Kleine Röhrenbastelei

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floorcable
Stammgast
#1 erstellt: 06. Jan 2007, 00:47
Hallo,

seit einem Jahr schiebe ich nun mein Basteprojekt von einer Ecke in die andere und zeitlich vor mir her. Ich habe ein altes Röhrenradio (Dachbodenfund), dass ich auch ausprobiert habe. Mit Radioempfang war nicht viel los, was mich aber gereizt hat war der Tonbandeingang, an den ich ziemlich primitiv meine E-Gitarre angeklemmt hatte. Das ging und klang auch recht gut, allerdings nur ca 3 Stunden, danach hat das Teil mit viel Gestank und ein wenig Rauch seinen Geist aufgegeben. Das war vor über einem Jahr. Inzwischen ist der Empfangsteil zerlegt (...die Neugier...), ich bin ich ein wenig geübter mit dem Lötkolben und die Idee mit der Verstärkung der Gitarre wird wieder interessant. Nach einigem Stöbern im WWW hab ich auch noch einen Schaltplan dazu gefunden, der aber nicht 100%ig stimmt, an verschiedenen Stellen sind mir schon Unterschiede aufgefallen (...wieder die Neugier...)

Ziel der Aktion ist nun, den Leistungsverstärkerteil inkl. Stromversorgung und Klangregelung des Radios neu aufzubauen (mit den vorhandenen Röhren und neuen Elkos usw), mit einem e-Gitarren tauglichen Eingang zu versehen und so modifizieren, das der von Haus aus cleane Klang auch schön verzerrt werden kann.

Wie immer möchte ich auch diesmal nur etwas aufbauen, dass ich auch verstehe. Deshalb werde ich jede Unklarheit hier posten und hoffe auf mir wohlgesonnene Mitmenschen, die mir weiterhelfen.

-----

Und da ist auch schon das erste Problem...

Die Stromversorgung ist wie folgt verschaltet:


Was ich nicht verstehe sind die beiden 2500pF C's auf der Wechselstromseite des Trafos. Was machen die da??? Sie sind im Leitungsweg Richtung Masse. Welche Masse bei Wechselstrom? Wenn sich beide Seiten des Trafos die Masse "teilen" hätte ich im Fall eine Kurzschlusses ja das gesamte Teil unter Spannung, das möchte ich gern vermeiden. Kann ich die C's auch weglassen?

Gruss
Dirk


[Beitrag von floorcable am 06. Jan 2007, 23:56 bearbeitet]
MrPC
Neuling
#2 erstellt: 11. Jan 2007, 00:11
Funktioniert denn die endstufe noch in irgendeiner form? Wenn nein würde ich mich an deiner stelle erst um die kümmern. Bei so alten Radios kann ich mir auch gut vorstellen dass diese nen exotischen Eingangspegel brauchen (also nicht 0,7V), was die Sache dann natürlich erschwert.

Ich würde halt an deiner Stelle lieber gleich nen richtigen Röhren Gitarrenverstärker bauen, da liegt man einfach auf der sicheren Seite weils einfach oft nicht möglich ist aus anderen schaltungen mit der Gitarre nen guten Klang zu ziehen (meine Erfahrung).

Nen tipp wenn du was einfaches bauen willst:
Der Marshall JCM800 wär recht einfach zu bauen, schau dir doch mal diese Seite hier an: http://www.jogis-roehrenbude.de/Leserbriefe/Mat_Janssen-Gitarren-Amp/50W-Git-Amp.htm

Die Kondensatoren am eingan könnt ich mir als Filterschaltung vorstellen, sowas haben die eingangsfilter in manchen Netzteilen neben einer drossel auch noch.
Müsste aber auch ohne funktionieren.

MFG
MrPC
richi44
Hat sich gelöscht
#3 erstellt: 12. Jan 2007, 16:39
Sofern das Radio mit einer Erdung betrieben wurde (was früher oft der Fall war), haben diese Kondensatoren Störimpulse aus dem Netz gegen Masse abgeleitet. Bei Mittelwelle knackt ja jeder Lichtschalter und damit war ein Stück weit eine "Entknackung" möglich. Allerdings dürfen dies Kondensatoren keinen Kurzschluss machen, sonst hast Du tatsächlich die Netzspannung auf dem Gerätechassis. Auf die Dinger darfst Du problemlos verzichten.

