Das Musikleben in der ehemaligen DDR: Künstler, Konzerte, Aufnahmen

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Hüb'
Moderator
#1 erstellt: 02. Dez 2004, 22:51
Hallo zusammen!

Manchmal scheint es mir so, dass bei aller Vorliebe für teils alte Aufnahmen, dass Musikleben der ehemaligen DDR mit seinem Staatslabel "ETERNA" in diesem Forum keine allzu große Rolle spielt. Ich frage mich, woran das liegt, sind bei der Eterna doch viele hervorragende Produktionen mit exzellenten Künstlern (Sanderling, Konwitschny, Suitner, Suske, Olbertz, Kegel...) entstanden. Auch habe ich den Eindruck, dass man sich in der ehemaligen DDR ganz besonders um moderne Musik bemüht hat.
Was sind eure Lieblingsaufnahmen aus dem Osten? Welche Künstler mögt ihr oder lehnt ihr ab?

Viele Grüße,

Frank / Hüb'
Susanna
Hat sich gelöscht
#2 erstellt: 03. Dez 2004, 00:39

Hüb' schrieb:
Manchmal scheint es mir so, dass bei aller Vorliebe für teils alte Aufnahmen, dass Musikleben der ehemaligen DDR mit seinem Staatslabel "ETERNA" in diesem Forum keine allzu große Rolle spielt.

Hallo Frank,

eine interessante Frage, die mich auch betrifft. Durch lange - damals leider nur schriftlich bestehende - Freundschaft zu einer Ostberliner Familie kam ich zu einigen DDR-Produktionen auf Schallplatte, nach der Wende vermehrt.
Ja, es handelt sich um oft hochstehende Aufnahmen, so z. B. das Weihnachtsoratorium, Lauten -und Gitarrenmusik, Masur. (Ich muß mal genauer nachschauen, was ich da alles habe). Otmar Suitner kenne ich noch als Dirigenten von Abonnement-Konzerten in Südwestdeutschland, er folgte irgendwann einem Ruf nach Dresden, glaube ich.

Viele Grüße,
Susanna


[Beitrag von Susanna am 03. Dez 2004, 12:44 bearbeitet]
FreakOfNature
Ist häufiger hier
#3 erstellt: 03. Dez 2004, 00:41
Obwohl ich meine frühe Jugend in der DDR verbracht habe, habe ich in dieser Zeit doch recht wenig vom heimischen Musikschaffen kennengelernt - in der Schule waren eben auch mehr die alten Bekannten (Beethoven, Bach, Mozart etc.) Thema. Ich muss gestehen, dass der einzige ostdeutsche Komponist, den ich kenne, Hans Eisler ist, ich aber nur sehr wenige Werke von ihm kenne. Zu empfehlen wäre sicherlich seine 'Deutsche Sinfonie'. Aufnahmen besitze ich leider keine, da meine Klassikperiode doch später eingesetzt hat...


[Beitrag von FreakOfNature am 03. Dez 2004, 00:44 bearbeitet]
plume
Hat sich gelöscht
#4 erstellt: 06. Dez 2004, 14:24
Kaum ein Kunststück, daß ehemalige DDR-Musik & Musiker/Komponisten "hier" kaum bekannt sind. Dies hat vielfältige Gründe, seinerzeit nicht zuletzt auch politische. Übrigens eine Lektüre für historisch interessierte Forumsmitglieder: "Musik im anderen Deutschland" von Fred Prieberg. Gibt's wohl nur noch antiquarisch.

Meine 60cm-Sammlung von DDR-Platten - sowohl Eterna als auch NOVA - datiert aus der Vor- und Nachwende-Zeit. Neben den staatstragenden Kommuponisten Hanns Eisler & Paul Dessau gibt es natürlich eine Menge anderer Namen. Meine Vorliebe für Werke für Klavier und Orchester jedenfalls hat aus dieser Region einige interessante Bereicherungen meiner Sammlung erbracht.
Mr_M
Hat sich gelöscht
#5 erstellt: 06. Dez 2004, 14:51
Zaehlen nur ETERNA-Aufnahmen? Wenn nicht, dann darf ich die tollen Strauss- und Bruckner-Pakete mit der Staatskapelle Dresden erwahnen, mit Kempe und Jochum. Ich habe auch die kompletten Beethoven-Sinfonien mit SD/Blomstedt, Bruckner 4+7, die Strauss-Aufnahmen (besonders gut: Also sprach Zarathustra), die CD mit Tod und Verklaerung und Metamorphosen ist grade in der Post.
Ausserdem habe ich neulich Bruckner 4 mit SB/Suitner gekauft und plane, mehr von diesem Team zu sammeln.
Ich halte die Staatskapelle Dresden fuer eins der besten Orchester auf dem Planeten und hoere besonders gerne Aufnahmen aus der Zeit, als die Blechblaeser noch mit mehr Vibrato spielten. Nicht unbedingt, weil ich der Meinung bin, dass es besser ist, sondern weil es ein sehr charakteristischer Klangstil ist - war? Mir scheint, dass der Klang sich deutlich gewandelt hat in der Zwischenzeit.
Daher habe ich auch einige Aufnahmen mit Peter Damm, neben den Strauss-Konzerten, die in der EMI-Edition enthalten sind, auch seine fruehere Aufnahme zusammen mit Zimmermanns Divertimento, ein Album mit dem Titel Romantische Hornkonzerte (Weber, Lortzing, Saint-Saens, Schumann) und Hornkonzerte am saechsischen Hof.
walter_f.
Hat sich gelöscht
#6 erstellt: 06. Dez 2004, 15:03
Von Berlin Classics habe ich u. a. eine sehr interessante 3 CD Kassette - Musik in der DDR Vol.I, Musik für Orchester (0090692)

