigen Fall wurde die Filmmusik eines Hollywood-Westerns direkt von Dvoráks Symphonie abgekupfert.

Die klassischen Western Scores à la Max Steiner (Vom Winde verweht, Dodge City, etc), die lange stilbestimmend in Hollywood waren, orientieren sich entsprechend dem Hintergrund ihrer Schöpfer an der deutsch-wienerischen Musik des späten 19. Jahrhunderts.

Ein bischen weniger allgemein und irreführend sollten die Beispiele schon sein. Holsts Planeten - das weiß jeder - haben in der Science Fiction Musik (und auch anderswo, siehe Hans Zimmers "Gladiator") ihren festen Platz. Das ist keine Neuigkeit.

Gruß, Thomas


[Beitrag von sound67-again am 16. Feb 2009, 08:47 bearbeitet]
SirVival
Hat sich gelöscht
#28 erstellt: 16. Feb 2009, 09:39
Hi,

Filmmusik ist definitiv nicht Klassik. Ich möchte Filmmusik als besondere Form des Pop oder des Schmalzes bezeichnen.Sie ist fest mit dem Film verbunden, für den sie komponiert wurde. Ein Film ist nichts ohne Musikuntermalung und Filmmusik ist nichts ohne den zugehörigen Film.

Herausgelöst wirkt Filmmusik auf mich jedenfalls entweder als sinnleeres Getöse, geschickt instrumentiert, aber eben sinnleer, oder aber je nach Genre als ekelig süßer klebriger terzen- und sextenseliger Seim. So einerseits ähnelnd dem Heavy Metal, andererseits Hansi Hinterseer im jeweils großorchestralen Gewande.

Und großorchestrale Besetzung bedeutet nicht notgedrungen klassisch, manchmal aber wohl klassisch blöd. Deshalb nerven die Einspielungen von Filmmusik in Radioprogrammen mit klassischer Musik (z.B. NDR3) tierisch, denn das musikalische Niveau von Filmmusik kategorisiert in der Regel unter "ferner liefen". Da hat jeder klassische Komponist der 3. oder 4. Reihe musikalisch deutlich mehr zu bieten.

Grüße

P.S. Ich nehme Filmmusik von Rosza, Korngold, Addinsell, Schostakowitsch und anderen, deren Namen mir jetzt nicht einfallen wollen, ausdrücklich davon aus. Beispiele: Das wirklich fabelhafte Violinkonzert von Korngold war ursprünglich Filmmusik, das Warschauer Konzert von Addinsell aus dem Film Dangerous Moonlight, ist zu einem echten Klassiker geworden, während den Film heute keiner mehr kennt. Manche Filmmusik von Schostakowitsch wirkt unmittelbar aus sich selbst heraus ohne dass man den Film kennen muss. Aber Ausnahmen bestätigen halt die Regel s.o.


[Beitrag von SirVival am 16. Feb 2009, 09:54 bearbeitet]
Richard3108
Inventar
#29 erstellt: 16. Feb 2009, 14:19

sound67-again schrieb:

Richard3108 schrieb:
Hört euch einmal Dvoraks "aus der neuen Welt" an und vergleicht das mit mancher Musik in den Westerns.


Ein bischen weniger allgemein und irreführend sollten die Beispiele schon sein. Holsts Planeten - das weiß jeder - haben in der Science Fiction Musik (und auch anderswo, siehe Hans Zimmers "Gladiator") ihren festen Platz. Das ist keine Neuigkeit.

Gruß, Thomas



Doch, doch ich bestehe schon darauf, dass Dvraks Symphonie einen großen Einfluss auf die Westernmusik hatte.
Ansonsten schlage ich vor, weniger arrogant bei der Beurteilung anderer Meinungen zu sein.

GRUSS
op111
Moderator
#30 erstellt: 16. Feb 2009, 14:32

Richard3108 schrieb:
Doch, doch ich bestehe schon darauf, dass Dvraks Symphonie einen großen Einfluss auf die Westernmusik hatte.


Hallo Richard,

welchen Beispielen kann man das entnehmen?
op111
Moderator
#31 erstellt: 16. Feb 2009, 14:43

SirVival schrieb:
Ein Film ist nichts ohne Musikuntermalung


Lars von Trier und andere "Dogma"-Filmer sind sicher anderer Meinung. In deren Regeln ist der völlige Verzicht auf spezielle Filmmusik festgeschrieben.


