Lest ihr Partituren?

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stadtbusjack
Inventar
#1 erstellt: 07. Apr 2004, 23:11
Hallo,

ich hätte mal eine Frage an euch: Macht ihr euch eigentlich ab und zu die Mühe bei einem Werk beim Hören auch die Partitur mitzulesen? Ich habe es mir gerade eben mal angetan und habe die komplette 9. von Dvorak (immerhin über 45 Minuten) gehört und von vorne bis hinten mitgelesen. Und ich muss sagen, ich habe doch einige sehr interessante Details bemerkt, die mir beim Hören so gar nicht aufgefallen waren und die auch kaum zu hören sind, wenn man nicht weiß, dass sie da sind

Ich kann nur jedem, der es noch nie oder seit der Schule nicht mehr probiert hat, raten, schnappt euch mal eine Partitur und lest einfach mit! Am Anfang bereitet es zwar vielleicht etwas Mühe, aber nach einer Weile (spätestens wenn ihr euch nicht mehr an der 1. Violine entlanghangeln müsst, und auch mal die anderen Stimmen beobachten könnt ) ist es IMHO sehr angenehm auch mal zu sehen, was so in den Unterstimmen im einzelnen vor sich geht und sich dann letztendlich erst zu einem Gesamtbild zusammen setzt.

Achja, denkt jetzt bitte nicht ich sitze nur mit Partiturbuch da und suche nach Fehlern des Dirigenten und falschen Violineneinsätzen, nein, ich höre auch sehr gerne ganz entspannt Musik, aber ab und zu ist es doch, gerade bei Werken, die man sehr gut zu kennen glaubt, eine sehr erfrischende Erfahrung.
BigBerlinBear
Stammgast
#2 erstellt: 08. Apr 2004, 06:57
Ja, ich mache es von Zeit zu Zeit; letztens bei der 2. Sinfonie von Mahler, wo mir die Lesart, in dem Falle die Zubin Methas, ein wenig seltsam vorkam.
Im allgemeinen finde ich das Mitlesen beim Hören eher störend und es scheint mir auch, nehmen wir einmal die vergleichende Analayse aus, nicht zwingend geboten !
Hilda
Stammgast
#3 erstellt: 08. Apr 2004, 08:17
Partiturmitlesen kann ganz schön anstrengend sein... Allerdings geht auch eine Symphonie irgendwie schneller rum, wenn man dauernd damit beschäftigt ist mitzuzählen

Aber im Ernst: Partiturlesen macht Spass und ist IMHO eine eigene Art des Musikhörens - notwendig zum Spass an der Musik ist es sicherlich nicht. Allerdings wie bereits von stadtbusjack geschrieben, entdeckt man häufig sehr interessante Dinge, auf die man dann beim 'normalen' Hören eher achtet.

Ich befinde mich gerade in einem intensiven Vergleichshören von Bruckners 6. und 8., angeregt von Franz-J. und AH - ich muss ja rausfinden, warum die Jochum nicht mögen... Bisher nur soviel: auch Schuricht beschleunigt gerne vor Höhepunkten
Bisheriger Favorit bei der 8. übrigens Gerd Albrecht mit der Tschechischen Philharmonie... bei der 6. Inbal - mehr vielleicht nach Ostern....

Gruss
Klaus
op111
Moderator
#4 erstellt: 08. Apr 2004, 10:41
Hallo zusammen,

Klaus:
Partiturmitlesen kann ganz schön anstrengend sein
... entdeckt man häufig sehr interessante Dinge, auf die man
dann beim 'normalen' Hören eher achtet.


ich lese auch ab und zu mal wieder mit, wenn mir Merkwürdigkeiten zu Ohren kommen. Manchmal verlangt das allerdigs geradezu sportliche Ambitionen, wenn man den Schlußtakt gleichzeitig mit der Konserve erreichen möchte.
Strawinskys "Le Sacre ..." ist so eine Herausforderung.

Bei Mozart stellt man häufig fest, wie wenig durchsichtig der ohnehin schon ganz und gar nicht dichte Orchestersatz (gemessen z.B. an Brahms, Reger) dann doch noch von den großen Orchestern wiedergegeben wird. Da wird mit viel philharmonischer Sauce kräftig zugekleistert, einige Nebenstimmen ersticken.
Interessant dagegen, wie es z.B. George Szell trotz großer Besetzung mit dem fabelhaften Cleveland Orchestra schafft, eine besten HIP-Aufnahmen ähnliche Transparenz zu schaffen.