Ich weiss allerdings nicht, ob's die noch gibt.

Grüsse
Walter

http://www.edelclassics.com/index_js_edelclassic.html
http://www.siegfried-matthus.de/
alidoro
Ist häufiger hier
#7 erstellt: 03. Jan 2007, 13:14
Genossen! Bürger!
Brüder und Schwestern!
Kämpfer unserer Armee und Flotte!
An euch wende ich mich, meine Freunde!

Das für mich skurrilste Produkt des DDR-Musiklebens ist die Umgestaltung von Beethovens Chorfantasie op. 80.

Kein Witz: Die FDJ beauftragte Johannes R. Becher 1951 anläßlich der "Weltfestspiele der Jugend" damit, den zugegebenermaßen literarisch nicht gerade anspruchsvollen Originaltext (Schmeichelnd, hold und lieblich klingen unsres Lebens Harmonien... *gröhl*) durch eine sozialistische Variante zu ersetzen, die fortan zwischen Wismar und Zittau allen Aufführungen zugrunde gelegt wurde. Becher hat Folgendes ausgeknobelt:

Seid gegrüßt! Laßt Euch empfangen
Von des Friedens Melodien!
Unser Herz ist noch voll Bangen,
Wolken dicht am Himmel stehn.

Aber neue Lieder tönen,
Und der Jugend Tanz und Spiel,
Zeugt vom Wahren und vom Schönen,
Ordnet sich zu hohem Ziel.

Wo sich Völker frei entfalten
Und des Friedens Stimme spricht,
Muß sich Herrliches gestalten,
Nacht und Träume werden Licht.

Leben wird zu Lust und Wonne,
Wird zu aller Wohlergehn,
Und der Künste Frühlingssonne
Läßt die Welt uns neu erstehn.

Großes, das uns je gelungen,
Blüht im neuen Glanz empor.
»Friede, Friede ist errungen!«
Jubelt laut der Menschheitschor.

Nehmt denn hin, ihr lieben Freunde,
Froh der Gaben schöner Kunst.
Wenn sich Geist und Kraft vereinen,
Winkt uns ewigen Friedens Gunst.

Die Chorfantasie wird ja häufig den schwächeren Werken LvBs zugerechnet - egal, ich höre sie unheimlich gern wegen ihrer Originalität und ihres Pathos. Hier übte der Meister fürs Finale der 9. Mir gefällt mit Abstand die Aufnahme mit Otto Klemperer und dem jungen Barenboim am Besten. Da kommen zunächst die kammermusikalischen Passagen hervorrragend zur Geltung, und mit dem vollen Einsatz von Chor und Orchester läßt Otto es dann richtig krachen. Leider wird nur der West-Originaltext gesungen *g*.

Man kann allerdings auf eine Konwitschny-Aufnahme bei Eterna von 1970 zurückgreifen, wenn man die sozialistische Fassung bevorzugt ;-) Diese Aufnahme - eine Bereicherung für jedes Kuriositätenkabinett - kann man bei Amazon sogar sehr günstig ordern, in Kombination mit selten gehörten Werken, von denen die "Meeresstille" wirklich sehr schön ist.

Vorwärts zum Sieg!

Alidoro
Fressbacke
Stammgast
#8 erstellt: 08. Jan 2007, 03:11
Diese Skurrilität habe ich seit geraumer Zeit - beinhaltet in den 2 hervorragenden Konwitschny-Boxen.
Jener ist für mich DER Künstler, den ich wohl (was den hier gefragten Personenkreis angeht) am meisten schätze - schon weil er daran "Schuld" ist, daß ich sehr früh einen anderen als den Karajan'schen Blick auf Beethoven kennenlernen konnte.

Ralf


[Beitrag von Fressbacke am 08. Jan 2007, 03:12 bearbeitet]
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