Sicke mit Front "abdecken"

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John_R.
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 24. Apr 2024, 12:17
Hallo zusammen,
mein nächstes Projekt fürs Wohnzimmer soll eine geschlossene Box mit dem Tang Band W4-1879 werden, unterstützt durch einen Subwoofer. Ich möchte das Gehäuse optisch an die restlichen Möbel anpassen. Habe mir den Farbcode besorgt, das entsprechende Rattan geflecht, nun stört mich an diesem sonst so schönen Treiber die schwarze Sicke. Den Befestigungsring mit den Schraublöcher würde ich mit einer Front abdecken. Nun wäre meine Frage, bitte steinigt mich nicht gleich: wäre es akustisch vertretbar, die Front ebenfalls über die Sicke reichen zu lassen, damit quasi alles schwarze der Chassis verdeckt wäre? Die Schicht der Front hätte dann natürlich etwas Abstand zur Chassis, damit sich diese bewegen kann. Ich habe mir ein paar Basics zum Thema Baffle Step und Horn durchgelesen, aber dieser spezielle Fall wurde dort, wie zu erwarten, nicht behandelt...
Hier handelt es sich offensichtlich nicht um einen kompromisslosen high-end Ansatz der 100% der theoretischen Möglichkeiten rausholen möchte, will aber auch nicht alles ignorieren und mir so die Boxen zu versauen.
Hat jemand Erfahrung mit ähnlichen Konzepten oder kann eine Einschätzung zum Einfluss geben? Wenn der Einfluss "nur" wie beim Baffle Step wäre, könnte ich den zum gewissen Grad mit Audyssey korrigieren (die werden an einem Denon-Receiver betrieben)
Falls relevant: die Boxen sollen relativ flach werden (15-20cm) und die aufstellung erfolgt aus optischen-/WAF-Gründen bündig an der Wand.
Beste Grüße, John
highfreek
Inventar
#2 erstellt: 24. Apr 2024, 12:24
in den 70ern/Anfang 80er gab es einige Hersteller, z.B. Hans Deutsch, Modell Poseidon, die teile der TMT abgedeckt haben, das diente so weit ich mich erinnere um Mitteltonanteile abzuschwächen, ob das wirklich Hand uns Fuss hatte wage ich nicht zu beurteilen.
Es gibt auch noch irgendeinen Monitor aktueller Bauart an dem das so dgf ist


Ich denke, bei einer Drei Wege Box mit extra tieftöner dürfte es relativ egal sein.


[Beitrag von highfreek am 24. Apr 2024, 12:34 bearbeitet]
John_R.
Ist häufiger hier
#3 erstellt: 26. Apr 2024, 06:42
Spannend! Die Boxen von Hans Deutsch habe ich gefunden, leider keine weitergehenden Infos / Tests / o.ä.

Nur um Missverständnisse vorzubeugen: ist keine 3, sondern eine 2-Wege-Box (bzw. Breitbänder + separat aufgestelltem Subwoofer). Bleibst du trotzdem bei deiner Einschätzung?
highfreek
Inventar
#4 erstellt: 26. Apr 2024, 07:35
Nun, laut HD sollte es den Mittelton Anteil aus dem TT begrenzen der abgestrahlt wurde, da die "Weiche" wohl "nur" 1 Ordnung war. (6db)
Der Bass Ton breitet sich wg der Wellenlänge anders aus als der Mittelton, somit soll das vorgelegte Brett das abstrahlen des unerwünschten Mitteltons unterdrücken.

Hd sagt das geht, ich hab K.A.

aber bei einem TMT also einer 2 Wege Box wäre ich vorsichtiger.

Aber die frage ist ja, ob die Sicke Grundsätzlich überhaupt einen nennenswerten Ton abgibt.
Früher , in den 60ern, hat man die LSP oft von hinten ins Gehäuse geschraubt, weil man nicht bemerkte das die Ausbreitung des Schalls in der höhe und breite so eingeengt wurde. Das hat man später berichtigt, aber nur bei HT und MT ist das wichtig. Beim Bass aber nicht.