[Beitrag von op111 am 16. Feb 2009, 14:44 bearbeitet]
SirVival
Hat sich gelöscht
#32 erstellt: 16. Feb 2009, 15:00

Franz-J. schrieb:

SirVival schrieb:
Ein Film ist nichts ohne Musikuntermalung


Lars von Trier und andere "Dogma"-Filmer sind sicher anderer Meinung. In deren Regeln ist der völlige Verzicht auf spezielle Filmmusik festgeschrieben.


Hi,

das mag so sein, ob es für die Filme immer gut ist, mag dahingestellt sein. Stell dir nur mal die Mordszene in Psycho ohne die genial-eindringlichen Geigenglissandi von Herrmann vor, was bliebe übrig, außer einer leidlich abstoßenden Mordszene. Erst die Musik vermag uns angesichts solchen Grauens tief zu erschüttern und uns gruseln zu machen.

Musik spricht unser Gefühl an und vermag zusätzlich unser Inneres zu erregen, was beim bloßen Betrachten der Bilder wahrscheinlich nicht immer der Fall ist. Hier hat Filmmusik ihre tiefe Bedeutung und klassisch daherzukommen, diesen Anspruch hat sie in der Regel nicht, sondern wird ihr von irgendwelchen schwachsinnigen Rundfunkredakteuren aufgepfropft. Getreu dem Motto, was wie Klassik klingt, wird wohl auch Klassik sein.

Gruß
op111
Moderator
#33 erstellt: 16. Feb 2009, 19:40

SirVival schrieb:
Stell dir nur mal die Mordszene in Psycho ohne die genial-eindringlichen Geigenglissandi von Herrmann vor, was bliebe übrig, außer einer leidlich abstoßenden Mordszene.


Der Hitchcock Film ist m.E. innerhalb seiner eigenen Ästhetik mit der Musik stimmig.
Für einen Dogma-Film gelten andere ästhetische Gesetze, insbesondere hätte man diese nur wenige Sekunden lange Szene nicht - wenn ich mich recht erinnere - mit 52 Schnitten aus anderen Perspektiven montieren dürfen.
Wie eine vergleichbare Szene ohne Musik bedrückend wirken kann zeigt ebenfalls Hitchcock, diesesmal in der Originalversion von Frenzy (Rusk ermordet Babs). Eindrucksvoll hier welch langer Kampf dem Tod vorausgeht, welche Mühe Rusk hat. Jede Musik hätte nur gestört und unzulässig ästhetisiert.
sound67-again
Gesperrt
#34 erstellt: 17. Feb 2009, 09:58

Richard3108 schrieb:
Doch, doch ich bestehe schon darauf, dass Dvraks Symphonie einen großen Einfluss auf die Westernmusik hatte.


Das ist schlicht falsch.

Dvorák bedient sich in seiner volksliedhaften Symphonie Quintenintervallen in den verschiedenen Themen, die weder exklusiv für Dvorák noch exklusiv für "Indianer-" oder "Negermusik" sind, sondern genau so auch in der tschechischen Folklore, die bei Dvorák wirklich gemeint ist (ein Prager Stadtviertel wird als "Nového světa" bezeichnet, und Dvorák hat einmal bemerkt, wer ihn kenne, der wisse, was mit der "Neuen Welt" wirklich gemeint sei) - und in der Volksmusik vieler anderer Völker.

Deshalb mag manches Thema für Native Americans oder Afroamerikaner in klassischen Hollywoodwestern für den oberflächlichen Betrachter ein wenig nach Dvorák klingen, es ist aber in Wirklichkeit ein Ausdruck allgemeiner Versatzstücke internationaler Folklore - und der symphonische Stil deutsch-österreichisch-operettenhaft (bei Steiner) bzw, wie Rózsa es so schön formuliert hat, "Broadway-cum-Rachmaninoff" bei Victor Young und anderen.

Gruß, Thomas


[Beitrag von sound67-again am 17. Feb 2009, 10:20 bearbeitet]
sound67-again
Gesperrt
#35 erstellt: 17. Feb 2009, 10:16

SirVival schrieb:
Filmmusik ist definitiv nicht Klassik. Ich möchte Filmmusik als besondere Form des Pop oder des Schmalzes bezeichnen.


