Gehäusegröße und Trennfrequenz

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LowEnd
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 25. Mai 2006, 15:14
Hallo,

ich habe ein paar Fragen bezüglich eines Lautsprecherprojektes und hoffe ihr könnt mir weiterhelfen...

Ich möchte eine 2-Wege-Box mit folgenden Chassis bauen:

Seas M 14 NP als Tief-Mitteltöner
Focal TC 90 K als Hochtöner

Als Unterstützung im Bassbereich dient ein Subwoofer (38 cm), mit einer Trennfrequenz von 150 Hz (12 dB).

Die Frequenzweiche soll 1. Ordnung (Butterworth) sein. Der Seas ist im Bereich von 200 Hz bis 5KHz fast linear und soll bei 2270 Hz getrennt werden (0,56 mH). Der Focal spielt ab ca. 1,2 kHz linear und bekommt einen Kondensator mit 8.9 uF.

1. Habe ich die Trennfrequenz richtig gewählt?
2. Wie groß muß das Gehäuse des Seas sein? Es kommt ja hier nicht auf den Bass an, sondern auf die Impulsfreudigkeit.

Noch eine Frage:
Ich habe in einem Buch (vor Jahren) mal gelesen, dass ein Mitteltöner ohne Gehäuse auch gut klingen kann. Stimmt das?

Vielen Dank im voraus.
ton-feile
Inventar
#2 erstellt: 26. Mai 2006, 23:20
Hallo LowEnd,
Die Kombination der beiden Chassis finde ich reizvoll, obwohl der Übergang von der weichen PP-Membrane zur harten Kevlarmembrane eventuell klanglich etwas kritisch sein könnte.
Allerdings glaube ich nicht, dass der Hochtöner eine Beschaltung mit einem elektrischen 6dB-Filter überleben würde, wenn die Trennfrequenz so niedrig gewählt wird. Da wird noch viel zu viel Tieftonenergie durchkommen, die den HT schon bei moderaten Pegeln schiessen würde. Ausserdem hat der Fokal eine recht kräftige Grund-Resonanz bei 950Hz. Die daraus folgende Impedanzspitze wird zwar durch den pegelsenkenden Spannungsteiler maskiert, sodass sie sich kaum auf den Frequenzgang aufprägen dürfte, sorgt aber trotzdem für zerstörerische Membranauslenkungen, wenn sie nicht vom Filter bedämpft wird. Klingen würde es auch nicht gut, weil der Lautsprecher bei 950Hz langsamer ausschwingen würde. 12dB sind aus meiner Sicht bei einer Trennfrequenz von 2300Hz unumgänglich.
Wenn der HT in einer dem Seas angemessenen Schallwand sitzt,
sieht das mit dem linearen Frequenzgang bis 1,2 kHz auch nicht mehr so dolle aus. Die Messung wurde ja in einer grossen Schallwand gemacht, so dass der HT halbkugelförmig abstrahlt. In einer schmalen Schallwand geht er viel früher
zur kugelförmigen Abstrahlung über. Die Schallenergie die nach hinten geht, fehlt dann "auf Achse", so dass der HT erst bei ungefähr 2,5kHz(ca!!!) auf Bezugspegel ist.
Wenn Du da 9myF vorschaltest, wirst Du keinen grossen Unterschied beim Frequenzgang sehen.
Beim Tieftöner hast Du das Belastungsproblem nicht, dafür musst Du aber den Übergang vom kugelförmigen zum halbkugelförmigen Abstrahlverhalten in den Griff bekommen, der sich in einer oft ausgeprägten Stufe im Frequenzgang zeigt, die sich mit nur einer Spule eher schlecht handeln lässt. Beschaltungen mit einem 6dB-Filter funktionieren besser bei breiten oder sehr stark verrundeten Schallwänden.
0,56mH sind aber in jedem Fall zu wenig. Werte ab 1mH sind realistischer. Oft ist es aber trotzdem so, dass der Pegel dann oberhalb des Grundtons schon sinkt, um dann im Präsenzbereich wieder kräftig über den Bezugspegel zu steigen.
Hier kann noch ein Saugkreis helfen, der aber die Impedanz
bei 6dB-Filtern auf kritische Werte sinken lassen kann, oder ein Sperrkreis, der die Impedanz erhöht; beides ohne Messtechnik nicht zu machen.
Also vielleicht doch lieber eine 12dB-Beschaltung?
1,5mH und 10myF wären ein guter Startwert für den Seas.
Das mit den 6dB-Filtern sollte man nicht so eng sehen. Die Beschaltung mit elektrischen 6,12,18...dB Filtern lässt noch keine Aussage über das tatsächliche akustische Übertragungsverhalten zu und das ist es was zählt. In der Praxis haben mit el.6dB Filtern beschaltete HT oft ein 12dB Übertragungsverhalten,
während mit 12dB-Filtern beschaltete Bassmitteltöner durchaus über einen weiten Bereich akustisch 6dB Charakteristik zeigen können. Und nur, wenn die Weichenflanken akustisch mit 6dB pro Oktave abfallen, ist es wirklich "erste Ordnung", egal wie elektrisch beschaltet wurde.
Grüsse
ton-feile
Inventar
#3 erstellt: 27. Mai 2006, 09:33
Jetzt hab ich noch ein wenig in meinen Projekten gekramt und noch was gefunden.
Das ist die Focal-Kalotte aus einem KRK6000 Monitor.
Der dürfte laut Daten (fs und Qt)ziemlich baugleich sein.
Allerdings würde ich keine Verantwortung für das Überleben des HT übernehmen.