Dann wieder, wie bei Bruckner, verheddert man sich in den unterschiedlichen (Misch-)Fassungen und optionalen Strichen.
Die 8. ist da eine besondere Herausforderung.

Klaus:
Ich befinde mich gerade in einem intensiven Vergleichshören von Bruckners 6. und 8., angeregt von Franz-J. und AH - ich muss ja rausfinden, warum die Jochum nicht mögen... Bisher nur soviel: auch Schuricht beschleunigt gerne vor Höhepunkten

Und wie! Ich hab die EMI mit den Wienern auf einem relativ neuen Sampler. Die Spielzeitdifferenz zum Rest des Feldes reicht allemal fürs gelbe Tricot.
Ich hab mir gerade die 7. (Haas) für's (hoffentlich nicht) verregnete Wochenende vorgenommen.

Gruß
Franz
driesvds
Ist häufiger hier
#5 erstellt: 08. Apr 2004, 16:10
partituren, also kompositionen, sind für mich wie eine mathematische formel; wenn man die lösung sieht, wirkt es plötzlich so logisch und einfach.

aber gut komponieren ist eine gabe die nur die wenigsten beherschen. die einzelne noten wirken selten, es immer das zusammenspiel aller elemente das die musik zur leben erweckt; melodie, variation, repetition, harmonie, rythmus, timing, spannungsaufbau etc.

manche erfahrene komponisten schreiben die musik ohne hinter ein klavier zu sitzen und zu hören, aus ihrem kopf direkt in die partitur - ein wahnsinn.

zu deine frage; ich lese sie gerne und oft. und bin immer wieder erstaunt, wie einfach deren aufbau manchmal ist, das ergebnis aber fantastisch. die analyse ist etwas schönes.

für mich ist die komposition, niedergeschrieben in einer partitur, das höchste aller kunstformen.
Antracis
Stammgast
#6 erstellt: 08. Apr 2004, 16:31
In der Berliner Philharmonie gibt es so einen älteren Herrn, der stehts im Konzert die Partitur mit hat und mich beständig mit dem Umblättergeräusch nervt.
Das finde ich nun eher amüsant. Ansonsten kann es daheim sehr interessant sein, allerdings ist das dann sofort für mich ein rein analytisches Hören. Das wird meist nach kurzer Zeit abgebrochen, Augen zu und Musik "fühlen".

Aber von Zeit zu Zeit schaue ich schon mal nach, meist aber wirklich gezielte Stellen.

Gruß
Anti
driesvds
Ist häufiger hier
#7 erstellt: 09. Apr 2004, 06:07

In der Berliner Philharmonie gibt es so einen älteren Herrn, der stehts im Konzert die Partitur mit hat und mich beständig mit dem Umblättergeräusch nervt.

der will sich nur wichtig machen.
op111
Moderator
#8 erstellt: 09. Apr 2004, 09:17
driesvds:

In der Berliner Philharmonie gibt es so einen älteren Herrn, der stehts im Konzert die Partitur mit hat und mich beständig mit dem Umblättergeräusch nervt.

der will sich nur wichtig machen.

Na, wer wird denn gleich Böses denken,
vielleicht ist's auch nur ein wenig rücksichtsvoller Kenner und/oder Könner.
Gruß
Franz
Klassikliebhaber
Stammgast
#9 erstellt: 10. Sep 2004, 06:21
Partituren zu lesen macht mir unheimlich viel Spass.
Zudem sind sie sehr aufschlussreich und können einem jedes Stück (zumindest was die form,themen usw.betrifft)erklären.
Wenn man die Partitur im Kopf hat,dann hört sich das Stück auch leichter.

Dvoraks 9. hab ich gaaaanz früher in der Schule durchgenommen. Eulenberg studienpartitur.
Das war richtig spannend!
Kurios: Im 1.Satz,wo die Streicher Pizzicato spielen (bass)sollten,hörte man bei unserer Aufnahme (leider) nur wenig.
Erst mit der Partitur wurde der Schulklasse klar,was für Töne das waren.

(Gross-)Partituren sind aber leider Gottes immer noch sehr teuer.
Und selbst die Studienpartituren sind nicht ganz so billig (Noten allgemein sind teuer).
palisanderwolf
Hat sich gelöscht
#10 erstellt: 10. Sep 2004, 07:25
Hallo Antracis,


In der Berliner Philharmonie gibt es so einen älteren Herrn, der stehts im Konzert die Partitur mit hat und mich beständig mit dem Umblättergeräusch nervt.


je älter (und erfahrener )man wird, desto mehr möchte man sehen, was man (vielleicht nicht mehr so gut) hört.

MfG Bernd
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