Eine völlig sinnlose Aussage, da du sie im letzten Abseits deines Postings sofort negierst. In der Tat ist sie Blödsinn, weil sich deine kleine Liste von Komponisten, die diesem sehr unscharfen Bild nicht entsprechen, neben Rózsa, Korngold etc. noch beliebig verlängern lässt, von Alfred Newman, Hugo Friedhofer, David Raksin et al im "Golden Age" über Bernard Herrmann, Elmer Bernstein, Alex North in der mittleren bis hin zu Jerry Goldsmith, John Williams und jüngeren Komponisten wie Elliot Goldenthal, Chris Young oder neuestens Michael Giacchino - alle diese Leute und mehr haben Partituren geschrieben, die auch ohn Film wunderbar funktionieren. Das ändert natürlich nichts daran, dass der weitaus überwiegende Teil auch orchestraler Filmmusik Mittelmaß bis Schrott ist - aber das trifft auf konzertante Orchestermusik ebenso zu.

Du missverstehst Klassik als Qualitätsstandard, der der Begriff nicht ist.

Gruß, Thomas


[Beitrag von sound67-again am 17. Feb 2009, 10:17 bearbeitet]
Kings.Singer
Inventar
#36 erstellt: 17. Feb 2009, 10:59
Hi.

Also so wie ich den Trend hier zu erkennen meine, wird Filmmusik in Richtung Klassik gerückt. Also: Ja, Filmmusik ist Klassik. Es ist Klassik, zum Beispiel weil (um Thomas letzten Beitrag aufzugreifen) wir im Allgemeinen ein falsches Konzept vom Begriff "Klassik" als Qualitätsstandard haben.

Was ist dann aber bitte Filmmusik? Der Begriff wird doch dadurch immer inhaltsleerer... Ist Filmmusik also eine Untergruppe von "Klassik"? Ich weigere mich zumindest das zu akzeptieren.


Viele Grüße,
Alex.
cr
Inventar
#37 erstellt: 17. Feb 2009, 11:17
Die Filmmusik, um die hier gestritten wird, ist mM Musik "a la(mode) classique", indem sie sich einerseits des Orchesterapparates bedient und diesen ähnlich wie in der klassischen Musik einsetzt, und auch manche tonale Anklänge an klassische (besser: Musik der Romantik) zu finden sind.
SirVival
Hat sich gelöscht
#38 erstellt: 17. Feb 2009, 11:17
Hi sound,

bitte kein sophistische Wortklauberei. Man kann in solchen Postings wirklich nicht jeden Satz auf die Goldwaage legen. Ich betrachte Klassik keineswegs als Qualitätsmerkmal, denn Filmmusik kann durchaus von hoher Qualität sein, sondern als die Kunst-Musik einer vergangenen Epoche oder besser vergangener Epochen. Kunstmusik, die sich unter anderem an bestimmten konstruktiven Prinzipien wie den Sonatenhauptsatz usw. orientiert. Ich möchte das jetzt nicht in extenso ausführen. Zumindest aber orientiert sich Filmmusik, besser deren Komponisten , bezüglich Orchestration, instrumentaler Farbgebung und formaler Kriterien an den Errungenschaften früherer, klassischer Komponisten.

Filmmusik bleibt dennoch Filmmusik, wenngleich manches davon durchaus "klassisch" geworden ist (s. meinen Beitrag oben). Aber das war auch meist Musik von Komponisten, die sich jenseits des Genres Film bereits in der sog. klassischen Musik einen Namen gemacht hatten (Korngold, Rosza etc.).

Kunst geht bekanntlich nach Brot und deshalb wird man diesen Komponisten kaum vorwerfen können, sich auf die Niederungen der Filmmusik begeben zu haben, wo sie allerdings auch Großartiges zu leisten verstanden. Dennoch, Filmmusik hat mit klassischer Musik nicht das geringste zu tun. Die Grenze zwischen beiden ist bei uns erst durch Werbesender wie "Klassik Radio" aufgeweicht und verwischt worden, andere Sender wie NDR3 haben nachgezogen.

Für mich ist es schlicht unerträglich, nach einem Satz einer Beethoven Sinfonie das seichte Geplätscher irgendeiner Filmmusik hören zu müssen, von der neuerdings grassierenden Häppchenkultur (selbst einzelne Sätze aus Vivaldi-Konzerten!!) mal ganz abgesehen. Meine Konsequenz daraus, ich höre Radio nur noch auf HR3, da gibt es fröhlichen Pop, ich muss mir nicht mehr alle 15 Minuten das bescheuerte feuilletonistische Gequatsche antun, und wenn ich mich an klassischer Musik zu erfreuen gedenke, greife ich zu meiner einigermaßen umfangreichen Platten- und CD-Sammlung, in der der Anteil von Filmmusik sich lediglich auf drei Platten beschränkt: Korngolds Violinkonzert in der Interpretation von Itzhak Perlman (einfach super), Addinsells Warschauer Konzert und die Filmmusik zu Der Dieb von Bagdad von Miklos Rosza.

