Bockmist hoch drei

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wiesonich
Stammgast
#1 erstellt: 01. Aug 2005, 22:12
Nabend,

mir ist gerade ein Satz TDA7293 hochgegangen. Jetzt würde ich gerne testen, in wie viele Teile sich das Datenblatt des Herstellers mit bloßen Händen zerlegen lässt, und wie gut die Schnipsel dann brennen!

Aber weil das nichts an der Misere ändert, lass´ ich das lieber und sortiere statt dessen meine Gedanken.

Im Datenblatt des Herstellers wird empfohlen, den Mute-Eingang und den Standby-Eingang des TDA in eine Schaltsequenz einzubinden, um den Lautsprecher vor dem Einschalt-Plopp zu schützen (die Signalpegel für diese Eingänge sind sogar CMOS-kompatibel). Diese Anti-Plopp-Schaltung funktioniert auch einwandfrei.

Nur - bei einigen TDAs läuft die Spannung am Ausgang (ohne Last) offenbar gaaaanz langsam in irgend eine Richtung, solange der Standby-Eingang Low-Signal führt (<1,5V), und zwar bis zum Anschlag, will sagen: bis zur vollen negativen oder positiven Railspannung; was bei einer Betriebsspannung von +/-45V vermutlich den Baustein zerstört hat, weil ja der Ausgang über die Gegenkopplung am Minus-Eingang des TDA hängt und bei voller Railspannung die maximal zulässige Differenz zwischen den Eingängen überschritten wird (max. 30 Volt). Normaler Weise beträgt diese Differenz nur wenige Millivolt. Die Gegenkopplung ist anscheinend nicht aktiv, solange am Stanby-Eingang Null Volt liegen. Aus dem Datenblatt geht dieses Verhalten des Ausganges nicht hervor. Mit einem Lastwiderstand am Ausgang läuft die Spannung übrigens nicht hoch. Nur im Leerlauf, und nur bei einigen Bausteinen.

Beim ersten Test der Endstufen war mir das gar nicht aufgefallen, weil ich sie gleich wieder von der Betriebsspannung getrennt hatte. Erst jetzt nach dem Einbau ins Verstärkergehäuse und sauberer Verdrahtung waren sie erstmals so lange an der Betriebsspannng, das die Ausgänge einiger Bausteine nach dem Ausschalten ohne Last hochlaufen konnten und die Endstufen glatt durchschlugen. Einige Minuten nach dem Ausschalten wohlgemerkt.

Das Schlimme daran ist, dass mich dieser Bockmist einen kompletten Stereokanal mit drei Endstufen und insgesamt acht TDAs gekostet hat, weil die Endstufen über eine gemeinsame Leitung für die Mute/Standby-Sequenz verbunden waren. Ich sollte bei der Reparatur gleich noch einige Koppeldioden vorsehen...

Nun ja, shit happens.

Gruß
wiesonich
vincentboschet
Ist häufiger hier
#2 erstellt: 02. Aug 2005, 17:05
hm ich habe auch schon ein paar von den tda's verbaut, und ebenfalls auch schon einige eingebüst :). so ein hochlaufen der eingangsspannung konnte ich jedoch nie bemerken, dachte daher das die +/- 45V etwas hoch angesetzt sind, da zwei der ic's bei ca +/-32V seit jahren ohne murren laufen. bloß um die volle leistung zu erreichen kommt man mit einer einfachen symmetrischen versorgung ohne regelung eben durch die leerlaufspannung der trafos schnell an die grenzen. aber vielleicht sollte ich die noch laufenden geräte mal auf das von dir beschriebene phänomen untersuchen...
wiesonich
Stammgast
#3 erstellt: 02. Aug 2005, 18:29
Der Ausgang ist hochgelaufen. Ob deine das ebenfalls tun, lässt sich leicht testen:

Lautsprecher abklemmen (offene Klemmen),
Netzspannung einschalten,
Mute und Standby auf Low-Pegel lassen (<1,5V),
Ausgang messen.

Bleibt er stabil - gut.
Läuft er hoch - Mist.

Wie sieht die Mute/Standby-Sequenz bei dir aus? Ich denke jetzt darüber nach, nur noch den Mute-Eingang in die empfohlene Schaltsequenz einzubinden, den Standby-Eingang aber direkt an die positive Railspannung zu koppeln, über einen Widerstand und ´ne Zehnerdiode, damit der Standby-Eingang solange auf high liegt, wie nennenswerte Railspannung herrscht. Dazu eventuell Ballastwiderstände, um die Elkos nach dem Ausschalten definiert zu entladen.
tede
Inventar
#4 erstellt: 03. Aug 2005, 08:15
Hi,
ich hab schon mehrere von den TDA's, auch 2 paralell, verbaut.
Nur einer ist mir bis jetzt abgeraucht, das kam aber durch HF Einstrahlung auf den Eingang. Seitdem beschalte ich den Eingang mit enem TP aus 390R und 470pF.

Gelesen und gehört hab ich auch schon, dass die 7293 besonders bei paralellschaltung beim 1. Einschalten explodieren, selbst passiert ist mir das (noch) nicht.

ob der Ausgang bei der Mute+Standby funktion im Leerlauf floatet werd ich in den nächsten Tagen mal nachmessen.

Kannst du mal deine Schaltung und Layout hier reinstellen ?

