Röhrenradio Graetz Melodia 618

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Marmor13
Neuling
#1 erstellt: 21. Aug 2022, 08:45
Hallo zusammen,
ich bin neu hier. Als Radiosammler habe ich vor Kurzem einen Graetz Melodia 618 erworben. Sehr schönes Gerät. Nach dem ich die Röhrengeprüft habe, habe ich die Teerkondensatoren ausgetauscht. Jetzt hat das Radio Empfang auf allen Bereichen, aber der Ton ist leise, obwohl die Endstufe sehr gut funktioniert, die Tastenkontakte einwandfrei und konnte keinen Kurzschluss feststellen. Auch die Anschlüsse der EF89 sind ok. Hat Jemand eine Idee, woran das liegt?
Herzlichen Dank im Voraus,
Wilhelm
pragmatiker
Administrator
#2 erstellt: 21. Aug 2022, 08:58
Servus Wilhelm,

Deine Angaben sind alle a bisserl diffus:

  • "Nachdem ich die Röhren geprüft habe": Wie (mit welchem Meßgerät) hast Du denn die Röhren geprüft?
  • "obwohl die Endstufe sehr gut funktioniert": Was heißt denn das genau? Hast Du alle Spannungen gemessen? Wenn ja: Mit welchem Meßgerät? Wenn ja: Wie groß sind diese Spannungen?
  • "Empfang auf allen Bereichen": Was hast Du denn auf Lang- und Mittelwelle gehört?
  • "Auch die Anschlüsse der EF89 sind o.k.": Was heißt denn das genau? Schließt diese Aussage auch die Fassung mit ein?
  • "Die Tastenkontakte einwandfrei und konnte keinen Kurschluß feststellen": Was und wie wurde denn da geprüft (über etlichen Kontakten dürfte auch im Nicht-Defektfall etwas kurzschlußähnliches durch dort angeschlossene Spulen anstehen)?

Wenn der Empfang auf ALLEN Wellenbereichen (also UKW (FM) und auch AM) leise ist, kann man den HF- und ZF-Zug des Geräts (zu dem auch die EF89 gehört) mit einiger Sicherheit als Fehlerquelle ausschließen und sich auf den NF-Teil konzentrieren, der mit dem Triodenteil der EABC80 beginnt.

Wie benimmt sich das Gerät, wenn man über die Buchsen "TA" oder "TB" ein externes Audiosignal einspeist? Ist der Kathodenelko der EL84 (327, 50[µF]) in Ordnung?

Für alle Mitdiskutanten hier mal das Schaltbild des Graetz Melodia 618 (im Schaltbild steht zwar was von 7 Röhren - ich konnte aber nur 6 entdecken):

Graetz Melodia 618 Schaltbild

Da das im Schaltbild etwas schwer lesbar ist, hier mal die wichtigsten Spannungsangaben aus dem Schaltbild (die natürlich nur bei 220[V] Netzspannung gelten und mit einem Spannungsmesser von 500[Ohm/V] im 30[V]DC- (Ri = 15[kOhm]) bzw. 300[V]DC-Meßbereich (Ri = 150[kOhm]) gegen Schaltungsmasse gemessen wurden (alle Spannungsangaben: Lautstärkesteller zugedreht, kein HF-Eingangssignal):