Du hast aber nur 2 Wege, also strahlt dein TMT auch Mitten ab, also eher ungünstig. Vermutlich.

Frage bleibt, was strahlt die Sicke bei Mittelton ab ? eher nix ? oder doch ?

Bin ICH überfragt !

Schade das sich hier kein Kenner beteiligt !!!!!


[Beitrag von highfreek am 26. Apr 2024, 07:38 bearbeitet]
flexiJazzfan
Inventar
#5 erstellt: 26. Apr 2024, 11:27
Eigentlich sind die Randbereiche einer Membran immer kritisch, weil dort das schöne lineare Verhalten wie es die Schwingspule in der Mitte vollführt, durch die Sicken gedämpft/gestört wird – und werden soll. Backes & Müller deckt(e) bei seinen großen Zeilenstrahlern die Seiten der Membrane mit geformten Holzteilen ab um spezielle Ausbreitungscharakteristiken zu erzeugen. Bei den Manger Schallwandlern sind ebenfalls Randbereiche abgedeckt, es gab dafür auch früher besondere Ablenkblenden für einen ausgewogeneren Klang im Hörbereich.

Ansonsten gibt es jede Menge Spielereien, die das „Mitmusizieren“ der Sicken möglichst verhindern sollen – auch wenn für den Durchmesser der Membran in den Datenblättern immer die Hälfte der Sicken mitgemessen wird. BW hat beim Mitteltöner überhaupt keine Sicken!

Für eine eigene Abdeckung würde ich eine gerundete Kante bevorzugen vor einer Stufe oder einer messerscharfen Kante.
Gruß
Rainer
quecksel
Inventar
#6 erstellt: 27. Apr 2024, 10:42
Solche Abdeckungen der Sicke sind bei höheren Frequenzen tendenziell problematisch weil die zwangsweise entstehende Einstülpung eine Art Viertelwellenresonator bildet.

Mal als Beispiel eine zum W4 ähnliche Geometrie in Axidriver simuliert:
1. Membran in unendlicher Schallwand:
a) Geometrie
bild_frei
b) Aus der Simulation resultierender Frequenzgang, 0-90°
fg_frei
2. Membran mit Sickenabdeckung:
a) Geometrie
bild_abdeckung

b) Aus der Simulation resultierender Frequenzgang, 0-90°
fg_abdeckung

Sehr starke Resonanz bei 5 kHz!

c) akustische Feld in der Nähe der Resonanz
feld_abdeckung

Man sieht sehr schön die hohe Amplitude in der Einstülpung.

Dazu sei noch zu sagen dass diese Effekte natürlich stark mit der Geometrie der entstehenden Einstülpung variieren. Je tiefer die Einstülpung desto tiefer ist die Frequenz der Resonanz und desto stärker ausgeprägt ist sie tendenziell. Da hier die Sicke komplett abgedeckt werden soll sehe ich wenig Chancen dass diese Resonanz unkritisch bleibt.
Ein weiteres Problem ist dass sich die Geometrie der Einstülpung mit dem Mebranhub verändert. Dementsprechend variiert die Resonanz mit dem Hub und das sorgt natürlich für nichtlineare Verzerrungen.
flexiJazzfan
Inventar
#7 erstellt: 27. Apr 2024, 13:03
Welcher Frequenzgang liegt dem zugrunde? Sieht nicht aus wie ein Breitbänder. In der Kurvenschar: welche ist die 0 Grad Kurve und welche die 90 Grad?

Den "Horneffekt" wird man genauso wie den "Druckkammereffekt" des überstehenden Randes nicht vermeiden können, befürchtete ja auch der TE.
Wie wäre dein Vorschlag das zu minimieren? Der Effekt scheint mir erstaunlich groß wie er in der Rechnung dargestellt ist.