(cr hat im Übrigen Filmmusik kurz und knapp als das charakterisiert, was sie ist. Sie ist auf keinen Fall das, was sie großorchestral vorgibt zu sein und ich denke mal, diesen Anspruch hatte auch nicht der jeweilige Komponist.)

Gruß


[Beitrag von SirVival am 17. Feb 2009, 11:35 bearbeitet]
sound67-again
Gesperrt
#39 erstellt: 17. Feb 2009, 11:43

SirVival schrieb:
Kunst geht bekanntlich nach Brot und deshalb wird man diesen Komponisten kaum vorwerfen können, sich auf die Niederungen der Filmmusik begeben zu haben, wo sie allerdings auch Großartiges zu leisten verstanden. Dennoch, Filmmusik hat mit klassischer Musik nicht das geringste zu tun.


Diese Unterscheidung ist Unfug und hat auch nichts mit der Präferenz bestimmter Sender für "Klassikhäppchen" vermengt mit Soundtracks-Schnipseln zu tun. So manche Schauspiel- und Ballettmusik ist auch in winzige Einzelabschnitte unterteilt.

Filmmusik (bzw. natürlich auch Fernsehmusik) in der o.g. Ausprägung ist ein Subgenre der orchestralen konzertanten Musik (nach Franz-J. Unterteilung 3.), wie z.B. Schauspiel oder Balletmusik (oder Hörspielmusik), nämlich solcher, die in einem multi-medialen Zusammenhang steht und in diesem oder außerhalb diesen Zusammenhangs aufgeführt/aufgenommen wird - wie gut jeweils "funktioniert", das hängt von dem jeweiligen individuellen Werk ab, nicht von dem Subgenre selbst.

Gruß, Thomas


[Beitrag von sound67-again am 17. Feb 2009, 11:43 bearbeitet]
op111
Moderator
#40 erstellt: 17. Feb 2009, 12:10
Thomas' Einstufung

sound67-again schrieb:
Filmmusik (bzw. natürlich auch Fernsehmusik) in der o.g. Ausprägung ist ein
Subgenre der orchestralen konzertanten Musik (nach Franz-J. Unterteilung 3.), wie z.B. Schauspiel oder Balletmusik (oder Hörspielmusik), nämlich solcher, die in einem multi-medialen Zusammenhang steht und in diesem oder außerhalb diesen Zusammenhangs aufgeführt/aufgenommen wird.

halte ich für eine diskussionsfähige Einstufung eines Teils der Fimmusik.
crs
Musik "a la(mode) classique"
und die üblichen POP-Hit-Sampler bilden m.E. Fraktionen mit anderem Anspruch.
Mellus
Stammgast
#41 erstellt: 17. Feb 2009, 14:00
Vorschlag: Zusätzlich zu Klassik 1 (Epoche), 2 (Sammelbegriff) und 3 (Kunstmusik) führen wir noch Klassik 4 (Kunsthandwerk) ein. Filmmusik könnte dann Klassik 4. sein. Das schließt den künstlerischen Aspekt nicht aus, fängt aber gleichzeitig, über das Handwerk, die funktionale Gebundenheit der Filmmusik ein.

Viele Grüße,
Mellus
op111
Moderator
#42 erstellt: 17. Feb 2009, 14:17

Mellus schrieb:
fängt aber gleichzeitig, über das Handwerk, die funktionale Gebundenheit der Filmmusik ein.


Und wie hältst du es mit Schauspiel- (Egmont, Peer Gynt) und Ballettmusik (Schwanensee, Le Sacre ..) ?
Das Gesamtwerk = Klassik 4
Orchestersuite = Klassik 3


[Beitrag von op111 am 17. Feb 2009, 15:23 bearbeitet]
SirVival
Hat sich gelöscht
#43 erstellt: 17. Feb 2009, 14:44
Hi,

Klassik ist nicht die 1., 2. oder 3. Wikipedia-Kategorie. Sie fasst diese drei scheinbar separierbaren Kategorien vollständig in sich zusammen, was Filmmusik nicht kann und auch nicht will, wenn wir mal einen so gearteten Willen beim Komponisten in Rechnung stellen. Sie bedient sich lediglich der Mittel klassischer Musik, insbesondere des Orchesterapparates spätromantischer Provenienz. Deshalb geht eure Gleichung Filmusik = Klassische Musik lange nicht auf. Wer dennoch anders argumentiert, will entweder nur innerhalb eines an sich sinnlosen Diskurses provozieren oder ist entweder ignorant oder reflektiert totale Ahnungslosigkeit.