  • Anodenspannung EL84 (Pin 7): +244[V].
  • Schirmgitterspannung EL84 (Pin 9): +198[V].
  • Kathodenspannung EL84 (Pin 3): +5,6[V].
  • Anodenspannung Triodensystem EABC80 (Pin 9): +53[V].
  • Spannung Elko 402 (50[µF]): UKW +259[V]; AM + 264[V].
  • Spannung Elko 403 (50[µF]): UKW +216[V]; AM + 228[V].
  • Spannung Elko 404 (4[µF]): +198[V].
  • Anodenspannung EF89 (Pin 7): +196[V].
  • Schirmgitterspannung EF89 (Pin 9): +54[V].
  • Kathodenspannung EF89 (Pin 3): 0[V].
  • Anodenspannung ECH81 Heptodensystem (Pin 6): UKW +197[V]; AM +221[V].
  • Schirmgitterspannung ECH81 Heptodensystem (Pin 1): UKW +68[V]; AM + 63[V].
  • Kathodenspannung ECH81 Heptodensystem (Pin 3): 0[V].
  • Anodenspannung ECH81 Triodensystem (Pin 6): +99[V].
  • Kathodenspannung ECH81 Triodensystem (Pin 3): 0[V].
  • Anodenspannung ECC85 Vorstufensystem (Pin 1): +185[V] (messen am linken Ende von Widerstand 20 (2,2[kOhm] - NICHT direkt am Anodenpin!).
  • Kathodenspannung ECC85 Vorstufensystem (Pin 3): +1,7[V].
  • Anodenspannung ECC85 Mischer-/Oszillatorsystem (Pin 6): +113[V] (messen am linken Ende von Widerstand 26 (18[kOhm] - NICHT direkt am Anodenpin!).
  • Kathodenspannung ECC85 Mischer-/Oszillatorsystem (Pin 9): 0[V].
  • Sekundärwechselspannung Anodenwicklung Netztrafo: 224[V]AC.

Wenn man bei der heutigen Netzspannung von 230[V] sowie mit den heute üblichen, hochohmigen Spannungsmessern (R(i) > 1[MOhm]) mißt, muß man natürlich vorher die Spannungsangaben aus dem Schaltbild entsprechend umrechnen, um anhand der neuen Sollwerte die echten Meßwerte auf Datenhaltigkeit überprüfen zu können.

Obacht: Das Gerät hat eine FM-ZF von 6,75[MHz] (anstelle der üblichen 10,7[MHz]). Das hat man bei Saba und Graetz bei den Geräten der eher niedrigeren Preisklassen (die dann trotzdem pompös als "Großsuper" angepriesen wurden) ganz gern gemacht, um auch mit so wenigen FM-ZF-Stufen wie möglich (d.h. mit so wenigen Röhren wie möglich) eine möglichst hohe FM-ZF-Verstärkung (sprich: eine hohe UKW-Empdindlichkeit) zu erzielen. Die Spiegelfrequenzunterdrückung war bei dieser geringen ZF allerdings eine deutliche Problembaustelle dieser Radios - genauso wie die Unterdrückung der Oszillatorstrahlung am Antennenanschluß.

Falls sich jemand in diese "6,75[MHz] FM-ZF-Thematik" tiefer einlesen möchte:

Funkschau 1955, Heft 13, Seite 267 - "UKW-Empfänger mit neuer Zwischenfrequenz": https://www.radiomus...U_1955_h13_s267f.pdf
https://www.radiomus...hz_oder_675_mhz.html

Grüße

Herbert


[Beitrag von pragmatiker am 21. Aug 2022, 10:16 bearbeitet]
Marmor13
Neuling
#3 erstellt: 21. Aug 2022, 12:38
Lieben Dank Herbert für deine rasche detaillierte Antwort.
Also, die Spannungen, die ich am Gerät gemessen habe, stimmen überein mit deinen Angaben.
Mit externem Audiosignal über TA-Buchse kommt ganz normaler Ton aus den LSP.
Was ich vergessen habe zu erwähnen: wenn ich manchmal mit einem Schraubenzieher einen Anschluss des Hohen-Reglers berühre, ohne daran zu wackeln, wird der Ton normal aber dann und nach ein Paar Minuten kehrt wieder spontan zurück. Ich habe die Drahtleitungen verfolgt. Kein Fehler gefunden. Der Leise Ton kommt aus allen Lautsprechern, hochfrequent, auch aus externen LSP. Ich habe das Gerät ohne Erfolg geschüttelt und angeklopft: keine Veränderung.
Ingor
Inventar
#4 erstellt: 23. Aug 2022, 07:15
Hast du mal den Muteschalter untersucht? Evtl. öffnet der nicht in Radiostellung. Hast du schon das Signal mit einem Oszi verfolgt? Gitterspannung an der EABC 80 bei Phono und bei Radiostellung gemessen? Geht u.U. nicht. Mir scheint, dass du durch die Berührung mit dem Schraubenzieher entweder eine Spannung abgeführt, oder zugeführt hast. Wäre natürlich auch gut, wenn du genauer ausführen würdest, wo du am Klangregler dran gekommen bist.
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