Gruß
Rainer
quecksel
Inventar
#8 erstellt: 27. Apr 2024, 14:17
Der Frequenzgang ergibt sich aus den (nicht dem W4 entsprechenden) TSP und der Geometrie von Schallwand und Membran.Relevant ist hier also der Vergleich zwischen erster und zweiter Simulation.

0° entspricht der obersten Kurve, 90° der untersten.

Um den Effekt zu minimieren gibt es sicher einige Ansätze:
-Spaltmaß möglichst gering wählen, das sollte die Resonanzamplitude reduzieren. Dann darf der BB aber wirklich nicht mehr huben.
-Dämpfungsmaterial einbringen, idealerweise am Übergang zwischen Einstülpung und freiem Raum. Das ist sicher mechanisch nicht so leicht zu realisieren.
-Die Einstülpung lochen: Ich stelle mir da eher etwas in Richtung 3D-gedruckte Blende vor die so luftig konstruiert ist dass sich keine Resonanzen ausbilden.


Der Effekt scheint mir erstaunlich groß wie er in der Rechnung dargestellt ist.


Man muss sich bewusst machen dass der Resonator einen einmal direkt um die Membran umlaufenden Ring darstellt. Das ist eine sehr große effektive Fläche die da schwingt welche pefekt kreissymmetrisch verläuft und auch noch optimal nah an der Membran sitzt.

Daraus abgeleitet noch einen Vorschlag:
-Variation der Einstülpungstiefe mit dem Winkel um die Membran. Dadurch wird der Resonanzeffekt hoffentlich verschmiert und fällt nicht mehr so ins Gewicht.
flexiJazzfan
Inventar
#9 erstellt: 27. Apr 2024, 16:20
Verstanden. Könnte so etwas wie ein Filzring (Butylkautschukschnur ?) als Unterlage, wie im Bild angedeutet, helfen ? Ich habe mir erlaubt, deine Skizze zu verwenden.
Skizze Chassis

Gruß
Rainer
quecksel
Inventar
#10 erstellt: 27. Apr 2024, 16:41
Ein offenporiger Schaumstoff, Filz oder ähnliches wäre auf jeden Fall einen Versuch wert. Das ganze sollte, wie von dir gezeichnet, relativ tief sein.
Nur ein bisschen Dämpfungsmaterial ans Ende der Einstülpung zu stopfen wirkt ja nicht, da dort Schallschnelle = 0.
bizarre
Inventar
#11 erstellt: 28. Apr 2024, 19:26
Hmm, klaro, Versuch macht kluch Aber ohne Messungen geht das kaum... Und, neben der Reso gibts ja auch noch den Buckel zwischen 1 und 2,5kHz.. Bei so einem Edeltreiber würde ich nichts riskieren .- am Ende klingt der wie ein FR10 OK, ganz so schlimm wirds wohl nicht....

Mein Rat an John : let it be ....

LG, Manfred..
John_R.
Ist häufiger hier
#12 erstellt: 29. Apr 2024, 09:44
Hi zusammen,
erstmal riesen Dank @guecksel und den Rest! Das sieht fundiert aus... und erschreckend
Bezüglich des Filzrings: dient der zur Dämpfung der Schallwellen unter der Nase oder was hätte der für einen Vorteil gegenüber einem Massivkörper?
Tatsächlich sollte die Blende vom 3D-Drucker kommen, sprich ~1mm Wandstärke über der Sicke sollten möglich sein. Hatte nur überlegt, ob ich mir dann wegen Stabilitätsgründen/Flattern nicht größere Probleme einfange?
Ich werde die nächsten Tage endlich die Zeit haben, einen Prototypen zu bauen und werde es einfach ausprobieren. Daher es meine erste eigene Box ist, wollte ich eh erstmal einen bauen, um zu schauen, wie gut mein Wohnraum zur Simulation passt. Werde mit der Blende einen nicht-blind-Test machen Spaß beiseite - wenn ich keine Unterschiede höre, dann ist es so. Wenn ich mir welche einbilde, halt auch. Dann wird die Box halt einen Hauch weniger schön. Ich kann mit beidem leben


[Beitrag von John_R. am 29. Apr 2024, 09:45 bearbeitet]
quecksel
Inventar
#13 erstellt: 29. Apr 2024, 19:07
Hi John R.,

gerne!