Grüße


[Beitrag von SirVival am 17. Feb 2009, 14:52 bearbeitet]
Mellus
Stammgast
#44 erstellt: 17. Feb 2009, 14:54

Franz-J. schrieb:
Und wie hälst du es mit Schauspiel- (Egmont, Peer Gynt) und Ballettmusik (Schwanensee, Le Sacre ..) ?


Tja, das muss ich dann unter Klassik 4. einordnen.

Und die Idee des Gesamtkunstwerkes ist ja auch so, dass die mediale Einheit aller beteiligten Genres den künstlerischen Autonomieanspruch behauptet. Niemand käme auf die Idee, eine Wagner-Oper ohne Gesang aufzuführen. Und die Musik funktioniert auch nicht allein, wie man an der Aneinanderreihung im "Ring ohne Worte" vor Ohren geführt bekommt.

Beim Ballett bin ich mir aber unsicher, da ich gar nicht weiß, wie das funktioniert. Ein Choreograph kann doch zu einem x-beliebigen Musikstück, etwa einer Sinfonie von Brahms, einen Tanz schreiben. Das berührt die Musik ja gar nicht.

Viele Grüße,
Mellus
SirVival
Hat sich gelöscht
#45 erstellt: 17. Feb 2009, 15:21
Hi,

eine Ballettmusik ist für sich allein durchaus lebensfähig, aber die Choreografie per se nicht. Ich denke da jetzt mal an Schwanensee von Tschaikowsky: Die Choreografie von Petipa wäre lediglich ein Gehopse und Gespringe, das nicht der unfreiwilligen Komik entbehren würde. Allein mit der Musik wird ein sinnvolles Ganzes daraus. Ein Film ohne Musik ist dagegen durchaus goutierbar, was man von Filmmusik ohne Film nicht in allen Fällen sagen kann. Dazu ist die Gebundenheit an die Szenerie des Films viel zu ausgesprägt.

Gruß
op111
Moderator
#46 erstellt: 17. Feb 2009, 15:22

SirVival schrieb:
Sie bedient sich lediglich der Mittel klassischer Musik, insbesondere des Orchesterapparates spätromantischer Provenienz.


Auch das muß nicht sein, wie ebenfalls einige der Hitchcockschen Filmmusiken zeigen.
Weiteres Beispiel: Bei den "klassischen" Chabrol-Filmen sucht man großorchestrale Stücke vergebens.

Die Problematik äußert sich, wenn ich es recht verstanden habe, darin, daß (anspruchsvolle) Filmmusik nicht zur konzertanten Rezeption geschrieben wurde, sondern einzig und allein, um die Wirkung der Bilder/Handlung eines Films zu intensivieren. Damit existiert sie als dem Drehbuch untergeordnet.

Losgelöst vom Film steht aber m.E. nichts dem entgegen, sie nach den gleichen Kriterien zu beurteilen, wie jede beliebige Musik.
--
Darin kann ich auch keine Provokation erkennen.
Ist die absolute Betrachtung einer geistlichen Bachkantate eine Provoktion?
hifi-zwerg
Stammgast
#47 erstellt: 17. Feb 2009, 15:47
Hallo,

ich finde die Diskussion spannend, fürchte aber, daß ich Schwierigkeitn mit den Definitionen habe. Sehe ich folgendes richtig:
1) Filmmusik ist ein eigenes Genre (wie Konzert Ballet Oper...). Also Musik die explizit für einen Film komponiert wurde. Musik die für einen Film verwendet wurde, wird damit nicht zu "Fimmusik" z. B. die Verwendung von Klassik bei 2001 a Space Odyssey macht "Also sprach Zaratustra" sowenig zu Filmusik wie Mahlers 9. nicht zu Balletmusik wird, nur weil J. Neumaeier dazu tanzen lässt.

2) Es geht darum ob das ganze Genre nun zur Klassik gehört oder nicht.

