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Sibelius: Symphonie Nr. 4 a-moll Op.63+A -A |
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Autor |
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vanrolf
Inventar |
#1 erstellt: 24. Feb 2007, 01:35 | |
Jean Sibelius (1865-1957) Hallo zusammen, Sibelius' Symphonie No.4 in a-moll Op.63 entstand 1910/11 und wurde am 3. April 1911 in Helsinki von der Philharmonischen Gesellschaft uraufgeführt. Sibelius selbst dirigierte die Premiere. Das viersätzige Werk gliedert sich wie folgt: 1.Satz: Tempo molto moderato, quasi adagio (11:13) 2.Satz: Allegro molto vivace (04:54) 3.Satz: Il tempo largo (11:25) 4.Satz: Allegro (10:17) Die Zeitangaben entstammen meiner Ausgabe des Helsinki Philharmonic Orchestra unter Leif Segerstam (2005) und dienen nur der groben Orientierung. Das Werk hinterliess bei Publikum und Kritik zunächst Ratlosigkeit und galt - auch außerhalb Finnlands - als problematisch. Formal unterscheidet es sich von den vorangegangenen Symphonien durch ein ausgedehntes Adagio bereits im ersten Satz, die Abkehr von der klassischen Satzstellung (das Largo kommt an dritter statt an zweiter Stelle), sowie durch das nahezu völlige Weglassen extrovertierter, heroisch-pathetischer Gesten. Anstelle dessen überwiegt eine düster-tragische, fast depressive Athmosphäre, die Darstellung der eigenen, seelischen Befindlichkeit des Komponisten dürfte ausschlaggebendes Motiv für die Komposition gewesen sein. Als mögliche Ursache für einen solchen Stimmungsumschwung wird eine bösartige Tumorerkrankung des Komponisten genannt, die 1908 zu einer mit Erfolg in Berlin durchgeführten Operation führte, bei der eine Geschwulst im Hals entfernt wurde. Nach dem Eingriff plagten Sibelius allerdings jahrelange Ängste vor einem erneuten Auftreten des Krebses. Musikalische Differenzen zu anderen zeitgenössischen Komponisten (z.B Schönberg oder Stravinski) führten zudem zu einer künstlerischen Krise. Sibelius bezeichnete seine neue Symphonie als "Protest gegen die Musik von heute", sie enthalte "nichts von dem ganzen Zirkus". Im Hintergrund mag auch die weltpolitische Situation unmittelbar vor Ausbruch des ersten Weltkrieges ihre Einwirkung gehabt haben. Die erste Aufnahme des Werkes erfolgte 1932 unter Leopold Stokowski, er dirigierte das Philadelphia Orchestra. Mittlerweile hat das Werk längst sein Publikum gefunden, bleibt aber im symphonischen Oeuvre des Komponisten aufgrund seiner albtraumhaften Stimmung etwas besonderes. Wie gefällt Euch diese Symphonie No.4? Welche Aufnahmen haltet Ihr für besonders gelungen und was könnt Ihr an wissenswerten Informationen noch beitragen? In diesem Zusammenhang habe ich eine Frage an die, die es wissen: Ich besitze mehrere Aufnahmen der No.4, auf die ich aber erst später näher eingehen möchte. Mich interessiert, zu welchem Resultat Herbert von Karajan mit dem Philharmonia Orchestra einst gekommen ist. Gegenwärtig sind drei Veröffentlichungen mit der Symphonie No.4 in dieser Kombination erhältlich (alle EMI), und ich wüßte gerne, ob es sich dabei um verschiedene oder immer die gleiche Einspielung handelt: Ich freue mich sehr auf Eure Antworten und Beiträge, Gruß Rolf |
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Thomas228
Stammgast |
#2 erstellt: 24. Feb 2007, 09:08 | |