Im Übrigen ist ein Röhrenradio für E-Gitarre durchaus brauchbar, weil diese Dinger einen hochohmigen Eingang besitzen, was für die Gitarre norwendig ist. Und auch die höhere Empfindlichkeit ist in diesem Fall vorteilhaft. Diese hohe Impedanz und Empfindlichkeit ist die Folge der damaligen Plattenspieler mit Kristallsystemen. Diese lieferten nur an hochohmigen Eingängen genug Spannung. Und "genug" war damals rund 0,15V.

Was Du beachten musst:
Ein Röhrenradio liefert so maximal 5W Leistung. Und es gibt da keine irgendwie geartete Sicherung, um das gute Stück vor Überlastung zu schützen. Die Sicherungen, die verbaut sind, gehen erst kaputt, wenn ein Bauteil durchgebrannt ist und Kurzschluss macht.
Das bedeutet, dass Du mit diesem Radio nur unverzerrten Gitarrensound bekommst. Sobald es verzerrt, hast Du den Verstärker überlastet und er geht in die Binsen.
Verzerrungen musst Du also VOR dem Verstärker produzieren mit irgendwelchen Verzerrern. Und je nach Lautsprecherbestückung können die Hochtöner des Radios (sofern es welche hat) bei diesen Verzerrungen kaputt gehen.

Ich möchte es mal so sagen: Der Verstärker im Radio ist geeignet, irgendwelche Schalger zu hören. Er ist aber ungeeignet (aber möglich) für E-Gitarre und dies besonders, wenn Du den Klang allein mit dem Radio verzerren willst.
KSTR
Inventar
#4 erstellt: 12. Jan 2007, 17:25
Richis Einwände kann ich bestätigen... habe vor 30 Jahren auch einen Nordmende Fidelio mit meiner ersten E-Gitarre gehimmelt -- was für ein Jammer.

Es muss nicht unbedingt ein Verzerrer vor dem Eingang sein, es reicht auch, den Eingang mit einem Booster zu "überfahren". Dann verzerrt die erste Röhrenstufe, die in aller Regel vor dem Lautstärke-Regler liegt -- und selbigen so einstellen, dass es bei Zimmerlautstärke bleibt.

Grüße, Klaus
richi44
Hat sich gelöscht
#5 erstellt: 12. Jan 2007, 20:24
Bei einem übnlichen Röhrenradio hast Du aber keine Mik-Vorstufe, sondern eine EABC80 und eine EL84. Und da liegen BEIDE hinter dem Lautstärkeregler. Da müsste man sich schon zwischen Gitarre und Tonbandeingang etwas einfallen lassen, um nicht den Verstärker zu "beseeligen".
floorcable
Stammgast
#6 erstellt: 12. Jan 2007, 23:53
Hallo,

erst mal ein großes Danke an richi für die verständliche erläuterung der zusammenhänge - und auch an alle anderen. Die Stromversorgung von der Steckdose bis zum Trafo ist mir soweit klar

Zum thema verzerren wollte ich sowieso noch einige erfragen.
Ein Röhrenradio liefert so maximal 5W Leistung. Und es gibt da keine irgendwie geartete Sicherung, um das gute Stück vor Überlastung zu schützen. Die Sicherungen, die verbaut sind, gehen erst kaputt, wenn ein Bauteil durchgebrannt ist und Kurzschluss macht.
Das bedeutet, dass Du mit diesem Radio nur unverzerrten Gitarrensound bekommst. Sobald es verzerrt, hast Du den Verstärker überlastet und er geht in die Binsen.

Das erklärt den Rauch und den Gestank. Das Verstärkereil des Radios ist übrigens wie folgt aufgebaut:

Eingang - Lautstärkeregler - Klangregelung (ECC83)- Vorverstärkung (EC92) - Endstufe (2xEL84)

Stromversorgung: EZ81

Da ich die Schaltung sowieso neu aufbauen werde habe ich ja auch die Möglichkeit, einiges zu veränden. Vllt kann ich dabei von vorhandenen Schaltungen von EL84 Git.Vertärkern das eine oder andere nachbauen.