Ich selbst habe nur Fragmente beizutragen:
- Die Grenze zwischen Klassik und nicht Klassik zwischen "Einstein on the Beach" und "Koyanisqatsi" zu ziehen, fällt mir genauso schwer wie so manches schwülstige Streicherarrangement hinter eine Kusszene eines zweitklassigen Hollywoodmachwerkes überhaupt als ernstzunehmende Musik wahrzunehmen.
- Wenn man die Musik schon vom Film trennt, was gehört denn dann zur Musik, nur der notierte Instrumentalteil oder auch das Kussgeräusch (oder markanter bei action oder Kampfszenene die Detonnationen).
- Was ist mit der Musik für Disney filmen (Dschungelbuch), ist das Filmusik weil für den Film geschrieben, oder sind das für den Film geschriebene Einzelnummern, die dann aber ähnlich den Popsoundtracks nicht als Filmmusik zu bezeichnen sind?.

Gruß
Zwerg
sound67-again
Gesperrt
#48 erstellt: 17. Feb 2009, 16:23
"SirVivals" Argumente bleiben weiter wenig durchdacht und inhaltlich unlogisch bzw. inhaltslos ...

Sein Abheben auf den "romantischen Apparat" als grundgegeben für Filmmusik ist ebenso sinnleer und Zeichen davon, dass er sich gar nicht ernsthaft mit dem Medium auseinandergesetzt hat. Für Filme werden auch Zwölfton- und weitergehend avangardistische Filmmusiken geschrieben. Nur eben nicht für Holywoodkomödien, wo übrigens auch nicht die Spätromantik vorherrscht, sondern der Neoklassizismus (neben Pop natürlich).

Stichwort "Animationsmusik" - Im Gegensatz zum "Realfilm", bei dem die Musik (Ausnahmen gibt es) grundsätzlich NACH Abschluss der Dreharbeiten und Feinschnitt komponiert wird - der Filmkomponist ist auf genaue Zeitfenster angeiwesen - schreibt man den Score zu einem Zeichentrickfilm in aller Regel VORHER, d.h. bevor die Hauptanimation angefertigt wird. So wurden z.B. die sehr komplexen Arbeiten Scott Bradleys für die Tom & Jerry-Cartoons immer vor der Anfertigung der Zeichnungen geschrieben - auf der Basis von Story Boards. Deshalb auch der Begriff des "Mickey Mousing" (Wikipedia), bei dem eine Geste der Musik genau einer physischen Aktion entspricht. Im Realfilm gibt es das auch, aber weit weniger "konsequent". Gerade Filmmusiken zu Realfilmen, die sich dieser Technik im Übermaß bedienen (Steiner!) wirken heute oft antiquiert.

Im Realfilm ist das aus praktischen Erwägungen wie oben angedeutet fast nie möglich. Ausnahmen war z.B. Arthur Bliss Score zu "Things to Come". Auch Bernard Herrmann war gelegentlich von Anfang der Dreharbeiten in die Produktionen involviert, aber das kommt sehr selten vor. Darum hat der Komponist meist am Ende zu wenig Zeit für zuviel Musik. Das erklärt auch einen Teil(!) der Klassik"diebstähle". Die es in der "echten" Klassik übrigens auch zu Hauf' gibt. Auch wieder eine SirVival-Differenzierung, die keinen Bestand vor der Realität hat.

Selbst Korngold musste seine Partituren "auf" den jeweiligen Film schreiben. Nebenbei eine Kunst für sich...

Natürlich gehört ein KUSS nicht zur Filmmusik. In den 30er und 40er Jahren gab es eh nur wenig Filmgeräusche, weil die Tonabmischung im Vergleich primitiv entwickelt war - die Bedeutung des Komponisten zur Darstellung dessen, was als Toneffekt nicht produzierbar war, aber umso größer. Auch ein Grund, warum Arbeiten wie die Korngolds, Rózsas oder Steiners ihre Filme mehr geformt haben, als dies bei heutigen Filmmusiken denkbar/erwünscht ist. Das hat die Arbeit heutiger Filmkomponisten sehr viel komplexer werden lassen - früher musste sich sein kein Komponist mit dem Sound Effects Editor kurzschließen, um etwa die Balance zwischen Musik und Geräuschen zu besprechen. Da wird mancher Herr dieser Zunft wehmütig an das Golden Age zurückdenken.