Die Schaltung:


Das ganze mal kombiniert mit einem Seas W111, allerdings von einem Lautsprecher mit schmalerer Schallwand.


Die Schaltung vom Seas:


Das ist nur ein Beispiel. Die Messungen stammen von verschiedenen Gehäusen(-Breiten) und sind nicht kalibriert, d.h. auch der Spannungsteiler im Hochtonzweig würde bei Deinem Lautsprecher anders dimensioniert sein. Auch die Phasenlage der Chassis wird bei Dir etwas anders sein, weil ich nicht beschwören möchte, beide Lautsprecher mit genau dem gleichen Micro-abstand gemessen zu haben.


[Beitrag von ton-feile am 27. Mai 2006, 09:39 bearbeitet]
LowEnd
Ist häufiger hier
#4 erstellt: 27. Mai 2006, 09:59
Hallo ton-feile,

erst einmal vielen Dank für deine ausführliche Antwort.

Beide Chassies haben einen Wirkungsgad von 92 dB und deshalb benötigen sie keine Pegelabsenkung oder irre ich mich da?
Ich meine auch, dass eine 12 dB-Weiche besser wäre, aber ich wollte eine 6 dB ausprobieren, weil ich eine ähnliche Konstruktionen gesehen habe (in hobby-hifi aber mit 15 cm TT), die sehr gute Werte und einen guten Klang hatten.
Aber töten wollte ich die Hochtöner natürlich nicht...

Mit deinem Vorschlag für die 12 dB-Weiche hätte ich dann sogar noch eine Alternative.
Aber ist bei den genannten Werten die Trennfrequenz nicht sogar nur halb so hoch wie bei "meiner" 6 dB gewählt?