Hallo Rolf, Karajan hat laut dem sehr zuverlässigen Herbert von Karajan Centrum Sibelius Nr. 4 drei Mal aufgenommen (Tonaufnahmen von Karajan): Im Juli 1953 für EMI mit dem Philharmonia Orchestra in London/Kingsway Hall. In 1965 für die DGG mit den Berliner Philharmonikern in Berlin/Jesus-Christus-Kirche. Im Dezember 1976 für die EMI mit den Berliner Philharmonikern in Berlin/Philharmonie. Es gibt also nur eine Aufnahme mit dem Philharmonia Orchestra. Folglich handelt es sich, falls auf den von dir genannten Aufnahmen immer das Philharmonia Orchestra spielt - wenn ich dich richtig verstanden habe, ist das der Fall -, um dieselbe Aufnahme. Auf dieser CD ist die Vierte mit dem Philharmonia Orchestra übrigens ebenfalls enthalten (ich weiß nichts über die Qualität): Zur Sinfonie selbst vielleicht später noch. Ich muss sie erst mal wieder hören. Gruß, Thomas |
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vanrolf
Inventar |
#3 erstellt: 24. Feb 2007, 11:05 | |
Hallo Thomas, danke für Deine Antwort. Das Herbert von Karajan-Centrum im Netz war mir bekannt, meine Unsicherheit bezog sich in erster Linie auf die "Great Conductors"-Ausgabe, von der mir keine genaue Auflistung mit Aufnahmedaten vorliegt. In dieser Reihe wurden gelegentlich auch bislang unbekannte Aufnahmen (z.B. Radiomitschnitte) veröffentlicht, deshalb wollte ich sicher gehen, daß es sich nicht um eine vierte Aufnahme handelt. Inzwischen habe ich eine Kritik der Doppel-CD bei ClassicsToday gefunden, in der das Aufnahmejahr ebenfalls mit 1953 angegeben wird. Es dürfte sich also um die bekannte Mono-Aufnahme handeln: http://www.classicstoday.com/review.asp?ReviewNum=8012
In dieser Rezension wird offenbar von Karajans gelungenster Einspielung des Werkes gesprochen. Da sich die Walton-Aufnahme ebenfalls interessant anhört, habe ich mir das Teil heute morgen mal bestellt. Herbert von Karajan Centrum: http://www.karajan.org/ Gruß Rolf |
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lydian
Stammgast |
#4 erstellt: 24. Feb 2007, 13:20 | |
Hallo Rolf, um gleich mit der Tür in das Haus zu fallen: Die 4. Sinfonie ist mir die liebste von Sibelius und hat große Chancen, auf die berühmte einsame Insel mitgenommen zu werden, sollte ich - welch grausame Vorstellung - mich auf ein Werk beschränken zu müssen. Ich kann gar nicht genau beschreiben, warum das so ist, aber immer wenn ich diese Musik höre, kann ich da regelrecht drin versinken und finde zu einer inneren Ruhe, die einach gut tut. Insbesondere der 3. Satz hat es mir angetan. Die Musik steigert sich langsam, immer wieder fällt die Spannung ab, um sich nochmals aufzuschwingen, und wenn man glaubt, das wird jetzt nichts mehr mit dem Höhepunkt, kommt er doch und die Musik verströmt sich breit und ich zerfließe. Unter den sehr vielen Aufnahmen in meiner Sammlung bevorzuge ich - ohne andere gering zu schätzen - zum Einen die von Anthony Collins mit dem LSO (Decca, mono, 1953, eine auch hervorragend klingende LP), zum Anderen die von dir erwähnte von Segerstam (den ich im Übrigen für den besten Sibelius-Dirigenten unserer Zeit halte, obwohl Esa-Pekka Salonen mich auch immer wieder überzeugt. In Finnland hatte (hat?) die Sinfonie den Beinamen "Barkbröd" in Anlehnung an die harten Hungerszeiten, in denen man den Teig zur Brotbereitung mit Baumrinde streckte. Ein Hinweis auf die sehr sparsame Instrumentierung (Stichwort: "nichts von dem ganzen Zirkus"), die eine Gegenreaktion auf die diesbezüglich exzessiven Werke Mahlers und Strauss' war. Im 4. Satz hört man je nach Aufnahme Glocken - oder ein Glockenspiel. Soweit ich weiß, hatte Sibelius ein Glockenspiel vorgesehen, allerdings kam es aufgrund eines Druckfehlers der in Erstausgabe (die Silbe "spiel" fehlte) zur Verwendung von Glocken, was viele Dirigenten bis heute so beibehalten. Gruß, Steff |
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