Der Filz wäre vulgo die Bremse an der Schiffschaukel. Wenn die angezogen ist kann auch der stärkste Schiffschaukelschubser nicht viel ausrichten
Also ja, da werden die Schallwellen unter der Nase bedämpft.

Wenn es tatsächlich eine Blende aus dem 3D-Drucker wird schau wie gesagt dass die möglichst luftig wird. Um ein Hin- und Herflattern würde ich mir dann keine Sorgen machen solange nichts schnarrt.
Wave_Guider
Inventar
#14 erstellt: 10. Mai 2024, 21:33
John_R schrieb:


(...)nun stört mich an diesem sonst so schönen Treiber die schwarze Sicke.

Den Befestigungsring mit den Schraublöcher würde ich mit einer Front abdecken.

Nun wäre meine Frage, bitte steinigt mich nicht gleich:

wäre es akustisch vertretbar, die Front ebenfalls über die Sicke reichen zu lassen, damit quasi alles schwarze der Chassis verdeckt wäre?



Hi,

mache gern selbst vergleichende Aufbauten und berichte über die Ergebnisse.

Die Fuge mit Dämpfungs-Material dabei aber außer Acht lassen.
Denn: die hat eh keine positive Dienstbarkeit.

Eine gut ausbaldowerte Überdeckung der Sicke kann die Schallbündelung (des TMT) beeinflussen.
Meint: sie kann ein Konus-Chassis weniger stark bündeln lassen.

Meint wiederum theoretisch:

- mit einem "Sicken-überdeckten" 17 cm TMT,
- bekommt man dann vielleicht die Bündelung eines 10 cm, oder eines 13 cm TMT hin.

Da keine Sau sowas (mangels Bedarf) je bis ins Detail je ausprobierte hätte bleibt nur,

- sich mittels eigener Versuchsaufbauten,
- sich die von anderen erbetenen Erkenntnisse,
- sich selbst zu erarbeiten.

Neben einer Mess-Vorrichtung sind sicher auch
Stichsäge und Steckdose vorhanden?

Ja?

dann komm´ doch mal selbst in die Füße

Grüße von
Thomas


[Beitrag von Wave_Guider am 10. Mai 2024, 21:38 bearbeitet]
John_R.
Ist häufiger hier
#15 erstellt: 11. Mai 2024, 18:30
Hi Thomas,
danke für deinen Input! Das wäre so erstmal nicht weiter tragisch.
Wie oben geschrieben, ist ein Versuch der nächste Schritt. Mit zwei kleinen Kindern im Haus kann leider immer viel dazwischenkommen…
flexiJazzfan
Inventar
#16 erstellt: 11. Mai 2024, 22:17
Ja das Rumprobieren und dann berichten, das macht Spaß!

Und wenn man immer mehr abdeckt, kommt immer weniger raus - das muss ich noch mal durchdenken. Kleinigkeiten mal außer Acht lassen.

Gruß
Rainer
Wave_Guider
Inventar
#17 erstellt: 15. Mai 2024, 23:25
Zu den Kleinigkeiten würde ich zählen @ FlexiJazzfan,

das man über die Idee hinaus, einen mechanischen Aufbau braucht.
Oder ein paar davon um zu wissen, wohin die Reise tatsächlich geht.

Bei einer Montage des Chassis sozusagen hinter der Schallwand,
kommt man schnell zu einem Berg von kompliziert zur erstellenden Versuchs-Gehäusen.

Oder wenn man nur eben mal schnell von vorne durch Draufsetzen eines Ringes überdeckt,
dann hat man halt die Problematik der negativer Auswirkungen von Kanten.

Gut Forschen jedenfalls.

Grüße von
Thomas
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