Eine andere Möglichkeit die mir in den Sinn kommt, wäre eine Trennfrequenz um die 3 kHz mit sehr steilflankigen (18/24 db)Filtern. Was meinst du?
ton-feile
Inventar
#5 erstellt: 27. Mai 2006, 10:44
Hallo LowEnd
Wenn Du mit einer Faustformel gerechnet hast, musst Du die berechneteten Werte beim Tieftöner erfahrungsgemäss meist verdoppeln, damit es realistisch wird. Diese Formeln gehen von einem idealen Chassis aus, dass sich wie ein ohmscher Widerstand verhält. Bei realen Chassis wird die Impedanz aber mit steigender Frequenz immer höher.
Wenn Du eine steilere Weiche in Betracht ziehst, solltest Du möglichst tief trennen; evetuell schon unter 2000Hz.
Der Hochtöner wird dann ja sehr gut vor dem bösen Tiefton
geschützt. Das Rundstrahlverhalten wird auch bei tiefer Trennung besser, weil der TT mit steigender Frequenz immer mehr den Schall bündelt. Dann würde ich Dir aber eher einen Hartmembran-tiefmitteltöner empfehlen. PP-Membranen sind eben nicht gerade hochauflösend und haben einen weicheren Antritt im Bass, bieten aber den Vorteil, oben rum gutmütig zu sein und nicht in fiese Resonanzen aufzubrechen. Davon hast Du bei einer steilflankigen Trennung aber nichts mehr. Dir bliebe nur der Nachteil der schlechteren Auflösung. Allerdings hast Du nur sehr wenig Chancen, eine steilflankige Weiche ohne Messtechnik erfolgreich hinzukriegen. Die reagieren äusserst mimosenhaft und Formeln bringen Dir bei realen Lautsprechern wenig. Wenn Du gehörmässig arbeiten möchtest, mach lieber was mit flacheren Filtern bis maximal 12dB.
Um die Pegelabsenkung kommst du nicht rum, weil die Wirkungsgradangaben bei Tieftönern meist unbrauchbar sind. Die werden oft für 1kHz oder so angegeben. Du willst ja auch noch Grundton hören. Realistischer sind so um die 88dB, wenn du Satelliten baust. Aber das sind wirklich nur Schätzungen.
92dB sind aber utopisch


[Beitrag von ton-feile am 27. Mai 2006, 10:53 bearbeitet]
LowEnd
Ist häufiger hier
#6 erstellt: 27. Mai 2006, 12:43
Tief wollte ich den Seas auf jeden Fall nicht trennen, da er ja bis 5000 Hz einen optimalen Schalldruckverlauf hat; dass wollte ich ausnutzen. Der klingt schon ohne Frequenzweiche besser als so manche Lautsprecherbox. ;-)
Der Sub soll dann das "ausgleichen", wofür eine PP nicht geeignet ist.

Also bleibt als Fazit: "Ohne Messen geht nichts."?

Nochmals vielen Dank, dass du dir die Mühe machst einem Anfänger zu helfen.
ton-feile
Inventar
#7 erstellt: 27. Mai 2006, 16:29
Wenn Du einen hohen Anspruch an den Klang Deines Lautsprechers hast, ist es sehr schwierig, ohne Messen auszukommen.
Dein favorisierter Seas-TT und die Focal-Kalotte sind nun wirklich Chassis, die eine gut designte Frequenzweiche wert wären. In einem Punkt muss ich mich aber korrigieren.
Ich hab mir jetzt mal den M 14 NP angesehen und das ist ja ein reinrassiger Mitteltöner. Der ist wirklich ganz schön laut und 90dB wären ihm schon zuzutrauen. Aber der Spannungsteiler ist das kleinste Problem bei dem Projekt.

Aber es gäbe ja noch die Möglichkeit, erstmal etwas sanfter in den Selbstbau einzusteigen und mit einem Breitbänder anzufangen. Es gibt da sehr schöne kleine Breitbänder wie den 10 BGS 119/8 von Vifa, die sich gut mit einem Sub vertragen, nicht teuer sind und wie ich finde, noch keinen Hochtöner vermissen lassen. Der braucht nur eine kleine Entzerrung im Mitteltonbereich und spielt dann sogar Fullrange schon verblüffend gut, wenn auch nicht sehr laut. Den könntest Du aber auch als 2Wege-system konstruieren und mit echten 6dB trennen. Dann ist das ganze schon recht pegelfest. Allerdings sollte es dann ein 17er Bassmitteltöner sein. Ich glaube, so etwas
könntest Du (mit evtl.ein wenig online-support) auch ohne Messtechnik selbst in den Griff bekommen.

Die zweite Alternative wäre ein schon existierender Bauvorschlag. Es müsste mich schwer wundern, wenn es nicht mindestens fünf Bauvorschläge mit deinem Focal-HT geben würde. Mach das doch mal zum Thema; im Forum kann Dir sicher jemand mit Infos weiterhelfen. Das einzige, was ich mit dem Focal gemacht habe, war eine Weichenalternative für den KRK6000-Monitor. Da ist zwar ein Focal Polyglass-TMT verbaut,
der ist aber für KRK modifiziert und so nicht erhältlich.
Also, alles gute weiterhin für Dein Projekt! ' '
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