Thomas


[Beitrag von tede am 03. Aug 2005, 09:11 bearbeitet]
wiesonich
Stammgast
#5 erstellt: 03. Aug 2005, 13:18
Die Schaltung entspricht der aus dem Datenblatt, ergänzt um den gleichen Tiefpass wie du ihn einsetzt. Einige Werte sind jedoch modifiziert: Die Verstärkung der Endstufe ist auf knapp 27dB herabgesetzt, durch Verringern des Widerstandes in der Gegenkopplung von 22k auf 15k. Den Widerstand parallel zum +Eingang habe ich, der Empfehlung im Datenblatt folgend, auf den selben Wert, also 15k reduziert. Der Kondensator in der Gegenkopplung besteht aus zwei antiseriell geschalteten Elkos zu je 470µ. Diese Elkos sind auf Paargleichheit ausgemessen. Der Kondensator vor dem +Eingang hat eine Kapazität von 1,5µ.

Die Endstufe besteht aus zwei Platinen, die übereinander montiert sind (aus Platzgründen): eine mit den Pufferelkos und eine mit der Steuerung bzw. der Eingangsschaltung mit Gegenkopplung:

Hier das Layout der Pufferplatine, soweit man bei einer Streifenplatine von einem Layout sprechen kann:
(die hochstehenden Leitungen sind die Durchkontaktierungen zur Steuerplatine, die oben drauf, oder besser gesagt: unten drunter gesetzt wird):




Die Steuerplatine:
(im Vordergrund die beiden antiseriell geschalteten Elkos der Gegenkopplung; dahinter der dicke Eingangskondensator. Im Hintergrund das Boucherot-Glied aus 2,2R und 0,1µ (Werte geklaut) und weiter rechts die Bootstrapp-Kapazität bestehend aus zwei Elkos zu je 47µ. Die Zinnraupen am linken Rand verbinden möglichst viele Kupferstreifen mit Massepotenzial.)




Beide Platinen zusammengesetzt von schräg unten abgelichtet:
(der Tiefpass sowie die Gegenkopplung liegen hinter dem dicken Einganskondensator. Oben links die Anschlussklemmen für das Signal, rechts daneben die Klemmen für Mute sowie Standby, und rechts der etwas größere, schwarze Klemmstein für die Spannungsversorgung und den Lautsprecherausgang)



An der Endstufe ist soweit nichts auszusetzen. Die Ansteuerng des Mute- bzw. des Standby-Einganges erfolgt über einen CMOS-Baustein (74HC14), der auf einer weiteren Platine sitzt.


[Beitrag von wiesonich am 03. Aug 2005, 17:36 bearbeitet]
Ulli_B.
Neuling
#6 erstellt: 04. Aug 2005, 06:36
Hallo Wiesonich,

unterbrich auf einer Platine einmal die Verbindung zum 7414 und baue einen mechanischen Umschalter ein, der die Standby-/Mute-Mimik direkt auf der Platine entweder auf +UB (=EIN) oder auf Masse (=AUS) legt.

Das funktioniert eigentlich immer. Vielleicht liefert Dein 7414 eine zu hohe Low-Spannung.

Die Standby-Mute-Beschaltung ist bei mir ähnlich der auf S.7 des Datenblattes aufgebaut, allerdings verzichte ich auf den Elko vor dem Standby-Eingang, das verringert bei meinen eigenen Platinen den Schaltknacks weiter, warum auch immer...

Das Schießen der TDA-Bausteine bei Parallelschaltung basierte auf einen Fehler im Original-Hersteller-Datenblatt: beim parallel liegenden IC müssen die Eingangspins 2 und 3 nicht wie früher dargestellt auf Masse, sondern wie die Pins 1 und 4 auf -UB liegen.

Gruß
Ulli B.
wiesonich
Stammgast
#7 erstellt: 04. Aug 2005, 10:37
Hallo Ulli,

den Low-Pegel des (leider mit abgerauchten) CMOS hatte ich nicht gemessen, nur den High-Pegel; der war mit >4V ok. Aber der andere, nicht driftende Stereokalnal hat einen eigenen CMOS für die Mute-/Standby-Schaltung; den habe ich nochmal gemessen, und der Low-Pegel liegt unter 0,2V. Auf den Low-Pegel werde ich aber nach der Reparatur verstärkt achten. Danke für den Tipp.

Wenn du den Elko vor dem Standby-Eingang weglässt, setzt dann nicht beim Ausschalten der Standby-Betrieb vor dem Mute-Betrieb ein? Und es funktioniert besser? Himmel, dieses Datenblatt!

Also mir ist der Standby-Betrieb schon von Anfang an suspekt. Ich meine zu bemerken, dass der Ausgang des TDA mindestens leicht zuckt, sobald der Pegel am Standby-Eingang umgeschaltet wird, obwohl der Mute-Eingang noch Low-Pegel aufweist. Mit dem Oszi oder einem Zeigerinstrument ist das gut zu erkennen. Der eine Baustein zuckt mehr, der andere weniger...

Gruß
wiesonich
tede
Inventar
#8 erstellt: 05. Aug 2005, 12:19
Hi,

Wie hoch ist denn die Betriebsspannung im Leerlauf, oder sind das die +-45V ? ,am Aufbau wirds warscheinlich nicht liegen, wenn du die Masse schön niederohmig gemacht hast.


Zu Messungen bin ich nicht mehr gekommen,
werde ich aber in nächster zeit mal machen, da ich demnächst eine 4-Kanal Endstufe mit den TDA's aufbauen werde.
Wenn sich da was ergibt werd ich das in den Tread "Elektronik Selbstbauprojekte - Endstufe mit 1-2 TDA7493" schreiben.

Die nächsten 2 Wochen bin ich "offline" ; Urlaub


grüße
Thomas


[Beitrag von tede am 05. Aug 2005, 12:29 bearbeitet]
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