Umgekehrt haben jene klassischen Scores in dem Bemühen, möglichst das gesamte akustische Spektrum außerhalb des Dialogs abzudecken, zum sogenannten "Overscoring" geführt, wozu auch etliche Korngold-Scores gehören. So richtig emanzipiert hat sich die Filmmusik in Hollywood erst nach 1945, eine der epochalen Arbeiten, die hier einen Durchbruch erzielen konnten, war "The Best Years of Our Lives" von Hugo Friedhofer, eine Americana-Musik so ganz weg von den europäisch-zentristischen Scores der Vorkriegszeit. Auch hielten dann erst "Dissonanz" (Rózsa) und schließlich auch Atonalität (Rosenman, Kubik) in der Hollywood-Musik zumindest teilweise Einzug.

Führende Vertreter der Zunft haben es immer verstanden, Filmmusik zu schreiben, die den jeweiligen Film dramaturgisch sinnvoll unterstützen, aber auch musikalische Form besitzen. So gibt es z.B. auch in "effekthaschrischen" Filmszenen wie dem Höhepunkt in dem Ameisen-Horrorfilm "Them" ("Formicula") von Bronislaw Kaper eine "Fuge für die Ameisen". Die überwiegende Zahl der Filmkomponisten ab den 40er Jahren (weniger in den 30ern, als noch viele Broadway- und Stummfilmdirigenten als "Pseudo"-Kompoinisten Arbeit fanden) waren und sind klassisch ausgebildete Musiker, die genauso Konzertwerke (gute und schlechte) schreiben könnten.

Gruß, Thomas


[Beitrag von sound67-again am 17. Feb 2009, 16:40 bearbeitet]
op111
Moderator
#49 erstellt: 17. Feb 2009, 17:18

hifi-zwerg schrieb:
2) Es geht darum ob das ganze Genre nun zur Klassik gehört oder nicht.


... sicher nicht alles, was zu Bildern dudelt wie z.B. die Bravo-Hits zur nächsten dussligen Sommerkomödie.
Mellus
Stammgast
#50 erstellt: 18. Feb 2009, 00:42

Franz-J. schrieb:

hifi-zwerg schrieb:
2) Es geht darum ob das ganze Genre nun zur Klassik gehört oder nicht.


... sicher nicht alles, was zu Bildern dudelt wie z.B. die Bravo-Hits zur nächsten dussligen Sommerkomödie. :D


Diese Art von "Filmmusik" hat der hifi-zwerg aber mit seinem Punkt 1) bereits ausgeschlossen.


sound67-again schrieb:
"SirVivals" Argumente bleiben weiter wenig durchdacht und inhaltlich unlogisch bzw. inhaltslos ...


SirVivals letztes Argument war ein begriffliches: Der Begriff "Klassik" hat eine größere Extension als der Begriff "Filmmusik". Also kann "Klassik" nicht identisch mit "Filmmusik" sein. Das halte ich für ein gutes Argument. Zwar geht es am Diskussionspunkt vorbei, der ja darin besteht, dass Filmmusik ein Teil von Klassik ist, also eine Teilmenge der Extension von "Klassik" ausmacht. Aber nichts desto trotz ist der Ansatz so präzise, dass man darüber diskutieren und (ablehnend) entscheiden kann.

Ein negatives Beispiel ohne Argumentation hingegen ist es, auf den cleveren Einwand:


hifi-zwerg schrieb:
was gehört denn dann zur Musik, [...] auch das Kussgeräusch?


zu antworten:


sound67-again schrieb:
Natürlich gehört ein KUSS nicht zur Filmmusik.



Zurück zur Diskussion bleibt wohl festzuhalten, dass Klassik hier, und das ist keine "Wortklauberei", implizit immer als "Kunstmusik" oder "ernste Musik" verstanden wird. Das enthält für viele Menschen von vornherein eine Wertung und führt wohl allein deswegen schon zu Reaktionen. Nun wurden hier schon ein paar Ansätze vorgebracht, warum Filmmusik keine "ernste Musik" oder "Kunstmusik" sein kann. Man stößt da sicher früher oder später auf Schwierigkeiten, die ja auch aufgezeigt wurden.

Allerdings hat bisher niemand von denjenigen, die anscheinend damit sympathisieren, Filmmusik als selbständige "Kunstmusik" oder "ernste Musik" aufzufassen, auch nur einen Begründungsansatz dafür vorgebracht (eine Aussage wie "Filmmusik ist Kunstmusik" geht nicht als Begründung durch); oder alternativ eine Begründung dafür, dass es diese Unterscheidung gar nicht gibt.