...Nordmende Fidelio mit meiner ersten E-Gitarre gehimmelt... ...Verstärker zu "beseeligen"...


Es geht nicht der gesamte "Vertärker" kaputt sondern nur bestimmte Teile, zB. Kondensatoren, oder?
Verzerrung erreiche ich doch mit drei Möglichkeiten:
1. Vorstufe übersteuern
2. Endstufe übersteuern
3. Ausgangsüberttrager in Sättigung.

Müßte man die komplette Schaltung neu erfinden wenn diese Möglichkeiten genutzt werden sollen oder gibt es grundsätzliche Prinzipien auf die man zurückgreifen kann, um einen defekt des Verstärkers zu vermeiden? zB. Kapazitäten an dieser oder jener Stelle erhöhen, da und dort Widerstand verringern oder ähnliches.
richi44
Hat sich gelöscht
#7 erstellt: 13. Jan 2007, 10:31
Bei der Bestückung ist der Klangregler zwischen die erste und zweite Stufe eingebaut, die erste Stufe gleicht den Pegelverlust des Klangreglers aus und die zweite hebt den Pegel von etwa 0,2V auf die nötigen ca. 8V für die Endstufe an.
Die dritte Röhre, die EC92 dient als Phasenumkehr.
Irgendwo, in der Gegenkopplung oder in Stufe 1 und 2 können noch zusätzliche Filter für die Klangregelung sitzen, die Klangtasten (HiFi, Solo usw.)
Für einen Gitarrenverstärker müssten wir VOR diese ganze Angelegenheit einen Vorverstärker hinbauen, mit dem wir zusätzliche Klangeffekte und Verzerrungen einbauen. Es macht ja wenig Sinn, dass Verzerrungen erst bei "einem Saukrach" entstehen. Sie sollen ja auch leise spielbar da sein. Und man will ja nicht immer voll Rohr üben.
Für eine vernünftige Schaltung müssten wir uns erstmal nach solchen Zusatzteilen umsehen und sie zu einer Eingangseinheit zusammenfassen. Daran anschliessend könnte man diesen Verstärker und Lautsprecher verwenden.
KSTR
Inventar
#8 erstellt: 13. Jan 2007, 14:37

richi44 schrieb:
Bei einem übnlichen Röhrenradio hast Du aber keine Mik-Vorstufe, sondern eine EABC80 und eine EL84. Und da liegen BEIDE hinter dem Lautstärkeregler.
Mal wieder hat Richard recht, genau so ist bei einem Juwel-Radio aus den 50ern gemacht (das ist das einzige was ich noch rumliegen habe).
Ich habe aber auch irgendwo recht, denn ich weiss ganz sicher dass bei den nächsten zwei Radios die ich missbraucht hatte, es mit vorherigem Boosten des Signals verzerrt hat, der LS-Steller aber trotzdem funktioniert hat...


richi44 schrieb:
Für einen Gitarrenverstärker müssten wir VOR diese ganze Angelegenheit einen Vorverstärker hinbauen, mit dem wir zusätzliche Klangeffekte und Verzerrungen einbauen. Es macht ja wenig Sinn, dass Verzerrungen erst bei "einem Saukrach" entstehen. Sie sollen ja auch leise spielbar da sein. Und man will ja nicht immer voll Rohr üben.

Der klassische "satte" Röhrensound entsteht halt bei Übersteuerung der Endstufe, incl. Trafosättigung und Einbruch der Versorgung... und deswegen spielen viele Leute ihre Amps (selbst wenn bloß 1xEL84 in der Endstufe ist) mit einstellbaren Power-Soaks, damit es auch bei Zimmerlautstärke noch dazu kommt.


@floorcable:
Schau mal z.B. bei www.ax84.com, dort gibt es gut (d.h. authentisch) klingende Amp-Projekte, wovon die kleinsten (z.B. der P1, 1xECC83, 1xEL84) auch für Anfänger geeignet sind (wenn du ansonsten weisst, was du beim Röhrenbasteln an Sicherheitsmaßnahmen beachten musst). Ist halt in Englisch (=Problem?)

Grüße, Klaus
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