Dienstleistung, Autonomie oder überhaupt irgendwelche Kriterien anzugeben stieß ja nicht auf Gegenliebe. Daher noch ein anderer Aspekt: Der ästhetische Anspruch zwischen Filmmusik und "Kunstmusik" ist asymmetrisch. Kunstmusik ging und geht regelmäßig über den jeweils gegenwärtig ästhetisch akzeptierten Standard hinaus. Filmmusik, verstanden wie in 1) vom hifi-zwerg, bedient bzw. bezieht sich bloß auf diesen Standard. Filmmusik erweitert im Gegensatz zur Kunstmusik das Konzept von Musik nicht. Ohne eine mehr oder weniger akzeptierte und allgemein verständliche musiksprachliche Symbolik funktioniert (!) Filmmusik halt in der Regel nicht.


Viele Grüße,
Mellus
sound67-again
Gesperrt
#51 erstellt: 18. Feb 2009, 09:16

Mellus schrieb:
SirVivals letztes Argument war ein begriffliches: Der Begriff "Klassik" hat eine größere Extension als der Begriff "Filmmusik". Also kann "Klassik" nicht identisch mit "Filmmusik" sein. Das halte ich für ein gutes Argument.


Was soll daran gut sein? Niemand hat behauptet, dass Filmmusik und Klassik begrifflich Synonyme sind. Wer würde das so missverstehen können? Deshalb war die daraus abgeleitete Polemik inhaltslos.


Allerdings hat bisher niemand von denjenigen, die anscheinend damit sympathisieren, Filmmusik als selbständige "Kunstmusik" oder "ernste Musik" aufzufassen, auch nur einen Begründungsansatz dafür vorgebracht (eine Aussage wie "Filmmusik ist Kunstmusik" geht nicht als Begründung durch); oder alternativ eine Begründung dafür, dass es diese Unterscheidung gar nicht gibt.


Da, wo sich Filmmusik explizit musikalischer Form bedient, z.B. der Leitmotivtechnik, Fugen, Passacaglien etc ist schon allein das "Gerüst" der Kunstmusik gewahrt. Die meisten orchestralen Filmmusiken haben ein thematisches oder motivisches Format und folgen in allen wichtigen Prinzipien denen der konzertanten Orchestermusik - und gehen zusätzlich eine Symbiose mit dem Film ein. Das sagt noch nichts über die Qualität der jeweiligen Arbeit aus, aber über ihren grundsätzlichen Charakter. Dadurch ist ute Filmmusik, also solche, die nicht bloß Filmeffekten folgt, auch autonom.


Der ästhetische Anspruch zwischen Filmmusik und "Kunstmusik" ist asymmetrisch. Kunstmusik ging und geht regelmäßig über den jeweils gegenwärtig ästhetisch akzeptierten Standard hinaus. Filmmusik, verstanden wie in 1) vom hifi-zwerg, bedient bzw. bezieht sich bloß auf diesen Standard.


Falsch bzw. irreführend. Nach dieser Definition wäre konservative Musik in ihrer jeweiligen Zeit auch keine Klassik, weil sich bspw. ein Carl Reinecke der Mittel Mendelssohns und Schumanns bedient, sie aber nicht erweitert. Dadurch hat Reineckes Musik weder einen "niedrigeren" Anspruch noch ist sie keine Klassik. Auch British Light Music wird zur "Klassik" gerechnet, obwohl sie überhaupt keiner weitergehenden ästhetischen Ansprüche hat.

Auch Filmmusik kann ästhetisch über den "Standart" (Was bitte schön ist der Standart z.B. heute - Avantgarde, Neoromantik, Polystilistik oder was?) hinausgehen, aber das Medium Film selbst ist in seiner Grammatik, zumindest, was das Mainstream Kino, erzählende Kino angeht, eher konservativ - und die Musik hierzu im konzertanten Sinne auch. Gehört sie deshalb nicht zur Klassik? Natürlich gehört sie dazu. Filmmusiken wie "Planet of the Apes" oder "Fantastic Voyage" sind im Vokabular weitaus "moderner" als so manches Orchesterwerk, das heute für den Konzertsaal geschrieben wird. Wieso also trennen?

Außerdem stellt die Filmmusik als solche auch eine musikalische Innovation dar, und zwar in den musikdramaturgischen und musiktechnischen Erfordernissen in der Symbiose mit dem Medium Film. So wie die Oper eine Symbiose von Musik und Theater darstellt.

Gruß, Thomas


[Beitrag von sound67-again am 18. Feb 2009, 09:45 bearbeitet]
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